Drucksache 18 / 12 175 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) vom 28. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2017) zum Thema: Stromausfälle in Berlin und Antwort vom 13. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12175 vom 28. August 2017 über Stromausfälle in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Stromausfälle hat es in Berlin seit dem Jahr 2007 gegeben (bitte jeweils jahresweise ausweisen)? Zu 1.: Der Verteilungsnetzbetreiber Stromnetz Berlin GmbH hat zur Anzahl von Störungen mit Versorgungsunterbrechungen im Verteilungsnetz in den Jahren 2007 bis 2016 folgende Angaben gemacht: Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Anzahl 1.908 1.897 1.717 1.952 2.070 2.037 2.169 1.964 2.007 1.982 2. Wie viele Haushalte und Unternehmen waren hiervon jeweils betroffen? Zu 2.: Zur Anzahl betroffener Kundinnen und Kunden in dem Zeitraum 2007 bis 2016 hat Stromnetz Berlin GmbH folgende Angaben gemacht: Jahr Haushalt Gewerbe/Industrie Gesamt 2007 ---* ---* 616.861 2008 491.036 61.382 552.418 2009 489.185 62.919 552.104 2010 598.504 71.216 669.720 2011 541.113 47.904 589.017 2012 624.124 66.014 690.138 2013 697.916 63.496 761.412 2014 447.788 37.498 485.286 2015 498.873 38.751 537.624 2016 737.088 57.902 794.990 * eine statistische Aufteilung wurde erst für die Jahre ab 2008 eingeführt. 2 3. Welche zeitliche Länge hatten die Stromausfälle jeweils? Zu 3.: Zur statistischen durchschnittlichen Unterbrechungsdauer pro Versorgungsunterbrechung hat Stromnetz Berlin GmbH folgende Angaben gemacht: Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Dauer in min 68 66 52 53 48 46 45 50 49 43 Statistisch gesehen blieb im Jahr 2016 jeder Netzkunde beziehungsweise Netzkundin in Berlin rund 10,4 Minuten lang ohne Strom. Damit liegt Berlin unterhalb des von der Bundesnetzagentur zuletzt veröffentlichten bundesdeutschen Durchschnittswerts einer Versorgungsunterbrechung bei Letztverbraucherinnen und Letztverbrauchern von 12,7 Minuten für das Jahr 2015. 4. Welche Maßnahmen hat der Senat bislang ergriffen, um a) Stromausfällen in Berlin generell präventiv begegnen zu können? Zu 4. a): Gemäß § 11 Energiewirtschaftsgesetz ist der Betreiber von Energieversorgungsnetzen grundsätzlich verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht zu optimieren, zu verstärken und auszubauen. Jede dieser Maßnahmen soll dazu dienen, dass die Energieversorgungsnetze vorausschauend den ändernden (Markt-) Bedürfnissen angepasst und entwickelt werden. Vor diesem Hintergrund finden regelmäßig Gespräche der Energieaufsichtsbehörde bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit dem Stromnetzbetreiber Stromnetz Berlin GmbH statt, in denen über den aktuellen Zustand des Netzes und über zukünftige Investitionen zur Modernisierung und Optimierung im Netzbereich berichtet wird. b) länderübergreifend und/oder mit Beteiligung des Bundes Szenarien, Übungen oder vergleichbare Trainings mit dem Ziel durchzuführen, das erfolgreiche Zusammenwirken von Behörden und weiteren Institutionen bei Stromausfällen katastrophischen Ausmaßes einzuüben? Welche Erkenntnisse hat der Senat hierbei gewonnen? Wann hat eine solche Übung das letzte Mal stattgefunden? Zu 4. b): Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat hierzu folgende Angaben gemacht: Länderübergreifende Katastrophenschutzübungen werden in der Regel alle zwei Jahre vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) nach Vorgaben des Bundesministeriums des Innern in Zusammenarbeit mit den Bundesländern geplant und durchgeführt. Diese sogenannten LÜKEX- Übungen („Länderübergreifende Krisenmanagement-Übung/Exercise“) sind Teil einer Serie nationaler Krisenmanagement-Übungen, an denen sich das Land Berlin jeweils in unterschiedlicher Intensität ebenfalls beteiligt. Die Szenarien der LÜKEX-Übungen differieren. Im Hinblick auf Stromausfälle hat 3 sich das Land Berlin schon im Jahr 2004 intensiv an der Übung „Winterliche Extremwetterlage mit Hochwasser und großflächigem Stromausfall“ beteiligt. Im Rahmen des Katastrophenschutzes ist ein Zusammenwirken aller Beteiligten aufgrund der Interdependenzen solcher Schadensereignisse essentiell. Dies haben die Übungen immer wieder gezeigt. Im Fall eines Stromausfalls geht es um die Notwendigkeit des Zusammenwirkens der zuständigen Fachbehörden, insbesondere der für die Koordinierung im Katastrophenfall zuständigen Senatsverwaltung für Inneres und Sport, der für die Energieaufsicht und Notfallvorsorge im Energiebereich zuständigen Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, den nachgeordneten Behörden Feuerwehr und Polizei und den Kritische-Infrastrukturen- Unternehmen. Gerade bei einem Stromausfall ist der Kreis der Betroffenen sehr groß und die Anforderungen an das Krisenmanagement immens. