Drucksache 18 / 12 060 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 13. Juli 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2017) zum Thema: Vereins- und Betätigungsverbote durch den Rechtsstaat – Status Quo 2017 und Antwort vom 31. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 12 060 vom 13. Juli 2017 über Vereins- und Betätigungsverbote durch den Rechtsstaat – Status Quo 2017 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Abteilung und welches Referat sind in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport für Vereins - bzw. Betätigungsverbote zuständig? Zu 1.: Die Aufgaben der Verbots- und Vollzugsbehörde nach dem Vereinsgesetz werden in der Abteilung I, im Referat I A wahrgenommen. 2. Wie viele Vereins- und Betätigungsverbote wurden in den letzten zehn Jahren im Land Berlin ausgesprochen ? (Aufstellung mit hauptsächlichen Gründen und Phänomenbereichen erbeten.) Zu 2.: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat in den vergangenen 10 Jahren insgesamt 3 Vereine verboten. Im Jahr 2009 wurde die rechtsextreme Kameradschaft „Frontbann 24“ verboten. Im Jahr 2012 wurde der Rockerclub „Hells Angels MC Berlin City“ verboten. Das Verbot ist noch nicht bestandskräftig. 2017 wurde der salafistische Verein „Fussilet 33 e.V.“ verboten. 3. Wie ist das grundsätzliche Verfahren von Vereins- und Betätigungsverboten strukturiert und wie hoch ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit der einzelnen Fälle? Zu 3.: Der Senatsverwaltung für Inneres und Sport obliegt nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG die Zuständigkeit für das Verbot und den Vollzug eines Verbots von Vereinen (und Vereinigungen), deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Land Berlin beschränken. Betätigungsverbote im Sinne des § 18 Satz 2 VereinsG in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Satz 2 VereinsG erlässt das Bundesministerium des Innern, da sie sich gegen die Tätigkeit eines Vereins innerhalb der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz im Ausland richten. Seite 2 von 3 Daneben können auch die Verbotsbehörden der Länder bei sogenannten Ausländervereinen im Sinne des § 14 Absatz 1 Satz 1 VereinsG gemäß § 14 Absatz 3 Satz 1 VereinsG Betätigungsverbote erlassen. Der Ablauf solcher Verfahren ist den Verbotsverfahren im Wesentlichen gleichgelagert. In der Regel läuft ein Berliner Verbotsverfahren in folgenden Verfahrensschritten ab: Die Sicherheitsbehörden übermitteln gerichtsverwertbare Erkenntnisse über Vereine oder Vereinigungen mit der Bitte um Prüfung eines Vereinsverbotes. Es wird geprüft, ob diese Erkenntnisse ein Vereinsverbot nach § 3 bzw. § 14 VereinsG rechtfertigen und es wird ggf. eine Verbotsverfügung, die detailliert die Verbotsgründe und die zugrundeliegenden Erkenntnisse ausweist, gefertigt. Für den Vollzug dieses Verbots, mit dem in der Regel die Einziehung des Vereinsvermögens und gleichzeitig die Beschlagnahme von Gegenständen, die als Beweismittel für das Verbot von Bedeutung sein können, verbunden ist, müssen beim Verwaltungsgericht Durchsuchungsbeschlüsse für jeden einzelnen Durchsuchungsort (Wohnung, Postfächer usw.) beantragt werden. Fertigt das Verwaltungsgericht antragsgemäß die Durchsuchungsbeschlüsse, wird die Polizei im Wege der Amtshilfe gebeten, die Durchsuchungen sowie die Aushändigung des Vereinsverbots, der Durchsuchungsbeschlüsse und Sicherstellungsbescheide vorzunehmen. Das anlässlich der Durchsuchungen sichergestellte Vermögen Dritter, das als Beweismittel im Verbotsverfahren dienen kann, muss dann im Einzelnen durch die Verbotsbehörde hinsichtlich seiner Verfahrensrelevanz gesichtet werden. Beschlagnahmte