Drucksache 18 / 11 808 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) vom 13. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2017) zum Thema: Aktuelle Situation und Zukunft der Schele-Schule und Antwort vom 28. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11808 vom 13. Juli 2017 über Aktuelle Situation und Zukunft der Schele-Schule ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Laut dem Schulgesetz erhalten Privatschulen einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 93 % der vergleichbaren Personalkosten einer entsprechenden öffentlichen Schule. Wie steht der Senat zu der Feststellung , dass die Schulverwaltung seit 2002 Kosten für Reinigungs- und Küchenpersonal, Erzieherstellen usw. outgesourct hat und durch diese Umwandlung von Personalkosten in Sachkosten die staatlichen Zuschüsse für Privatschulen erheblich reduziert hat? Welche Kosten, die bis 2001 noch bezuschusst wurden, sind seit dem in Sachkosten umgewandelt worden, oder werden aus anderen Gründen nicht mehr erstattet? Bitte auflisten nach Jahr, Art der Kosten und jeweiligem Betrag. Zu 1. Nach § 101 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Berlin (SchulG) sind Berechnungsgrundlage für die vergleichbaren Personalkosten die Beträge für Vergütungen und Löhne entsprechender Lehrkräfte und sonstiger schulischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Angestellte oder Arbeiter an öffentlichen Schulen. Daraus folgt, dass Kosten nur in die Berechnung der vergleichbaren Personalkosten eingehen, wenn es entsprechendes Personal an öffentlichen Schulen gibt, für die das Land Berlin Vergütungen und Löhne zahlt. Diese Regelung haben die Berliner Verwaltungsgerichte – auch konkret im Fall der Schele -Schule – in ständiger Rechtsprechung bestätigt (OVG Berlin vom 14.9.2004 - OVG 8 B 21.02 - die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26.7.2005 – BVerwG 6 B 24.05 - zurückgewiesen ; die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28. Oktober 2005 - 1 BvR 1939/05 - nicht zur Entscheidung angenommen). Mit dem Haushaltsentlastungsgesetz 2002 wurde mit Art. VII (Änderung des Privatschulgesetzes und der Verordnung über Zuschüsse für Privatschulen) auch die Privatschulfinanzierung an die finanzpolitische Lage im Land Berlin angepasst. Geregelt wurden: - Die Absenkung des Bemessungssatzes von 97 % in zwei Stufen auf 93 % der vergleich- baren Personalkosten in den Jahren 2002 bis 2004. - Die Nichtberücksichtigung von Reinigungskosten bei den Personalkosten ab 2003. - - 2 Weitere Änderungen der Bezuschussung betrafen die folgenden Sachverhalte: - Die Pflichtstundenerhöhung für Lehrkräfte und deren Auswirkung auf die Schüler-Lehrer- Relationen und damit die Zuschussberechnung seit dem Jahr 2004. - Den Wegfall der Vorklassen an den Grundschulen zum 01.08.2005. - Den Wegfall von landeseigenem Küchenpersonal an den öffentlichen Grundschulen seit 2005. 2. Wie steht der Senat zu der Darstellung, dass der Träger der Schele-Schule aufgrund von seit dem Jahr 2016 vorgenommenen weiteren Kürzungen des staatlichen Zuschusses in eine existenzbedrohende Situation gekommen ist und ein Insolvenzverfahren nur in letzter Minute abgewendet werden konnte? Welche Unterstützungsangebote oder Lösungsansätze gab es vonseiten des Senats? Zu 2.: Der Senat hat sich bei der Bezuschussung der Schele-Schule an die geltende Rechtslage gehalten. Der Ersatzschulzuschuss wurde zum Teil mit rechtskräftig festgestellten Forderungen verrechnet . Weiterhin wurde der Zuschuss gemäß § 101 Absatz 2 Satz 4 SchulG gekürzt. Danach wird der Zuschuss um den darüber liegenden Satz gekürzt, wenn die laufenden Einnahmen eines nicht auf gemeinnütziger Grundlage arbeitenden