Drucksache 18 / 12 131 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Graf (CDU) vom 22. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2017) zum Thema: Auswirkungen der Angleichung von CFM-Mitarbeitern auf die Charité und weitere Landesbetriebe und Antwort vom 08. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung – Herrn Abgeordneten Florian Graf (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12131 vom 22. August 2017 über Auswirkungen der Angleichung von CFM-Mitarbeitern auf die Charité und weitere Landesbetriebe ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die öffentliche Aussage des Finanzsenators vom 21.08.2017, wonach „die Löhne bei der Charité-Dienstleistungstochter CFM auch in Zukunft nicht auf das Niveau des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst angehoben werden“ im Gegensatz zur früheren Ankündigung des Regierenden Bürgermeisters von einer schrittweisen Angleichung der Gehälter der CFM-Mitarbeiter, womit die „Beschäftigten endlich gut bezahlt werden“ sollen? Zu 1.: Der Senat setzt sich für gute Arbeit für alle Berlinerinnen und Berliner ein. Entsprechend der Richtlinien der Regierungspolitik für die 18. Wahlperiode strebt der Senat die Überführung der Charité CFM Facility Management GmbH (CFM), Tochterunternehmen der Charité-Universitätsmedizin Berlin (Charité), in öffentliches Eigentum an. Der Aufsichtsrat der Charité hat in seiner letzten Sitzung den Vorstand beauftragt, die notwendigen Schritte für eine Überführung der CFM in eine 100%ige Beteiligung der Charité zum 01.01.2019 einzuleiten. Darüber hinaus hat er den Vorstand gebeten, gegenüber der CFM auf die Einführung eines Grundlohnmodells zum Ende 2017 im Rahmen der arbeitsrechtlichen Möglichkeiten hinzuwirken. In diesem Zusammenhang hat der Aufsichtsrat als nächsten Schritt die Umsetzung eines Vorschlags des Vorstandes zur Einführung eines Grundlohns in Höhe von 11 € pro Arbeitsstunde für die CFM-Beschäftigten sowie - wenn möglich - eine tarifierte Ausgestaltung befürwortet. Mögliche weitere Schritte stehen unter dem Vorbehalt von Tarifverhandlungen. - - 2 2. Teilt der Senat den Eindruck, dass auch in diesem Vorgang nicht erst nachgedacht und dann gehandelt wird, sondern wiederum Aktionismus Platz greift und anschließend Korrekturen vorgenommen werden? Ist das „Gutes Regieren“, wie es sich R2G auf die Fahnen geschrieben hat? Zu 2: Teilantwort auf Frage 1): Nein. Teilantwort auf Frage 2): Ja. 3. Wie bewertet der Senat in diesem Sinne die von Verdi CFM in der Tarifinfo Nr. 15 gewählte Formulierung, dass die „privaten Anteilseigner Vamed, Dussmann und Hellmann zum 1. Januar 2019 rausgeschmissen“ werden? Geht man so mit Partnern um? Zu 3.: Es gehört nicht zur Zuständigkeit des Senats, Informationsmaterialien der Gewerkschaften zu kommentieren oder zu bewerten. Im Übrigen basiert der Rückkauf des privaten Gesellschaftsanteils auf den im CFM-Vertragswerk geregelten Rückführungsmöglichkeiten . 4. Welche Vorstellungen hatte denn der Senat im Vorgriff auf die Erklärung zur Rückführung der CFM im März 2017 erarbeitet, wie die Mehrkosten in Höhe von bis zu 30 Mio. EUR aus den versprochenen Lohnangleichungen ausgeglichen werden sollen? Bitte um entsprechende Einzeldarstellung der geprüften Varianten mit den jeweiligen finanziellen Auswirkungen. Zu 4.: Der Senat hat es sich zum Ziel gesetzt, die CFM in öffentliches Eigentum zu überführen und zügig Verbesserungen für die Beschäftigten der CFM zu erreichen. Bei der Umsetzung hat der Senat die finanziellen Auswirkungen auf die Charité im Blick und prüft entsprechende Finanzierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Auf Vorschlag des Vorstands der Charité soll ein Grundlohnmodell an der CFM eingeführt werden. Der Aufsichtsrat der Charité hat in seiner letzten Sitzung befürwortet, den Grundlohn bereits ab Ende dieses Jahres auf 11 € pro Stunde festzulegen. Von dieser Maßnahme werden rund 1.600 Beschäftigte der CFM profitieren. Die Mehrkosten durch die Tariferhöhung auf 11 € pro Stunde werden von der Charité mit 4,2 Mio. € pro Jahr beziffert und können direkt durch die CFM kompensiert werden. Den Mehrkosten stehen Einsparungen gegenüber. Vorbehaltlich der Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus ist geplant, zum Doppelhaushalt 2018/2019 einen zusätzlichen Titel zur Förderung von Investitionen der Charité mit einem Ansatz in Höhe von 7,5 Millionen