Drucksache 18 / 11 866 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 21. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juli 2017) zum Thema: Kontaminierter Boden auf dem Gelände des Flughafen Tegel und Antwort vom 06. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11866 vom 21. Juli 2017 über Kontaminierter Boden auf dem Gelände des Flughafen Tegel Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse liegen dem Senat, der Flughafengesellschaft sowie dem zuständigen Umweltamt im Bezirk Reinickendorf A) konkret zu einer Öl-Blase und B) allen sonstigen Altlasten gemäß Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) durch die Vornutzung der Flächen und durch den zivilen Flugverkehr verursacht vor? Antwort zu 1: Grundsätzlich handelt es sich bei dem Gelände „Berlin TXL“ um einen noch in Betrieb befindlichen Flughafen. Aufgrund einer wegen des Flugbetriebs eingeschränkten Zugänglichkeit und der Gesamtgröße des ca. 460 ha umfassenden Flughafengeländes ist es bisher noch nicht möglich, sich – mittels flächendeckender Bohrungen - ein vollständiges Bild über die Gesamtsituation zu verschaffen. Einen abschließenden Überblick werden erst die mit Einstellung des Flugbetriebes geplanten flächendeckenden Altlastenuntersuchungen vor Ort erbringen können. Dennoch liegt bereits umfangreiches Informationsmaterial zur Altlastensituation mit mehreren Untersuchungen vor, das eine Einschätzung der Sachlage ermöglicht. Eine Öl-Blase ist nicht vorhanden. Im Bereich eines Altölbehälters wurde eine Hauptkontamination durch die Flughafengesellschaft bereits vor mehreren Jahren beseitigt. Ein weiterer Bodenaushub wurde im Grundwasseranschnitt jedoch als unverhältnismäßig eingeschätzt, da hierdurch die Standsicherheit des nördlich angrenzenden Gebäudes Annex N2 gefährdet worden wäre. Zur Trennung der Restkontamination vom umgebenden Erdreich wurde eine stabile Baufolie eingebaut und im Anschluss die Baugrube mit Z0-Material verfüllt. Aufgrund der noch vorhandenen Restkontaminationen in der Sohle der Baugrube (gesättigter Bodenbereich) wurde die Fläche des rückgebauten Altölbehälters in das Altlastenkataster des Flughafens Berlin- Tegel aufgenommen. Für spätere Bau- oder Abrissmaßnahmen im Rahmen der 2 Schließung des Flughafens Berlin-Tegel werden so die Ergebnisse entsprechend dokumentiert. Frage 2: Was unternimmt der Senat derzeit für die Erfassung aller Altlasten gemäß Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) durch die Vornutzung der Flächen und durch den zivilen Flugverkehr verursacht? Antwort zu 2: In den bereits vorliegenden Untersuchungen sind u.a. historische Erkundungen erfolgt. Es wurden Luftbildauswertungen (1928 bis heute), historische Recherchen in den verschiedenen Archiven und weitere Grundlagenuntersuchungen durchgeführt. Durch die Untersuchungen erfolgte eine hinreichend genaue erste Gefährdungsabschätzung. Bei den historischen Erkundungen handelte es sich um einen Ausgangszustandsbericht mit der Ableitung von weiterem Untersuchungsbedarf nach Schließung des Flughafens Tegel. Auf dieser Basis sind bereits in weiteren ersten orientierenden Untersuchungen der Vorfeldflächen grundlegende Kenntnisse über den chemischen und physikalischen Zustand der Beton- und Asphaltversieglungen sowie der Auffüllungsmaterialien gewonnen worden. Für die genommenen Proben wurden insbesondere Bereiche gewählt, die innerhalb des 1. Bauabschnittes der Urban Tech Republic und im Bereich des zukünftigen Schumacher Quartiers liegen. Auf