Drucksache 18 / 12 065 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Henner Schmidt (FDP) vom 15. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2017) zum Thema: Welche Rolle spielen E-Bikes in der Berliner Verkehrsplanung? und Antwort vom 30. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Henner Schmidt (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 12065 vom 15.08.2017 über Welche Rolle spielen E-Bikes in der Berliner Verkehrsplanung? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Maßnahmen sind geplant, um den besonderen Anforderungen der Nutzer von E-Bikes (Elektrofahrräder) zu entsprechen? a) hinsichtlich des Angebots von öffentlich zugänglichen Ladeinfrastrukturen? b) hinsichtlich geeigneter sicherer Abstellmöglichkeiten? c) hinsichtlich der Ausgestaltung von Radwegen und Radspuren? Antwort zu 1: a) Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sieht keinen Bedarf an Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum für E-Bikes (bis 45 km/h, auch als S-Pedelecs bezeichnet) und Pedelecs (bis 25 km/h). Die Reichweite der marktüblichen Akkus für E- Bikes und Pedelecs beträgt im Stadtverkehr rund 80 km. Unter der Annahme einer Reisegeschwindigkeit von 20 km/h können 4 Stunden Fahrzeit realisiert werden. Diese Nutzungsdauer ist im urbanen Verkehr – im Unterschied zum Fahrrad-Tourismus – nur selten anzunehmen. Die Ladetechnik von E-Bikes und Pedelecs ist zudem nicht standardisiert. Zum Laden im öffentlichen Raum müsste das individuelle Ladegerät im Alltag mitgeführt werden. Der Ladevorgang müsste zudem vor Ort verfolgt werden, da die Ladegeräte nicht am Rahmen der Räder befestigt sind. Für elektrisch unterstützte Lastenräder werden derzeit Akku-Tauschstationen entwickelt, die einen nahezu unterbrechungsfreien Einsatz dieser Räder ermöglichen. 2 b) Die Herstellung von diebstahlsicheren Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Raum und an Zugangsstellen zum öffentlichen Personennahverkehr sind wesentliche Handlungsschwerpunkte des Bügelprogrammes für die Erweiterung des Fahrradabstellangebotes im Rahmen der Radverkehrsstrategie und des geplanten Berliner Mobilitätsgesetzes. Ebenfalls soll ein stadtweites Programm für Fahrradboxen und Sammelschließanlagen, für Fahrradparkhäuser und -stationen entwickelt werden, insbesondere zum Schutz für hochwertige Fahrräder. Zunächst sollen geeignete Betreiber und Betriebskonzepte im Rahmen der geplanten Fahrradabstellanlagen sowie eines vollautomatisierten Fahrradparkhauses am S-Bahnhof Zehlendorf getestet werden. c) Eine besondere Berücksichtigung von Elektrofahrrädern, die nach geltendem Recht als Fahrrad gelten, ist bei der Ausgestaltung und Planung von Radverkehrsanlagen in Berlin derzeit und auch zukünftig nicht vorgesehen. Gleichwohl wird bereits heute bei den Planungsvorgaben und bei der Umsetzung von Radverkehrsanlagen in Berlin konsequent darauf geachtet, dass in der Regel keine Mindestmaße angewandt werden, damit z.B. sichere Überholvorgänge von Zweiradfahrenden untereinander auch möglich sind. Frage 2: Welche Gefahren sieht der Senat bei der gemeinsamen Nutzung von Radwegen durch E-Bikes und (muskelgetriebener) Fahrräder, insbesondere aufgrund der zwischen beiden bestehenden Geschwindigkeitsunterschiede? Antwort zu 2: Radwege, Radfahrstreifen und Schutzstreifen für den Radverkehr dienen vorrangig dem Schutz der Radfahrenden und dürfen daher grundsätzlich nur von solchen Elektrofahrrädern benutzt werden, die nach geltendem Recht als Fahrrad gelten. Das gilt für den Großteil der in Betrieb befindlichen elektrisch angetriebenen Zweiräder, den sogenannten Pedelecs. Bei diesen ist die Motorunterstützung konstruktiv auf eine Geschwindigkeit von 25 km/h begrenzt. Für diese sieht die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz keine besonderen Gefahren bei der gemeinsamen Nutzung der Radverkehrsinfrastruktur durch eventuell auftretende Geschwindigkeitsunterschiede. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die Unfallforschung der Versicherer. Demnach sind Pedelecfahrende zwar schneller als Radfahrende, allerdings ist der Unterschied nicht sehr groß, da Pedelecfahrende die Motorunterstützung in erster Linie einsetzen, um mit geringerem Aufwand ähnliche Geschwindigkeiten wie Radfahrende zu realisieren. Die Fahrgeschwindigkeiten der Pedelecfahrenden variieren jedoch stärker als die der Radfahrenden. Nur ein kleinerer Benutzerteil nutzt den höheren Geschwindigkeitsbereich von Pedelecs auch aus [vgl.: https://udv.de/de/andere-fahrzeuge/pedelec/risiko-pedelecs]. E-Bikes (oder S-Pedelecs) mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h oder mehr werden – wie andere Kleinkrafträder auch – nur in Ausnahmefällen (z.B. wenn sie sonst die Autobahn oder eine Kraftfahrstraße benützen müssten, was nach der Straßenverkehrsordnung nicht zulässig ist) auf Radwegen zugelassen. Sie können im normalen Stadtstraßennetz zusammen mit dem Kraftfahrzeugverkehr die Fahrbahn nutzen, da sie dort ähnliche Geschwindigkeiten erreichen. 