Drucksache 18 / 11 801 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hakan Taş und Niklas Schrader (LINKE) vom 12. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2017) zum Thema: G20-Gipfel 2017 (I): In Hamburg eingesetzte Kräfte und Antwort vom 02. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) und Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11801 vom 12. Juli 2017 über G20-Gipfel 2017 (I): In Hamburg eingesetzte Kräfte ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner Polizist*innen welcher genauen Untergliederungseinheiten waren zu welchen Zeiträumen und an welchen Orten zur Unterstützung der Hamburgischen Polizei beim Einsatz rund um den G20-Gipfel im Einsatz (bitte eine Einzelaufschlüsselung nach Anzahl der Dienstkräfte, genauen Untergliederungseinheiten und jeweiligen Einsatzzeiträumen)? Zu 1.: Die Polizei Berlin entsandte in der Spitze 985 Polizeidienstkräfte zur Unterstützung beim Einsatz „G20-Gipfel“ nach Hamburg. Die Aufschlüsselung in Anzahl der Untergliederungseinheiten und Einsatzzeiträume kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Aufgrund mehrmaliger Wechsel der Einsatzaufträge ist eine Aussage, zu welchen Zeiten den Berliner Polizeidienstkräften welche Einsatzorte zugeteilt waren, nicht möglich. Untergliederungseinheit Kräfteanzahl Zeitraum Verkehrskräfte (Lotsenkräfte/ Verkehrsposten) 35 04.07. - 09.07.2017 Kommunikationsteams 30 05.07. - 09.07.2017 Kriminalpolizeiliche Maßnahmen 74 29.06. - 09.07.2017 Einsatzküche 4 31.05. - 23.06.2017 15 20.06. - 12.07.2017 Landeskriminalamt 49 01.07. - 09.07.2017 Pressestelle 1 27.06. - 09.07.2017 Seite 2 von 5 2. Bereitschaftspolizeiabteilung Führungsstab 26 21.06. - 27.06.2017 3. Bereitschaftspolizeiabteilung Führungsstab 31 05.07. - 09.07.2017 11. Einsatzhundertschaft 72 13.04. - 16.04.2017 13. Einsatzhundertschaft 80 06.07. - 09.07.2017 14. Einsatzhundertschaft 84 25.06. - 26.06.2017 15. Einsatzhundertschaft 78 25.06. - 26.06.2017 22. Einsatzhundertschaft 87 21.06. - 26.06.2017 100 06.07. - 09.07.2017 23. Einsatzhundertschaft 74 21.06. - 26.06.2017 68 07.07. - 09.07.2017 25. Einsatzhundertschaft 68 06.04. - 09.04.2017 79 06.07. - 09.07.2017 31. Einsatzhundertschaft 79 21.06. - 26.06.2017 32. Einsatzhundertschaft 81 25.06. - 26.06.2017 34. Einsatzhundertschaft 89 06.07. - 09.07.2017 35. Einsatzhundertschaft 74 07.07. - 09.07.2017 36. Einsatzhundertschaft 83 06.07. - 09.07.2017 Wasserschutzpolizei 16 04.07. - 09.07.2017 Luftunterstützung 2 03.07. - 09.07.2017 Begleitschutz- und Verkehrsdienst 85 06.07. - 09.07.2017 Gefangenenwesen 2 29.06. - 09.07.2017 Polizeiseelsorge 1 05.07. - 09.07.2017 Technische Einsatzeinheiten 55 28.06. - 09.07.2017 Diensthundeführer 16 30.06. - 09.07.2017 Quelle: Angaben der Dienststelle 2. Wie viele Beamt*innen oder Angestellte anderer Berliner Behörden oder Verwaltungseinheiten waren in welchen Zeiträumen im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg? Zu 2.: Neben den Unterstützungskräften der Berliner Polizei wurden 81 Dienstkräfte der Berliner Feuerwehr zur Unterstützung entsandt. 3. Wann und in welchem Umfang erfolgte die ursprüngliche Entscheidung, Dienstkräfte nach Hamburg zu entsenden? Wann, weshalb und auf welcher Grundlage wurde diese Entscheidung geändert, bzw. die Entsendung weiterer Dienstkräfte beschlossen? Zu 3.: Im Zeitraum vom 22. März bis 23. Juni 2017 wurde aufgrund der unterschiedlichen Unterstützungsersuchen entschieden, die Polizei Hamburg im Rahmen der Amtshilfe nach Artikel 35 Grundgesetz (GG) im erforderlichen Umfang zu unterstützen. Eine zusätzliche Entscheidung zur Entsendung hinsichtlich zwei weiterer Einsatzhundertschaften erfolgte ebenfalls im Rahmen der Amtshilfe nach Artikel 35 GG am 7. Juli 2017. Vorausgegangen war die