Drucksache 18 / 11 918 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Wesener (GRÜNE) vom 26. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2017) zum Thema: Wie weiter mit der East Side Gallery? und Antwort vom 11. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Daniel Wesener (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 11 918 vom 26. Juli 2017 über Wie weiter mit der East-Side-Gallery? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Was unternimmt der Senat für die Sicherung und „den durchgehenden Erhalt der Mauerreste und der Grünfläche im Bereich der East Side Gallery“ gemäß der Koalitionsvereinbarung? Antwort zu 1: Die East Side Gallery ist als Denkmal in der Denkmalliste Berlin eingetragen. Als Arbeitsgrundlage und Leitfaden für alle Maßnahmen am Objekt East Side Gallery dient der vom Landesdenkmalamt Berlin beauftragte und seit 2014 vorliegende Denkmalpflege- und Denkmalentwicklungsplan für die East Side Gallery. Hierin sind neben Vorgaben zu Schutz und Erhalt unter anderem Empfehlungen und Vorschläge für eine denkmalgerechte Entwicklung und Vermittlung des Objekts gegeben. Er wurde mit der Stiftung Berliner Mauer abgestimmt. Für alle Maßnahmen am Denkmal bzw. in dessen Umfeld ist eine denkmalrechtliche Genehmigung notwendig. Für regelmäßige bauunterhaltende Maßnahmen an der East Side Gallery werden öffentliche Mittel eingesetzt. In 2015/2016 wurden diese von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Höhe von 115.000 € bereitgestellt; das Land Berlin beteiligte sich im Rahmen einer Kofinanzierung ebenfalls mit 115.000 € an den Sanierungsarbeiten. Im Haushaltsplan für 2016/ 2017 sind zur Deckung des jährlichen ESG Bauunterhaltungsaufwands in Titel 68624 „Zuschuss an die Stiftung Berliner Mauer“ jährlich 60.000 € eingestellt. Diese Maßnahmen dienen dem Schutz der Mauer als Erinnerungsort. 2 Der Senator für Kultur und Europa beabsichtigt, in Kürze eine Vorlage in den Senat einzubringen über die Unentgeltliche Übertragung der Grundstücke „Park an der Spree“ und „East-Side-Park“ mit Elementen der ehemaligen Berliner Mauer („East Side Gallery“) aus dem Eigentum des Landes Berlin in das Eigentum der Stiftung Berliner Mauer - Gedenkstätte Berliner Mauer und Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Nach Kenntnisnahme durch den Senat ist diese Vorlage dann zunächst dem Rat der Bürgermeister zu unterbreiten. Frage 2: Welche Maßnahmen ergreift der Senat in diesem Zusammenhang hinsichtlich des geplanten Hotel- und Wohnriegels auf dem Grundstück Mühlenstraße 61-63 („Waterfront-Living“), der das Erscheinungsbild der East Side Gallery massiv beeinträchtigen und die öffentliche Grünfläche entlang der Spree zerschneiden würde? Antwort zu 2: Für das Gebäude gibt es eine Baugenehmigung, der entsprechend die Errichtung erlaubt ist. Frage 3: Gab oder gibt es vor diesem Hintergrund „Verhandlungen mit den Investor*innen über Ausgleichsgrundstücke“ gemäß der Koalitionsvereinbarung? Falls ja, mit welchem (Zwischen-)Ergebnis? Falls nein, wann werden die Verhandlungen aufgenommen? Antwort zu 3: Eventuelle Ausgleichsgrundstücke sind dem Senat nicht bekannt. Frage 4: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die am 14. Februar 2014 durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Widerspruchsbehörde erteilte Baugenehmigung für das Grundstück Mühlenstraße 61- 63 außer Kraft zu setzen? Wäre z.B. eine Sicherung des Areals als Grünfläche durch die Änderung des fraglichen Bebauungsplans V-74 aus dem Jahr 2005 oder durch einen Aufstellungsbeschluss realisierbar? Und ist der Senat bereit, die Umsetzung einer entsprechenden Beschlusslage der BVV Friedrichshain- Kreuzberg (vgl. DS/0258/V) politisch und finanziell abzuschirmen? Antwort zu 4: Die Baugenehmigung vom 14.02.2014, mit Bescheid vom 21.07.2016 verlängert bis zum 14.02.2018, ist rechtmäßig. Ein Widerruf nach § 49 Verwaltungsverfahrensgesetz käme nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen in Betracht, wenn z. B. auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen eine Baugenehmigung versagt werden könnte. Gründe für einen Widerruf sind aber nicht erkennbar. Der Widerruf hätte ferner zur Folge, dass dem Bauherrn der Vertrauensschaden zu ersetzen wäre. Die Änderung des Bebauungsplans V-74 durch Aufstellung eines neuen Bebauungsplans mit dem Ziel, das Areal als Grünfläche zu sichern, ist grundsätzlich möglich, hätte aber 3 erhebliche schadensrechtliche