Drucksache 18 / 11 819 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) vom 12. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2017) zum Thema: Gewalttaten im Zuwanderermilieu und Antwort vom 01. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11819 vom 12.07.2017 über Gewalttaten im Zuwanderermilieu ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Auf meine Schriftliche Anfrage an den Senat „Auseinandersetzungen/Aggressionen in Berliner Zuwandererunterkünften“ (Drs. 18/10172) vom 20.12.2016 antwortete der Senat u.a.: „...dass die Gewaltbereitschaft und das Aggressionspotential unter Asylsuchenden und Flüchtlingen nach seinen Erkenntnissen pauschal nicht signifikant höher zu bewerten ist als bei anderen Personengruppen der Bevölkerung“ und weiter: "Vielmehr geht der Senat davon aus, dass es sich bei den in Berlin aufgenommenen [...] Geflüchteten in aller Regel um Menschen handelt, die [...] in Deutschland um Schutz nachsuchen mit dem Ziel, hier friedlich und konfliktfrei mit ihren Mitmenschen zusammen zu leben und sich um eine erfolgreiche Eingliederung in das hiesige soziale und wirtschaftliche Leben zu bemühen...". Ich frage den Senat: 1) Wie erklärt der Senat vor dem Hintergrund von Presseberichten (u.a. Tagesspiegel vom 5.7.17: "Schlägertrupp verbreitet Terror") die beschriebene Existenz einer ca. 100 Männer umfassenden Schlägerbande mit Mitgliedern vornehmlich aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien, die Migranten, insbesondere Frauen, unter Androhung schwerster Straftaten ihre fundamentalistischsalafistische Auslegung des Islam aufzwingen und außerdem christliche Asylbewerber massiv bedrohen? 2) Wie erklärt der Senat den offensichtlichen Widerspruch zwischen seiner gegebenen Antwort und dem erwähnten Pressebericht? 2 3) Welche zielgerichteten Maßnahmen hat der Senat eingeleitet, um Rechtsverstöße der beschriebenen Art zu erfassen, aufzuklären und einer gerichtlichen Bewertung zuzuführen? 4) Was gedenkt der Senat gegen diese gewalttätigen kriminellen Übergriffe zu unternehmen und wie will der Senat Migranten besser schützen, die aufgrund ihrer religiösen Identität von anderen Migranten in Berlin massiv bedroht werden? Zu 1. bis 4.: Der Senat stellt zunächst klar, dass er die Berichterstattung in den Medien verfolgt und auswertet, sein politisches und administratives Handeln aber vorrangig auf verifizierbare Fakten und empirische Erkenntnisse stützt. Im Übrigen geht aus dem in der Fragestellung zu 1. genannten Bericht der Zeitung „Der Tagesspiegel“ nicht hervor, dass es sich bei den kriminellen Personen tschetschenischer Herkunft ausschließlich, überwiegend oder teilweise um Geflüchtete handeln soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der Berliner Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Asylanträge von Personen aus der russischen Föderation seit dem 01.03.2013 nicht bearbeitet werden, sondern dies erst zukünftig wieder vorgesehen ist. Doch selbst, wenn es sich bei dem in Rede stehenden Personenkreis um Geflüchtete handeln sollte, muss die genannte Zahl von 100 Personen eingeordnet werden in Relation zu mehr als 90.000 Geflüchteten, die in Berlin in den zurückliegenden fünf Jahren nach Verteilung im IT-Verfahren EASY aufgenommen wurden. Somit kann das delinquente und ggf. strafrechtlich relevante Verhalten einer zahlenmäßig kleinen, offenbar in sich abgeschlossenen und nach außen weitgehend abgeschotteten Minderheit nicht als repräsentativ für die Einstellung einer vielfach größeren Gesamtheit von Menschen gelten, die lediglich das Fluchtschicksal miteinander teilen, sich im Übrigen aber hinsichtlich ihrer Staatsangehörigkeit, ethnischen und geographischen Herkunft, kulturellen Prägung und weltanschaulichen bzw. religiösen Ausrichtung signifikant voneinander unterscheiden. Durch die Polizei Berlin wurde insgesamt ein Strafermittlungsverfahren wegen Verdachts der Störung des Rechtsfriedens durch Androhung von Straftaten gegen Unbekannt eingeleitet, das in einem Fachkommissariat des Polizeilichen Staatsschutzes im Landeskriminalamt Berlin bearbeitet wird. Bestätigende Erkenntnisse auf die mögliche Existenz einer derartigen Gruppierung liegen in diesem Zusammenhang derzeit nicht vor. Eine gesonderte statistische Erfassung von Ermittlungsverfahren dieser Art findet bei der Staatsanwaltschaft Berlin nicht statt. Es konnte ein Verfahren mit dem Gegenstand einer Bedrohung und Körperverletzung ermittelt werden, das dem in der wiedergegebenen Presseberichterstattung beschriebenen Tatmuster entspricht. Hintergrund der Tat, begangen durch einen einzelnen Beschuldigten, der tschetschenischer Herkunft ist, sollen Äußerungen des Opfers über den Islam und das 3 Ziel der Tat die Verhinderung