Drucksache 18 / 12 089 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Adrian Grasse (CDU) vom 14. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. August 2017) zum Thema: Digitalisierung der Berliner Bibliotheken und Antwort vom 01. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Adrian Grasse (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 089 vom 14. August 2017 über Digitalisierung der Berliner Bibliotheken ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Beiziehung der Hochschulen beantworten kann. Es wurden daher die staatlichen Berliner Hochschulen um Stellungnahme gebeten. 1. Wie viel ihrer Bestände haben die Berliner Bibliotheken – insbesondere die Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken , sowie die Staatsbibliothek – bislang digitalisiert? (Bitte nach Möglichkeit in absoluten Zahlen und in Prozent des Gesamtbestandes angeben.) Zu 1.: Der Stand der Digitalisierung der Berliner Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken sowie der Staatsbibliothek ist nach Aussage der jeweiligen Einrichtungen wie folgt; dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einrichtungen jeweils nur die Werke digitalisieren können, die gemeinfrei sind, oder bei denen die Autorinnen und Autoren der Digitalisierung zugestimmt haben. a) Universitäten und Charité – Universitätsmedizin Berlin (Charité): - Freie Universität Berlin (FU): Die Retrodigitalisierung der Universitätsbibliothek der FU mit insgesamt ca. 8,5 Mio. Medieneinheiten wurde 2015 begonnen; bislang wurden 261 Monographien digitalisiert. - Humboldt-Universität zu Berlin (HU): Die Retrodigitalisierung der Universitätsbibliothek der HU mit insgesamt ca. 6 Mio. Einheiten (ohne handschriftliche und archivalische Quellen) wurde 2006 begonnen; bislang wurden ca. 3.700 Werke digitalisiert . Seit 2013 gibt es einen regulären Digitalisierungsworkflow. - - 2 - Technische Universität Berlin (TU): Die Retrodigitalisierung der Universitätsbibliothek der TU mit insgesamt 2,3 Mio. Medieneinheiten wurde 2014 begonnen; bislang wurden ca. 1.250 Werke digitalisiert. Das Architekturmuseum der TU mit 180.000 zusätzlichen Objekten hat seit 2002 ca. 140.000 Objekte digitalisiert. - Charité: Die Medizinische Bibliothek der Charité hat bislang 20.000 Fotografien und Abbildungen sowie vereinzelte Titel retrodigitalisiert. b) Fachhochschulen: Die staatlichen und konfessionellen Berliner Fachhochschulen „Alice-Salomon“- Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin, Beuth Hochschule für Technik, Evangelische Hochschule Berlin, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Hochschule für Wirtschaft und Recht sowie Katholische Hochschule für Sozialwesen digitalisieren ihre Bibliotheksbestände derzeit nicht. c) Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz (SBB-PK): Bislang (Stand 08/2017) wurden 127.141 Werke (Bücher, Historische Drucke, Handschriften, Nachlässe und Autographe, Musiknoten, Karten und Bildmaterialien) der SBB-PK digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht. Dies entspricht gut 1 Prozent von über 11 Mio. Bestandseinheiten, hier definiert als Drucke, fortlaufende Sammelwerke und andere nicht-elektronische Materialien bzw. Sondermaterialen. Hinzu kommen 3,3 Mio. Zeitungsseiten, die überwiegend von Mikrofilm digitalisiert worden sind. Darüber hinaus ist die SBB-PK mit über 12 Mio. Motiven bei der Bildagentur der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) für die kommerzielle Bildnutzung vertreten. Die Daten sind frei zugänglich. 2. Welche Bestände werden zuerst digitalisiert? Nach welchen Kriterien erfolgt die Festlegung der Prioritäten ? Zu 2.: Die Reihenfolge der Digitalisierung sowie den Kriterien der Festlegung der Prioritäten ist bei den jeweiligen Einrichtungen nach deren Aussage wie folgt: a) Universitäten und Charité: - FU: Zentrales Kriterium ist ein konkretes Interesse von Studierenden, Lehrenden oder Forschenden an einer digitalen Kopie, daneben gelten die Kriterien Seltenheit , Häufigkeit des Gebrauchs und Zustand eines Buchs. - HU: Zentrales Kriterium ist die Bedeutung für die Wissenschaft sowie das konkrete Interesse einzelner Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler; daneben gelten Kriterien wie thematischer Zusammenhang oder Sammlungskontext sowie die Anforderungen aus überregionalen Serviceleistungen der Universitätsbibliothek . Ziel ist die freie Verfügbarmachung der Werke. - TU: Zentrales Kriterium ist das Interesse der Wissenschaft an der Verfügbarkeit eines Werks, daneben gelten die Kriterien Bestandserhaltung, Alleinbesitz, Seltenheit sowie Bezug zur Geschichte der TU. Ziel ist die freie Verfügbarmachung der Werke. - Charité: Zentrales Kriterium ist das besondere Interesse von Forschenden, Lehrenden , Studierenden und Klinikern, daneben gelten die Kriterien Bestandserhaltung , Alleinbesitz und Gemeinfreiheit. - - 3 b) Fachhochschulen: Da die Fachhochschulen ihre Bibliotheksbestände derzeit nicht digitalisieren, gibt es keine Kriterien. c) SBB-PK: Auf Grundlage der Digitalisierungsstrategie der SBB-PK wurde eine „Roadmap für die Digitalisierung“ erstellt. Mithilfe dieses Arbeitsinstruments werden die