Basis eines Erkundungsplans wurden darüber hinaus in weiteren Untersuchungen diverse Kleinrammbohrungen, schwere Rammsondierungen, Trockenbohrungen und Drucksondierungen bis in max. 20 m Tiefe ausgeführt. An repräsentativen Proben wurden im Sicherheitsbereich und im frei zugänglichen Teil des Flughafens bodenmechanische und chemische Analysen durchgeführt. Bei den Bohrungen wurden für alle Schichten und in regelmäßigen Abständen gestörte Proben gewonnen. In der Auffüllung und dem unmittelbar unterlagernden, gewachsenen Boden sowie am Grundwasseranschnitt wurden darüber hinaus Bodenproben für chemische Analysen in Glasbehälter gefüllt. Frage 3: Welche vereinzelten, lokalen Schadstoffbelastungen konnten im Zuge vergangener Sanierung nicht vollständig aus dem Boden entfernt werden, um die Standsicherheit der Gebäude nicht zu gefährden? A) Welche Gebäude waren davon betroffen? Antwort zu 3 und 3 a): In den vorliegenden Untersuchungen werden wenige noch vorhandene „Einzelaltlasten“ auf dem Gelände des Flughafens benannt, z.B. im Bereich des Hangars, für den zur Feststellung der unterhalb des Hangars N1 möglichen Bodenbelastungen Untersuchungen nach der Beendigung der Nutzung durchzuführen sind. Die Verfahrensvorschläge werden in den vorliegenden Untersuchungen einzeln erläutert. An vielen früher belasteten Stellen sind bereits durch die zuständige Flughafengesellschaft Altlastenbeseitigungen erfolgt, so dass die Untersuchungen für die Urban Tech Republic im Gesamtergebnis ihrer Beurteilung der Altlastensituation auf dem Gelände des Flughafens zu dem Ergebnis kommen, dass „aktuell keine Anhaltspunkte ermittelt wurden, die der beschriebenen Nachnutzung des Flughafens Tegel entgegenstehen“. 3 Frage 4: Von welchen konkreten Kosten geht der Senat sowie die Tegel Projekt GmbH für die Umsetzung seiner Nachnutzungspläne bei A) erforderlichen Such- und Bergungsmaßnahmen, B) Sanierungsarbeiten und C) Entsorgungskosten aus? Antwort zu 4 a), b) und c): Eine Gesamtbeurteilung der Altlastensituation auf dem Gelände des Flughafens Tegel ist zum derzeitigen Stand indikativ und wird nach Schließung des Flughafens vervollständigt. Einerseits weisen die historischen Untersuchungen großflächige, potentielle Risiken aus. Andererseits wurden viele in der Vergangenheit bekannte Einzel-Altlasten bereits von der Flughafengesellschaft beseitigt. Die ersten durchgeführten konkreten Bodenuntersuchungen haben gezeigt, dass zwar punktuell Einzelbelastungen vorliegen können, generell die Untersuchungen für den zukünftigen Bereich der Urban Tech Republic jedoch positive Ergebnisse gebracht haben. Im Bereich des Schumacher Quartiers ergaben die ersten chemischen Untersuchungen der Bodenproben in weiten Bereichen des Untersuchungsareals Belastungen in der anthropogenen Auffüllung, die einen Wiedereinbau des Bodens nicht zulassen. Hierdurch ist mit zusätzlichen Kosten bei der Beseitigung von Aushubmaterial zu rechnen. Ein sanierungsbedürftiger Grundwasserschaden, der vom Untersuchungsgebiet ausgeht, wurde nicht festgestellt. Aufgrund der enormen Größe des Flughafenareals (460 ha) wird sich ein fundiertes Bild erst nach Schließung des Flughafens und Durchführung der bereits geplanten umfangreichen Altlastenuntersuchungen ergeben. Frage 5: Welche bauplanerischen, -technischen sowie verwertungstechnischen Auswirkungen hätten nach einer möglichen Schließung des Flughafen Tegels die erfolgten Arrondierungen, insbesondere durch die Ausfüllung große Bereiche mit Bauschutt beim Bau