Drucksache 18 / 11 567 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 12. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2017) zum Thema: Entwicklung der Asylverfahren vor dem VG Berlin in 2017 und Antwort vom 23. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11567 vom 12. Juni 2017 über Entwicklung der Asylverfahren vor dem VG Berlin 2017 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Wie viele Verfahren in Asylsachen (Klagen und einstweiliger Rechtsschutz) sind vor dem VG Berlin bisher in 2017 neu eingegangen? Welchen Anteil haben diese Verfahren an der Gesamtzahl der 2017 neu eingegangenen Verfahren? Zu 1.: I. Quartal 2017 Asylkammern Klagen Eingänge 4.957 Einstweiliger Rechtsschutz Eingänge 998 Asylkammern zusammen Eingänge 5.955 Der Anteil der Asylsachen an der Gesamtzahl der Eingänge des Verwaltungsgerichts Berlin betrug im I. Quartal 2017 insgesamt 70 %. 2) Welches Begehren hatten die 2015, 2016 und 2017 eingegangenen Klagen in Asylverfahren? Bitte aufschlüsseln nach Klagen a) auf einen verbesserten Flüchtlingsstatus (im Vergleich zu lediglich subsidiärem Schutz) b) gegen Ablehnung des Asylbegehrens c) gegen Maßnahmen nach der Dublin-VO (z.B. Rücküberstellungen) d) Untätigkeitsklagen (wegen zu langer Dauer des Asylverfahrens) e) Sonstiges Zu 2. a) – e): Im Jahr 2015 sind insgesamt 1.376 Klagen in Asylsachen eingegangen, davon 359 Klagen betreffend Maßnahmen nach der Dublin-VO und 139 sonstige Klagen (Verteilung von Asylbewerbern). Im Jahr 2016 waren es insgesamt 8.122 Klagen in Asylsachen, davon 375 Klagen betreffend Maßnahmen nach der Dublin-VO und 50 sonstige Klagen (Verteilung von Asylbewerbern). Im I. Quartal 2017 sind insgesamt 4.957 Klagen in Asylsachen eingegangen , davon 168 Klagen betreffend Maßnahmen nach der Dublin-VO und 19 sonstige Kla- 2 gen (Verteilung von Asylbewerbern). Im Übrigen werden die angefragten Informationen statistisch nicht erfasst. 3) Wie hoch ist die durchschnittliche Zahl derzeit anhängiger Verfahren bei den (auch) für Asyl- und Ausländerrecht zuständigen Kammern des VG Berlin? Wie haben sich diese Zahlen in 2015, 2016 und bisher in 2017 entwickelt? Zu 3.: Die Zahl anhängiger Verfahren bei den (auch) für Asyl- und Ausländerrecht zuständigen Kammern des Verwaltungsgerichts Berlin betrug im Jahr 2015 durchschnittlich 297 Verfahren pro Kammer, im Jahr 2016 durchschnittlich 528 Verfahren pro Kammer und im I. Quartal 2017 durchschnittlich 637 Verfahren pro Kammer. 2015 2016 I. Quartal 2017 VG insgesamt a) Klagen Bestände 7.507 13.970 17.933 darunter Asyl 711 7.196 11.088 Anteil der Asylverfahren in % 9,5% 51,5% 61,8% b) Einstweiliger Rechtsschutz Bestände 599 1.199 1.037 darunter Asyl 45 580 471 Anteil an Asylverfahren in % 7,5% 48,4% 45,4% 4) Wie viele Verfahren in Asylsachen sind derzeit beim VG Berlin insgesamt anhängig? Zu 4.: I. Quartal 2017 Asylkammern Klagen Bestände 11.088 Einstweiliger Rechtsschutz Bestände 471 Asylkammern zusammen Bestände 11.559 5) Welche Erfolgsquote hatten Verfahren in Asylsachen bisher in 2017? Zu 5.: I. Quartal 2017 Klagen 2,7 % Einstweiliger Rechtsschutz 14,8 % Stattgaben bzw. teilweise Stattgaben 6) Wie hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer vor dem VG Berlin allgemein in allen Verfahren und speziell in Asylsachen in den Jahren 2015, 2016 und bisher in 2017 entwickelt? Wie lange ist die durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylsachen bei Klagen von Asylbewerbern, die aus sicheren Herkunftsländern stammen? Zu 6.: Statistisch erfasst wird nur die Dauer der erledigten Verfahren. Der derzeitige Stand ergibt sich aus den nachfolgenden Tabellen. 