Konsequenzen zur Folge. Das zuständige Bezirksamt hat einen entsprechenden Beschluss am 30.10.2012 gefasst und diesen auch im Amtsblatt für Berlin am 9.11.2012 bekanntgemacht. Weitere Planungsschritte sind nicht erfolgt. Mögliche Finanzierungsfragen schließen sich in Abhängigkeit vom Ergebnis der umfassenden planungsrechtlichen Bewertung erst daran an. Frage 5: Ist es zutreffend, dass das Bauvorhaben „Waterfront-Living“ statt der zulässigen sieben bzw. acht Vollgeschosse eine Aufstockung auf neun Geschosse vorsieht? Falls ja, warum hat der Senat die Baugenehmigung trotz vorheriger Ablehnung seitens der zuständigen Bezirksverwaltung erteilt? Antwort zu 5: Ja, das trifft zu. Die zuständige Senatsverwaltung hat die erforderlichen Befreiungen erteilt, weil die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB – Gründe des Allgemeinwohls - gegeben waren. Für die Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans waren im Wesentlichen die Bestrebungen des Berliner Senats ursächlich, die East Side Gallery als Baudenkmal in ihrem Bestand weitgehend zu erhalten. Anders als noch bei der Aufstellung des Bebauungsplans V-74 hat die Bewahrung der East Side Gallery in der bestehenden Gestalt heute eine herausragende Stellung für die Politik und weite Teile der Öffentlichkeit eingenommen. Dementsprechend bestand ein starkes öffentliches Interesse, eine Bebauungslösung zu finden, die die East Side Gallery so weit wie möglich unberührt lässt. Auf Bitte des damaligen Regierenden Bürgermeisters hatte die Bauherrin ihren ursprünglichen Bauentwurf geändert, um vor allem zusätzliche Öffnungen der East Side Gallery für die Erschließung der beabsichtigten Bauvorhaben am Spreeufer zu vermeiden. Das genehmigte Bauvorhaben trägt diesem Interesse in gebührender Weise Rechnung. Die durch die Verschiebung des Baukörpers entstandenen Flächenverluste und Funktionsmängel hat die Bauherrin durch den Bau eines weiteren Geschosses auf dem ursprünglich geplanten Staffelgeschoss ausgeglichen. Der genehmigte Bebauungsentwurf entspricht aber weiterhin dem städtebaulichen Massenkonzept des Bebauungsplans V-74, neben der Höhendominante an der Brommystraße einen wesentlich niedrigeren Gebäuderiegel anzusiedeln. Die zwei zusätzlichen Geschosse treten deutlich von der Traufkante des Hauptbaukörpers zurück, so dass sie als Staffelgeschosse wahrgenommen werden. Mithin bleibt das Größenverhältnis zwischen dem Gebäuderiegel und dem benachbarten Hochhaus gewahrt. Frage 6: Ist es zutreffend, dass die Nachbarin des o.g. Bauvorhabens als Eigentümerin der Mühlenstraße 60 (Wohnturm „Living Levels“) im letzten Jahr eine Klage auf die Aufhebung der Baugenehmigung beim Verwaltungsgericht eingereicht hat? Falls ja, warum und wie ist der Stand des Verfahrens? Antwort zu 6: Die Wohnungseigentümergemeinschaft Mühlenstraße 60 sowie die Eigentümerin einer Wohnung in der Mühlenstraße 60 haben Ende letzten Jahres Klage eingereicht, und zwar gegen die o. g. Verlängerung. Sie rügen die angebliche Verletzung des 4 Abstandsflächenrechts, die angebliche Beeinträchtigung des Gebietscharakters sowie angebliche Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Sowohl das beklagte Land als auch die beigeladene Bauherrin haben ihre Stellungnahmen zu den jeweiligen Klagebegründungen abgegeben. Es bleibt abzuwarten, wann das Verwaltungsgericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Frage 7: Was unternimmt der Senat, damit der vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg geplante durchgängige, öffentliche Uferweg entlang der Spree ggf. trotz einer Bebauung des Grundstücks Mühlenstraße 61-63 planungsrechtlich abgesichert und realisiert werden kann? Antwort zu 7: Die öffentliche Durchwegung ist bereits planungsrechtlich gesichert. Im Bebauungsplan V- 74 ist ein 4 m breiter Streifen entlang der Spree mit einem Gehrecht für die Allgemeinheit festgesetzt. Die verlängerte Baugenehmigung sieht eine dementsprechende Nebenbestimmung vor: „Vor Baubeginn ist der Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung oder Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung für den Bau des geplanten Gehwegs am Spreeufer und dessen öffentliche Nutzung (dingliche Sicherung) und für einen öffentlichen Zugang auf dem Baugrundstück von der Mühlenstraße (Mauerlücke) zum geplanten Gehweg am Spreeufer (dingliche Sicherung) nachzuweisen.“ Berlin, den 11.08.17 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-11918 S18-11918