Drucksache 18 / 12 144 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Frank Scholtysek (AfD) vom 22. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. August 2017) zum Thema: Clearingstelle Ortolfstraße 107 / Altglienicke und Antwort vom 05. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Frank Scholtysek (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12144 vom 22. August 2017 über Clearingstelle Ortolfstraße 107 / Altglienicke ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind seit der Eröffnung bis zum heutigen Tag in der Clearingstelle Ortolfstraße 107 untergebracht worden? Zu 1.: In der Jugendhilfeeinrichtung Ortolfstraße 107 des Trägers SozDia Jugendhilfe gGmbH werden derzeit bis zu 16 Plätze für das sogenannte Vorclearing gemäß § 42a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) genutzt. Bis zum Stichtag 25.08.2017 haben 119 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) dort das Vorclearing durchlaufen. 2. Wie lang ist die tatsächliche durchschnittliche Verweildauer? Wie lang war bisher die kürzeste, wie lang die längste Verweildauer? Zu 2.: Die durchschnittliche Verweildauer der Jugendlichen beträgt zwölf Tage. Die kürzeste Verweildauer betrug bisher vier Tage, die längste Verweildauer 41 Tage. 3. Wenn es unterschiedlich lange Verweildauern gab und gibt, was ist der Grund dafür? Zu 3.: Die Jugendlichen mit den längsten Aufenthaltsdauern befanden sich während ihrer Unterbringung mehrere Tage im Krankenhaus. Kürzere Unterbringungszeiten ergeben sich, wenn Jugendliche aus einem anderen – zuständigen - Bundesland dorthin zurückgeführt werden. - - 2 4. Wie viele UMF sind aktuell dort untergebracht? 11. Welche Nationalitäten sind derzeit untergebracht? Aus welchen Nationen waren insgesamt UMF in der Clearingstelle untergebracht? Zu 4. und 11.: Zum Stichtag 25.08.2017 waren zwölf UMF im Vorclearing untergebracht. Diese sind Palästinenser mit ungeklärter Staatsbürgerschaft oder stammen aus Afghanistan, Albanien, Eritrea, Gambia, Guinea, Somalia und Vietnam. Die seit der Eröffnung der Einrichtung im Vorclearing untergebrachten Jugendlichen stammen aus bislang 27 Herkunftsländern. Die acht Hauptherkunftsländer sind Gambia, Afghanistan, Guinea, Syrien, Somalia, Albanien, Angola und Kambodscha sowie Palästinenser mit ungeklärter Staatsbürgerschaft. 5. Wie hoch ist der bisherige Belegungsgrad im Durchschnitt? Zu 5.: Die durchschnittliche Belegungsquote der Vorclearingplätze liegt seit Eröffnung der Einrichtung im März 2017 bei 52,4 %. Im August 2017 lag diese zum Stichtag 25.08.2017 bei 66,5 %. 6. Auf welche Art und Weise wird die Minderjährigkeit festgestellt? Zu 6.: Das behördliche Verfahren zur Altersfestsetzung ist in § 42f SGB VIII geregelt. Das Jugendamt , in Berlin das Landesjugendamt, hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. In Zweifelsfällen ist ein medizinisches Gutachten einzuholen . 7. Auf welchem Weg sind die UMF nach Deutschland gekommen? Zu 7.: UMF kommen entsprechend der unterschiedlichen Herkunftsländer auf sehr unterschiedlichen Wegen nach Deutschland. Viele junge Menschen kommen mit dem Bus, dem Zug oder dem Auto nach Deutschland, einige wenige reisen mit dem Flugzeug ein. Dabei werden unterschiedliche Landrouten (mittlerweile deutlich seltener über den Balkan) und Wege über das Mittelmeer genutzt. 8. Wie ist der aktuelle Personalschlüssel, also das Verhältnis von Mitarbeitern zu UMF? - - 3 Zu 8.: Die vereinbarte Betreuungsdichte für Angebote im Rahmen der stationären sozialpädagogischen Krisenintervention nach § 42a SGB VIII entspricht einer sozialpädagogischen Fachkraft auf 1,3 junge Menschen. Zudem sind zwei Stellen für Diplompsychologinnen bzw. Diplompsychologen, 3,6 Stellenanteile für Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler oder interkulturelle Beraterinnen bzw. Berater sowie Leitungspersonal im Umfang von 4,5 % pro Platz (entspricht 0,72 Stellenanteilen bei 16 Vorclearingplätzen) vereinbart. 9. Wie viele Mitarbeiter sind dauerhaft oder zumindest über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr befristet beschäftigt? 10. Wie viele freie Mitarbeiter gibt es? 24. Wie viele Übersetzer arbeiten aktuell für die Clearing-Stelle? 