Drucksache 18 / 11 858 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 19. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juli 2017) zum Thema: Berliner Forsten I -Zustand und Zukunft der Berliner Wälder- und Antwort vom 03. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. August 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Dr. Turgut Altug (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 11858 vom 19. Juli 2017 über Berliner Forsten I - Zustand und Zukunft der Berliner Wälder - Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viel Kubikmeter Holz wurden in den vergangenen zehn Jahren von den Berliner Forsten gewonnen? (Bitte um Auflistung nach Jahren) Antwort zu Frage 1: Jahr Kubikmeter 2007 92.457 2008 61.097 2009 56.018 2010 81.989 2011 93.015 2012 123.428 2013 107.696 2014 133.206 2015 126.952 2016 98.580 2 Frage 2: Wie entwickeln sich die Einnahmen aus Holzverkauf in den vergangenen zehn Jahren (Bitte um Auflistung nach Jahren). Wer sind Käufer, Abnehmer? Antwort zu Frage 2: Jahr Einnahmen 2007 1.945.358 2008 1.915.103 2009 1.510.638 2010 1.993.860 2011 3.157.850 2012 3.416.313 2013 2.945.539 2014 3.446.035 2015 3.530.800 2016 2.796.209 Käufer der verschiedenen Holzsortimente kommen vor allem aus den Bereichen Holzhandel, Sägeindustrie sowie der Zellstoff- und Holzwerkstoffindustrie. Frage 3: Wie hat sich der Gesundheitszustand des Waldes in den letzten zehn Jahren entwickelt? 3.1. Wie viel Prozent der Waldfläche ist geschädigt? 3.2. Wie hat sich das Schadniveau bei den Nadelbäumen entwickelt? 3.3. Wie hat sich das Schadniveau bei den Laubbäumen entwickelt? 3.4. Welche Faktoren sind maßgeblich bei der Schädigung des Waldes? Antwort zu Frage 3: Aus dem Waldzustandsbericht 2016 ergeben sich folgende Zahlen: 3.1. Wie viel Prozent der Waldfläche ist geschädigt? Hauptergebnisse der Waldzustandserhebung 2016 (Angaben in Prozent der Waldfläche, Veränderung zum Vorjahr in Prozentpunkten) ohne Schäden Schadstufe 0 Warnstufe Schadstufe 1 deutliche Schäden Schadstufen 2-4 Berlin Veränderung 39 +2 50 0 11 -2 3 3.2. Wie hat sich das Schadniveau bei den Nadelbäumen entwickelt? Die Kiefer hat in Berlin einen Anteil von 64 % und steht stellvertretend für die Nadelbäume (insges. 68 % Anteil) in Berlin. 3.3. Wie hat sich das Schadniveau bei den Laubbäumen entwickelt? Die Eiche ist eine Zielbaumart des Waldumbaus in Berlin. Ca. 15 % aller Bäume in Berlin sind Eichen. Sie steht stellvertretend für die angefragten Laubbäume (insgesamt 32 % der Bäume). 4 3.4. Welche Faktoren sind maßgeblich bei der Schädigung des Waldes? Die weitere Klimaentwicklung birgt erhebliche Risiken für die Waldentwicklung. Steigende Temperaturen und zunehmende Witterungsextreme wie Stürme und Starkregen bedrohen die Wälder in ihrer Vitalität und Stabilität. Außerdem zeichnet sich eine ungünstigere Verteilung der knappen Niederschläge in der Region ab: die Winter werden feuchter und die Niederschläge in der Vegetationszeit gehen (mit Ausnahme diesen Jahres) zurück – das schlug sich auch im Jahr 2016 nieder. Einträge durch Schwefel und Schwermetalle sind durch wirksame Maßnahmen der Luftreinhaltung eingedämmt. Dagegen belasten Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und dem Straßenverkehr heute die Wälder und die Waldböden immer noch stark. Wie im vergangenen Jahr spielten biotische Schäden durch Insekten und Pilze an den Waldbäumen nahezu keine Rolle. Besonders die Eichen – für die naturnahe Entwicklung stabiler Mischwälder in Berlin die wichtigste Baumart – profitieren aktuell von der geringen Population des Eichenprozessionsspinners und anderer Schmetterlingsarten, deren Fraß die Vitalität der Bäume erheblich beeinträchtigen kann. Die Beurteilung der Schäden erfolgt jeweils im Sommer anhand des Zustands der Baumkronen. In Berlin wird die Waldzustandsentwicklung seit 1991 in einem einheitlichen Stichproben-Netz an 984 Bäumen eingeschätzt und in drei Schadstufen (keine, mittlere oder deutliche Schäden) erhoben. Laubbäume reagieren im Allgemeinen rascher als Nadelbäume. Da in Berlin der Laubholzanteil höher ist als in Brandenburg, liegt das Schadniveau der Berliner Waldbäume auch deutlich höher. Insbesondere Eichen reagieren im Vergleich zu Nadelbäumen schneller auf Witterungsextreme. 