Drucksache 18 / 11 738 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 27. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2017) zum Thema: Wehrlose Kinder vor skrupelloser Ausbeutung schützen: Kinderbettel-Verbot durchsetzen und Antwort vom 20. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juli 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11 738 vom 27. Juni 2017 über Wehrlose Kinder vor skrupelloser Ausbeutung schützen: Kinderbettel-Verbot durchsetzen ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Für die Durchsetzung der Verordnung über das Verbot des Bettelns von Kindern und in Begleitung von Kindern vom 22. Dezember 2015 sind originär die Ordnungsämter zuständig. Bei dem ebenfalls verwendeten Begriff des betrügerischen Bettelns handelt es sich in der Regel um eine Form des Betrugs. Für die Verfolgung von Straftaten sind originär die Strafverfolgungsbehörden zuständig. 1. Wie häufig wurden seit Einführung des Verbotes von Betteln durch Kinder und Betteln in Begleitung von Kindern in den einzelnen Bezirken Ordnungshüter (Polizei und Ordnungsämter) wegen Verstoßes gegen dieses Kinderbettel-Verbot alarmiert? Zu 1.: Alarmierungen zu diesem Thema werden durch die Polizei nicht statistisch erfasst. Seitens der Bezirke wurde seit Inkrafttreten der Verordnung eine Meldung beim Ordnungsamt Reinickendorf registriert. Die Überprüfung vor Ort ergab seinerzeit keine Feststellung. 2. Wie häufig sind seit Einführung des Kinderbettel-Verbotes a) Polizei und b) Ordnungsämter in den einzelnen Bezirken proaktiv gegen Verstöße gegen dieses Verbot vorgegangen? 3. Wie häufig wurden bei Verstößen gegen das Kinderbettel-Verbot jeweils welche Strafen verhängt (z.B. Platzverweise, Verwarngeld, Bußgeld, o.ä.)? Zu 2. und 3.: Eine automatisierte statistische Auswertung von Einsätzen der Polizei und der Ordnungsämter zu diesem Thema ist nicht möglich. Die Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung über das Verbot des Bettelns von Kindern und in Begleitung von Seite 2 von 4 Kindern durch die Polizei erfolgt im Rahmen von abschnittsspezifischen Präsenzmaßnahmen , des Funkwageneinsatzdienstes sowie innerhalb spezieller Einsatzkonzeptionen . Es finden auch gemeinsame Einsätze mit den Ordnungsämtern statt. Die Mitarbeitenden der Ordnungsämter wurden für das Thema sensibilisiert. In den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte wurden entsprechende Verstöße erfasst. Die Zahlen zu den eingeleiteten Verfahren sind den folgenden Tabellen zu entnehmen: Charlottenburg- Wilmersdorf Verfahren davon Bußgelder davon Verwarnungsgelder davon Einstellungen 2016 18 7 8 3 2017 (bis 10.7.17) 11 6 1 4 (Quelle: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf) Mitte Gesamtzahl Verfahren davon Bußgelder davon Verwarnungsgelder davon Einstellungen 2016 28 10 0 18 2017 (bis 10.7.17) 9 6 0 3 (Quelle: Bezirksamt Mitte) Platzverweise stellen keine Strafe dar, sondern eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr . 4. Wie häufig wurden in den einzelnen Bezirken Ordnungshüter (Polizei und Ordnungsämter) wegen Verstoßes gegen das Verbot von betrügerischem Betteln alarmiert? Zu 4.: Entsprechende Alarmierungen werden statistisch nicht erfasst. 5. Wie häufig sind a) Polizei und b) Ordnungsämter in den einzelnen Bezirken proaktiv gegen Verstöße gegen das Verbot von betrügerischem Betteln jeweils in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 vorgegangen? Zu 5.: Für das Vorgehen der originär zuständigen Polizei gelten die Ausführungen in der Antwort zu Frage 2. analog. 6. Wie häufig wurden bei Verstößen gegen das Verbot von betrügerischem Betteln jeweils welche Strafen verhängt (z.B. Platzverweise, Verwarngeld, Bußgeld, o.ä.)