derzeit über 80 Retrodigitalisierungsvorhaben im Hinblick auf deren Realisierung nach verschiedenen Kriterien priorisiert. Dabei werden gezielt dort Schwerpunkte gesetzt, wo Kulturerbe von nationaler und internationaler Bedeutung öffentlich zugänglich gemacht wird, der Bedarf von Forschung, Wissenschaft und Kultur an diesen Inhalten groß ist, die Sammlungen herausragend oder gar einmalig sind, die Bestände in den Bereich der nationalbibliothekarischen Aufgaben der SBB- PK fallen oder für das System der überregionalen Literatur- und Informationsversorgung von besonderer Bedeutung sind, ohne eine Digitalisierung der Verlust von Inhalten droht, die Sammlungszusammenhänge der SPK dazu geeignet sind, in konkreten Projektzusammenhängen innovative wissenschaftliche Fragestellungen zu generieren oder zu beantworten, sich durch eine Digitalisierung die Möglichkeiten der SBB-PK verbessern, konkret von Wissenschaft und Forschung nachgefragte Dienstleistungen zu verbessern oder zu generieren. Hinzu kommen drittmittelgestützte Projekte mit eigenen Kriterien, die gezielt als solche oder aber auch begleitend zu anderen Projekten eingeworben werden. 3. Gibt es Pläne für eine gemeinsame digitale Bibliothek, bspw. der Universitätsbibliotheken, umso mehr Studierenden schneller ein größeres digitales Angebot bieten zu können und durch Synergieeffekte doppelte Digitalisierungen zu vermeiden? Zu 3.: Zu den Plänen für eine gemeinsame digitale Bibliothek ist folgendes zu sagen: a) Universitäten und Charité: Die Universitäten und die Charité verweisen auf das Portal des Kooperativen Bibliotheksverbundes Berlin-Brandenburg (KOBV), das regionale Bibliotheksportal für Berlin und Brandenburg. Dieses weist die Bibliotheksbestände der Berliner KOBV- Bibliotheken nach und somit auch die vorhandenen Retrodigitalisate der Universitätsbibliotheken . b) Fachhochschulen: Es gibt derzeit keine gemeinsame Planung der Hochschulbibliotheken der staatlichen und konfessionellen Berliner Fachhochschulen. c) SBB-PK: Die SBB-PK stellt die Inhalte ihrer digitalisierten Sammlungen (http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/) über Schnittstellen und Portale, wie z.B. der - - 4 „Deutschen Digitalen Bibliothek“ (DDB) oder der Europeana zur Verfügung. Die Aufgabe der organisatorisch bei der SPK angesiedelten und vom Bund und den Ländern finanzierten DDB ist es, als Virtuelle Bibliothek die deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen zu vernetzen und deren Digitalisate über eine gemeinsame Plattform öffentlich zugänglich zu machen. Um doppelte Digitalisierungen zu vermeiden, wird in der Planungsphase jedes Projekts geprüft, ob die dafür vorgesehenen Bestände in Deutschland oder im Ausland bereits digital vorliegen. So können in Drittmittelanträgen oder Berichten Aussagen zu entsprechenden Digitalisierungsvorhaben getroffen werden. Damit soll die Zahl der ggf. auftretenden digitalen Dubletten mit vertretbaren Aufwand möglichst gering gehalten werden; dies wird auch von den Drittmittelgebern ausdrücklich gefordert. 4. Welche Kosten entstehen durch die Digitalisierung und wie viele Mitarbeiter der Bibliotheken sind mit dieser Aufgabe betraut? Wurden diese Mitarbeiter zusätzlich eingestellt? Zu 4.: a) Universitäten und Charité: - FU: Fünf reguläre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsbibliothek der FU sind mit Stellenanteilen in Höhe von zusammen insgesamt 1,5 Vollzeitäquivalenten im Bereich Retrodigitalisierung. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden nicht eingestellt, die Kapazitäten wurden durch Umstrukturierungen gewonnen . - HU: Acht reguläre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsbibliothek der HU sind mit Stellenanteilen in Höhe von zusammen insgesamt 2,4 Vollzeitäquivalenten im Bereich Retrodigitalisierung. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden nicht eingestellt, die Kapazitäten wurden durch Umstrukturierungen gewonnen . - TU: Acht reguläre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsbibliothek der TU sind mit Stellenanteilen in Höhe von zusammen insgesamt 2,7 Vollzeitäquivalenten im Bereich Retrodigitalisierung. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden nicht eingestellt, die Kapazitäten wurden durch Umstrukturierungen gewonnen . - Charité: Es ist derzeit kein Personal regelmäßig mit Digitalisierung betraut. b) Fachhochschulen: Es liegen derzeit keine Kostenschätzungen vor. - - 5 c) SBB-PK: Das Digitalisierungszentrum der SBB-PK hat seinen Betrieb im September 2010 im vollen Umfang aufgenommen. Zurzeit arbeiten dort 22 Beschäftigte, darunter neben der Leitung als größtenteils Neueinstellungen 15 Scankräfte, 3 Fotografinnen und Fotografen und zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Qualitätskontrolle, was insgesamt etwa 21 Vollzeitäquivalenten entspricht. Die 2017 beginnende Erneuerung des Geräteparks beläuft sich auf Kosten in Höhe von insgesamt 1,1 Mio. Euro und wird vollständig durch für diesen Zweck eingeworbene Mittel der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert. Berlin, den1. September2017 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - S18-12089 S18-12089a