Drucksache 18 / 11 945 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Gräff (CDU) vom 31. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. August 2017) zum Thema: Vorkaufsrecht der Bezirke I und Antwort vom 15. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Christian Gräff (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 11/18 945 vom 31.07.2017 über Vorkaufsrecht der Bezirke I Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Unter welchen Voraussetzungen (rechtlicher und tatsächlicher Natur) dürfen die Berliner Bezirke von einem Vorkaufsrecht für eine Immobilie wirksam Gebrauch machen? Antwort zu 1: Es ist zu unterscheiden zwischen Vorkaufsrechten nach dem Baugesetzbuch, die sich in allgemeine und besondere Vorkaufsrechte gliedern. Sodann gibt es weitere Vorkaufsrechte in anderen Gesetzeswerken bzw. in Verträgen. Bei den allgemeinen Vorkaufsrechten sind folgende hervorzuheben: § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ermöglicht im Geltungsbereich von Bebauungsplänen bei Festsetzung öffentlicher Nutzungen die Ausübung des Vorkaufsrechts. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB lässt das Vorkaufrecht in städtebaulichen Entwicklungsbereichen und Sanierungsgebieten zu. Im Fokus steht derzeit das Vorkaufsrecht nach Nr. 4 der genannten Vorschrift in sozialen Erhaltungsgebieten. Allen Vorkaufsrechten ist gemein, dass diese nur durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sind und dieses für das jeweilige Grundstück im Sinne der entsprechenden planungsrechtlichen Gegebenheiten innerhalb von zwei Monaten zu prüfen und ggf. auszuüben ist. Daneben hat der Gesetzgeber die besonderen Vorkaufsrechte in § 25 BauGB vorgesehen . In den Gebieten, die zur Festlegung künftiger Entwicklungsbereiche im Rahmen einer Voruntersuchung geprüft werden, gibt es die Möglichkeit, durch Erlass einer Satzung (in Berlin: Rechtsverordnung) durch Vorkaufsrechte die geordnete städtebauliche Entwicklung zu sichern (§ 25 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Zudem sieht § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Erlass einer Satzung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans zur Begründung von Vorkaufsrechten auf unbebauten Grundstücken vor. Ferner regelt das Bürgerliche Gesetzbuch die Einzelheiten der Vorkaufsrechte in den §§ 463 ff BGB, worauf das BauGB Bezug nimmt. Häufig zur Anwendung kommen Vorkaufsrechte , die Berlin vertraglich mit Grundstückseigentümern in Kaufverträgen u.ä. vereinbart. Das Vorkaufsrecht ist dann zu prüfen, wenn in dem Gebiet bzw. nach den sonstigen Voraussetzungen ein Grundstückskaufvertrag abgeschlossen wird. Es bewirkt im Falle der Ausübung, dass Berlin oder ein geeigneter Dritter das Grundstück durch Vorkauf anstelle des Käufers erhält. 2 Frage 2: Inwieweit existiert bezüglich der Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch einen Bezirk eine Kontrolle seitens des Senates, d.h., unter welchen Voraussetzungen schreitet der Senat bei der Ausübung von Vorkaufsrechten durch einen Bezirk ein, wenn beispielsweise die Rechtsausübung rechtlich fraglich erscheint oder offensichtlich rechtswidrig ist? Antwort Frage 2: Die Bezirke sind zuständig für die Ausübung des Vorkaufsrechts, auch dann wenn es sich um eine Rechtsverordnung des Senats handelt (Bsp.: § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Senat und Bezirke arbeiten kooperativ zusammen. Eine Fachaufsicht und/oder Kontrolle besteht nicht. Die Bezirke können das Vorkaufsrecht selbständig ausüben. Sie tragen in einem solchen Fall auch das Prozessrisiko. Frage 3: Inwieweit ist es rechtlich möglich, dass ein Bezirk, der ein Vorkaufsrecht ausübt, dieses Vorkaufrecht zugunsten eines Dritten realisiert, d.h. beispielsweise ein Grundstück, ein Haus oder eine Wohnung zugunsten eines Vereins, einer Stiftung erwirbt? Antwort Frage 3: Dies ist grundsätzlich immer dann möglich, wenn ein geeigneter Dritter sicher innerhalb der Ausübungsfrist von zwei Monaten verbindlich bereiterklärt, das Grundstück entsprechend den jeweiligen Vorgaben zu verwenden und er hierzu (finanziell) in der Lage ist (vgl. § 27 a BauGB). Der Kontakt zu Dritten wird regelmäßig in den sozialen Erhaltungsgebieten im Rahmen der Prüfung des Vorkaufsfalls hergestellt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt in dem Bescheid ausdrücklich zugunsten des Dritten. Bei Vorkaufsrechten nach § 25BauGB bietet sich zumeist eine Ausübung zugunsten eines Dritten nicht an, da die spätere Nutzung des Grundstücks noch nicht präzise feststeht. Frage 4: Inwieweit existieren – sofern die Ausübung eines Vorkaufsrechtes zugunsten eines Dritten rechtlich möglich ist (Frage 3) – zusätzliche Voraussetzungen bezüglich des Erwerbers (beispielsweise Rechtsform, Verwendungszweck o-ä.) Antwort zu Frage 4: Vorgaben zur Rechtsform sind im Baugesetzbuch nicht vorgesehen. Geprüft werden muss lediglich, ob der Dritter die Gewähr dafür bietet, dass er die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zum Verwendungszweck einhalten wird. Daher ist der Verwendungszweck durch den Bezirk zu ermitteln und dem Dritten vorzugeben. In den sozialen Erhaltungsgebieten ist dies die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Berlin, den 15.08.17 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-11945 S18-11945