Drucksache 18 / 12 143 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Frank Scholtysek (AfD) vom 22. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. August 2017) zum Thema: Rummelsburger See – Stand der Sanierung IV und Antwort vom 06. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Frank Scholtysek (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12143 vom 22.08.2017 über Rummelsburger See - Stand der Sanierung IV Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche neuen Erkenntnisse über den tatsächlichen Zustand des Rummelsburger Sees hat der Senat seit der letzten Anfrage vom Januar 2015 (DS 17/15479)? Antwort zu 1: Es gibt seit Januar 2015 keine grundlegenden neuen Erkenntnisse zum Zustand des Rummelsburger Sees. Frage 2: Welche Schadstoffe / Gifte finden sich aktuell in welchen Konzentrationen im Wasser und im Schlamm des Seegrundes? Antwort zu 2: Die Sedimente des Rummelsburger Sees sind insbesondere mit Schwermetallen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) belastet. Die Schadstoffgehalte variieren stark in horizontaler und vertikaler Richtung. Tendenziell weist das nordwestliche Teilbecken des Sees die höchsten Belastungen auf. Die Stoffe können ebenfalls im Freiwasser nachgewiesen werden. Aufgrund der zahlreichen Messergebnisse ist eine Darstellung der Befunde im Rahmen dieser Beantwortung nicht leistbar. Siehe auch Antwort zu Frage 10. Frage 3: Wurden neben den Untersuchungen des Sees auch Untersuchungen vorgenommen, in welchem Maße die dort existierenden Tiere und Pflanzen mit Schadstoffen belastet sind? Hier insbesondere die Fische, da im See offenbar geangelt wird. 2 Antwort zu 3: Das Fischereiamt Berlin untersucht im Rahmen eines Umweltmonitorings auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 Landesfischereischeingesetz (LFischScheinG) zur Feststellung der Lebens- und Umweltbedingungen Fische aus Berliner Gewässern hinsichtlich ihrer Schadstoffbelastung. Im Rahmen des Monitorings 2016 wurden bei der untersuchten Aalprobe (Anguilla anguilla) aus dem Rummelsburger See Höchstmengenüberschreitungen bei den sechs nichtdioxinähnlichen PCB-Kongeneren festgestellt. Bei der untersuchten Probe von Bleien (Abramis brama) aus dem See liegen dagegen keine Höchstmengenüberschreitungen vor. Die Höchstmengen für die Schwermetalle Blei und Cadmium sowie für Quecksilber werden in beiden untersuchten Fischarten nicht überschritten. Frage 4: Ist die Senatsverwaltung mittlerweile über das Stadium des Nachdenkens mit welchen technischen Mitteln ein Versiegelungsprozess des vergifteten Seegrundes herbeigeführt werden kann hinaus gekommen und wenn ja, wie sehen diese technischen Versiegelungsmaßnahmen aus, bzw. welche Versiegelungsmaßnahmen werden als sinnvoll zur dauerhaften Versiegelung des mit Giften und Schadstoffen in hohem Maße belasten Seegrundes angesehen? Frage 5: Welche Alternativen anstelle einer Seegrundversiegelung sieht der Senat um den Rummelsburger See dauerhaft zu entgiften? Antwort zu 4 und 5: Die Senatsverwaltung wird auch in absehbarere Zeit das „Nachdenken“ über gestufte, effektive und wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen zur Sanierung des gesamten Rummelsburger Sees und zur Risikominimierung nicht einstellen, da die Situation, insbesondere die Belastung der Sedimente, eine besondere Herausforderung darstellt, für deren Lösung keine Patentrezepte zur Verfügung stehen. Für den Schadensanierungsbereich am Westufer (Gewässerstreifen entlang des westlichen See-Endes) ist geplant, die gefährlich belasteten Sedimente zu entnehmen und zu entsorgen. Anschließend sollen die verbleibenden Sedimente (nicht belastet oder nicht gefährlich belastet) durch mineralische Stoffe abgedeckt werden. Das Abdecken wird erforderlich, um die entstehenden Vertiefungen wieder aufzufüllen und die Standsicherheit der angrenzenden Uferbereiche (Böschungen, Uferwände) zu sichern. Das Abdecken dient auch dem Ziel, den Stoffaustausch zwischen verbleibenden, insbesondere organischen Sedimenten und dem Freiwasser zu reduzieren. Die Abdeckung ist also durchlässig für Gas und Wasser, trennt aber mechanisch das Freiwasser vom Untergrund. Die Maßnahme steht unter dem Vorbehalt der zurzeit nicht gesicherten Finanzierung. Derzeit werden für technische Detailfragen Testfelder am Westufer ausgeführt. Die vorbeschriebenen Maßnahmen beinhalten also nicht das Versiegeln von Schadstoffen im Sinne einer luft- und gasdichten Umschließung. Frage 6: Gibt es konkrete Überlegungen über eine komplette Entschlammung des verseuchten Seegrundes? Frage 7: Gibt es konkrete Kalkulationen, wie hoch die Kosten einer solchen Entschlammung des Seegrundes wären? 