Drucksache 18 / 11 686 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 27. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juni 2017) zum Thema: Generalstaatsanwalt und Frauenvertretung und Antwort vom 14. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Jul. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11686 vom 27. Juni 2017 über Generalstaatsanwalt und Frauenvertretung ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist an dem Verfahren zur Besetzung der Nachfolge des Generalstaatsanwalts die Frauenvertretung beteiligt worden und falls ja, welche (Gesamt- oder welche Einzelvertretung)? Falls nein, weshalb nicht und wann wird dies nachgeholt? Zu 1.: An dem Verfahren zur Besetzung der Nachfolge des Generalstaatsanwaltes ist die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz beteiligt worden. 2. Hat die Frauenvertretung im Zuge dieses Verfahrens Personalmaßnahmen im Rechtssinne beanstandet ? Falls ja, welcher Art? Wann und wie hat die Senatsverwaltung für Justiz abgeholfen? Zu 2.: Mit Schreiben vom 24. März 2017 beanstandete die Gesamtfrauenvertreterin die ihrer Ansicht nach unzureichende Beteiligung in dem Auswahlverfahren nach §§ 18a Abs. 4, 18 Abs. 1 Landesgleichstellungsgesetz (LGG). Sie sei nicht umfassend in den Entscheidungsprozess mit eingebunden worden, insbesondere weil sie an dem Auswahlgesprächs vom 24. Januar 2017 zwar habe teilnehmen können, nicht jedoch an der anschließenden Beobachterkonferenz habe mitwirken können. Außerdem sei die Beteiligung zu spät erfolgt; der Senator habe bereits entschieden, bevor ihr der Auswahlvermerk vom 2. März 2017 am 8. März 2017 zugänglich gemacht worden sei. Die zu späte Beteiligung lasse sich auch nicht heilen. Diese Beanstandung wurde mit Schreiben der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung vom 20. April 2017 zurückgewiesen. 3. Falls die Senatsverwaltung nicht abgeholfen hat, wann ist die Beanstandung dem für Frauenpolitik zuständigen Senatsmitglied vorgelegt worden und wann und mit welchem Inhalt (Wortlaut) hat der Senator für Justiz dazu Stellung genommen? 2 Zu 3.: Die Beanstandung ist mit Schreiben vom 21. April 2017 dem für Frauenpolitik zuständigen Senatsmitglied vorgelegt worden. Die Stellungnahme vom 12. Mai 2017 zu der Beanstandung lautet im Wortlaut, wobei die Namen der beteiligten Personen hier durch ihre Funktionsbezeichnung ersetzt worden sind, wie folgt: „Die Beanstandung bezieht sich im Wesentlichen darauf, dass der Gesamtfrauenvertreterin am Tag der Auswahlgespräche die Möglichkeit genommen wurde, ihre Beobachtungen und Erkenntnisse zu den Bewerberinnen der auswählenden Kommission mitzuteilen und dass die Gesamtfrauenvertreterin nicht an der Beobachterkonferenz teilnehmen durfte . Dadurch sei die Mitwirkung bei der Willensbildung der Kommission verhindert worden. Die Gesamtfrauenvertreterin wurde ordnungsgemäß gem. § 18 a Abs. 4 LGG in Verbindung mit § 18 a Abs. 6 Ausführungsvorschrift zum Landesgleichstellungsgesetz (AVLGG) sowie § 92 Abs. 2 Satz 2 Berliner Richtergesetz (BlnRiG), § 93 Abs. 2 BlnRiG und § 60 BlnRiG beteiligt. Die von Herrn Senator vorzubereitende Auswahlentscheidung ist – wie bei einer Auswahlentscheidung für das Amt einer Präsidentin oder eines Präsidenten des Kammergerichts und der in Berlin ansässigen gemeinsamen Obergerichte für die Länder Berlin und Brandenburg – vor der Befassung durch die zur Entscheidung berufenen Gremien dem Präsidialrat der jeweiligen Gerichtsbarkeit oder der Strafverfolgungsbehörden mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zuzuleiten und daran anknüpfend auch der Gesamtfrauenvertreterin . Dies entspricht der langjährigen – mit der damaligen Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen aufgrund der unklaren Gesetzeslage hinsichtlich der Präsidialräte abgestimmten – Praxis, die in die abschließende Fassung der AVLGG eingeflossen ist. Unabhängig davon vertreten weder die Frauenvertreterin der Generalstaatsanwaltschaft noch diejenige der Staatsanwaltschaft, die keine selbstständige Dienstbehörde ist, den gesamten Geschäftsbereich der Strafverfolgungsbehörden. Die Gesamtfrauenvertreterin bezieht sich in ihrer Begründung der Beanstandung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Mai 2014 - 8 K 50/12 - . Der dortige Sachverhalt wurde allerdings nach dem Bundesgleichstellunggesetz (BGleiG) beurteilt, während in dem hiesigen Besetzungsverfahren das LGG Anwendung findet. Der entscheidende Unterschied ist dabei der, dass nach § 24 BGleiG die Gleichstellungsbeauftragte der Personalverwaltung angehört und unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet wird. Eine vergleichbare