Drucksache 18 / 11 920 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler (LINKE) vom 27. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2017) zum Thema: Wie arbeitet die Tierversuchskommission? und Antwort vom 15. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. August 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Dr. Michael Efler (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11920 vom 27. Juli 2017 über Wie arbeitet die Tierversuchskommission? ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wer sind die derzeitigen Mitglieder der Tierversuchskommission und welche Organisation oder Institutionen repräsentieren diese? Wer ist der/die Vorsitzende der Kommission? Zu 1.: Die Tierversuchskommission (TVK) besteht aus vier Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft (Grundlagenwissenschaft und angewandte Wissenschaft), zwei Vertreterinnen und Vertretern aus Tierschutzorganisationen und einer Ethikerin oder einem Ethiker. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende der Kommission wird zu Beginn der Berufungsperiode aus der Mitte der ordentlichen Mitglieder gewählt. 2. Nach welchem Verfahren werden die Mitglieder der Kommission besetzt? Zu 2.: Die Vertreterinnen und Vertreter von Tierschutzorganisationen werden auf Grund von Vorschlägen der Tierschutzorganisationen und auf Grund ihrer Erfahrungen zur Beurteilung von Tierversuchen durch die zuständige Behörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), berufen. Die anderen Mitglieder sind Personen, die über versuchstierkundliche Erfahrungen und Qualifikationen im Bereich der Veterinärmedizin, der Medizin oder einer naturwissenschaftlichen Fachrichtung sowie der Ethik haben. Diese werden nicht vorgeschlagen, sondern bewerben sich selbst. Auch hier erfolgt die Auswahl durch das LAGeSo. 3. Werden der Kommission lediglich die anzeigepflichtigen Tierversuchsvorhaben zur Stellungnahme vorgelegt ? Zu 3.: Ja, der Kommission werden lediglich die anzeigepflichtigen Tierversuchsvorhaben zur Stellungnahme vorgelegt. Hierbei handelt es sich um alle genehmigungspflichtigen Tierversuchsvorhaben sowie bei Bedarf auch genehmigungs- und anzeigepflichtige Änderungen zu genehmigten Tierversuchsvorhaben - § 15 Abs. 1 Satz 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) i. V. m. § 32 Abs. 4 Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) -. 2 4. Inwieweit überprüft die Kommission, ob Alternativen zu den beantragten Tierversuchsvorhaben vorliegen ? Zu 4.: Die antragstellende Person hat plausibel und wissenschaftlich begründet darzulegen , dass der Versuchszweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren als den Tierversuch erreicht werden kann. Seit einiger Zeit muss die antragstellende Person ihre Darlegung durch Protokolle über Datenbankabfragen belegen. Die Kommission prüft, ob die Darlegung nachvollziehbar ist. Gibt es dazu Bedenken, wird die Antragstellerin oder der Antragsteller zu einer weitergehenden und nachzuweisenden Suche aufgefordert. Zusätzlich werden eigene Recherchen in den einschlägigen Datenbanken durchgeführt und ggf. ein Gutachten bei der ZEBET (Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch) angefordert. 5. Haben in den letzten drei Jahren Kommissionsmitgliedern an Stellungnahmen mitgewirkt, obwohl sie selbst an Versuchsvorhaben beteiligt waren? Zu 5.: Nein. Wenn Kommissionsmitglieder an Versuchsvorhaben beteiligt sind, dürfen sie kein Votum dazu abgeben. 6. Wie viele Tierversuche wurden in den letzten drei Jahren (2014-2016) in der Kommission beraten und wie viele davon fanden von der Kommission Zustimmung bzw. Ablehnung? Bitte Auflistung nach Jahren. a.) Gab es Anträge in den letzten drei Jahren (2014-2016) bei denen der Antragsteller persönlich von der Kommission vorgeladen wurde und wenn ja wie viele? b.) Gab es Anträge in den letzten drei Jahren (2014-2016) bei denen aufgrund von Stimmengleichheit keine Stellungnahme abgegeben wurden und wenn ja wie viele? c.) Gab es Anträge in den letzten drei Jahren (2014-2016), bei denen ein Mitglied, eine abweichend vertretene Meinung zu einer Stellungnahme oder deren Begründung der Kommission schriftlich niedergelegt hat und wenn ja wie viele? d.) Gab es Anträge in den letzten drei Jahren (2014-2016) bei denen die Kommission Änderungen in der Durchführung beantragter Versuchsvorhaben vorschlug und wenn ja wie viele? Zu 6.: Im Jahr 2014 wurden 213 Tierversuchsanträge in der TVK beraten, davon wurden zwei