Schulträgers 125 Prozent der vergleichbaren Personalkosten übersteigen. Der Schulträger betreibt seine Ersatzschule als Einzelunternehmer und natürliche Person und kann daher nach der Rechtsauffassung des Senats nicht gemeinnützig im Sinne des § 101 Absatz 2 SchulG handeln. Der Schulträger wurde seit dem Jahr 2015 mehrfach auf die Möglichkeit eines Trägerwechsels zum Beispiel hin zu einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) hingewiesen. Die zur Genehmigung eines Trägerwechsels erforderlichen Unterlagen hat der Schulträger bis heute nicht vorgelegt. Darüber hinaus wurde dem Schulträger mehrfach die Prüfung von Stundungsvoraussetzungen für die in Rede stehenden Rückforderungen des Landes Berlin angeboten. Rückfragen zum Vorliegen der Stundungsvoraussetzungen blieben unbeantwortet, so dass keine Entscheidungsreife vorlag. Aufgrund der von dem Schulträger dargestellten angespannten Finanzsituation wurde zudem auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet. Eine rechtskräftig gewordene Rückforderung aus dem Haushaltsjahr 2012 wurde nicht einmalig zurückgefordert, sondern über zwölf Monatsraten mit den laufenden Ersatzschulzuschüssen 2017 verrechnet. 3. Haben noch andere Grundschulen in freier Trägerschaft wegen der durch die Schulverwaltung vorgenommenen Maßnahmen des Outsourcing Probleme mit der Finanzierung des gebundenen Ganztagsbetriebes ? Zu 3.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. - - 3 4. Wurde die Schele-Schule als gebundene Ganztagsschule anerkannt? Zu 4.: Der von der Familie Troost von Schele seit 1959 betriebenen Schele-Schule (Grundschule ) wurde nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Privatschulen und den Privatunterricht (Privatschulgesetz) vom 13.05.1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin (GVBl.) S. 286) mit Wirkung vom 1. Januar 1969 die Eigenschaft einer anerkannten Privatschule verliehen. Mit Bescheid des damaligen Senators für Bildung vom 24.09.1985 wurde die bestehende Anerkennung vom 01.08.1985 an auf den Betrieb als Ganztagsschule erweitert . Sie ist heute als Ersatzschule eine staatlich anerkannte Grundschule im gebundenen Ganztagsbetrieb. 5. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, dass die Schele-Schule auf Grundlage der jetzigen finanziellen Situation und gültigen Rechtslage den Ganztagsschulbetrieb aufrechterhalten kann? Welchen Finanzplan empfiehlt der Senat für die Aufrechterhaltung des Ganztagsbetriebs? Welche Möglichkeit besteht, das Defizit durch Elternbeiträge zu kompensieren? Zu 5.: Es ist nicht Aufgabe des Senats, die finanzielle Situation eines freien Trägers zu kommentieren . Bei einer Kompensation eines Defizites durch Elternbeiträge ist in jedem Fall die Einhaltung des Sonderungsverbotes gemäß Art. 7 Absatz 4 Satz 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland zu beachten. 6. Für wie viele schülerbezogene Stellenanteile außerhalb des verlässlichen Schulbetriebs erhält die Schele- Schule Subventionen? Zu 6.: Schulen in freier Trägerschaft werden vom Land Berlin nicht subventioniert. Die Ersatzschulzuschüsse der Schele-Schule berechnen sich nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchulG. Dem Schulträger werden derzeit für die der Berechnung zugrundeliegenden jahresdurchschnittlichen Schülerzahlen (122,92), im Verhältnis der Schüler-Lehrer- Relation (SLR) der vergleichbaren öffentlichen Schule, Ersatzschulzuschüsse für 8,23 Stellen für Lehrkräfte (inkl. Schulleitung), je 0,5 Stellenanteile für nichtpädagogisches Personal (Sekretariat und Hausmeister) sowie 3,07 Stellen für Erzieherinnen und Erzieher für den gebundenen Ganztagsbetrieb einer Grundschule gewährt. Grundlage hierfür ist die jeweils gültige Verwaltungsvorschrift für die Zumessung von Erzieherinnen/Erzieher und Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter, Pädagogische Unterrichtshilfen und Betreuerinnen /Betreuer (weiteres pädagogisches Personal) an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen und Internaten. 