Drucksache 18 / 11 919 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Wolf (LINKE) vom 27. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2017) zum Thema: Bombenblindgängerverdachtspunkte in der Vicki-Baum-Straße, 10317 Berlin und Antwort vom 08. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. 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Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe und die NBB Netzgesellschaft Berlin- Brandenburg um eine ergänzende Stellungnahme gebeten, die von dort in jeweils eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie werden nachfolgend berücksichtigt. Frage 1: Aus welchem Grund wurde die Vicki-Baum-Straße, 10317 Berlin, wie einem Schreiben der damaligen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vom 09.09.2016 an die Anwohner zu entnehmen ist, auf das Vorhandensein von Kampfmitteln untersucht? Ist die Vermutung zutreffend, dass die geplante Errichtung einer 1,5 km langen unterirdischen Druckleitung entlang des Grünstreifens an der Vicki-Baum- Straße Anlass zur Untersuchung auf Kampfmittel war? Wenn nein, was war dann der Anlass für die „antragsunabhängige Auswertung von Luftbildern“? Antwort zu 1: Anlass für die Ermittlung nach Kampfmitteln waren mehrere Anträge auf Stellungnahme zu Informationen über Kampfmittel bei der zuständigen Ordnungsbehörde aus den Jahren 2015 und 2016, die u.a von Vattenfall und dem Bezirk Lichtenberg gestellt wurden. Diese Anträge betrafen Flächen, die sich in der Nähe der Vicki- Baum- Straße befinden. Es liegt kein Antrag vor, der sich der Errichtung einer geplanten Druckleitung in der Vicky- Baum- Starße zuordnen lässt. Weder den Berliner Wasserbetrieben (BWB) noch der NBB Netzgesellschaft Berlin- Brandenburg (NBB) ist bekannt, dass sich die Verlegung einer Druckleitung entlang der Vicky- Baum- Straße in Planvorbereitung befindet. Näheres hierzu in der Antwort zu Frage 8. 2 Aus wirtschaftlichen Gründen umfasst die Auswertung alliierten Kriegsluftbilder (Luftbildauswertung) größere zusammenhängende Flächen. Da sich die Vicky- Baum- Straße in der Nähe von Antragsflächen befindet, wurde sie im vorliegenden Fall in die Luftbildauswertung mit einbezogen. Die Auswertung der Vicky- Baum- Straße erfolgte daher antragsunabhängig. Frage 2: Welche Unterschiede bestehen für den Senat zwischen einer „Empfehlung“, einer „dringenden Empfehlung“ und einer „besonders dringenden Empfehlung“, wie sie in oben genanntem Schreiben an die Anwohner zur Überprüfung ihrer Liegenschaft durch eine Fachfirma der Kampfmittelräumung gegeben wurde? Welche haftungsrechtliche und sonstige rechtliche Konsequenzen können aus der Nichtbefolgung einer „besonders dringenden Empfehlung“ resultieren? Antwort zu 2: Die Dringlichkeit der Empfehlung richtet sich nach der potentiellen Schadenswirkung der Kampfmittel, die sich im Ergebnis der Luftbildauswertung auf den Flächen befinden können. Je höher diese Schadenswirkung ist, desto dringender die Empfehlung. Da sich im Bereich von Bombenblindgängerverdachtspunkten (VP) abgeworfene Fliegerbomben befinden können, welche im Falle einer Detonation die höchste Schadenswirkung entfalten würden, wird eine besonders dringende Empfehlung ausgesprochen. In der hohen potentielle Schadenswirkung von Fliegerbomben liegt auch der Grund dafür, dass die Ordnungsbehörde Grundstückseigentümer über das Vorandensein eines Bombenblindgängerverdachtspunktes auch dann informiert, wenn diese keinen Antrag gestellt haben. Grundstückseigentümer sind für die Gefahren verantwortlich, die von Ihren Grundstücken ausgehen. Die ordnungsbehördlichen Empfehlungen sollen die Grundstückseigentümer in die Lage versetzen, auf mögliche von Kampfmittel ausgehende Gefahren angemessen reagieren zu können, um einen Gefahreneintritt zu vermeiden. Käme es auf einem Grundstück (insbesondere bei Nichtbefolgung der Empfehlung) zu einem Schaden aus Kampfmitteln, dann würde eine Mitverantwortung des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer geprüft werden müssen. Frage 3: Die Verdachtspunkte (VP 710, VP 711, VP 712) befinden sich alle in der Vicki-Baum-Straße und damit im öffentlichen Straßenland. Wurde gegenüber dem Träger der Straßenbaulast auch eine „besonders dringende Empfehlung“ ausgesprochen? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 3: Das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirkes Lichtenberg hat mit Schreiben vom 09.09.2016 die besonders dringende Empfehlung erhalten, spätestens vor beabsichtigten Bodeneingriffen die Bombenblindgängerverdachtspunkte VP710 bis VP712 von einer fachkundigen Firma der Kampfmittelräumung untersuchen zu lassen. Die Ordnungsbehörde unterscheidet in ihren Schreiben nicht, ob sich das Grundstück im Eigentum einer Person öffentlichen oder privaten Rechts befindet. Allerdings bietet der landeseigene Kampfmittelbergungsdienst Amtshilfe für Flächen an, die sich im Eigentum des Landes Berlin befinden. Diese Amtshilfe wurde auch dem Bezirk angeboten. 