abgelehnt. Im Jahr 2015 wurden 194 Tierversuchsanträge beraten, davon wurde einer abgelehnt. Im Jahr 2016 wurden 259 Tierversuchsanträge beraten, davon wurden drei abgelehnt. Zu a): Nein, es wurde keine Antragstellerin oder kein Antragsteller persönlich eingeladen. Zu b): Eine Stimmengleichheit kam bei ca. ein bis zwei Anträgen im Jahr vor. Die Zahl dieser Anträge wurde nicht statistisch erfasst. Zu c): Es gab nur wenige Anträge, zu denen ein Mitglied seine abweichend vertretene Meinung schriftlich niedergelegt und an die Genehmigungsbehörde übermittelt hat. Die Zahl dieser Anträge wurde nicht statistisch erfasst. Zu d): In fast allen Fällen schlug die Kommission Änderungen in der Durchführung vor. 3 7. Wo und in welcher Form sind die Stellungnahmen/ Ergebnisniederschriften der Kommission einzusehen ? a.) Warum werden nur bei den ablehnenden und nicht bei den zustimmenden Stellungnahmen die wesentliche Inhalte der Erörterungen und die maßgeblichen Gründe verlangt? b.) Wo und wie werden die abweichend vertretenen Meinungen (siehe Frage 2c) protokolliert und wo sind diese einzusehen? Zu 7.: Zu den Kommissionssitzungen werden Protokolle geführt, die nicht veröffentlicht werden. Zu a): Laut § 32 Abs. 4 Satz 1 TierSchVersV ist der TVK Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Form und Inhalt der Stellungnahme sind gesetzlich nicht geregelt. Nach § 33 TierSchVersV muss der Genehmigungsbescheid zwar Angaben enthalten, wer in welcher Einrichtung das Versuchsvorhaben durchführt und ggf. sind Nebenbestimmungen zu benennen. Jedoch wird auch hier keine Begründung der Genehmigung gefordert. Nach § 39 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. § 39 Abs. 2 VwVfG regelt, dass es einer Begründung nicht bedarf, soweit die Behörde einem Antrag entspricht und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift. Zu b): Hierzu wird auf die Beantwortung zu Frage Nr. 6 Buchstabe c) und 7 verwiesen. Es gab nur wenige Anträge, zu denen ein Mitglied seine abweichend vertretene Meinung schriftlich niedergelegt und an die Genehmigungsbehörde übermittelt hat. Die Zahl dieser Anträge wurde nicht statistisch erfasst. Zu den Kommissionssitzungen werden Protokolle geführt, die nicht veröffentlicht werden und nicht einsehbar sind. 8. Wie oft ist die zuständige Behörde in den letzten drei Jahren (2014-2016) von der Empfehlung der Kommission abgewichen? a.) Wie viele Versuche hat die Behörde in den letzten drei Jahren (2014-2016) trotz Ablehnung durch die Kommission bewilligt und warum? b.) Wie viele Versuche hat die Behörde in den letzten drei Jahren (2014-2016) trotz Zustimmung durch die Kommission abgelehnt und warum? c.) Wie verfährt die Behörde bei geforderten Änderungen der Kommission (siehe Frage 2d)? Zu 8.: Die zuständige Behörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), orientiert sich an den wissenschaftlichen Empfehlungen der Kommission und weicht nur in Ausnahmefällen davon ab. Diese Fälle kommen äußerst selten vor. Sie werden nicht statistisch erfasst. Zu a): Vor einer endgültigen Ablehnung muss der antragstellenden Person immer die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Hierfür werden die Ablehnungsgründe erläutert und fehlende Informationen gemäß § 31 TierSchVersV nachgefordert. Die Stellungnahme der Antragstellerin oder des Antragsstellers lieferte häufig die fehlenden Informationen , notwendige tierschutzrelevante Korrekturen und/oder Anpassungen im Versuchsplan , so dass die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt waren. Inwieweit es im Rahmen dieses Prozesses im Ergebnis zu abweichenden Entscheidungen im Vergleich zur ursprünglichen Empfehlung der TVK gekommen ist, wird statistisch nicht erfasst. Zu b): Die zuständige Behörde hat in den letzten drei Jahren keinen Versuch trotz Zustimmung der Kommission abgelehnt. 4 Zu c): Neben den Fragen der Behörde werden der antragstellenden Person in den in Nr. 6 Buchstabe d.) genannten Fällen, auch die Fragen und Änderungsvorschläge der Kommission übermittelt. Die antragstellende Person nimmt dazu Stellung und übernimmt in aller Regel die vorgeschlagenen Änderungen. Die Änderungen können auch durch das LAGeSo in Nebenbestimmungen des Bescheides festgelegt werden. Dies führt in zahlreichen Fällen zu deutlichen Verbesserungen hinsichtlich der Versuchsdurchführung und zu einer Reduktion der Zahl und Belastung der verwendeten Tiere. Berlin, den 15. August 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11920 S18-11920