der Wiederholung entsprechender Aussagen in der Zukunft gewesen sein. Gegen den heranwachsenden Beschuldigten wurde unterdessen Anklage zum Jugendrichter erhoben. Ein Hauptverhandlungstermin wurde noch nicht anberaumt. Im Übrigen werden relevante Erkenntnisse bei der Staatsanwaltschaft Berlin durch den behördlichen Islamismusbeauftragten gesammelt und von diesem zur Kenntnisnahme bzw. weiteren Veranlassung an die zuständigen Dienststellen des Polizeipräsidenten in Berlin und des Generalstaatsanwalts in Berlin übermittelt. Der Senat sieht vor diesem Hintergrund weder eine Veranlassung, von seiner Bewertung der Sachlage in der vorgenannten Antwort auf die Schriftliche Anfrage 18/10172 abzuweichen, noch steht die zitierte, auf die ganz überwiegende Mehrheit der in Berlin lebenden, Recht und Gesetz achtenden Geflüchteten bezogene Aussage in Widerspruch zu Berichten über kriminelle Machenschaften einer kleinen und isolierten, wenngleich hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit ernst zu nehmenden Gruppierung ausländischer Straftäter, bei denen es sich möglicherweise um ehemalige Asylbegehrende handeln mag. Dessen ungeachtet werden in Gemeinschaftsunterkünften begangene Straftaten – unabhängig von der Herkunft, ethnischen Zugehörigkeit, Staatsangehörigkeit oder des religiösen Bekenntnisses der Tatverdächtigen sowie der Opfer – in jedem bekannt gewordenen Einzelfall einer konsequenten Aufklärung und Verfolgung durch die zuständigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden zugeführt. Bei Vorliegen einer konkreten Straftat oder einer konkreten Gefahrenlage trifft die Polizei Berlin angemessene strafrechtliche und gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen. Grundlage dafür ist nicht die Nationalität betroffener Personen oder deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe, sondern das individuelle rechtlich relevante Verhalten. Dies gilt für die Prüfung aufenthaltsbeschränkender oder –beendender Maßnahmen im gleichen Maße. Der Senat ist der Auffassung, dass hierfür die Instrumente des geltenden Straf- und Strafprozessrechts ausreichen und es jedenfalls keiner zusätzlichen legislativen Maßnahmen bedarf, um den Rechtsfrieden in Gemeinschaftsunterkünften zu wahren. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) legt bei den Vorgaben für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete eine Kultur der Gewaltfreiheit zu Grunde. Aus diesem Grunde beinhalten die überarbeiteten Qualitätsanforderungen aus dem Jahr 2016 die Forderung nach Betreiberkonzepten, die u. a. auch ein Sicherheitskonzept/ Gewaltschutzkonzept enthalten, in dem – neben anderen Maßnahmen – ein Schutzkonzept für besonders schutzwürdige Personen zwingend zu beschreiben ist, welches auch den Schutz von religiösen Minderheiten umfasst. 4 Ergänzt werden diese konzeptionellen Maßnahmen durch eine von der Betreiberin/von dem Betreiber bzw. der Heimleitung aufrecht zu erhaltene Notfallkette, welche seit der Implementierung der Qualitätssicherung der Unterkünfte im Jahr 2015 regelmäßig durch das LAF (vormals Landesamt für Gesundheit und Soziales – LAGeSo) abgefordert und hinsichtlich ihrer Funktionalität überprüft wird. Das Sicherheitskonzept wird jeweils mit dem Landeskriminalamt abgestimmt. Ein von der Betreiberin/vom Betreiber beauftragter Wachschutz ist 24 Stunden vor Ort. Im Bereich der Außenanlagen – und unter bestimmten datenschutzrechtlichen Voraussetzungen auch im Innenbereich – kann eine Videoüberwachung vorgesehen werden, sollte dies aus Sicherheitsgründen erforderlich sein. Im Übrigen können sich in Gemeinschaftsunterkünften lebende Geflüchtete, die sich Übergriffen oder Anfeindungen durch andere Bewohnerinnen und Bewohner ausgesetzt sehen, jederzeit (auch anonym) an den Sozialdienst des LAF oder den Sozialdienst der Unterkunft oder jede andere öffentliche Dienststelle des Landes Berlin wenden. Das LAF wird dann geeignete Maßnahmen veranlassen, um die Betroffenen zu schützen, wie etwa Verlegungen in andere Einrichtungen oder die Verhängung von Hausverboten gegen die Verursacherinnen und Verursacher. Statistisch erfasst werden solche Vorgänge allerdings nicht. Daneben halten auch die Betreiberinnen und Betreiber sowie insbesondere die caritativen Einrichtungen vertrauliche Beratungs- und Unterstützungsangebote vor. Neben der Prävention werden auch weiterführende, individuelle Unterstützungsangebote vermittelt; dem Sozialdienst ist das Hilfenetz in Berlin für jede einzelne Fallkonstellation bekannt. Ergänzend wird auf die Antwort des Senats vom 30.03.2016 auf die Schriftliche Anfrage 17/18189 vom 08.03.2016 verwiesen. Berlin, den 1. August 2017 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-11819 S18-11819a