Drucksache 18 / 11 813 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hugh Bronson (AfD) vom 14. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2017) zum Thema: Wer ist »geflüchtet«? Für klare Definitionen statt Pauschalurteile und Antwort vom 28. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Dr. Hugh Bronson (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11813 vom 14. Juli 2017 über Wer ist "geflüchtet"? Für klare Definitionen statt Pauschalurteile ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Definitionen von »Neuzuwanderern«, »Migranten/innen« und »Flüchtlingen« liegen den Förderkriterien für das ESF-Instrument »Förderung der beruflichen Orientierung und Qualifizierung von Migranten/innen sowie der sozialen Eingliederung und Bekämpfung der Armut von Neuzuwanderern einschließlich Roma und Flüchtlinge« zugrunde? Zu 1.: Der Begriff „Neuzugewanderte“ umfasst alle Menschen, die aus anderen Herkunftsländern dauerhaft nach Berlin zuwandern. Unter „Migrantinnen und Migranten“ sind Menschen mit Migrationshintergrund zu verstehen. Das Partizipations- und Integrationsgesetz des Landes Berlin vom 28.10.2010 definiert diesen Personenkreis in § 2 „Begriffsbestimmung“ folgendermaßen: „Menschen mit Migrationshintergrund sind, soweit in einem anderen Gesetz nichts anderes bestimmt ist, 1. Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes sind, 2. im Ausland geborene und nach 1949 nach Deutschland ein- und zugewanderte Personen und 3. Personen, bei denen mindestens ein Elternteil die Kriterien der Nummer 2 erfüllt. 2 Unter dem Begriff „Flüchtlinge“ sind im „Operationellen Programm des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF) in der Förderperiode 2014-2020“ und im Landes- ESF-Instrument Nr. 19 Personen zu verstehen, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach Deutschland geflohen sind. 2. Welche Definition von »geflüchteten Menschen« liegt dem Fachkonzept »Mobile Bildungsberatung (MoBiBe) zur Integration von geflüchteten Menschen in Arbeit und Bildung« der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zugrunde? Zu 2.: Die Mobile Bildungsberatung (MobiBe) zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten richtet sich im Sinne der BA-Statistik an „Personen im Kontext von Fluchtmigration“. Das sind Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, einer „Aufenthaltserlaubnis Flucht“ oder mit einer Duldung. 3. Welche Personen gehören laut der Auffassung des Senats zu den Gruppen »Flüchtlinge«, »geflüchtete [Menschen]«, und »Schutzsuchende«? Sofern die Antworten je nach Begriff sich unterscheiden, bitte gesondert für jeden Begriff antworten. Punkte a) und b) und ihre Untergliederungen sind im Sinne der Fachserie 1 Reihe 2 des Statistisches Bundesamtes, »Ausländische Bevölkerung: Ergebnisse des Ausländerzentralregisters« zu verstehen. a. Personen mit Aufenthaltsstatus, darunter… i. Personen mit Aufenthaltstitel aus…. 1. völkerrechtlichen, 2. humanitären, 3. politischen oder 4. familiären Gründen 5. oder aufgrund besonderer Aufenthaltsrechte ii. Personen ohne Aufenthaltstitel, die... 1. von der Erfordernis auf einen Aufenthaltstitel sind befreit bzw. heimatlose Ausländer 2. einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt haben b. Personen ohne Aufenthaltsstatus, darunter solche mit… i. Duldung ii. Aufenthaltsgestattung iii. oder ohne Aufenthaltstitel, Duldung oder Gestattung c. Ausreisepflichtige i. vollziehbar Ausreisepflichtige ii. nicht vollziehbar Ausreisepflichtige d. Ausgewiesene e. Abgeschobene f. Personen, die sich in Abschiebehaft befinden g. Personen mit anhängigen Verfahren wegen… i. illegalen Aufenthalts ii. illegaler Einreise iii. Verfälschung oder