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat aus diesem Grund auch regelmäßig tagende Arbeitsgruppen mit den Akteuren im Katastrophenschutz ins Leben gerufen. Dazu gehören Arbeitsgruppen mit den zuständigen Fachverwaltungen und Bezirken ebenso wie mit den Gefahrenabwehrbehörden auf Bundes- und Landesebene und mit den Betreibern kritischer Infrastrukturen (unter anderem Energie, Transport, Telekommunikation). Insbesondere mit den Betreibern kritischer Infrastrukturen wurden im Rahmen eines Projektes weitere Übungen durchgeführt, die auf die Verbesserung der Kommunikation aller Beteiligten abstellten. Die letzte Übung dieser Art fand im März 2017 unter Federführung der Berliner Feuerwehr statt. Es wurden verschiedene Arbeitsgruppen eingerichtet. Diese sollen die Vorbereitung und weitere Ausarbeitung von gemeinsamen Übungen, die Einrichtung einer gemeinsamen IT-gestützten Kommunikationsplattform sowie die Krisenkommunikation mit der Bevölkerung voranbringen. Regelmäßige Treffen der Behördenleitungen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe der Berliner Polizei, der Berliner Feuerwehr und Kritische-Infrastrukturen-Unternehmen sind außerdem geplant. An der kommenden Übung LÜKEX 2018 zum Thema „Gasmangellage“ wird sich das Land Berlin ebenfalls beteiligen. 5. Wie bewertet der Senat das Risiko von Stromausfällen im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung? Zu 5.: Sowohl der Ausbau der Erneuerbaren Energien als auch die fortschreitende Digitalisierung des Energiesystems schaffen Herausforderungen für die Übertragungsnetzbetreiber. Insbesondere besteht mit der fortschreitenden Digitalisierung ein erhöhtes Risiko eines Cyberangriffs auf kritische Infrastrukturen. Dieses Risiko besteht in hohem Maße auch für Betreiber von Energieversorgungsnetzen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgesetzgeber in jüngster Zeit Vorschriften zur Verbesserung und Gewährleistung der Sicherheit der Informationstechnologie (IT-Sicherheit) sowie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen erlasen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT- Sicherheitsgesetz) im Juli 2015 wurden insbesondere Änderungen im Gesetz 4 über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erforderlich. Der Energiesektor wurde im ersten Teil der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV), die im Mai 2016 in Kraft getreten ist, erfasst. Danach werden Betreiber von Energieversorgungsnetzen und Energieanlagen, die als Kritische Infrastrukturen einzustufen sind, nach Maßgabe der BSI-KritisV verpflichtet, dem BSI Kontaktstellen zu benennen, prozessrelevante Informationstechnologie angemessen abzusichern und dabei den Stand der Technik zu berücksichtigen. Des Weiteren wurden Nachweis- und Meldepflichten gegenüber dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingeführt. In diesem Zusammenhang hat die Bundesnetzagentur gemäß § 11 Absatz 1a EnWG einen Katalog von Sicherheitsanforderungen erstellt und veröffentlicht, die die Betreiber von Energieversorgungsnetzen erfüllen müssen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im November 2016 die vom Bundesminister des Innern vorgelegte "Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland 2016" beschlossen. Die Strategie soll den ressortübergreifenden strategischen Rahmen für die Aktivitäten der Bundesregierung mit Bezügen zur Cyber-Sicherheit bilden und die Cyber-Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2011 fortschreiben. Im Land Berlin ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport zuständige Behörde für die Cybersicherheit. 6. Wie bewertet der Senat das Risiko von Stromausfällen im Zusammenhang mit der fortschreitenden Energiewende? Zu 6.: Die Energiewende schreitet bundesweit fort und der Wandel in der Erzeugungslandschaft hat neue Herausforderungen an den Stromtransport und den Netzausbau mit sich gebracht. Das Berliner Stromverteilungsnetz wird vornehmlich aus dem Übertragungsnetz gespeist, das in der Regelzone des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission GmbH (50Hertz) liegt. Das Risiko von Stromausfällen in Zusammenhang mit der Energiewende ist zwar eher im Übertragungsnetz zu finden. Allerdings ist der Großteil der Erneuerbare Energie-Anlagen in den Verteilnetzen installiert. Angesichts dessen kommt der Kooperation zwischen den Übertragungsnetz- und den Verteilnetzbetreibern eine große Bedeutung zu. In einem gemeinsamen von 50Hertz und den Verteilnetzbetreibern in der 50Hertz-Regelzone erarbeiteten 10-Punkte-Programm zur Weiterentwicklung der Systemdienstleistungen werden nach Angaben des Unternehmens technische und prozessuale Lösungen zur Aufrechterhaltung des sicheren Netz- und Systembetriebs auf allen Spannungsebenen aufgezeigt. Unabhängig davon entwickelt 50Hertz seine Prozesse für die Systemführung nach eigenen Angaben kontinuierlich weiter. Beispielsweise wird ein neues System zur Steuerung der Leitwarte implementiert, das speziell auf die Herausforderungen bei ständig wachsenden Erneuerbare Energie-Anteilen zugeschnitten ist. In diesem Zusammenhang ist auch eine überregionale Betrachtung erforderlich. In Berlin liegt die Versorgungsqualität wie zu 3. dargestellt über dem bundesweiten Durchschnittswert von 12,7 Minuten, der nach Angaben der Bundesnetzagentur unter dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre liegt 5 (Mittelwert 2006 bis 2015: 15,87 Minuten). Das Niveau der Versorgungssicherheit in Deutschland ist nach Einschätzung der Bundesnetzagentur weiterhin hoch. Bisher ist es nach Angaben von 50Hertz sehr gut gelungen, trotz des teilweise sehr schnellen Anstiegs der Zahl der Erneuerbare Energie-Erzeugungsanlagen die Versorgungssicherheit in seiner Regelzone auf einem sehr hohen Niveau beizubehalten. Berlin, den 13.09.2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ........................................................ Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe S18-12175 S18-12175a