am 7. Juli formulierte dringliche Bitte Hamburgs nach weiteren Kräften zur Absicherung des G20-Gipfels, nachdem eine Vielzahl von begangenen Straftaten und Gefahren für Leib und Leben im Stadtgebiet Hamburgs aufgetreten waren. Seite 3 von 5 4. Welche weiteren Abweichungen zur ursprünglichen Einsatzplanung fanden weswegen statt (z.B. früheres Einsatzende von Einheiten)? Zu 4.: Aufgrund von in den Medien dargestellten Vorfällen in der Unterkunft Bad Segeberg wurden am 26. Juni 2017 drei Berliner Einsatzhundertschaften durch die Polizei Hamburg vorzeitig aus dem Unterstützungseinsatz entlassen. Eine Ersatzgestellung erfolgte nicht. Abweichend von der ursprünglichen Einsatzplanung wurden am 7. Juli 2017 zwei weitere Einsatzeinheiten zur Unterstützung nach Hamburg entsandt. Siehe hierzu auch Antwort zu Frage 3. 5. Ist im Vorfeld für die jeweiligen Beamt*innen und Angestellten ein Dienst- oder Schichtplan bekannt gewesen? a. Falls ja, wurde dieser eingehalten oder wie sahen gegebenenfalls die Abweichungen aus? b. Falls vorhanden, wie erfolgte eine Arbeitszeiterfassung? c. Wurde die Leistung von Überstunden angeordnet, wenn ja, durch wen und fand eine Beteiligung des Personalrats statt? Zu 5.: Nein. Zu 5. a.: Entfällt. Zu 5. b.: Die Arbeitszeiterfassung erfolgte durch den jeweiligen Vorgesetzten der Berliner Untergliederungseinheiten. Zu 5. c.: Die Anordnung von Mehrarbeit erfolgte durch den Polizeiführer der Polizei Hamburg. Eine Beteiligung des Gesamtpersonalrates der Polizei Berlin fand statt. 6. Wie viele Beamt*innen wurden im Einsatz verletzt? Soweit möglich nach a. Schwere (z.B. konnte Dienst fortsetzen/musste vom Dienst abtreten), b. Ursache (Unfall, Einwirkung von befreundeten Kräften, z.B. Tränengas, Fremdeinwirkung) und c. Einsatzanlass (Bezeichnung des Protestgeschehens) bzw. möglichst genauer Ort- und Zeitangabe aufschlüsseln. Zu 6.: Im Zusammenhang mit dem Einsatz „G20-Gipfel“ erlitten 133 (Stand: 18. Juli 2017) Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte teilweise mehrfach Verletzungen. Zu 6. a.: Von den genannten Polizeidienstkräften konnten 128 ihren Dienst fortsetzen, fünf mussten diesen verletzungsbedingt beenden. Zum Teil mussten die Verletzungen der im Dienst verbliebenen Beamtinnen und Beamten nach Rückkehr nach Berlin unter Krankschreibung auskuriert werden. Zu 6. b.: Die Ursachen stellen sich wie folgt dar: Unbekannte Ursache: 3 (Schwindel, Kreislaufprobleme) Unfall: 2 (Einklemmen der Hand in der Fahrzeugtür) Seite 4 von 5 Atemwegsreizung: 10 (Freisetzen von Reizstoffen, Reizgas und Feuerlöschmitteln) Fremdeinwirkung: 145 (durch Stein- und Flaschenwürfe, Würfe weiterer Gegenstände wie z.B. Feuerlöscher, Schlagen mit einer Fahnenstange, Versprühen von Tränengas mittels Feuerlöscher, Entzünden von Pyrotechnik, etc.) Zu 6. c.: Eine statistische Erfassung des Einsatzanlasses erfolgt bei der Dokumentation einer Verletztenmeldung im Einsatz nicht. Die individuelle Recherche zur Einzelauflistung ist aufgrund der Vielzahl der verletzten Mitarbeitenden und der mehrmals wechselnden Einsatzaufträge noch nicht möglich. Einige Polizeidienstkräfte wurden entweder an einer Örtlichkeit oder an verschiedenen Einsatzorten mehrfach verletzt. Daher gibt es eine Diskrepanz zwischen Verletzten und Verletzungen. Überwiegend wurde am Fischmarkt und dem dortigen Nahbereich in die körperliche Unversehrtheit der Beamtinnen und Beamten eingegriffen. Dabei kam es am 6. Juli 2017 in der Zeit zwischen 18:30 Uhr und 21:00 Uhr zu 130 Verletzungen. Den zweiten Schwerpunkt bildete das Schanzenviertel zwischen 23:30 Uhr und 00:00 Uhr. Hier wurden 22 Verletzungen erlitten. 