Drucksache 18 / 11 759 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) vom 10. Juli 2017 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2017) zum Thema: Normenscreening im E-Goverment-Gesetz und Antwort vom 19. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juli 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 11759 vom 10. Juli 2017 über Normenscreening im E-Government-Gesetz ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Regelungen (gegliedert nach Gesetzen, Rechtsverordnungen, Erlassen, Weisungen, Ordnungen oder sonstigen Verwaltungsvorschriften (wie etwa Protokollen) sind aktuell bindend für das Organisations- und Verwaltungshandeln aller Berliner Behörden? Zu 1.: Die Berliner Behörden (mittelbare und unmittelbare Landesverwaltung) arbeiten auf Grundlage der Gesetze des Bundes und des Landes Berlin und führen diese entsprechend Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz (GG) i.V.m. Artikel 30 GG und Artikel 28 Absatz 2 GG sowie der Artikel 1, 3 Absatz 2 und 92 Verfassung von Berlin (VvB) aus. Dazu kommen entsprechend Artikel 23 GG i.V.m. Artikel 288 Absatz 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechtsakte der Europäischen Union mit unmittelbarer Rechtswirkung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union . Berliner Landesrecht umfasst zurzeit 458 Gesetze und 876 Rechtsverordnungen nach Ermächtigungsnormen des Landes- und des Bundesrechts sowie 62 Staatsverträge . Das Bundesrecht umfasst zurzeit 1.854 Gesetze und 2.643 Rechtsverordnungen. Von allen dazu ermächtigten Institutionen der Europäischen Union wurden insgesamt 147.797 Rechtsakte mit unmittelbar bindender Wirkung für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Verordnungen) erlassen, davon 1.648 Verordnungen des Eu- Seite 2 von 4 ropäischen Parlaments und des Rates. Die Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates sind von Behörden des Landes zu beachten und anzuwenden. Welche der übrigen Rechtsakte der Europäischen Union Handlungen der Berliner Behörden beeinflussen, lässt sich nicht ermitteln. Für die Behörden der Berliner Verwaltung (unmittelbare Landesverwaltung) wurden in den letzten zehn Jahren 2.380 veröffentlichte Verwaltungsvorschriften erlassen oder geändert. Nur ein Teil davon gilt auch für Behörden der mittelbaren Landesverwaltung . Die Anstalten, Stiftungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts (mittelbare Landesverwaltung) erlassen ihrerseits Verwaltungsvorschriften. Da diese entsprechend ihrem Geltungsbereich überwiegend nur bei den Körperschaften dokumentiert werden, sind sie vollständig nicht ermittelbar. Soweit Verwaltungsvorschriften der Körperschaften rechtliche Bindungen für das Verwaltungshandeln der Behörden der unmittelbaren Landesverwaltung entfalten, werden sie im Rahmen der oben angegebenen veröffentlichten Verwaltungsvorschriften für die unmittelbare Landesverwaltung dokumentiert, sind also in der oben angegebenen Zahl der erlassenen und geänderten Verwaltungsvorschriften enthalten. Dienst- und Arbeitsanweisungen, die in einigen Fällen auch aus Protokollen abgeleitet werden können, sind bei den betroffenen Behörden dokumentiert und nicht allgemein zugänglich, so dass darüber keine Aussagen getroffen werden können. Das gilt entsprechend für geltende Dienstvereinbarungen mit den Personalvertretungen, mit folgender Ausnahme: Mit dem Hauptpersonalrat für die Behörden, Gerichte und nichtrechtsfähigen Anstalten des Landes Berlin (HPR) wurden 36 zurzeit geltende Dienstvereinbarungen mit Wirkung auf Behörden der unmittelbaren Landesverwaltung geschlossen. 2. In welcher Weise ist die Aufgabenkritik dieser existierenden Regelungen im Sinne der Umsetzung des E-Goverment-Gesetzes organisiert? Zu 2.: Die Vorschriften der gemeinsamen Geschäftsordnung – Zweiter Teil – (GGO II), § 35 über die Gesetzesfolgenabschätzung, § 42 Absatz 2 über die rechtsförmlich einwandfreie Abfassung von Gesetzentwürfen und des § 59 über die Regelungen zur Abfassung von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften und Gesetzesfolgenabschätzung in Verbindung mit den Anhängen 1 und 2 der GGO II enthalten verbindliche Regelungen zur Normprüfung. Die Senatsmitglieder sind im Rahmen ihrer Verfahrensverantwortung verpflichtet, die Belange guter Rechtsetzung bei ihren Regelungsvorhaben zu beachten. Es liegt auch in der Verantwortung des jeweiligen Senatsmitgliedes, eine sachgerechte Normprüfung durch organisatorische Maßnahmen innerhalb des Ressorts zu unterstützen und damit die Durchführung sicherzustellen. Mit § 21 Absatz 4 des E-Government-Gesetzes Berlin (EGovG Bln) vom 30.05.2016 wurde eine ergänzende Norm mit dem Ziel der Qualitätssicherung zur Förderung des E-Government eingeführt: Neue oder zu ändernde Rechtsnormen des Landes, einschließlich der Verwaltungsvorschriften, sind rechtzeitig vor Erlass oder Beschluss des Senats zum weiteren Vorgehen der Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik zur Prüfung vorzulegen, wenn hierin Regelungen zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik enthalten sind. Die Behörden der Ber- Seite 3 von 4 liner Verwaltung wurden bereits mit Schreiben des Staatsekretärs Sport vom 08.08.2016 auf die Regelung mit der Bitte um Beachtung hingewiesen. Bisher wurden auf Grundlage dieser Norm sechs Gesetzes- und Rechtsverordnungsentwürfe begutachtet, was bei drei Entwürfen zu Änderungen führte. Im Rahmen der Beteiligungen der Länder an bundesrechtlichen Normen und Normen der Europäischen Union gelten die oben gemachten Ausführungen entsprechend. 