Drucksache 18 / 11 961 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) vom 27. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Aug. 2017) zum Thema: Sea Watch e.V. und Antwort vom 22. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Aug. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 11961 vom 27.07.2017 über Sea Watch e.V. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Sea Watch e.V in der Trelleborger Str. 4 in Pankow Der Verein Sea Watch e.V. betreibt unter dem Namen Sea Watch 2 ein 33 Meter langes ehemaliges Forschungsschiff mit 14 Besatzungsmitgliedern an Bord, welches vor der libyschen Küste kreuzt um Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen, die von Schleppern in Schlauchboote gesetzt wurden, um diese nach Italien zu verbringen. Die Europäische Union will den Transport der Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer einschränken und legt den Vereinen gestern dazu einen Verhaltenskodex zur Unterschrift vor. Künftig soll es verboten sein, in libysche Gewässer zu fahren und gerettete Migranten auf größere Schiffe umzuladen. Auch der Sea-Watch e.V. aus Pankow soll sich diesem Kodex unterwerfen. Der Vereinsvorstand will die Unterschrift verweigern, mit dem Argument, es gebe bereits einen Verhaltenskodex und das sei die Seenotrettung, zu der international jeder Bootsführer verpflichtet sei. Die „Sea-Watch 2“ bringt aber niemanden über die kurze Distanz von 20 Km nach Libyen zurück, sondern alle über die lange Distanz von 480 Km nach Europa (Italien). Es geht also um mehr als Seenotrettung , es geht um Fluchthilfe und den Transfer von Auswanderern (Wirtschaftsflüchtlingen). 1. Ist dem Senat dieser Sachverhalt bekannt? Zu 1.: Ja. 2. Wenn nein, warum nicht? Was gedenkt der Senat dagegen zu unternehmen? Zu 2.: Der Seeweg über das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Mehr als 5.000 Menschen sind 2016 laut UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR bei dem Versuch über das Mittelmeer zu fliehen ums Leben gekommen, 2017 bereits Seite 2 von 3 über 2.400 (Stand: 14.08.2017). Der Senat steht zur seemännischen Tradition und der Vereinbarung nach internationalem Seerecht (UN-Konvention SOLAS, 1974), wonach jeder Schiffsführer auf hoher See innerhalb seiner Möglichkeiten verpflichtet ist, unabhängig von Nationalität, Status und Umständen, in welchen sich die Hilfesuchenden befinden, bei Seenot unverzüglich Hilfe zu leisten. 3. Wird dieser Verein vom Senat finanziell, materiell oder in irgendeiner anderen Form unterstützt? Zu 3.: Nein. Sea-Watch e.V. wird vom Senat nicht unterstützt. 4. Befinden sich Vorstandsmitglieder des Vereins in politischen Beziehungen zu einzelnen Vertretern des Senats oder sind diese Vorstandsmitglieder Mitglieder einer Partei, welche im AGH vertreten ist? Zu 4.: Politische Beziehungen zu Mitgliedern des Berliner Senats bestehen nicht. Informationen über Parteizugehörigkeiten der Vorstandsmitglieder von Sea-Watch e.V. oder anderen gemeinnützigen Organisationen werden nicht geführt. 5. Der Verein „Sea-Watch e.V.“ ist Anfang November 2015 durch das Finanzamt für Körperschaft I Berlin als gemeinnützig anerkannt worden. Diese Anerkennung ist rückwirkend ab dem Gründungsdatum des Vereins gültig (19.05.2015). Auf welcher Ebene ist über die Gemeinnützigkeit dieses Vereins entschieden worden? 6. Welche Amtsträger waren an der Entscheidung über die Gemeinnützigkeit von "Sea-Watch e.V." beteiligt? 7. Hat es seitdem eine erneute Überprüfung gegeben, um festzustellen, ob die Gemeinnützigkeit von "Sea-Watch e.V." noch gegeben ist? Zu 5., 6., und 7.: Zum Besteuerungsverfahren in Einzelfällen können keine Auskünfte erteilt werden. Alle Informationen, die einen konkreten Steuerfall betreffen, sind durch das Steuergeheimnis im Sinne des § 30 Abgabenordnung geschützt und dürfen daher ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich nicht offenbart werden. Vom Steuergeheimnis ist auch erfasst, ob eine bestimmte Prüfung erfolgt. Auch allgemeine rechtliche Ausführungen sind hier nicht zulässig, da insoweit Rückschlüsse auf den Einzelfall möglich sind. 8. Hat es irgendeine behördliche Kontrolle der Tätigkeit von "Sea-Watch e.V." im Mittelmeer gegeben? Zu 8.: Von Seiten des Berliner Senats gab es keine behördlichen Kontrollen von Sea-Watch e.V. im Mittelmeer. 9. Hat jemals eine Überprüfung stattgefunden, ob Situationen in denen eine Rettung aus Lebensgefahr (die nach § 52 Abs 2 Nr. 10,11) notwendig wird, durch "Sea Watch e.V." selbst herbeigeführt wird, z.B. durch eine Positionsangabe des Schiffes gegenüber Kontaktpersonen auf dem libyschen Festland ? Seite 3 von 3 Zu 9.: Hierzu ist dem Senat nichts bekannt. 10. Hat eine Herbeiführung von Seenot-Situationen durch den Verein "Sea Watch e.V." selbst, in denen dann eine Rettung Schiffbrüchiger aus Seenot erfolgt, Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit des Vereins? Zu 10.: Es wird auf die Beantwortung der Fragen 5, 6 und 7 verwiesen. 11. Ist eine vorsätzliche Herbeiführung von Situationen, in denen eine Rettung aus Seenot oder Lebensgefahr notwendig wird, noch im Einklang mit der Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs (2) Nr. 10 und 11 AO? Zu 11.: Es wird auf die Beantwortung der Fragen 5, 6 und 7 verwiesen. 12. Sind dem Senat auf dem Dienstweg bzw. diplomatischen Kanal von italienischen Behörden Beschwerden über oder Verfehlungen und Straftaten von Mitarbeitern oder Mitgliedern von Sea Watch e.V. zugetragen worden? Falls ja, welche? Zu 12.: Dem Senat wurden keine Anfragen, Beschwerden oder Verfehlungen seitens italienischer Behörden bezüglich Sea-Watch e.V. zugetragen. Grundsätzlich können wegen § 491 Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) sowie aus ermittlungstaktischen und datenschutzrechtlichen Gründen über etwaige laufende Strafverfahren keine Auskünfte erteilt werden. Zudem können etwaige durch strafgerichtliche Verurteilungen festgestellte Straftaten von Mitgliedern bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Sea-Watch e.V. nicht ermittelt werden, weil weder im Datenverarbeitungssystem MESTA (Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation) der Strafverfolgungsbehörden „Sea-Watch e.V.“ als Firma erfasst ist noch bei den Gerichten erfasst wird, ob jemand Mitglied des Vereins ist. Berlin, den 22.08.2017 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa S18-11961 S18-11961