7. Kam es im Zusammenhang mit dem Einsatz in Hamburg zu Ereignissen, die Gegenstand von Straf- oder Disziplinarverfahren gegen Berliner Beamt*innen sind? Wenn ja, welche? Zu 7.: Es wurden in Bezug auf strafrechtlich relevante Ereignisse zwei Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt (in einem Fall kommt der Tatvorwurf des Verdachts der Beleidigung hinzu) eingeleitet. Zum einen erstattete eine Person Anzeige, welche in einem im Internet veröffentlichten Video erkannte, dass durch Berliner Polizeibeamte Tritte und Schläge gegen Personen ausgeführt wurden. Der Anzeigenerstatter war nicht selbst Zeuge des Geschehens. Zum anderen gab ein Bericht der „rbb-Abendschau“ Anlass zur Überprüfung der dort erhobenen Vorwürfe, bei der Kontrolle eines Reisebusses auf der Raststätte Stolpe (Mecklenburg-Vorpommern) wären die Insassen des Busses von den kontrollierenden Beamtinnen und Beamten der Polizei Berlin geschlagen und beleidigt worden. Darüber hinaus wurden in der Polizei Berlin bislang keine Sachverhalte bekannt, die das Erfordernis zur Einleitung von Disziplinarverfahren gegen Beamtinnen oder Beamte der Behörde begründen. 8. In welcher Höhe erhält das Land Berlin Ausgleichszahlungen für die entsandten Kräfte und in welcher Höhe werden diese an die Eingesetzten ausgezahlt? Zu 8.: Die Höhe der Ausgleichszahlungen Hamburgs gegenüber dem Land Berlin für die entsandten Kräfte anlässlich des „G20-Gipfels“ ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Die Fertigung der zahlreich zu erstellenden Einzelabrechnungen (Personalkosten, Kosten für Kraftfahrzeuge, etc.) wird erfahrungsgemäß einige Zeit Seite 5 von 5 beanspruchen. Erst wenn diese vorliegen, können die tatsächlich entstandenen Kosten benannt und geltend gemacht werden. Die eingesetzten Polizeidienstkräfte erhalten ihre reguläre Besoldung, die auch Erschwerniszulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten vorsieht. Entstandene Mehrarbeit wird vorrangig durch die Gewährung von Freizeitausgleich abgegolten. Ist dies aus dienstlichen Gründen nicht möglich, kann auch Mehrarbeitsvergütung gewährt werden. 9. Wie viele Gefährderansprachen hat die Berliner Polizei im Vorfeld des G20-Gipfels mit Bezug zu einer möglichen Teilnahme an Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg durchgeführt? Zu 9.: Im Vorfeld des „G20-Gipfels“ waren für zwei Personen mit Wohnsitz in Berlin Gefährderansprachen durch das Landeskriminalamt Berlin vorgesehen. Die betreffenden Personen wurden jedoch nicht angetroffen. 10. Wurden mit Bezug zu den Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 Unterbindungsgewahrsam nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 ASOG, Meldeauflagen oder andere Maßnahmen in Berlin angeordnet? Wenn ja, bitte nach Art und Umfang auflisten. Zu 10.: Im Vorfeld des „G20-Gipfels“ wurde innerhalb der Polizei Berlin intensiv geprüft, welche Maßnahmen des Gefahrenabwehrrechts unter welchen Voraussetzungen zur Anwendung kommen können, um zu verhindern, dass von Personen mit Wohnsitz in Berlin Straftaten, insbesondere solche von erheblicher Bedeutung, im Rahmen der Proteste gegen den „G20-Gipfel“ in Hamburg begangen werden. Im Zuge dieser vorgenommenen Prüfung wurden im Ergebnis für vier Personen Meldeauflagen, beginnend mit der Bekanntgabe bis einschließlich 10. Juli 2017, 08:00 Uhr, angeordnet. Darüber hinaus wurde für eine der drei zuvor genannten Personen ein Antrag auf Anordnung einer Ingewahrsamnahme nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 ASOG beim Amtsgericht Tiergarten eingereicht, jedoch abgelehnt. In zwei weiteren Fällen wurde die Auferlegung einer Meldepflicht intern rechtlich geprüft und negiert. Daher wurden bei diesen Personen die in der Beantwortung zu Frage 9 angeführten Gefährderansprachen vorgesehen. Berlin, den 02. August 2017 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-11801 S18-11801