3 Antwort zu 6 und 7: Eine Entschlammung des gesamten kontaminierten Sediments ist nicht geplant. Die Kosten dafür sind aktuell nur schwer kalkulierbar. Sie dürften aber einen mindestens mittleren dreistelligen Millionenbetrag umfassen. Frage 8: Gibt es konkrete Überlegungen von Seiten der Senatsverwaltung jegliche Nutzung des Sees, (Baden, Angeln Boot fahren) strikt zu untersagen? Wenn NEIN, warum nicht? Gibt es konkrete Warnungen vor dem Verzehr von Fisch aus dem See? Antwort zu 8. Baden: Der Rummelsburger See gehört nicht zu den Gewässern, in denen gemäß § 3 der Badegewässerverordnung das Baden erlaubt ist. Da darüber hinaus hier auch keine Badestelle ausgewiesen ist, ist das Baden verboten. Angeln: Konkrete Überlegungen zur Untersagung der Angelnutzung gibt es nicht. Für das Untersagen der Angelnutzung als Freizeitbeschäftigung wegen Schadstoffbelastung der Fische gibt es keine fischerei- und lebensmittelrechtlichen Grundlagen. Konkrete Warnungen vor dem Verzehr von Fisch aus dem Rummelsburger See werden nicht ausgesprochen. Für den Verzehr von privat gefangenen Fischen besteht keine Zuständigkeit bei der Lebensmittelüberwachung. Bootsverkehr: Eine komplette Unterbindung des Befahrens des Sees wäre unangemessen. Partielle Befahrensbeschränkungen und Ankerverbote in hochbelasteten flacheren Uferbereichen mit größeren Motorbooten und Fahrgastschiffen wäre zur Verringerung von Remobilisierungen von Schadstoffen durchaus angebracht. Regelungen dazu kann aber nur die Bundeswasserstraßenverwaltung auf der Grundlage des Wasserstraßengesetzes (WaStrG) erlassen. Eine Beschränkung des Befahrens von Bundeswasserstraßen kann nach § 5 nur in Naturschutzgebieten und Nationalparken ausgesprochen werden. Andere Ermächtigungsgrundlagen gibt es nach Auskunft der Bundeswasserstraßenverwaltung aktuell nicht. Frage 9: Warum wurden die in einer Studie der Freien Universität gewonnenen Erkenntnisse, dass der Aufenthalt im See, am See und auf dem See mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden sein kann nur an die örtlichen Boots- und Segelvereine verschickt? Antwort zu 9. Im Forschungsprojekt RuBuS der Freien Universität Berlin wurden gesundheitliche Risiken nicht thematisiert. Der Senat hat keine entsprechenden Hinweise an die örtlichen Bootsund Segelvereine versandt. Frage 10: Ist von Seiten des Senats eine Aufklärungs- oder Warnkampagne geplant, um die Anwohner und Besucher / Nutzer des Sees über den tatsächlichen Zustand zu informieren und sie auf bestehende Gesundheitsrisiken hin zu weisen? 4 Antwort zu 10. Es gibt bislang keine Hinweise auf eine Gesundheitsgefährdung der Besucher / Nutzer des Sees. Der Senat hat in zwei öffentlichen Informationsveranstaltungen am 27. August 2014 und 26. November 2015 die Bürger vor Ort über den aktuellen Gewässerzustand und die Ergebnisse des Forschungsprojektes RuBuS der Freien Universität informiert. Die Präsentationen der Veranstaltungen sind auf der Internetseite der Senatsverwaltung unter http://www.berlin.de/senuvk/umwelt/wasser/rummelsburger_see/index.shtml verfügbar. Frage 11: Liegen dem Senat konkrete Erkenntnisse über erkrankte Personen vor, deren Erkrankungen mit dem Aufenthalt im, am oder auf dem See oder mit der Verzehr von Fisch aus dem See in Verbindung gebracht werden können, oder die den Schluss nahelegen, dass die Ursache aus der Nutzung des Sees resultieren könnte? Antwort zu 11. Dem Senat liegen dazu keine konkreten Erkenntnisse vor. Frage 12: Kann der Senat eine aus den im See befindlichen Stoffen resultierende konkrete Gefährdung der Nutzer des Sees ausschließen? Antwort zu 12. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über konkrete Gefährdungen der Nutzerinnen und Nutzer vor. Frage 13: Gibt es von Seiten des Senats konkrete Gespräche / Verhandlungen mit dem Bund als Eigentümer des Sees zur Sanierung des Sees? Wenn JA, wie ist hier der aktuelle Stand? Wenn NEIN, warum nicht? Antwort zu 13. Nach dem Bundeswasserstraßengesetz beschränkt sich die Verwaltungskompetenz des Bundes auf Maßnahmen zugunsten der Gewässerqualität, die zugleich zur Bewahrung des Wasserabflusses und der Schiffbarkeit erforderlich sind, also einen schifffahrtsfunktionalen Bezug aufweisen. Dies ist bei Sanierungsmaßnahmen im Rummelsburger See nicht gegeben, so dass der Bund als Wasserstraßenverwaltung nicht zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen im Rummelsburger See herangezogen werden kann. Dies ist eine Aufgabe der Wasserwirtschaft des Landes Berlin. Da der Bund jedoch zugleich Eigentümer des Rummelsburger Sees ist, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, ihn nach den allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen als Gewässereigentümer im Rahmen einer Zustandshaftung zu verpflichten, Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenbeseitigung zu treffen bzw. ihn zur Kostentragung einer Ersatzvornahme heranzuziehen. Eine solche Zustandshaftung des Bundes ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen angenommen worden. Eine derartige Voraussetzung ist im konkreten Fall nicht gegeben. 5 Berlin, den 06.09.2017 In Vertretung S t e f a n T i d o w ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-12143 S18-12143