des Flughafens Anfang der 1970er Jahre? Antwort zu Frage 5: Die vorliegenden historischen Untersuchungen gehen aufgrund der Geschichte des Flughafens davon aus, dass zur Herstellung des Niveaus der heutigen Flächen umfangreiche Auffüllungen, im Wesentlichen Trümmerschutt und in den Restbereichen heterogenes Auffüllungsmaterial durch Vergrabungen und Verschiebungen, erfolgt sind. Aus früheren Untersuchungen besteht die Annahme, dass es großflächig Auffüllungsbereiche gibt, deren Mächtigkeit 2-4 Meter umfasst. Die vermuteten Auffüllungen befinden sich im Wesentlichen im südwestlichen Bereich sowie im östlichen Randbereich des Flughafenareals. Die ersten punktuellen Bodenuntersuchungen im Bereich der zukünftigen Urban Tech Republic haben positive Ergebnisse gezeigt. Die punktuell orientierenden Untersuchungen haben ergeben, dass die Böden im Bereich der Rampe der Brücke sowie unter dem Bestandsbeton an den Entnahmestellen kaum Fremdbestandteile aufweisen und wurden überwiegend dem Zuordnungswert Z0 gemäß der Einstufung LAGA Boden zugeordnet. Es wurden an den beprobten Punkten keine Bauschutt- oder bauschutthaltigen Auffüllungen festgestellt. Die geplanten Arrondierungen nach einer möglichen Schließung des Flughafen Tegels haben nach den vorliegenden Erkenntnissen keine unüblichen bauplanerischen, -technischen sowie verwertungstechnischen Auswirkungen. In den vorliegenden Untersuchungen wird jedoch darauf hingewiesen, dass die durchgeführten Beprobungen nur einen orientierenden Charakter haben und keine Aussagen zur Belastung der Gesamtflächen geben. 4 Für das Schumacher Quartier urteilen die Gutachter, dass die geplanten Gebäude flach gegründet werden können. Der Baugrund ist auch meist zur Herstellung von Straßen geeignet, teilweise ist ein Bodenaustausch notwendig. Bei den zukünftigen Freibereichen mit sensibler Nutzung (Spielplätze, Gärten, Park- und Freizeitanlagen) sollte nach Anlage des Grobplanums entsprechend der zukünftigen Nutzung eine Untersuchung nach Bundesbodenschutzverordnung erfolgen, anhand welcher über einen Bodenaustausch entschieden werden kann. Offensichtlich durch Bauschutt, Schlacke etc. verunreinigter Boden sollte in diesen Bereichen obligatorisch bis 0,3 m unter GOK ausgetauscht werden. Frage 6: Nach Information des für Altlasten zuständigen Umweltamtes werden im Rahmen der Stilllegung von der BFG nur solche Altlasten beseitigt, gesichert oder überwacht werden, die dem Flughafenbetrieb eindeutig zuzuordnen sind. A) Wie soll mit Altlasten verfahren werden, die nicht eindeutig dem Flughafenbetrieb zuzuordnen sind? B) Wer trägt diese entsprechenden Kosten? Antwort zu Frage 6 a) und b): Im Rahmen des Erbbaurechtsvertrages mit der BFG wurde hinsichtlich der Altlasten im Grund und Boden die Regelung getroffen, dass das Land Berlin von jeglicher öffentlichoder privatrechtlicher Haftung und allen Kosten im Zusammenhang mit nachgewiesenen oder vermuteten Verunreinigungen oder Schadstoffbelastungen des Bodens oder des Grundwassers für die Nutzungszeit als Flughafen freigestellt wird. Die Freistellung umfasst dabei nicht nur die Nutzung durch die BFG sondern auch deren Mieter oder sonstigen Nutzer des Flughafens. Die Nachweispflicht obliegt der BFG. Sollten darüber hinaus Altlasten im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes gefunden werden, sind diese im Rahmen der Nachnutzung kostenmäßig zu planen und zu beseitigen. Berlin, den 6 . August 2017 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-11866 S18-11866