Drucksache 18 / 11 916 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Wesener (GRÜNE) vom 26. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2017) zum Thema: Mindestlohn für die Freie Szene I: Verbindlichkeit von Honoraruntergrenzen und Antwort vom 03. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Daniel Wesener (Bündnis 90/ Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 11 916 vom 26.07.2017 über Mindestlohn für die Freie Szene I: Verbindlichkeit von Honoraruntergrenzen Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat den Stand der Umsetzung seiner 2014 eingeführten „Empfehlung für Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare im Rahmen der Spartenoffenen Förderung Berlin“? Zu 1.: Im Jahr 2016 wurden die oben genannten „Empfehlungen für Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare“ zusammen mit dem Förderprogramm Spartenoffene Förderung (damals Spartenübergreifende Förderung) eingeführt. Die Empfehlungen basieren auf den Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonoraren, die innerhalb der unterschiedlichen Verbände der Freien Szene erarbeitet wurden (z.B. Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. (LAFT), berufsverband bildender künstler*innen berlin e.V. (bbk) usw.). Auf Grundlage dessen hat die Senatsverwaltung für Kultur und Europa Empfehlungen für die Projektförderung in einem Hinweisblatt zusammengefasst und für Antragstellerinnen und Antragsteller, Jury- und Beiratsmitglieder sowie Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger online zur Verfügung gestellt. Das primäre Ziel bei der Veröffentlichung der Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare war die Sensibilisierung der Jurys, der Beiräte, der Antragstellerinnen und Antragsteller. Auch die Mobilisierung der einzelnen Verbände war für die erfolgreiche Umsetzung von zentraler Bedeutung. Infolgedessen werden die Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare in den Projektanträgen immer mehr berücksichtigt . Die Jury- und Beiratsmitglieder und -mitgliederinnen achten bei der Mittelvergabe darauf, dass die Honorarempfehlungen eingehalten werden und dass nicht gekürzt wird. 2. Ist dem Senat bekannt, inwieweit dieser „Empfehlung“ auch konsequent bei öffentlicher Förderung entsprochen wurde? Falls diese Kenntnisse vorliegen: Gab es Abweichungen von der Empfehlung, um wie viele Fälle handelt es sich und wie groß ist ihr Anteil an der Gesamtheit der Fördermaßnahmen (bitte differenziert nach Jahren und Sparten aufführen)? Seite 2 von 3 Zu 2.: Die Evaluation der Umsetzung der Empfehlungen zu den Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonoraren erfolgt in zwei Stufen. Zunächst werden die Jurys in Sachen Honorare gebrieft. Nach der Projektdurchführung werden die Verwendungsnachweise in dieser Hinsicht geprüft. Zuerst befassen sich die unabhängigen Jury- und Beiratsmitglieder intensiv mit den eingereichten Projektanträgen und sind angehalten, die Honoraruntergrenzen zu berücksichtigen . Projektanträge, in denen die Honoraruntergrenzen missachtet werden, werden von den Jury- und Beiratsmitgliedern in der Regel nicht empfohlen. Nur in begründeten Ausnahmefällen werden Kürzungen vorgenommen (z.B. bei unangemessenen Honoraren). Zudem ist die Prüfung der Mittelverwendung und somit auch der Honorarvergütungen praktisch nur im Rahmen der Prüfung des Verwendungsnachweises möglich und sinnvoll. Bei der Prüfung der Verwendungsnachweise werden Abweichungen zwischen den von der Jury bewilligten Honoraren und den tatsächlich verausgabten Honoraren festgestellt. Bei der Spartenoffenen Förderung werden viele Projekte über einen längeren Zeitraum gefördert (überjährige Reihen, Festivals und Serien), daher liegen der Senatsverwaltung für Kultur und Europa bisher nur wenige Verwendungsnachweise vor. Demzufolge ist es der Senatsverwaltung für Kultur und Europa nur teilweise bekannt, inwieweit die Honorarempfehlungen von den Zuwendungsempfängern und Zuwendungsempfängerinnen in der Projektförderung bisher tatsächlich umgesetzt wurden. 3. Falls der Senat keine entsprechenden Kenntnisse hat: Inwiefern hält es der Senat für geboten, die Umsetzung seiner „Empfehlung“ zukünftig zu überprüfen und wie wäre das ggf. praktisch umsetzbar ? Zu 3.: siehe Antwort zu 2. 4. Was spräche aus Sicht des Senats kulturpolitisch oder rechtlich gegen eine Verbindlichkeit von Honoraruntergrenzen bei öffentlicher Förderung? Und wie bewertet der Senat in diesem Zusammenhang das häufig vorgebrachte Argument, verbindliche Honoraruntergrenzen seien vor dem Hintergrund des Gesetzes für Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht statthaft? Zu 4.: Die Empfehlungen für die Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare werden in den spartenspezifischen Verbänden und in Abstimmung mit der Kulturverwaltung festgelegt und regelmäßig aktualisiert. Diese Empfehlungen werden im Rahmen des Zuwendungsverfahrens zu rechtlichen Verbindlichkeiten, wobei auf Veränderungen der festgelegten Honoraruntergrenzen flexibel reagiert werden kann. Konkret werden die Finanzierungspläne und die darin aufgeführte Honorare für rechtlich verbindlich erklärt. Abweichungen in den Honoraren werden im Rahmen der Prüfung des Verwendungsnachweises festgestellt. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa prüft, wie mit Abweichungen, die gegen die für verbindlich erklärten Honorare verstoßen, umgegangen werden soll. Zunächst ist fraglich, ob das Gesetz für Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung findet. Das GWB findet Anwendung beim Vergaberecht, wenn es um Aufträge der öffentlichen Hand geht. Die Vorgaben des Vergaberechts sind zudem nicht auf jeden Auftrag der öffentlichen Hand anzuwenden , vgl. §§ 99 GWB ff. Vorliegend geht es um Förderungen in Form von Zuwendungen nach den §§ 23, 44 Landeshaushaltsordnung Berlin (LHO) und gerade nicht um Aufträge der öffentlichen Hand. Seite 3 von 3 Geht man jedoch von der Zielsetzung des GWB aus, nämlich den freien Wettbewerb vor Wettbewerbsbeschränkungen jeder Art zu schützen, dann hängt die Statthaftigkeit einer verbindlichen Honoraruntergrenze von der konkreten Ausgestaltung ab. Die Ausgestaltung der verbindlichen Honoraruntergrenzen müsste einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten. 5. Welche Maßnahmen hält der Senat auch unterhalb einer verbindlichen Regelung für möglich, damit seine „Empfehlung“ durchgängig Anwendung findet und prekären Arbeitsbedingungen von Kulturschaffenden in der öffentlichen Förderung vorgebeugt wird? Zu 5.: Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa plant weiterhin, Antragstellerinnen und Antragsteller, Jury- und Beiratsmitglieder sowie Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger zum Thema Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare zu sensibilisieren. Konkret erfolgt diese Sensibilisierung durch die Beratung vor der Antragstellung (z.B. bei der Bereitstellung von Formularen, Musterfinanzierungsplänen , Hinweisblättern und Informationsblättern), durch spezifische Informationsveranstaltungen und durch sogenannte Jurybriefings. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa möchte weiterhin die Zusammenarbeit mit den Verbänden stärken und gemeinsam die Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare auf Aktualität überprüfen. Berlin, den 03.08.2017 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa S18-11916 S18-11916 S18-11916 S18-11916