3. Welche organisatorischen Maßnahmen und zeitlichen Vorstellungen hat der Senat bislang unabhängig von dem vorliegenden Entwurf eines Formanpassungsgesetzes ergriffen und entwickelt, um eine effektive und fortwährende Aufgabenkritik von Regelungen Ebenen übergreifend zu gewährleisten ? Zu 3.: Ergänzend zu nachfolgenden Ausführungen sei auf die Beantwortung zu 2. verwiesen . Nach systematischer Prüfung aller Formanforderungen in den Berliner Rechtsnormen durch die jeweils fachlich zuständigen Ressorts unter Federführung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Normenscreening) wurde zunächst der Entwurf des Formanpassungsgesetzes (FormAnpassG) zur Änderung zahlreicher Formanforderungen in den Berliner Landesgesetzen vom Senat dem Abgeordnetenhaus vorgelegt (siehe Drucksache 18/0420). Bei der Prüfung der Rechtsnormen wurden darüber hinaus 90 Formanforderungen in den Berliner Rechtsverordnungen identifiziert , die im Sinne des E-Governments angepasst werden sollen. Nach Verabschiedung des FormAnpassG beabsichtigt die Senatsverwaltung für Inneres und Sport dem Senat eine entsprechende Änderungsverordnung vorzulegen. Das schrittweise Vorgehen ist geboten, um die vorrangigen Änderungen in den Landesgesetzen bei den Änderungen der Rechtsverordnungen berücksichtigen zu können. 4. Auf welcher Weise wird die Einbindung aller Bezirke und Verwaltungsebenen bei der Aufgabenkritik und dem Normenscreening sichergestellt? Zu 4.: Bei der systematischen Prüfung der Formanforderungen in den Berliner Rechtsnormen wurden alle Fachressorts durch Informationsveranstaltungen und Erörterungsrunden einbezogen. Die Fachressorts beteiligten ihrerseits nachgeordnete Behörden, soweit sie das für notwendig hielten. Im Rahmen des Mitzeichnungsverfahrens und über die Beteiligung des Rates der Bürgermeister wurden die fachlich betroffenen Behörden, einschließlich der Bezirke, beteiligt. Die Mitzeichnungs- und Beteiligungsverfahren werden auch in Zukunft durchgeführt. Unabhängig von und zusätzlich zu den Mitzeichnungs- und Beteiligungsverfahren werden Ergebnisse aus Prüfungen gemäß § 21 Absatz 4 EGovG Bln fachlich mit den zuständigen Ressorts erörtert. Hinsichtlich der Aufgabenkritik im Sinne der Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen haben sich alle Senats- und Bezirksverwaltungen nach Behandlung im IKT-Lenkungsrat am 19.06.2017 auf ein gemeinsam erarbeitetes Einführungskonzept für ein gesamtstädtisches Geschäftsprozessmanagement verständigt. Seite 4 von 4 Das in dem Konzept festgelegte Aufgaben- und Rollenmodell sieht eine Einbindung aller Verwaltungsebenen in die Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen vor. Ist eine Verwaltung von einem Geschäftsprozess betroffen, ist diese bei der Analyse und Optimierung zu beteiligen. Die neu einzurichtenden bezirklichen Organisationseinheiten Geschäftsprozessmanagement/Digitalisierung, deren Aufgabe die Geschäftsprozesserfassung, -analyse und -optimierung auf Bezirksverwaltungsebene sein wird, stellen dabei die Einbindung der Bezirksverwaltungen sicher. 5. Wie beurteilt der Senat den aktuellen Verfahrensstand bei der Aufgabenkritik und dem Normenscreening von Berliner Regelungen? Zu 5.: Für den Bereich des Normenscreenings beurteilt der Senat den Verfahrensstand als gut. Es wurden deutliche Fortschritte erzielt. Die Fachressorts wurden insbesondere durch das systematische Normenscreening-Verfahren für die Bedeutung der Rechtsnormen für das E-Government sensibilisiert. Prüfungen der Verwaltungsvorschriften sollen intensiviert werden. Bereits in der Vergangenheit war Aufgabenkritik ein wichtiger Bestandteil verwaltungsreformatorischer Bestrebungen in der Berliner Verwaltung. Eine Aufgabenkritik im Sinne einer flächendeckenden, alle verwaltungsebenen übergreifenden, Geschäftsprozessanalyse und -optimierung war aufgrund der fehlenden Kompetenzen, Strukturen und Ressourcen nicht möglich. Durch die Regelungen des EGovG Bln wurde die landesweite Geschäftsprozessoptimierung auf gesetzlicher Ebene verankert. Die neuen gesetzlichen Regelungen bilden gemeinsam mit dem Einführungskonzept für ein gesamtstädtisches Geschäftsprozessmanagement und den vom Senat vorgesehenen über 50 Stellen für Prozessund Digitalisierungsmanagerinnen und -managern die Basis für den derzeit stattfindenden sukzessiven Aufbau der benötigten Strukturen. Die flächendeckende Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt noch in der Anfangsphase. Berlin, den 19. Juli 2017 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-11759 S18-11759a