Gegenstände und Unterlagen, die keine Verfahrensrelevanz entfalten oder Technik, die durch Spezialisten der Sicherheitsbehörden „ausgelesen“ worden ist, werden an die Eigentümer zurückgegeben. Bei dem eingezogenen Vereinsvermögen muss nachbetrachtend festgestellt werden, dass es sich tatsächlich um Vereinsvermögen handelt. Werden Klagen gegen das Vereinsverbot und/ oder die Sicherstellungsbescheide erhoben , so obliegt die Prozessführung vor den Verwaltungsgerichten ebenfalls der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Da jedes Verbotsverfahren einzigartig und von der gerichtsverwertbaren Qualität und dem Umfang der relevanten Verbotserkenntnisse abhängig ist, können Angaben über eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer nicht gemacht werden. 4. Wie viele Personalstellen waren in den letzten zehn Jahren bis heute in diesem Referat, für diesen Bereich angesetzt und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in diesem Zeitraum dort tätig ? (Aufstellung nach Beamten und Angestellten erbeten.) Zu 4.: Die Aufgaben der Verbots- und Vollzugsbehörde nach dem Vereinsgesetz waren in den vergangenen 10 Jahren nur ein Teil eines Arbeitsgebiets eines juristischen Grundsatzreferenten. Der Beamtenstelle des höheren Dienstes war eine Mitarbeiterstelle aus dem gehobenen Dienst zugeordnet. Aufgrund der Notwendigkeit, das Verbotsverfahren „Fussilet 33 e.V.“ durchzuführen, wurde die Personalausstattung des Bereichs ab Ende des letzten Jahres/ Anfang diesen Jahres verstärkt. Neben der kommissarischen Besetzung der für Vereinsverbote zuständigen Arbeitsgruppenleitung wurden temporär ein weiterer juristischer Referent und für den Vollzug des Verbots eine weitere juristische Referentin zugewiesen. Es besteht die Absicht, im Zuge des Doppelhaushalts 2017/2018 die Personalausstattung dieses Bereichs zu verstetigen . Seite 3 von 3 5. Wie hat sich die Zahl von dauerkranken Kräften sowie von offenen Personalstellen in den letzten zehn Jahren bis heute entwickelt? (Aufstellung nach Beamten und Angestellten erbeten.) Zu 5.: Der Senat bittet um Verständnis, dass über Personaleinzelangelegenheiten, zu denen auch Angaben über Erkrankungen der Beschäftigten zählen, im Rahmen von Schriftlichen Anfragen keine Auskunft erteilt wird. Die Stelle der für Vereinsverbote zuständigen Arbeitsgruppenleitung befindet sich im Stellenbesetzungsverfahren. Sie wird zurzeit kommissarisch ausgeübt. 6. Gab es in den letzten zehn Jahren Überlastungsanzeigen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wenn ja, wie wurde seitens des Dienstherren darauf reagiert? Zu 6.: Der Senat bittet um Verständnis, dass auch über diese Personaleinzelangelegenheit im Rahmen von Schriftlichen Anfragen keine Auskunft erteilt wird. 7. Welche beruflichen Grundvoraussetzungen müssen erfüllt sein, um im zuständigen Referat für diesen Bereich arbeiten zu können? Zu 7.: Für eine juristische Tätigkeit in diesem Bereich bedarf es der Befähigung zum Richteramt (zweites juristisches Staatsexamen). Für die Wahrnehmung der Aufgaben ist zudem eine besondere Zuverlässigkeit, die im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung festgestellt wird, erforderlich. 8. Ist geplant, den zuständigen Bereich personell und inhaltlich zu verändern und wenn ja, wie? Zu 8.: Die Abteilung I der Senatsverwaltung für Inneres und Sport befindet sich derzeit in einem Prozess der Neustrukturierung. Eine abschließende Entscheidung über personelle und inhaltliche Veränderungen des betroffenen Bereichs ist noch nicht erfolgt (vgl. auch Antwort zur Frage 4). Berlin, den 31. August 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12060 S18-12060