Rechtsstellung bestimmt das Landesgleichstellungsgesetz für die Frauenvertreterinnen nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im Urteil vom 8. April 2010 - 6 C 3/09 - , auf das sich das Verwaltungsgericht Berlin, in der zitierten Entscheidung beruft, Folgendes ausgeführt : 3 Diese Vorverlagerung ist Ausdruck des Umstandes, dass zwischen der Rechtsstellung des Personalrates und derjenigen der Gleichstellungsbeauftragten neben Gemeinsamkeiten (Mitwirkung an personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten im Hinblick auf die Gleichstellung, die auch allgemeine Aufgabe der Personalvertretung ist, siehe § 68 Abs. 1 Nr. 5a Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG -) wie im Status (Berufung durch Wahl, qualifizierte Unterrichtungs-, Beteiligungs-, Antrags- und Initiativrechte , gerichtliche Durchsetzbarkeit) auch wesentliche Unterschiede bestehen. So gehört die Gleichstellungsbeauftragte, anders als der Personalrat, der Personalverwaltung an und ist unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet (§ 18 Abs. 1 BGleiG); sie ist von daher - über eine bloß nachvollziehende Kontrolle hinaus - in deren Willensbildung unmittelbar eingebunden. Die aktive Teilnahme der Gleichstellungsbeauftragten am Entscheidungsprozess geht somit zeitlich der Maßnahmeabsicht voraus, die ihrerseits erst die Mitwirkung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 BGleiG auslöst.“ (juris Rz 20 a.E., 21) Das Bundesverwaltungsgericht unterscheidet hier zwischen der Einbindung in den Entscheidungsfindungsprozess und der Mitwirkung, die im Regelfall durch ein schriftliches Votum ausgeübt wird. Weder nach dem Landesgleichstellungsgesetz und seinen Ausführungsvorschriften noch nach der Rechtsprechung hat eine Frauenvertreterin das Recht, dergestalt an der Entscheidungsfindung der Dienststelle mitzuwirken, dass ihr die Teilnahme an internen Beratungen oder Dienstbesprechungen zu ermöglichen ist. Dementsprechend wurde der Gesamtfrauenvertreterin entgegen ihrer Beanstandung nicht zu Unrecht keine Teilnahme an der sich an die Auswahlgespräche anschließenden Beobachterkonferenz ermöglicht. Vielmehr wurde ihr die beabsichtige Maßnahme mit Schreiben vom 6. März 2017 mitgeteilt und ihr damit Gelegenheit gegeben, ein schriftliches Votum zu der beabsichtigten Maßnahme abzugeben. Unabhängig davon hatte die Gesamtfrauenvertreterin auch hinreichend Gelegenheit, nach den Auswahlgesprächen am 24. Januar 2017 ihre Beobachtungen und Erkenntnisse zu kommunizieren. Diese Möglichkeit bestand insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Auswahlvermerk erst am 2. März 2017 fertiggestellt und am 3. März 2017 von Herrn Senator unterzeichnet wurde. Wäre in der Zwischenzeit eine Stellungnahme abgegeben worden, hätte diese in dem Auswahlvermerk Berücksichtigung finden können. Dass die Gesamtfrauenvertreterin meint nicht erkennen zu können, was sie in diesem Zeitraum „ins Blaue hinein“ hätte kommunizieren sollen, verwundert vor dem Hintergrund ihrer Beanstandung, dass sie keine Gelegenheit gehabt habe, vor Zeichnung des Auswahlvermerks an der Entscheidungsfindung beteiligt zu werden. Sie hatte die Gelegenheit und es wäre an ihr gewesen, diese - auch unaufgefordert - zu nutzen. Soweit die Gesamtfrauenvertreterin darüber hinaus rügt, es sei bis heute versäumt worden , sie frühzeitig an dem Entscheidungsprozess zu beteiligen und sie umfassend in den Entscheidungsfindungsprozess einzubinden, handelt es sich um so allgemeine Ausführungen , dass dazu keine dezidierte Stellungnahme abgegeben werden kann. Die Gesamtfrauenvertreterin wurde bereits an der Stellenausschreibung beteiligt, in der es u.a. heißt Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 wurden der Gesamtfrauenvertreterin sämtliche Bewerber und Bewerberinnen namentlich benannt sowie mitgeteilt, mit welchen der Bewerberinnen Auswahlgespräche durchgeführt werden sollen. An diesen Gesprächen, die letztlich erst am 24. Januar 2017 stattfin- 4 den konnten, hat die Gesamtfrauenvertreterin teilgenommen. Sie hat Einsicht in die vollständigen Personalakten einschließlich der Zeugnishefte dieser Bewerberinnen sowie in den hiesigen Verwaltungsvorgang genommen. Sie verfügt damit über alle erforderlichen Informationen um sich ein Bild von den Bewerberinnen zu machen und eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Maßnahme abzugeben.“ Am 31. Mai 2017 erging der Entscheidungsvorschlag der Senatsverwaltung für Gesundheit , Pflege und Gleichstellung. Die Beanstandung wurde darin als unbegründet zurückgewiesen . Berlin, den 14. Juli 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11686 S18-11686