3 Durchschnittliche Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht insgesamt in Monaten 2015 2016 I. Quartal 2017 Klagen 9,6 8,8 7,7 Einstweiliger Rechtsschutz 1,9 1,6 1,6 Durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylsachen in Monaten 2015 2016 I. Quartal 2017 Klagen 8,6 6,1 4,8 Einstweiliger Rechtsschutz 1,0 0,9 1,3 Durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylsachen bei Klagen von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern in Monaten 2015 2016 I. Quartal 2017 Klagen 6,67 6,15 6,54 7) Welche Maßnahmen sind seitens des Senats geplant, um einer weiteren Zunahme der Verfahrensdauer speziell in Asylverfahren entgegenzuwirken? Ist insbesondere geplant, zusätzliche Richter einzustellen, die dann (zunächst) mit Asylverfahren befasst sein werden? Wie viele zusätzliche Richterstellen und wie viele zusätzliche Stellen im nichtrichterlichen Bereich - jeweils am VG Berlin - sollen nach der Vorstellung der Senatsverwaltung für Justiz im Doppelhaushalt 2018/19 neu bewilligt werden und bis wann sollen diese Stellen besetzt sein? Ist der Senat gewillt, die "erforderlichen Maßnahmen" (s. Antwort Nr. 1/2 auf die Schriftliche Anfrage 18/11044) zu ergreifen und die vom Präsidenten des OVG Berlin-Brandenburg Buchheister (s. MoPo 28.03.2017) sowie vom Pressesprecher des VG Berlin Groscurth geforderte "signifikante Erhöhung des Personals im richterlichen wie im nichtrichterlichen Bereich" (lt. rbb/24 vom 20.01.2017) zu bewilligen? Zu 7.: Hinsichtlich der bereits ergriffenen Maßnahmen verweist der Senat auf die Schriftliche Anfrage 18/11044. Im Übrigen dauern die senatsinternen Beratungen über den Doppelhaushalt 2018/2019 noch an. 8) Ausweislich der Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage 18/11044 wurden 80 % der Verfahren in Asylsachen vor dem VG Berlin in 2016 zurück- bzw. abgewiesen. Darin zeigt sich, dass Klagen in Asylsachen nicht zuletzt dazu dienen, den unberechtigten Aufenthalt der Antragsteller in Deutschland zu verlängern . Ist es vor diesem Hintergrund ein Anliegen des Senats, die Verfahrensdauer in Asylsachen nicht ausufern zu lassen und damit der Gefahr der Aufenthaltsverfestigung von nicht berechtigten Antragstellern entgegenzuwirken und einen weiteren Fehlanreiz für gezielten Asylmissbrauch zu vermeiden? Zu 8.: Unabhängig vom Sachgebiet der jeweiligen Verfahren ist die Beschleunigung von Gerichtsverfahren – auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit – ein wichtiges rechtspolitisches Anliegen des Senats. Schnelle und gleichzeitig gründlich bearbeitete Gerichtsverfahren sind ein wichtiger Standortfaktor, der für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins und das gedeihliche Zusammenleben seiner Bewohnerinnen und Bewohner von großer Bedeutung ist. Zudem können bei unangemessenen Verfahrensdauern Schadensersatzansprüche nach den § 198 GVG bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention auf das Land Berlin zukommen. 4 9) Ist die Bundesratsinitiative, mit der die Obergerichte stärker in Asylverfahren eingebunden werden sollen , um die Rechtsprechung einheitlicher und schneller zu machen, in geltendes Recht umgesetzt? Falls nein, wie ist der Stand des Gesetzgebungsverfahrens? Falls ja, hat die stärkere Einbindung der Obergerichte einen spür- und messbaren Effekt auf die durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylsachen gezeitigt? Zu 9.: Dem Senat ist unklar, welche Bundesratsinitiative mit der Frage angesprochen wird. Indes wird durch die beabsichtigte Streichung von § 78 Abs. 2 Satz 2 AsylG durch das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (BT-Drs.: 18/11546 vom 16.03.2017) nunmehr auch im Bereich des Asylrechts die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Hierdurch sollen praxisrelevante asylrechtliche Fragestellungen schneller als bisher einer grundsätzlichen Klärung zugeführt werden können. Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 18.05.2017 das Gesetz beschlossen. Der Bundesrat hat am 2. Juni 2017 beschlossen, diesbezüglich nicht den Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 GG anzurufen. Das Gesetz ist noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet. Berlin, den 23. Juni 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11567 S18-11567 A n t w o r t