? Zu 6.: Eine automatisierte Auswertung zum Verfahrensausgang von Betrugsdelikten mit der Begehungsweise „betrügerisches Betteln“ ist nicht möglich. 7. Was hat der Senat unternommen und unternimmt der Senat weiterhin, um gegen das Betteln von Kindern, das Betteln in Begleitung von Kindern und betrügerisches Betteln vorzugehen? Seite 3 von 4 Zu 7.: Allgemeine Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche, die sich überwiegend auf der Straße aufhalten, werden über die Kontakt- und Beratungsstelle des Berliner Notdienstes Kinderschutz unterbreitet. Der von der Einrichtung betriebene Streetworkerbus fährt zentrale Punkte in der Stadt an, an denen sich bekanntermaßen Kinder und Jugendliche aufhalten, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße suchen. Für Familien stehen grundsätzlich die Beratungsangebote der allgemeinen sozialpädagogischen Dienste der Jugendämter zu Verfügung. In 2016 wurde ein ressortübergreifendes Modellprojekt „Notunterkunft für obdachlose Familien mit Kindern“ begonnen. Das Projekt arbeitet an der Schnittstelle von existenzsichernden Leistungen und den Hilfen zur Erziehung / Kinderschutz und bietet obdachlosen Familien insbesondere eine Beratung zu Jugendhilfeleistungen an. In Bezug auf bettelnde Personen sind auch die vom Senat schon seit 2010 geförderten Mobilen Anlaufstellen für EU-Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter sowie Roma aktiv. Die Teams der Anlaufstellen verfügen über die nötigen Sprachkenntnisse sowie umfangreiche Expertise in Bezug auf die Problemsituationen der betroffenen Personen. Im Rahmen der aufsuchenden Arbeit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der gesamten Stadt präsent und sprechen von sich aus und auf Anforderung , hauptsächlich durch die Bezirke, bettelnde Familien direkt an, insbesondere um den Kinderschutz zu sichern und die Schulpflicht durchzusetzen. Zu den Maßnahmen aus dem bezirksorientierten Programm des Aktionsplans zur Einbeziehung ausländischer Roma gehört auch ein mobiles Bildungs- und Freizeitangebot für junge Menschen aus Roma-Familien. Diese niederschwelligen Angebote werden in den Gebieten offeriert, in denen sich die Familien vorwiegend aufhalten, derzeit u.a. in Neukölln und Mitte. Über die Freizeit- und Sportangebote wird durch direkte Ansprache oder Mund-zu-Mund-Propaganda der Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen aufgebaut und bei Bedarf auch sozialpädagogische Beratung angeboten . Ziel ist zudem die Vermittlung in die Angebote vorhandener Jugendeinrichtungen oder zu freien Trägern. Die Polizei Berlin hat Einsatzhinweise zur Durchführung von polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Scheibenputzertätigkeiten, aggressivem Betteln und wildem Campieren erstellt. An erkannten Brennpunkten werden Maßnahmen zur Bekämpfung des Phänomens durchgeführt und Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung konsequent geahndet. 8. Ist dem Senat gelungen Hintermänner des Kinderbettelns und des betrügerischen Bettelns dingfest zu machen? Zu 8.: Der Staatsanwaltschaft Berlin ist keine automatisierte Auswertung zu Verfahren möglich, in denen gegen Hinterleute des Kinderbettelns oder des betrügerischen Bettelns ermittelt wurde und in denen es gelungen ist, diese strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Der Polizei Berlin liegen aktuell keine Erkenntnisse zu strafrechtlich relevanten Strukturen von organisierten Bettlerbanden vor. 9. Wie sorgt der Senat dafür, dass das Kinderbettel-Verbot in Berlin in der Zivilgesellschaft bekannter wird? Seite 4 von 4 Zu 9.: Die diesbezügliche Medienberichterstattung wird als ausreichend erachtet. Berlin, den 20. Juli 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-11738 S18-11738a