Drucksache 18 / 12 071 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 11. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Aug. 2017) zum Thema: Insolvenzverfahren bei dem Amtsgericht Charlottenburg – Wer kommt drauf und wer ist dabei? und Antwort vom 31. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 071 vom 11. August 2017 über Insolvenzverfahren bei dem Amtsgericht Charlottenburg – Wer kommt drauf und wer ist dabei? --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Wie erfolgt die Auswahl der Insolvenzverwalter bei dem Amtsgericht Charlottenburg? Zu 1.: Die konkrete Auswahlentscheidung, d.h. die Auswahl eines bestimmten Insolvenzverwalters , wird in jedem Insolvenzverfahren von der zuständigen Richterin bzw. dem zuständigen Richter unter Berücksichtigung von § 56 Insolvenzordnung - InsO - im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit getroffen. Vorauswahllisten können dabei eine Hilfe sein, kompetent und schnell die für den konkreten Fall am besten geeignete Person herauszufinden. 2) Welche und wie viele Listen gibt es bei dem AG Charlottenburg zur Auswahl der/des Insolvenzverwalters ? a. Auf welche Rechtsgrundlage bzw. welche gesetzliche Grundlage stützt sich die Führung und Nutzung der Listen? b. Wie ist das konkrete Verfahren, wann und wie Rechtsanwälte auf welche Liste gesetzt werden? Wie werden die Rechtsanwälte darüber informiert? Wie können sich Rechtsanwälte für eine Liste bewerben? c. Mit welchem Fragebogen (bitte beifügen) und mit welchen Dokumenten bewirbt sich ein Rechtsanwalt für die Liste/n? Was ist die Rechtsgrundlage bzw. gesetzliche Grundlage dafür? Wer erstellt den Fragebzw . Bewerbungsbogen? Wo ist dieser öffentlich verfügbar und einsehbar? d. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um auf einer Liste geführt zu werden und von einer Liste auf eine andere Liste zu wechseln? e. Wie, von wem und auf welcher Rechtsgrundlage werden die Liste/n evaluiert und was sind die Ergebnisse der letzten Evaluierung? f. -> Hinweis: Gibt es „Unterlisten“ o.ä., so beziehen sich die vorgenannten Fragen auch auf diese Zu 2. bis 2. f: Die Führung von Vorauswahllisten hat ihre Grundlage in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Insolvenzrichterinnen und Insolvenzrichter sind aufgrund der Entscheidungen vom 3. August 2014 – 1 BvR 135/00, 1 BvR 1086/01 – und vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 (BVerfGE 116, 1, 17) – gehalten, eine Vorauswahllis- 2 te der Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwalter zu führen. Diese Notwendigkeit hat der Bundesgerichtshof Anfang letzten Jahres in seinem Beschluss vom 17. März 2016 – IX AR (VZ) 2/15 – nochmals bekräftigt. Beim Amtsgericht Charlottenburg – Insolvenzgericht – wird eine Liste von Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwaltern geführt, die aus drei Listen – sogenannte Vorauswahllisten – besteht: - Liste 1: Bewerberinnen und Bewerber mit 20 und mehr schlussgerechneten Unternehmensinsolvenzen - Liste 2: Bewerberinnen und Bewerber, die noch keine 20 eigenen schlussgerechneten Unternehmensinsolvenzen durchgeführt haben - Liste 3: Bewerberinnen und Bewerber, die entsprechend der Beschränkung ihres Antrags ausschließlich für Verbraucherinsolvenzverfahren gelistet werden Beim Amtsgericht Charlottenburg treffen alle im Sachgebiet Insolvenz tätigen Richterinnen und Richter gemeinsam eine Entscheidung über die Aufnahme in die Vorauswahllisten . Grundlage ihrer Auswahl ist der von ihnen in einem Fragebogen niedergelegte Kriterienkatalog . Einzelheiten des Auswahlverfahrens sind in der von ihnen abgestimmten „Verfahrensordnung zur Verwalterbestellung beim Amtsgericht Charlottenburg – Insolvenzgericht “ – geregelt. Die Aufnahme in die Liste setzt eine schriftliche Bewerbung unter Verwendung des vom Gericht erstellten dateiförmigen Fragebogens voraus, eine Benachrichtigung über eine Aufnahme in die Vorauswahlliste erfolgt schriftlich. Sowohl der Fragebogen als auch die Verfahrensordnung sind auf der Homepage des Amtsgerichts Charlottenburg als Datei abrufbar (http://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sieerledigen /ag_ch_insolvenz-418026.php#verwalter) und dieser Antwort als Anlage beigefügt ; die bei einer Bewerbung einzureichenden Dokumente sind in der Verfahrensordnung zu Ziffer 3 Abs. 2 a) aufgeführt. Die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine Vorauswahlliste sind in Ziffer 2) der Verfahrensordnung geregelt; ein Wechsel von der „Liste 2“ zur“ Liste 1“ kann auf Antrag erfolgen. Aktualisierung und Streichung von der Liste sind in Ziffer 5) und Ziffer 6) der Verfahrensordnung geregelt, eine Entscheidung über ein Ausscheiden aus der Liste wird von den Insolvenzrichterinnen und Insolvenzrichtern gemeinsam getroffen. 3) Welche Rechtsanwälte (Name, Vorname, Berufsbezeichnung, Kanzlei) stehen auf welcher der o.g. Listen bzw. Unterlisten? Zu 3.: Über die Aufnahme in die o.g. Listen und die Streichung von den Listen wird von den Insolvenzrichterinnen und Insolvenzrichtern selbst und weisungsfrei in richterlicher Unabhängigkeit entschieden (vgl. nur Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. März 2016 – IX AR (VZ) 2/15). Da der Senat insoweit folglich nicht verantwortlich ist, besteht keine Pflicht zur Beantwortung der Frage (vgl. Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2015 – 92/14 –, juris Rn. 38). 4) Wie oft wurden die unter Pkt. 3) genannten Rechtsanwälte im Jahre 2015 und 2016 für Insolvenzverfahren (jeweils aufgeschlüsselt nach Verbraucherinsolvenzverfahren, Unternehmensinsolvenzverfahren bei Unternehmen bis 30 Mitarbeiter, Unternehmensinsolvenzverfahren ab 31 Mitarbeiter, Unternehmensinsolvenzverfahren ab 100 Mitarbeiter) ausgewählt? 3 Zu 4.: Die Häufigkeit der Bestellung nach Verfahrensklassen und Unternehmensgrößen ist dem Senat nicht bekannt, da die für eine derartige Auswertung erforderlichen Daten nicht im Aktenverwaltungssystem des Amtsgerichts Charlottenburg erfasst sind. Berlin, den 31. August 2017 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-12071 S18-12071 Anlage zur S 18-12071