Drucksache 18 / 11 543 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU) vom 06. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2017) zum Thema: Zu viel Bürokratie für die Berufung von Professoren? und Antwort vom 23. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung – Herrn Abgeordneten Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11543 vom 06. Juni 2017 über: Zu viel Bürokratie für die Berufung von Professoren? __________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Einbeziehung der Hochschulen beantworten kann. Es wurden daher die staatlichen Berliner Hochschulen um Stellungnahme gebeten. 1. Wie lange dauern derzeit Berufungsverfahren an Berliner Hochschulen einschließlich an der medizinischen Fakultät der Charité (bitte Durchschnittswerte pro Hochschule angeben)? Zu 1.: In der nachfolgenden Tabelle ist aufgeführt, wie lange das Verfahren bis zur Ruferteilung durchschnittlich dauert. 2 Hochschule Durchschnittliche Dauer in Monaten Freie Universität Berlin ca. 9,5 Humboldt-Universität zu Berlin 11 Technische Universität Berlin 15,6 Universität der Künste Berlin 16 Charité – Universitätsmedizin Berlin 15 Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 10 Beuth-Hochschule für Technik Berlin 14,9 Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 12 „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 15,5 Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 11 Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ 11 Kunsthochschule Berlin (Weißensee) 12 2. Gibt es Berufungsverfahren an Berliner Hochschulen, die vom Zeitpunkt der Freigabe oder der Ausschreibung länger als anderthalb Jahre dauern und falls ja, warum? Zu 2.: Im Ausnahmefall dauern Berufungsverfahren länger als 18 Monate. Ausnahmefälle entstehen z. B., wenn − die Professur mehrfach ausgeschrieben werden muss, weil keine ausreichende Zahl geeigneter Bewerbungen eingegangen ist, − zusätzliche Maßnahmen zur Gewinnung geeigneter Bewerberinnen und Bewerber nötig sind, − externe Gutachten nicht rechtzeitig eingehen oder Terminfindungsschwierigkeiten mit auswärtigen Mitgliedern der Berufungskommission entstehen, − im Laufe des Verfahrens neue Mitglieder für die Berufungskommission bestimmt werden müssen, − Bewerberinnen und Bewerber ihre Bewerbung im Laufe des Verfahrens zurückziehen, so dass zusätzliche Verfahrensschritte erforderlich werden, oder − die Qualitätsprüfung ergibt, dass Verfahrensschritte wiederholt werden müssen. 3 Verzögerungen nach der Ruferteilung entstehen z. B., wenn − die oder der Erstplatzierte den Ruf nicht annimmt, − die Vorschlagsliste nach erfolglosen Ruferteilungen erschöpft ist oder − gerichtliche Konkurrentenstreitverfahren entstehen, deren Beendigung abgewartet werden muss. 3. Welche Art von Qualitätssicherung gibt es in Berufungsverfahren der Berliner Hochschulen? Zu 3.: Die wesentlichen Abläufe der Berufungsverfahren sind landesgesetzlich geregelt (§ 101 Berliner Hochschulgesetz, BerlHG). Die Details haben die Berliner Hochschulen in Richtlinien, Leitfäden oder Handreichungen festgelegt. Diese richten sich an alle Personen, die in Berufungsverfahren eingebunden sind. Sie werden auf der Grundlage der gesammelten Erfahrungen regelmäßig überarbeitet. Teilweise sind die Details auch in einer Satzung geregelt (z. B. bei der „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin). Das 14. Gesetz zur Änderung des BerlHG, das zurzeit in der parlamentarischen Beratung ist, verlangt von allen Hochschulen den Erlass satzungsmäßiger Regelungen (§ 101 Abs. 8 in Verbindung mit § 126 Abs. 10 BerlHG neue Fassung). Dadurch werden die Detailregelungen durchgängig Rechtsnormqualität erlangen. Teilweise gibt es ergänzend hochschulübergreifende Vereinbarungen über Qualitätsstandards (z. B. bei den Fachhochschulen im Rahmen des Verbundes German Universities of Applied Sciences, UAS7). Innerhalb der Hochschulen wird die Einhaltung der Vorgaben durch mehrere Gremien und Beauftragte geprüft. In der Regel sind der Fakultätsrat, der Akademische Senat und die Universitätsleitung mit dem Vorschlag der Berufungskommission befasst, darüber hinaus die Frauenbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung. Meist wird der jeweilige Verfahrensstand durch die Verwaltung, eine Kommission oder eine Arbeitsgruppe vorgeprüft, bevor das entsprechende