3 Frage 4: In den Jahren 2007 bis 2010 hat es in den in oben erwähnten Schreiben der SenStadtUm benannten Liegenschaften und der Vicki-Baum-Straße umfangreiche Erdarbeiten gegeben, die Grundstücke wurden teilweise tiefenenttrümmert. Wurde in diesem Zeitraum eine Untersuchung nach Kampfmitteln durchgeführt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 4: Der landeseigene Kampfmittelbergungsdienst hat im besagten Zeitraum in der Vicki- Baum- Straße keine Untersuchungen nach Kampfmitteln durchgeführt. Ob Dritte eine Untersuchung dieser Fläche veranlasst haben, ist nicht bekannt. Im Land Berlin besteht keine Verpflichtung, bei der zuständigen Ordnungsbehörde einen Antrag auf Stellungnahme zu Informationen über Kampfmittel zu stellen. Frage 5: Im Mai 2008 wurde im Alice- und Hella Hirsch-Ring eine russische 100 kg Fliegerbombe entschärft. Der Abstand zu den im o.g. Schreiben genannten VP 710 bis 712 beträgt 17 bzw. 22 m. Wurde dieser Bombenfund zum Anlass genommen, vor Verkauf der umliegenden Grundstücke durch die Wasserstadt GmbH bzw. den Liegenschaftsfonds eine Untersuchung auf mögliche weitere Blindgänger vorzunehmen? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5: Fliegerbombenfunde müssen immer dem LKA KTI der Polizei gemeldet werden, welche dann die Entschärfung und Beseitigung übernimmt. Fliegerbombenfunde gelten gundsätzlich als Einzelfunde, d.h. der Fliegerbombenfund ist kein Anhaltspunkt, dass sich in seiner unmittelbaren Nähe eine weitere Fliegerbombe befindet. Ohne konkrete Hinweise aus der Luftbildauswertung oder aus Zeitzeugenberichten können keine gezielten Untersuchungen nach Fliegenbomben erfolgen. Da die Bombenblindgängerverdachtspunkte VP710 bis VP 712 zum Zeitpunkt des Grundstücksverkaufes noch nicht aktenkundig waren, konnten die Käufer der umliegenden Grundstücke auch nicht von deren Vorhandensein informiert werden. Frage 6: Wäre es nicht Aufgabe der Wasserstadt GmbH bzw. des Liegenschaftsfonds gewesen, vor Verkauf der betroffenen Liegenschaften darauf hinzuweisen, dass sich auf ihnen möglicherweise Blindgänger befinden können? Hat eine solche Information stattgefunden und wenn nein, warum nicht? Antwort zu 6: Wie zuvor ausgeführt, werden Fliegerbombenfunde grundsätzlich als Einzelfunde eingestuft. Da die Bombenblindgängerverdachtspunkte VP710 bis VP 712 zum Zeitpunkt der Grundstücksverkäufe nicht aktenkundig waren, konnten die Verkäufer von den Grundstücken auch nicht darauf hinweisen. Frage 7: Seit wann verfügt das Land Berlin über die Luftaufnahmen, die zur Feststellung der fraglichen Bombenblindgängerverdachtspunkte geführt haben? Antwort zu 7: Die Bombenblindgängerverdachtspunkte wurden auf einem Kriegsluftbild erkannt, welches sich seit April 1986 im Besitz des Landes Berlin befindet. Dass die 4 Bombenblindgängerverdachtspunkte VP 710 bis VP 712 nicht schon bei früheren Luftbildauswertungen auffielen, ist auf die zwischenzeitig verbesserte Methode bei der Luftbildauswertung zurückzuführen (im Wesentlichen Softwareunterstützung). Frage 8: Ist vorgesehen anlässlich des geplanten Baus einer Druckleitung entlang des Grünstreifens an der Vicki- Baum-Straße eine Kampfmitteluntersuchung durchzuführen? Wenn ja, bietet es sich in diesem Falle nicht an, da mehr als 90 Prozent der Verdachtsflächen sich auf öffentlichem Land befinden, in diesem Zusammenhang auch eine Untersuchung der sich im Privatbesitz befindlichen Flächen vorzunehmen und damit die Kosten für die privaten Eigentümer zu minimieren? Antwort zu 8: Weder den BWB noch der NBB ist bekannt, dass sich die Verlegung einer Druckleitung entlang der Vicky- Baum- Straße in Planvorbereitung befindet. Die BWB bereiten lediglich im Alice- und Hella- Hirsch- Ring einschließlich des Kreuzungsbereichs der Vicky- Baum- Straße die Außerbetriebnahme eines nicht mehr benötigten Schmutzwasserkanales vor. Dies soll am Jahresende 2017 erfolgen und wird nur geringfügige Aufgrabungen an den Einsteigeschächten erfordern. Hierfür haben die BWB eine Anfrage zu eventuellem Kampfmittelvorkommen gestellt und eine Stellungnahme der Senatsverwaltung vom 30.05.2017 erhalten. Grundsätzlich ist jeder Eigentümer selbst verantwortlich, den Teil der Verdachtsfläche absuchen zu lassen, der sich auf seinem Grundstück befindet. Sofern der Eigentümer bzw. der Verfügungsberechtigte des öffentlichen Straßenlandes (Land Berlin, vertreten durch das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirkes Lichtenberg bzw. die Leitungsunternehmen) eine Untersuchung veranlasst, kann er den privaten Grundstückseigentümer darüber informieren. Der private Grundstückseigentümer könnte dann einwilligen, dass sein Teil der Verdachtsfläche in diesem Zuge mit untersucht wird. Bei der gemeinsam veranlassten Untersuchung einer Verdachtsfläche müssen sich die betroffenen Grundstückseigentümer untereinander über die Kostentragung einigen. In der Praxis einigen sich die von einer Verdachtsfläche betroffenen Grundstückseigentümer am häufigsten dahingehend, die Kosten jeweils anteilig bezogen auf den Teil der Verdachtsfläche zu tragen, der sich auf ihrem Grundstück befindet. Berlin, den 08.08.2017 In Vertretung Jens- Holger Kirchner ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-11919 S18-11919