Manipulation von Dokumenten im Zusammenhang mit einem Antrag auf Asyl h. Personen, die verurteilt wurden wegen… i. illegalen Aufenthalts ii. illegaler Einreise iii. Verfälschung oder Manipulation von Dokumenten im Zusammenhang mit einem Antrag auf Asyl 3 i. Personen, die einer Residenzpflicht in einem anderen Bundesland unterliegen, sich aber in Berlin aufhalten j. Personen, die eine Rückkehrberatung in Anspruch nehmen, die… i. die Kriterien der Rückkehrförderung erfüllen ii. selbige Kriterien nicht erfüllen k. Personen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben und ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen l. Personen, die nachweislich aus sicheren Herkunftsstaaten stammen, bei denen keine individuellen Gründe für Asyl- und humanitären Schutz sprechen m. Personen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, bei denen folgende Merkmale unbekannt sind: i. Herkunftsländer ii. persönlicher Hintergrund von politischer oder sonstiger Verfolgung oder Nichtverfolgung iii. Identitäten n. Personen, die in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt haben, sich aber nicht regelmäßig in Deutschland aufhalten? Zu 3.: Der Begriff „Flüchtling“ ist in § 3 Asylgesetz (AsylG) definiert, der auf die Genfer Flüchtlingskonvention verweist. „Geflüchtete Menschen“ ist kein rechtlich feststehender Begriff. Er wird verwendet, um Personen zu bezeichnen, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen aus ihrem Herkunftsland geflohen sind. „Schutzsuchende“ ist ein – gesetzlich nicht definiertes - Synonym für Personen, die einen Asylantrag nach § 13 AsylG gestellt haben oder das zu tun beabsichtigen, wobei der Antrag auf Schutzgewährung auch auf die Gewährung von subsidiären Schutz oder die Feststellung von Abschiebehindernissen beschränkt werden kann. Für die Festlegung, welcher Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist nach dem Aufenthaltsgesetz der Zweck der Einreise ausschlaggebend. Zweck der Einreise der drei oben genannten Personengruppen (Flüchtlinge, Geflüchtete, Schutzsuchende) sind völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe. Für die Dauer des Verfahrens wird eine Aufenthaltsgestattung oder in besonderen Konstellationen eine Duldung erteilt. Damit könnten alle die unter 3 a und b aufgelisteten Kategorien in die Gruppe der „Flüchtlinge“, „geflüchtete Menschen“ und „Schutzsuchende“ fallen. Die darüber hinaus gewählten Kategorisierungen unter 3 c bis n beziehen sich nicht auf unterschiedliche Aufenthaltsstatus und lassen demnach keine Rückschlüsse auf den jeweiligen Zweck der Einreise zu. Eine typisierte Zuordnung der Begriffe zu den aufgelisteten Fallgruppen erfolgt deshalb nicht. 4. Betrachtet der Senat eines oder mehrere der unter Punkt 3. genannten Merkmale als Ausschlusskriterium für Förderung zwecks Arbeitsmarktintegration? Zu 4.: Der Berliner Senat stellt Angebote zur Förderung der beruflichen Integration bereit. Die Fördermaßnahmen werden unter Berücksichtigung des Prinzips der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit angeboten. Pauschale Kriterien zum Ausschluss der Teilnahme werden nicht vorgegeben. Vielmehr orientieren sich die Zugangskriterien an der Zielsetzung der Maßnahmen. 4 5. Schreibt der Senat für alle von ihm verwalteten Förderinstrumente, Programme und Behörden eine einheitliche Definition von den in Punkt 1. genannten Begriffen vor, oder wird diese Definition untergeordneten Instanzen überlassen? Zu 5.: Nein, eine einheitliche Definition ist nicht vorgegeben. Die Definition der Zielgruppe richtet sich nach den jeweiligen Zielen der Förderprogramme. Berlin, den 28. Juli 2017 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-11813 S18-11813