Drucksache 18 / 12 099 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) vom 16. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. August 2017) zum Thema: Laufen Milieuschutz und die Entwicklung von Urbanen Gebieten gegeneinander ? und Antwort vom 30. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Stefan Förster (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 099 vom 16. August 2017 über Laufen Milieuschutz und die Entwicklung von Urbanen Gebieten gegeneinander? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchen Gebieten Berlins sieht der Senat Potenziale für die Anwendung des Baugebietstyps Urbane Gebiete? (Bitte Beispiele nennen sowie prozentuale Angabe des Anteils an der Gesamtfläche Berlins) Antwort zu 1: Grundsätzlich bestehen Potentiale für eine Ausweisung urbaner Gebiete beispielsweise in der historischen Mitte oder der City-West. Auch in Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg oder Neukölln ist – wie generell im gesamten Innenstadtbereich (innerhalb des S-Bahn-Rings) - die Festsetzung urbaner Gebiete vorstellbar. Gleiches gilt für die Zentrumsbereiche der angrenzenden Bezirke wie zum Beispiel Pankow oder Lichtenberg. Am Stadtrand kommen Planungen nach § 6a Baunutzungsverordnung (BauNVO) eher nicht in Betracht. Die Anwendung dieser neuen Baugebietskategorie unterliegt einer Einzelfallentscheidung, die davon abhängig ist, ob ein städtebauliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) besteht oder nicht. Aus diesem Grund verbietet sich eine pauschale prozentuale Angabe des Anteils urbaner Gebiete an der Gesamtfläche Berlins. Frage 2: Mit der Aufstellung eines Bebauungsplans und Ausweisung der Urbanen Gebiete wird dieser Gebietstyp langfristig festgesetzt und somit die Einflussnahme der Bezirke bei Fehlentwicklungen, wie bspw. der 2 Verdrängung von Gewerbe durch vermehrte Wohnnutzung oder umgekehrt, eingeschränkt. Wie bewertet der Senat diesen Konflikt? Antwort zu 2: Es liegt in der Hand des Bezirks, das urbane Gebiet nach § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO planerisch zu gliedern. Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Baugebiet von beiden Hauptnutzungsarten (Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe) zumindest mitgeprägt sein muss. Der Bezirk hat also die Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass keine der Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet weitestgehend verdrängt wird. Zudem kann er differenzierte Festsetzungen nach § 6a Abs. 4 BauGB treffen (beispielsweise im Erdgeschoss an der Straßenseiten keine Wohnnutzung oder oberhalb eines bestimmten Geschosses nur Wohnungen). Dadurch legt der Bezirk selbst das quantitative Mischungsverhältnis von nicht wesentlich störendem Gewerbe und Wohnraum fest. Fehlentwicklungen oder Verdrängung einer Nutzungsart wird damit von vornherein kein Raum geboten. Frage 3: Welche Handlungsanweisungen und Leitlinien erhalten die Mitarbeiter der Bezirke im Rahmen der in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen am 05.04.2017 angekündigten Schulungen bezüglich der Ausweisung für den Baugebietstyp der Urbanen Gebiete? Antwort zu 3: Das für die verbindliche Bauleitplanung zuständige Grundsatzreferat steht für Rückfragen jederzeit zur Verfügung. Darüber hinaus ist angedacht, in den Fachgesprächen mit den Bezirken dieses Thema zu erörtern. Zudem können sich die Bezirke an den Muster- Einführungserlass zum BauGB-Änderungsgesetz 2017 halten. Darin werden die Zielsetzungen des neuen § 6a BauNVO sowie der planerische Umgang mit dem urbanen Gebiet dargelegt. Frage 4: Unter der Annahme der Ausweisung weiterer Erhaltungssatzungen (Milieuschutzgebiete) frage ich den Senat nach einer Bewertung, ob diese den oben genannten Zielen der Urbanen Gebiete widersprechen, da dort eine zusätzliche erhaltungsrechtliche Genehmigung für die Errichtung von Gebäuden erforderlich wird. Antwort zu 4: In den sog. „Milieuschutzgebieten“ im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB bedarf die Errichtung baulicher Anlagen keiner erhaltungsrechtlichen Genehmigung (vgl. § 172 Abs. 1 S. 2 BauGB). Frage 5: Führt die Ausweisung weiterer Erhaltungssatzungen dazu, dass diese Gebiete trotz Vorliegens der entsprechenden städtebaulichen Eigenschaften Urbaner Gebiete sich nicht mit den Vorteilen eines Urbanen Gebietes weiterentwickeln können? 3 Antwort zu 5: Die Ziele einer Erhaltungsverordnung und die Festsetzungen eines Bebauungsplans dürfen sich nicht widersprechen. Bei einer bestehenden Verordnung nach § 172 BauGB ist also der aufzustellende Bebauungsplan auf die Erhaltungsverordnung abzustimmen und umgekehrt. Frage 6: Stimmt der Senat zu, dass eine erhaltungsrechtliche Genehmigung eine zusätzliche Hürde für den Neubau darstellt? Antwort zu 6: Nein, da die Errichtung baulicher Anlagen in Milieuschutzgebieten keiner erhaltungsrechtlichen Genehmigung nach § 172 Abs. 1 BauGB bedarf (siehe auch Antwort auf Frage 4). Berlin, den 30.8.17 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12099A S18-12099