3 Frage 3: Welche Maßnahmen beabsichtigt der Senat umzusetzen, um die möglichen Gefahren der gemeinsamen Nutzung von Radwegen durch E-Bikes und Fahrräder zu reduzieren? a) für Standard-Radwege? b) für künftige Radschnellwege? Antwort zu 3: a) Die Nutzung von Radwegen ist nur für solche Elektrofahrräder zulässig, die nach geltendem Recht als Fahrrad gelten, den sogenannten Pedelecs mit einer motorunterstützten Geschwindigkeit von maximal 25 km/h. Aus den vorgenannten Verkehrssicherheitsgründen ist die Gleichstellung der sogenannten S-Pedelecs (E-Bikes mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h oder mehr) mit den als Fahrrad geltenden Pedelecs nicht zielführend und wird vom Senat nicht unterstützt. b) Für Radschnellverbindungen gelten grundsätzlich die gleichen Überlegungen zur Verkehrssicherheit wie in der Antwort zu 3 a) wiedergegeben. In Einzelfällen ist jedoch abhängig von der baulichen Gestaltung des Radschnellwegs (insbesondere bei sehr breiten Wegen) eine gemeinsame Nutzung nicht ausgeschlossen. Frage 4: Sieht der Senat hierbei Bedarf für eine Weiterentwicklung/Anpassung der Straßenverkehrsordnung (z.B. in Bezug auf Maximalgeschwindigkeiten)? Antwort zu 4: Nein. Frage 5: Beabsichtigt der Senat auch, besondere Radwege nur für E-Bikes einzurichten? Antwort zu 5: Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz beabsichtigt derzeit nicht, besondere Radverkehrsanlagen ausschließlich für Elektrofahrräder einzurichten. Frage 6: Wie könnte und sollte aus Sicht des Senats bei der optimalen Taktung von Lichtsignalanlagen für Fahrräder („grüne Welle für Fahrräder“) eine Berücksichtigung der mit höherer Geschwindigkeit fahrenden E-Bikes erfolgen? Antwort zu 6: Für eine grüne Welle muss eine feste Progressionsgeschwindigkeit vorgegeben werden. Gemäß den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) ist eine Koordinierung für den Radverkehr mit einer Geschwindigkeit zwischen 16 und 20 km/h zu projektieren. Eine höhere Geschwindigkeit zur Berücksichtigung von E-Bikes würde all diejenigen benachteiligen, die nicht die dauerhaften Geschwindigkeiten eines motorunterstützen Fahrrades erreichen können. Deshalb muss eine Geschwindigkeit gewählt werden, die 4 von allen Fahrradfahrenden erreicht wird, z.B. wie in der Belziger Straße in Schöneberg (18 km/h). Frage 7: Wie viele E-Bikes werden derzeit in den Senatsverwaltungen den Mitarbeitern zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellt? Antwort zu 7: Der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz liegen hierzu keine Informationen vor. Die Erfahrungen mit der Nutzung muskelkraftbetriebener Dienstfahrräder zeigt, dass eine niedrigschwellige Zugänglichkeit der Räder (Bereitstellung des Schlüssels für das Fahrradschloss, wettergeschützte Abstellmöglichkeit auf nichtöffentlich zugänglichen Innenhöfen oder Parkplätzen), die klare Durchführung von Wartungs- und kleinen Reparaturarbeiten sowie Möglichkeiten zum Aktentransport u.a. eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz spielen. Frage 8: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, in den Senats- und Bezirksverwaltungen und den landeseigenen Betrieben die dienstliche Nutzung von E-Bikes durch die Mitarbeiter zu unterstützen und zu fördern bzw. E- Bikes in die jeweiligen Fuhrparks zu integrieren? Antwort zu 8: Die seit Januar 2012 geltende „Dienstradregelung“ nach § 8 Absatz 2 Satz 8 Einkommmensteuergesetz (EStG) – analog der steuerlichen Regelung beim sog. Dienstwagenprivileg – ist bei vielen Beschäftigten, Arbeitgebern und Beschäftigtenvertretungen nicht bekannt. Diese Unkenntnis wurde im Projekt EBikePendeln, das von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz bei 94% der 206 befragten Teilnehmern ermittelt. Kommunikativen Maßnahmen zur Förderung des Umstiegs auf Elektrozweiräder kommen daher eine hohe Relevanz zu. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat daher für den Doppelhaushalt 2018/2019 Mittel für Kommunikationsmaßnahmen in Höhe von 370.000 EUR beantragt. 5 Frage 9: Werden E-Bikes jetzt oder in Zukunft in den Untersuchungen für den StEP Verkehr und ggf. andere Verkehrsplanungen spezifisch erfasst und werden E-Bikes künftig in den Verkehrsplanungen des Senats spezifisch berücksichtigt? Antwort zu 9: Nein. Pedelecs (siehe Antwort Frage 2) werden als Element des Radverkehrs betrachtet. Berlin, den 30.08.2017 In Vertretung J e n s – H o l g e r K i r c h n e r ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-12065 S18-12065