7. Ist die Schele-Schule die einzige Grundschule in Berlin, deren Träger eine natürliche Person ist, die nicht beschränkt, sondern mit ihrem gesamten Vermögen haftet und die deswegen für ihre gemeinnützige Tätigkeit keinen Freistellungsbescheid vom Finanzamt erhalten kann? Zu 7.: Ja. - - 4 8. Bei der Finanzierung sieht das Schulgesetz von 2004 unter bestimmten Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung von anerkannt gemeinnützigen und anderen Privatschulträgern vor. Einzelheiten zur Finanzierung von nicht anerkannt gemeinnützigen Schulträgern regelt § 7 Ersatzschulzuschussverordnung (EZSV). Gibt es außer der Schele-Schule noch eine andere Schule in Berlin, für die § 7 ESZV gilt? Welche Behandlung erfahren diese vom Senat? Welche Probleme existieren dort? Zu 8.: Die Ersatzschulzuschussverordnung (ESZV) gilt ausnahmslos für alle Ersatzschulen im Land Berlin und wird entsprechend angewendet. § 7 ESZV regelt, welche Einnahmen eines nicht auf gemeinnütziger Grundlage arbeitenden Schulträgers im Sinne von § 101 Abs. 2 Satz 4 SchulG zu berücksichtigen sind. Außer der Schele-Schule gibt es noch einen allgemeinbildenden und 11 berufliche Schulträger mit fehlender Gemeinnützigkeit. In einem Fall wurde die Auffassung des Senats, dass die Gemeinnützigkeit einer Mantelstiftung nicht auf einzelne Untergesellschaften durchschlägt, durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) rechtskräftig bestätigt (OVG 3 B 5.15, VG 3 K 1001.12 Berlin vom 03. März 2016). Über Probleme liegen keine Erkenntnisse vor. 9. Seit dem Jahr 2016 werden im Fall der Schele-Schule für die Ermittlung der Kappungsgrenze gemäß § 101 Schulgesetz die Einnahmen und der staatliche Zuschuss zusammengerechnet. Ist Ihnen bekannt, dass die Schele-Schule in den 1980-er Jahren schon einmal in einer existenzbedrohenden Situation gewesen ist? Welcher Lösungsansatz wurde damals gefunden? Zu 9.: Mit Wirkung vom 1. Januar 1984 trat die „Dritte Verordnung zur Änderung der Dritten Durchführungsverordnung zum Privatschulgesetz“ vom 28. Juni 1984 (GVBl Seite 925) in Kraft, welche folgende Regelung vorsah: „Bei einer Notlage des Schulträgers kann das für das Schulwesen zuständige Mitglied des Senats im Einvernehmen mit dem Senator für Finanzen auch ohne die Voraussetzungen des Satzes 1 Einnahmen bei der Berechnung des Zuschusses für höchstens drei Jahre außer Betracht lassen, wenn andernfalls die Schließung der Schule droht.“ Auf dieser Grundlage erfolgte für das Jahr 1984 eine großzügige Anrechnung der Einnahmen und eine entsprechende Zuschussbewilligung. Die Verordnung über Zuschüsse für Privatschulen vom 29. März 1971 (GVBl. S. 590, 715), zuletzt geändert durch Artikel VI § 2 des Gesetzes vom 19. Juli 2002 (GVBl. S. 199), ist durch Inkrafttreten der ESZV mit Wirkung vom 1. November 2004 außer Kraft getreten (vgl. § 11 Abs. 1 ESZV). 10. Wenn es zutrifft, dass sich hinsichtlich der Ermittlung der Kappungsgrenze die Gesetzeslage seit 1987 nicht geändert hat, wieso werden dann die Subventionen für die Schele-Schule nach 30-jähriger Praxis derart gekürzt, dass die Schule nur noch durch Kredite überleben kann? Worauf basiert das veränderte Verwaltungshandeln seit dem Jahr 2016, obwohl das gültige Schulgesetz und die EZSV schon im Jahr 2004 in Kraft getreten sind? Zu 10.: Die Annahme trifft nicht zu, die Rechtslage hat sich geändert. Nach der Ersatzschulzuschussverordnung von 2004 ist der Zuschuss bei den Einnahmen zu berücksichtigen. - - 5 Die Neuberechnung des Zuschusses beruhte nicht auf einer veränderten Verwaltungspraxis . Grund waren vielmehr die im Rahmen vertiefter Überprüfungen der Verwendungsnachweise der Schele-Schule vor Ort im Juli und September 2015 erlangten Kenntnisse zu den Einnahmen der Schule. 