Drucksache 18 / 11 559 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 08. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juni 2017) zum Thema: Scheinvaterschaften in Berlin und Antwort vom 19. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11 559 vom 08. Juni 2017 über Scheinvaterschaften in Berlin? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Verdachtsfälle von "Scheinvaterschaften" sind dem Senat und nachgelagerten Behörden jeweils in den Jahren 2011 bis 2016 bekannt geworden? Zu 1.: Die Anzahl von Scheinvaterschaften wurde für den angefragten Zeitraum statistisch nicht erfasst. In den Jahren 2011 bis zum Jahr 2013 gab es behördliche Vaterschaftsanfechtungsverfahren durch die Rechtsämter der Bezirke auf der Grundlage des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der mit Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 (1 BvL 6/10) für verfassungswidrig erklärt worden ist. Für diesen Zeitraum wurden dort in zehn Berliner Bezirken 142 Verfahren beantragt, überwiegend im Jahre 2011. Aus zwei Bezirken liegen keine Zahlen vor. Die Anzahl der Verdachtsfälle weicht erheblich von der Anzahl der damals tatsächlich gestellten Anfechtungsanträge ab. 2. In wie vielen dieser Fälle sind Ermittlungen durch welche Behörde geführt worden, um diese erdachtsfälle zu klären? Mit welchem Ergebnis (bestätigt/unbestätigt)? Zu 2.: In Anbetracht des Umstands, dass die deutsche Rechtsordnung die Vaterschaftsanerkennung durch den nicht leiblichen Vater explizit zulässt (§§ 1592 Nr. 2, 1599 Abs. 1 BGB) und das im BGB implementierte behördliche Anfechtungsrecht (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB) aufgrund der in der Antwort zu Frage 1 zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben wurde, gibt es gegenwärtig keinerlei Anlass mehr für Ermittlungen. Wie auch immer geartete Ermittlungen hätten im Einzelfall keinerlei Auswirkungen und erscheinen daher aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht angebracht, zumal es zu ihrer Erhebung auch keine Rechtsgrundlage oder sonstige Vorgaben gibt. Seite 2 von 2 In den Jahren 2011 bis 2013 erhielten die Rechtsämter der Berliner Bezirke die entsprechenden Hinweise von der zuständigen Ausländerbehörde. Es sind keine erfolgreichen Anfechtungen bekannt geworden, was in Anbetracht der damals gewählten Rechtskonstruktion auch kaum zu erwarten war. Es durfte für eine erfolgreiche Anfechtung nämlich keine soziale Vater-Kind-Beziehung bestehen (§ 1600 Abs. 3 BGB), d.h. weder zum Zeitpunkt des Anfechtungsantrags, noch zum Zeitpunkt der Verhandlung beim Familiengericht. Zudem sind den Jugendämtern unangekündigte Besuche aus rechtlichen Gründen verwehrt. Aus diesem Grunde gab es auch kaum noch Anträge in den Jahren 2012 und 2013, da der Aufwand und das Prozesskostenrisiko in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Erfolgsaussichten standen. 3. In wie vielen dieser Fälle sind Abstammungstests durch geführt worden, um die Frage der Vaterschaft zu klären? Zu 3.: Mitgeteilt wurde für diese Anfrage die Durchführung von zwei Abstammungstests für den Zeitraum 2011 bis 2013. Da es auf die leibliche Abstammung für die Wirksamkeit oder auch den weiteren Bestand der Vaterschaft, ohne Anfechtung der anfechtungsberechtigten Personen gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 1 – 4, nicht ankommt, wurden keine weiteren Abstammungstests durchgeführt. Ihre Ergebnisse hätten ohne Anfechtungsantrag, den die Behörde nicht (mehr) stellen kann, keinerlei Auswirkung auf die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung. 4. In wie vielen Fällen ist seitens der betroffenen Behörden Strafanzeige erstattet worden? Falls dies unterblieben ist, weshalb? Zu 4.: Keine - siehe die Antworten zu 2. und 3. Die rechtsmissbräuchlich erklärte Vaterschaftsanerkennung ist vollumfänglich wirksam und demzufolge auch nicht strafbar. Das war sie auch in der Zeit der Anwendung des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nicht. 5. In wie vielen bestätigten Verdachtsfällen sind die Anerkennungen rückabgewickelt worden? Welche sozialen wie rechtlichen Folgen hat das in der Regel für die betroffenen Personen? Zu 5.: Es wurden keine Vorgänge behördlicherseits rückabgewickelt. Siehe die Antworten zu 2. und 3. Berlin, den 19. Juni 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-11559 S18-11559a