5 Frage 4: Wie ist die Altersstruktur des Waldes? Antwort zu Frage 4: Dem Umweltatlas Berlin sind dazu folgende Informationen zu entnehmen: Die Altersklassenverteilung zeigt ein für das Norddeutsche Tiefland charakteristisches Bild. Es gibt einen deutlichen Überhang in der Altersklasse 41 – 80 Jahre, der auf die Übernutzungen während und nach dem zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. Bis auf diese Altersklasse ist das Altersklassenverhältnis in den Berliner Wäldern recht ausgeglichen. Es ist deutlich zu sehen, dass die Kiefer in allen Altersklassen die dominierende Baumart darstellt. Erfreulicherweise gibt es ebenfalls in fast allen Altersklassen einen Anteil an Eiche. ALh: andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (z.B. Ahornarten, Hainbuchen, Linden) ALn: andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (z.B. Birken, Weiden, Pappeln, Erlen) Bezieht man alle Bestandesschichten in die Altersklassenauswertung mit ein, so wird deutlich, dass sich ein großflächiger Bestockungswandel weg von den Kiefernreinbeständen hin zu Mischbeständen mit einem erheblichen Anteil an Laubholz vollzieht. Hier ist besonders der hohe Anteil an Eiche und Buche hervorzuheben. 6 In den folgenden Abbildungen wird die Veränderung der Baumartenanteile im Waldnachwuchs im Vergleich zum Hauptbestand deutlich. Der Kiefernanteil reduziert sich in der kommenden Waldgeneration stark und Laubbäume, vor allem Eichen und Buchen, dominieren. Frage 5: Wie entwickelt sich das Mischwaldprogramm? 5.1. Welche Mittel wurden für dieses Programm in den letzten zehn Jahren bereitgestellt und abgerufen? (Bitte um Auflistung nach Jahren) 5.2. Wie viele Hektar Wald wurden in den vergangenen zehn Jahren verjüngt? 5.3. Wie bewertet der Senat die bisherigen Bemühungen, um die Ziele des Programms zu erreichen? Antwort zu den Fragen 5.1 – 5.3: Mit Beschluss des Mischwaldprogramms innerhalb der Strategie Stadtlandschaft ist es dem Berliner Senat seit 2012 möglich, die historisch-ökologische Erblast der Kiefernära zu 7 bewältigen mit dem Ziel, die Zukunftsfähigkeit der Berliner Wälder in den kommenden Jahrzehnten wieder herzustellen. Ziel ist ein klimatoleranter Mischwald, wo Insektenkalamitäten nicht auftreten und die Grundwasserspende deutlich verbessert ist. Der Waldumbau folgt, wo immer möglich, dem Prinzip der natürlichen Verjüngung. Wo dies aufgrund fehlender Mutterbäume nicht möglich ist, erfolgt die Einbringung der Jungbäume durch Pflanzung. Seit Beginn der Umsetzung des Mischwaldprogramms von 2012 bis 2016 entstanden in den Schwerpunktgebieten Grunewald und Köpenick sowie weiteren Waldgebieten: 490 ha Mischwald (Anlage Karte: gelb), somit knapp 100 ha pro Jahr mit insgesamt 1.6 Millionen jungen standortheimischen Laubbäumen wie Eichen, Buchen, Hainbuchen, Winterlinden, Ulmen etc. Die Entwicklung von naturnahen Mischwäldern stellt vor dem Hintergrund der Klimaprognosen eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge Berlins dar. Vorgehensweise bei der Flächenauswahl Die Verortung der Mischwaldflächen folgt im Zeitraum 2012-2016 im Wesentlichen den räumlichen Vorgaben der Strategie Stadtlandschaft mit Schwerpunkt Grunewald und Köpenicker Wälder. Die Festlegungen der Strategie Stadtlandschaft sowie die Klassifikation von Waldflächen mit geringem, mittlerem und hohem Waldumbaupotential stellen auch für zukünftige Maßnahmen ein sinnvolles und angepasstes Konzept dar. Dieses wird durch Festlegung konkreter Einzelkriterien auf jeder Einzelfläche umgesetzt. Die Klassifikation geringer, mittlerer und hoher Waldumbaubedarf ist auf die individuelle Reviersituation zugeschnitten. Die Besiedlungsdichte mit Traubenkirsche, der Anteil und die Verteilung an erwünschten Altbäumen mit entsprechendem Samen- und damit Naturverjüngungspotential, die jagdlichen Möglichkeiten, die Nähe zu Trinkwassergalerien, die räumliche Verteilung der Flächen im Zusammenhang mit anderen Verjüngungskomplexen und das Alter der Bestände ist in die jeweilige Einstufung eingeflossen. Dementsprechend wird grundsätzlich, beginnend mit älteren Beständen, mit der Abarbeitung der umbaunotwendigen Waldflächen begonnen. Jüngere Bestände (< 70 Jahre) werden in Ausnahmefällen ebenfalls bearbeitet, wenn berechtigte