11. Das Schulgesetz will für die Ermittlung der Kappungsgrenze ausschließlich die Einnahmen berücksichtigt wissen. Wie gestaltet sich diesbezüglich im Fall der Schele-Schule die Berechnung der Einnahmen und Zuschüsse ? Zu 11.: Die Berechnung der Einnahmen erfolgt nach § 7 der ESZV. Zur Berechnung des Zuschusses siehe Frage 2. 12. Werden im Fall der Schele-Schule bei der Zuschussberechnung nichtsubventionierte Leistungen – wie etwa Verpflegungs-, Transport- oder Baukosten – berücksichtigt? Zu 12.: Nein, Schulen in freier Trägerschaft werden vom Land Berlin nicht subventioniert. In den nach § 101 Abs. 2 SchulG bewilligten Zuschüssen sind ein Zuschuss für Sachkosten und die Kosten für die Beschaffung und den Betrieb der erforderlichen Schulräume enthalten. 13. Sieht der Senat bei der von ihm angewandten Auslegung des § 7 ESZV die Schele-Schule in ihrer Existenz gefährdet? Wie verträgt sich die derzeitige Rechtsauffassung der Schulverwaltung mit dem Gleichheitsgrundsatz ? Zu 13.: Der Senat ist weder für das betriebswirtschaftliche Konzept der Schele-Schule verantwortlich , noch liegen ihm dazu Detailkenntnisse vor. Eine abweichende Behandlung gemeinnütziger Körperschaften begründet zudem nach Auffassung des Senats keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. 14. Hat der Senat ein Interesse, die Schele-Schule zu retten? Wie sehen die konkreten Schritte dazu aus? Inwieweit ist eine Härtefallregelung in Betracht gezogen worden? Zu 14.: Der Senat hat ein grundsätzliches Interesse am Fortbestand aller Schulen in freier Trägerschaft , die die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen. Bei der Zuschussgewährung ist der Senat an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Siehe auch Antwort zu Frage Nr. 2. 15. Auf welchen Fakten basiert der von der Senatsverwaltung geäußerte Vorwurf (siehe Tagesspiegel vom 20.9.2016), dass der Träger der Schele-Schule falsche Schülerzahlen gemeldet und Einnahmen verschwiegen habe? 16. Welcher Schaden ist dem Land Berlin dadurch entstanden? Wurde ein Prüfbericht erstellt? Zu welchem Ergebnis ist dieser Bericht vor allem bezgl. der zweckentsprechenden Verwendung aller Mittel gekommen? - - 6 Zu 15. und 16.: Die Fragen 15. und 16. beziehen sich auf ein Einzelrechtsverhältnis, das streitig und Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen bzw. staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ist. Zudem besteht ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Trägers, welches einer Beantwortung entgegensteht. Daher kann der Senat hierzu keine Angaben machen. 17. Ist es richtig, dass die Schele-Schule Ende 2015 Willkommensklassen einrichten wollte, die ihr nicht genehmigt worden sind? Wenn dies zutrifft: Mit welcher Begründung wurde dies untersagt? Zu 17.: Es ist richtig, dass es dazu eine Anfrage gab. Die Nichteinrichtung erfolgte aufgrund nicht nachgewiesener geeigneter Raumkapazitäten. 18. Ist es richtig, dass die Schele-Schule eine Sekundarstufe wieder einrichten wollte und ihr diese nicht genehmigt worden ist? Wenn dies zutrifft: Mit welcher Begründung wurde dies untersagt? Zu 18.: Es ist richtig, dass es dazu am 08. März 2017 ein Beratungsgespräch mit der Schulleitung der Schele-Schule gab. Ein entsprechender Antrag wurde bisher nicht gestellt. Berlin, den 28. Juli 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-11808 S18-11808