Euro für 2018 und in Höhe von 2,5 Millionen Euro für 2019 einzurichten. Der operative Umsetzungsprozess obliegt der Geschäftsführung der CFM und wird vom Vorstand der Charité begleitet. Der Aufsichtsrat wird hierbei entsprechend der ihm zugewiesenen Aufgaben nach dem BerlUniMedG beteiligt. Der Senat steht dabei in regelmäßigem Austausch mit der Geschäftsführung der CFM sowie dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Charité. - - 3 5. Sieht der Senat die Konkurrenzsituation wegen der politisch verfolgten Rückführung und der damit verbundenen finanziellen Lasten für die ebenfalls am Rande der Leistungsfähigkeit stehenden Pflegeleistungen? Zu5.: Der Senat sieht keinen Zusammenhang zwischen dem Rückkauf der CFM und der Leistungsfähigkeit der Pflege an der Charité. 6. Ist der Senat bereit, in eine sachliche Prüfung unter Bewertung der Risiken einzutreten sowie unter Einbeziehung von Charité und den privaten Partnern über Alternativen zu beraten? Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 4. 7. Welche Auswirkungen werden aus der politischen und der Entscheidung des Aufsichtsrates der Charité zur Lohnangleichung für weitere Landesbetriebe, z. B. Vivantes, erwartet? Zu 7.: Es werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf andere Landesunternehmen erwartet, da jeder Landesbetrieb eigenverantwortlich handelt. 8. Wie setzt der Berliner Senat die Forderung des Regierenden Bürgermeisters nach einem Grundlohn von 11 EURO für die CFM-Beschäftigten in seiner eigenen Verwaltung und in weiteren Landesbetrieben um, nachdem noch vor kurzem der Berliner Senat die Anhebung des Mindestlohns auf 9 EUR/Stunde beschlossen hat und damit alle im Auftragsverhältnis mit dem Land stehenden Unternehmen zur Einhaltung dieser Grenze verpflichtet, die er für angemessen hält (Staatssekretär Krach wiederholte am 22.08.2017, dass die „11 EURO ein festgelegter Grundlohn pro Stunde“ sei)? 9. Hält der Berliner Senat demnach 9 EUR als Mindestlohn nicht mehr für angemessen? 10. Beabsichtigt der Berliner Senat künftig für alle selbst zu vergebenden Leistungen auch 11 EUR als Mindestlohn festzusetzen? 11. Wie soll verhindert werden, dass das Gleichgewicht und die Wettbewerbsfähigkeit einer gesamten Branche durch negative „Kellertreppeneffekte“ gefährdet werden? Zu 8. bis 11.: Die sowohl nach dem Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz als auch nach dem Berliner Landesmindestlohngesetz seit dem 01.08.2017 geltende Mindestentlohnung in Höhe von jeweils 9 € verfolgt das Ziel, in einem Ein-Personen-Haushalt lebende Beschäftigte, die in den von diesen Gesetzen erfassten Einflussbereichen des Landes Berlin, z.B. im Rahmen der Erbringung öffentlicher Aufträge, in Beteiligungsunternehmen und im Zuwendungsbereich, tätig sind, so zu stellen, dass sie nicht auf ergänzende SGB- II-Leistungen angewiesen sind, wenn sie mit der durchschnittlichen tariflichen Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden beschäftigt sind. Überlegungen zur angemessenen Entlohnung der in der CFM Beschäftigten betreffen hingegen ein konkretes Unternehmen unter Berücksichtigung der dort gegenwärtig vorhandenen Aufgaben-, Beschäftigten- und Entgeltstruktur . Allein in diesem Kontext angestellte Einzelfallerwägungen sind daher nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die kürzlich erfolgte Entscheidung zur generellen Anhebung der landesrechtlichen Mindestentlohnungen auf 9 € in Frage zu stellen. - - 4 Da Überlegungen über die Einkommensentwicklung in bestimmten Unternehmen nicht mit den Vorgaben korrespondieren, nach denen sich die Entwicklung der landesrechtlichen Mindestentlohnungen richtet, sieht der Senat keine Grundlage für zu befürchtende negative "Kellertreppeneffekte". Das Gleichgewicht und die Wettbewerbsfähigkeit sind nicht gefährdet. Die Mindestentgeltregelung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes ist nicht unternehmensbezogen , sondern immer beschränkt auf den jeweiligen öffentlichen Auftrag. Die Vereinbarung des Mindestentgelts ist beschränkt auf den Zeitraum der Leistungserbringung und die Beschäftigten im Unternehmen, die im Rahmen der Ausführung des Auftrags eingesetzt werden. Die entstehenden Mehrkosten können von den Bewerbern und Bietern des jeweiligen öffentlichen Auftrags einkalkuliert werden. Berlin, den 8. September 2017 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung – S18-12131 S18-12131