25. Welche Art von Beschäftigungsverhältnissen haben die Übersetzer? Zu 9.,10., 24. und 25.: Jeder Jugendhilfeträger muss vor Erteilung einer Betriebserlaubnis Fachpersonal in ausreichender Zahl mit entsprechendem Qualifikationsnachweis bei der Einrichtungsaufsicht nachweisen. Außerdem muss im laufenden Betrieb jede personelle Veränderung im Bereich der pädagogischen oder therapeutischen Beschäftigten ebenfalls gemeldet bzw. jede Qualifikation entsprechend belegt werden. Das gesamte pädagogische Personal ist unbefristet angestellt, so dass es in diesem Bereich keine freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Für besondere Sprachmittlertätigkeiten werden Honorarkräfte beschäftigt. 12. Wie hoch sind die durchschnittlichen Gesamtunterbringungskosten je UMF unter Zugrundelegung des tatsächlichen Auslastungsgrades der Clearingstelle inkl. Wachschutz, Gebäudekosten, Verpflegung, Personal - und Nebenkosten aller Art? Zu 12.: Alle anfallenden Unterbringungs- und Betreuungskosten werden über ein betreuungstägliches Entgelt abgegolten. Das Entgelt wird gemäß § 78 a ff. SGB VIII auf der Grundlage der Leistungs- und der Qualitätsentwicklungsvereinbarung zwischen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und dem Leistungserbringer verhandelt und vereinbart. In Anrechnung einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von zwölf Tagen entstehen je UMF Gesamtunterbringungskosten von rund 2.500 EUR. 13. Über welchen Zeitraum läuft der vereinbarte Mietvertrag? Ist davon auszugehen, dass nach Ablauf des Mietvertrages weiterhing Bedarf für eine Nutzung als Clearingstelle herrscht? Zu 13.: Die Dauer des Mietverhältnisses wurde bis Dezember 2021 vereinbart. Ob die Immobilie darüber hinaus als Jugendhilfeeinrichtung genutzt werden wird, ist derzeit offen. 14. Besuchen die untergebrachten UMF innerhalb ihres Aufenthaltes eine Schule, oder werden Sie anderweitig beschäftigt? - - 4 15. Wie sieht ein typischer Tagesablauf aus? Zu 14. und 15.: Die UMF besuchen während des Vorclearings keine Schule. Es werden Freizeitaktivitäten innerhalb und außerhalb der Einrichtung und drei Mahlzeiten am Tag angeboten. Die Nachtruhe dauert von 23 - 6 Uhr. 16. Werden innerhalb der Unterbringungsdauer allen UMF Sprachkurse angeboten? Wenn ja, werden diese von allen Bewohnern angenommen? Zu 16.: Während des Vorclearings werden regelhaft keine Sprachkurse angeboten. Im Einzelfall werden individuelle Lösungen gesucht. 17. Kam und kommt es innerhalb der unterschiedlichen Nationalitäten zu Konflikten innerhalb der Clearingstelle ? Zu 17.: Bisher kam es nicht zu Konflikten zwischen den verschiedenen Nationalitäten. 18. Gibt es Alkohol- oder Drogenkonsum? 19. Unterliegen die Bewohner während ihres Aufenthaltes in der Clearingstelle einer oder mehrerer Alkoholoder Drogenkontrolle/n ? Zu 18. und 19.: Gemäß den Hausregeln der Einrichtung ist der Konsum von Alkohol und Drogen nicht gestattet . 20. Wie viele ursprüngliche Bewohner der Clearingstelle haben sich von dort unplanmäßig abgesetzt? 21. Bei wie vielen ehemalige Bewohnern ist der Verbleib ungeklärt? Zu 20. und 21.: Bis zum Stichtag 25.08.2017 haben sich zwei UMF ohne Kenntnis der Verantwortlichen aus der Einrichtung entfernt. Bei beiden Jugendlichen ist der aktuelle Aufenthalt unbekannt . 22. Sind im Zusammenhang mit den dort unter-gebrachten UMF während ihrer dortigen Unterbringungsdauer Strafverfahren eingeleitet worden? Wenn JA, wie viele und warum? Zu 22.: Derzeit sind keine Strafverfahren gegen Jugendliche, die in der Einrichtung untergebracht sind, bekannt. - - 5 23. In Stellenanzeigen suchte der Betreiber der Clearingstelle, die SozDia Jugendhilfe gGmbH, muttersprachliche Übersetzer für die Sprachen / Dialekte Persisch (Farsi/Dari) und/oder Somali, Mandinka, Fulla und Wolof. Konnten entsprechende Übersetzer gefunden werden, oder trat die Situation ein, dass mit einzelnen UMF mangels Übersetzern keine ausreichende Kommunikation möglich war? Zu 23.: Der Träger verfügt über Sprachmittlerinnen bzw. Sprachmittler zur Erfüllung des Vorclearingauftrags . Bislang konnte das Vorclearing aller dort untergebrachten Jugendlichen fristgerecht abgeschlossen werden. Es sind keine Anhaltspunkte bekannt, dass die Kommunikation zwischen Jugendlichen und betreuendem Fachpersonal nicht ausreichend gewährleistet wäre. Berlin, den 05. September 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-12144 S18-12144