Drucksache 18 / 12 176 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch (GRÜNE) vom 28. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2017) zum Thema: Abschiebungen von KonvertitInnen in den Iran trotz Todesstrafe? und Antwort vom 06. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Bettina Jarasch (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 176 vom 28. August 2017 über Abschiebungen von KonvertitInnen in den Iran trotz Todesstrafe? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Fälle abgelehnter Asylgesuche von Iranerinnen und Iranern sind dem Berliner Senat im Zeitraum von 2014 bis heute bekannt? a) Wie viele dieser Menschen sind im genannten Zeitraum tatsächlich in den Iran abgeschoben worden ? b) Bei wie vielen dieser Fälle konnten Abschiebehindernisse, z.B. aufgrund humanitärer Gründe, geltend gemacht und eine Duldung erwirkt werden? Welche Abschiebehindernisse konnten hier geltend gemacht werden? Zu 1.: Ausweislich der Antrags-, Entscheidungs- und Bestandsstatistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.07.2017 für das Bundesland Berlin wurden insgesamt 883 Asylverfahren von iranischen Staatsangehörigen abgelehnt. a) Im genannten Zeitraum wurden laut Statistik der Ausländerbehörde Berlin 5 ehemalige Asylbewerber mit iranischer Staatsangehörigkeit aus dem Bundesland Berlin abgeschoben. Diese Zahl kann auch Personen beinhalten, deren Asylantrag bereits vor dem 01.01.2014 abgelehnt wurde sowie Abschiebungen in andere Staaten als den Iran, z.B. im Rahmen von Überstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III Verordnung). Ein Großteil der oben aufgeführten Asylablehnungen ist im Jahr 2017 erfolgt (512 von 883), eine vollziehbare Ausreisepflicht ist aufgrund noch laufender Gerichtsverfahren bislang nur für einen kleinen Teil der betreffenden iranischen Staatsangehörigen entstanden. Eine Abschiebung in den Iran ist zudem nur mit einem gültigen Nationalpass möglich. Die iranischen Behörden stellen Nationalpässe zur Ausreise nur aus, wenn zuvor eine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise erklärt wurde. b) Die erbetenen Informationen werden statistisch so nicht erfasst. 2. Im Iran wird eine Konversion zu einer anderen Religion als dem Islam, wie etwa zum Christentum, als Abfall vom rechten Glauben (Apostasie) mit dem Tod bestraft. Es gibt eine relevante Anzahl von AsylbewerberInnen, die als konvertierte ChristInnen im Falle einer Abschiebung in den Iran einer akut lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt sind: Schiebt das Land Berlin vor diesem Hintergrund zum Christentum konvertierte IranerInnen in ihr Herkunftsland ab? a) Wie viele Fälle sind dem Berliner Senat bekannt, in denen – trotz der Bedrohung für Leib und Leben aufgrund der Konversion – die Abschiebung vollzogen wurde? Seite 2 von 2 b) Wie viele Fälle gibt es im Land Berlin, in denen die Konversion zum Christentum in Verbindung mit der geltenden Rechtslage im Iran als Abschiebehindernis geltend gemacht werden konnte? Zu 2.: Soweit sich aus der Konversion zum Christentum ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ergibt bzw. die Zuerkennung einer Flüchtlingseigenschaft erfolgt, ist eine Abschiebung in den Iran ausgeschlossen. Die Prüfung eines sich aus der Konversion ergebenden Abschiebungsverbots bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft obliegt dem BAMF. Die Ausländerbehörde ist an die Entscheidung des BAMF gem. § 42 Asylgesetz (AsylG) gebunden. a) Dem Senat ist kein Fall bekannt, in dem eine Abschiebung in den Iran entgegen eines bestehenden Abschiebungsverbots erfolgt ist. b) Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 3. Inwiefern spielt in den Ablehnungsbescheiden der Berliner Fälle eine Rolle, ob die Konversion zum Christentum bereits vor oder erst während des Asylverfahrens stattgefunden hat? Zu 3.: Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ablehnungsbescheiden des BAMF erfolgt nicht. Eine Beantwortung der Frage ist vor diesem Hintergrund nicht möglich. 4. Liegt dem Berliner Senat eine schriftliche Bestätigung des BAMF vor, dass die iranische Regierung grundsätzlich oder aktuell rückgeführte AsylbewerberInnen aus Deutschland, die hier oder bereits früher zum Christentum konvertiert sind, nicht mit dem Tod bestraft (wovon das BAMF in den Begründungen zu den Ablehnungsbescheiden einschlägiger Fälle auszugehen scheint)? Inwiefern kann ein solches Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran rechtlich verbindlich und Grundlage von Entscheidungen über Asylverfahren in Deutschland sein? Zu 4.: Eine entsprechende schriftliche Bestätigung des BAMF liegt dem Senat nicht vor. Ob ein ggf. existierendes entsprechendes Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran rechtlich verbindlich und damit Grundlage der Entscheidungen über Asylverfahren des BAMF sein kann, ist durch das BAMF im Rahmen seiner Zuständigkeit über die Asylverfahren zu prüfen. 5. Wie positioniert sich der Berliner Senat zur Praxis des BAMF im Umgang mit KonvertitInnen? Wie steht der Senat insbesondere zu sogenannten Glaubensprüfungen, bei denen durch BAMF- MitarbeiterInnen nach Erweckungs-/Bekehrungserlebnissen gefragt oder ein bestimmter theologischer Wissensbestand abgefragt wird? Zu 5.: Der Berliner Senat positioniert sich nicht zu den in der Zuständigkeit des BAMF liegenden Vorgängen. Abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern steht zur Überprüfung ihrer Asylentscheidung der Rechtsweg offen. Die Ausländerbehörde Berlin ist an die Entscheidungen des BAMF bzw. des Verwaltungsgerichts im Rahmen des § 42 AsylG gebunden. Berlin, den 6. September 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12176 S18-12176