Sorgen bestehen, dass durch die dort befindliche Traubenkirsche eine Wiederbesiedlung umliegender Flächen beschleunigt stattfinden würde. Die für die Flächenauswahl beschriebenen Kriterien haben auch Auswirkungen auf das Maßnahmenpaket, das für jede einzelne Fläche individuell festgelegt wird und daher alle bzw. nur einzelne der folgenden Teilmaßnahmen umfassen kann. Maßnahmen Für die Neuanlage von Mischwaldflächen: Durchforstung des Kiefernoberstandes Rodung des verdämmernden Unterstandes aus Spätblühender Traubenkirsche Zaun Bau als Verbissschutz gegen Rehwild, inklusive Zaunkontrolle und -reparatur in den Folgejahren Pflanzung, Kulturpflege, Nachpflanzung Für die Sicherung bereits angelegter Flächen: 8 Der finanzielle Aufwand für die Sicherung von Flächen setzt sich ebenfalls aus verschiedenen Komponenten zusammen. Im Einzelnen sind diese Kulturpflegearbeiten, Nachrodungen von Traubenkirsche, Nachpflanzungen und Zaunreparaturen. Abgerufene (bereitgestellte) Mittel 2012 – 2016 2012: 653.212,18 € (660.000 €) 2013: 770.000,00 € (770.000 €) 2014: 932.508,35 € (960.000 €) 2015: 800.794,26 € (720.000 €) 2016: 1.293.296,93 € (1.200.000 €) 9 Geplante Maßnahmen in 2017 Ausgaben von 900T€ sind für die Neuanlage/ Vorbereitung von Mischwald in folgenden Revieren vorgesehen: Weitere Bepflanzung vorbereiteter Flächen im Revier Saubucht im Grunewald mit ca. 15 ha Fortsetzung von Maßnahmen in den Revieren Fahlenberg, Teufelssee, Schmöckwitz, Rahnsdorf und Friedrichshagen im Forstamt Köpenick mit ca. 60 ha Fortsetzung von Maßnahmen im Revier Stolpe im Forstamt Tegel mit ca. 25 ha Fortsetzung von Maßnahmen in den Revieren Gorin, Prenden, Albertshof und Lanke im Forstamt Pankow mit ca. 50 ha (überwiegend Traubenkirschenrodung und Pflanzung von Eiche) Die Sicherung bereits angelegter Flächen wird in 2017 mit 300 T€ für folgende Maßnahmen kalkuliert: Auf ca. 200 Hektar die Durchführung von Kulturpflege, Nachpflanzung, Traubenkirschenentfernung, Zaunkontrolle und –reparatur. Das Mischwaldprogramm leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung klimatoleranter, leistungsfähiger Laubmischwälder. Frage 6: Wie ist derzeit die Müllbeseitigung in den Berliner Forsten geregelt? Welche Erkenntnisse konnten durch das Pilotprojekt mit der BSR im Forstamt Köpenick gewonnen werden? Antwort zu Frage 6: Die Müllbeseitigung erfolgt derzeit überwiegend durch die Mitarbeitenden der Berliner Forsten. In den Berliner Wäldern stehen dafür zusätzlich zu den Angeboten der BSR in den angrenzenden Siedlungsbereichen knapp 200 Mülleimer für die Erholungssuchenden zur Verfügung. Die Entleerung und Müllbeseitigung erfolgt je nach Nutzungsintensität in unterschiedlichem Turnus. An den Gewässerufern im Bereich der Berliner Forsten sind in der Badesaison von Mai bis September Dienstleister mit der Strandreinigung beauftragt. Diese erfolgt ebenfalls je nach Müllaufkommen bedarfsgerecht. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem BSR-Pilotprojekt in der Revierförsterei Teufelssee sind sehr positiv. Vor allem an intensiv genutzten Erholungsschwerpunkten zeigt sich durch die Kooperation mit Spezialisten der BSR, dass mit entsprechendem Aufwand ein deutlich verbesserter Sauberkeitszustand und damit eine höhere Besucher*innen-Zufriedenheit erreicht werden kann. Eine Ausweitung auf weitere Gebiete wird angestrebt. Frage 7: Wie werden die Bürgerinnen und Bürger über Baumfällungen/Neuanpflanzungen in den Forsten informiert? Antwort zu Frage 7: Die Information der Öffentlichkeit über forstliche Maßnahmen erfolgt regelmäßig dann, wenn mit erheblichen Einschränkungen der Erholungsnutzung zu rechnen ist oder wenn Maßnahmen in unmittelbarer Siedlungsnähe stattfinden. Dies geschieht einerseits über entsprechende Presseinformationen und je nach Situation über Informationshinweise an den Waldeingängen. Außerdem finden im Einzelfall für Interessierte auch vorab 10 Waldbegänge mit der verantwortlichen Revierförsterin bzw. dem Revierförster vor Ort statt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich in der dienstäglichen Sprechstunde der Revierförstereien (jeweils von 14 – 18 Uhr) direkt zu informieren. Berlin, den 03.08.17 In Vertretung Tidow ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-11858 S18-11858