Gremium tagt. Die abschließende Kontrolle der Berufungsverfahren obliegt der Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung. Diese leitet den Vorgang nur dann zur Ruferteilung an den Regierenden Bürgermeister von Berlin weiter, wenn das Verfahren einwandfrei verlaufen ist. 4. Sieht der Senat bei Qualitätssicherung und Verfahrensdauer Verbesserungsbedarf und wenn ja, welche Maßnahmen treffen er und die Hochschulen zur Erreichung einer Verbesserung? Zu 4.: Qualitätssicherung und eine kurze Verfahrensdauer sind Anliegen des Senats und aller Hochschulen. Die Verfahren werden daher fortlaufend optimiert. Die Freie Universität Berlin hat z. B. kürzlich für ihre Berufungskommissionen die Vorgabe etabliert, einen Zeitplan für den Ablauf des konkreten Verfahrens zu erstellen. Außerdem ermöglicht sie den Einsatz gesicherter Videokonferenztechnik, um die Einbeziehung auswärtiger Mitglieder der Berufungskommissionen zu beschleunigen. Die Charité - Universitätsmedizin Berlin und die Hochschule für Wirtschaft und Recht 4 Berlin führen ihre Verfahren künftig IT-gestützt durch, um für alle Verfahrensschritte die notwendige Datenbasis zu haben und die administrativen Schritte zu optimieren. Die Universität der Künste Berlin beabsichtigt, Fristsetzungen stärker zu erproben, ohne dadurch die Gewinnung geeigneter Künstlerinnen und Künstler zu gefährden. 5 5. Welche Berliner Hochschulen haben neben der Berufungskommission einen Berufungsbeauftragten bzw. eine vergleichbare Funktion geschaffen, um die Bewerber über den Stand des Berufungsverfahrens zu informieren und „auf dem Laufenden zu halten“? 6. Gibt es Hochschulen in Berlin, die über keinen Berufungsbeauftragten bzw. vergleichbare Funktion verfügen und wenn ja, welche Hochschulen sind das konkret? Zu 5. und 6.: In der nachfolgenden Tabelle ist für jede staatliche Berliner Hochschule aufgeführt, welche Stelle die Bewerberinnen und Bewerber über den Verfahrensstand informiert: Hochschule Zuständigkeit Freie Universität Berlin Dekanat bzw. Berufungskommission Humboldt-Universität zu Berlin Dekanat, nach Ruferteilung Stabstelle Berufung beim Vizepräsidenten für Haushalt, Personal und Technik Technische Universität Berlin Berufungskommission und Fakultätsservicecenter Universität der Künste Berlin Personalreferat der Zentralen Universitätsverwaltung Charité – Universitätsmedizin Berlin Berufungsoffice mit drei Vollzeitkräften; künftig zudem gemeinsame Stabsstelle von Charité - Universitätsmedizin Berlin, Max-Delbrück- Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz- Gemeinschaft (MDC) und Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH), die neben Berufungen auch die Themen „Welcome-Center und „Onboarding“ abdeckt Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin Referentin oder Referent des Präsidenten Beuth-Hochschule für Technik Berlin Dekanin oder Dekan Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin zwei Berufungsbeauftragte, wobei Informationen grundsätzlich erst nach Abschluss des Verfahrens gegeben werden „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin Gremien- und Berufungssekretariat Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berufungsbeauftragte oder Berufungsbeauftragter Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des Rektors Kunsthochschule Berlin (Weißensee) primär Vorsitz der Berufungskommission und Fachgebietsverwaltung, nachrangig Berufungsbeauftragte oder Berufungsbeauftragter 6 7. Beabsichtigt der Senat, die Hochschulen zu veranlassen, eine solche Verbesserung im Berufungsverfahren zu implementieren? Wenn ja, wie sehen diese in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht aus? Wenn nein, warum nicht? Zu 7.: Das 14. Gesetz zur Änderung des BerlHG ist für die Berliner Hochschulen Anlass, ihre Berufungsverfahren neu zu regeln (§ 101 Abs. 8 in Verbindung mit § 126 Abs. 10 BerlHG neue Fassung). Gleichzeitig ist das Evaluationsverfahren für Tenure- Track-Professuren satzungsförmig zu regeln (§ 102 c Abs. 4 in Verbindung mit § 126 Abs. 10 BerlHG neue Fassung), was in derselben Satzung geschehen kann. Das zu schaffende Satzungsrecht unterliegt der Bestätigung des Regierenden Bürgermeisters - Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -. Berlin den 23. Juni 2017 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - S18-11543 S18-11543