Drucksache 18 / 12 178 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Kössler (GRÜNE) vom 28. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2017) zum Thema: Vision Zero Waste II – Bioabfallsammlung wirtschaftlich und ökologisch umsetzen und Antwort vom 18. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Georg Kössler (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12178 vom 28.08.2017 über Vision Zero Waste II – Bioabfallsammlung wirtschaftlich und ökologisch umsetzen Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist nach Kenntnis des Senats die Wirtschaftlichkeit einer flächendeckenden Bioabfallsammlung zu bewerten? Antwort zu 1: Die Biotonne wird in Berlin zu günstigen Preisen angeboten (bis zu knapp 70% unter dem Tarif der vergleichbaren Restmülltonnen), der Kostendeckungsgrad liegt bei rund 30%. Die Biotonne wird deshalb zum Teil durch andere Tarifbestandteile wie den Ökotarif mitfinanziert. Da keine Kostendeckung bei den Tarifen der Biotonne gegeben ist, sind bei einem weiteren Ausbau der Bioabfallsammlung Kostensteigerungen zu erwarten. Die Wirtschaftlichkeit einer flächendeckenden Bioabfallsammlung ist erst nach Vorlage eines Gesamtkonzeptes durch die BSR abschließend zu bewerten. Frage 2: Welche Arbeitsplatzeffekte hätte nach Kenntnis des Senats eine flächendeckende Bioabfallsammlung in Berlin? Antwort zu 2: Arbeitsplatzeffekte sind abhängig von den konkret zu ergreifenden Maßnahmen zur Optimierung der Bioabfallentsorgung (Sammlung und Verwertung). Bei einer vollständigen Abdeckung aller Haushalte mit Biotonnen müssen in der Müllabfuhr voraussichtlich rund 100 Beschäftigte mehr eingesetzt werden. Frage 3: Wie viele zusätzliche Jahrestonnen Biogut kann nach Kenntnis des Senats die Vergärungsanlage Ruhleben zum jetzigen Zeitpunkt noch aufnehmen? 2 Antwort zu 3: Die Vergärungsanlage in Ruhleben wird voraussichtlich rund 66.000 Mg im Jahr 2017 behandeln (Davon rund 40.000 Mg/a gut vergärbares Material aus der Sammlung in der Innenstadt). Die genehmigten Maximalkapazitäten betragen 75.000 Mg/a. Frage 4: Wie viele Tonnen Biogut gehen derzeit nach Brandenburg und in welche Anlagen? Antwort zu 4: 2016 wurden knapp 10 % der in Berlin gesammelten Bioabfallmengen über die BRAL GmbH in Kompostierungsanlagen in Brandenburg behandelt. Frage 5: Sind diese Anlagen klimaverträglich, d.h. führen sie zu einer Netto-Klimaentlastung? Wenn ja, wie hoch ist diese? Antwort zu 5: Die Stoffstrom-, Klimagas- und Umweltbilanz 2014 zeigt auf, dass die Verarbeitung von Biogut in Kompostierungsanlagen im Land Brandenburg zu einer Klimagasbelastung führt. Demgegenüber steht, dass die Kreislaufführung von Nähstoffen zum Ressourcenschutz beiträgt. Die Ergebnisse der Stoffstrom-, Klimagas- und Umweltbilanz 2016 zur klimamäßigen Bewertung der Verwertung von Biogut in Brandenburger Anlagen liegen erst Ende des Jahres 2017 vor. Frage 6: Warum kommt nach Kenntnis des Senates die Berliner Stadtreinigung (BSR) weiterhin nicht den gesetzlich verpflichtenden Vorgaben einer flächendeckenden Bioabfallsammlung nach? Frage 7: Welche Konsequenzen zieht der Senat aus einer Missachtung der gesetzlichen abfallrechtlichen Vorgaben? Frage 8: Verfolgt der Senat weiterhin das Ziel, eine flächendeckende Bioabfallsammlung zeitnah in Berlin zu realisieren, um relevante weitere Umweltentlastungen für das Land Berlin zu erreichen? Antwort zu 6, 7 und 8: Entsprechend der Zielsetzung des vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Abfallwirtschaftkonzepts verfolgt der Senat das Ziel, dass die BSR nunmehr die flächendeckende Bioabfallsammlung im Land Berlin realisieren, um den gesetzlichen Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nachzukommen und relevante Umweltentlastungen - wie Reduzierung von schädlichen Klimagasen - für das Land Berlin zu erzielen. Im Rahmen der Berliner Stoffstrom-, Klimagas- und Umweltbilanz wurden zusätzliche Klimagaseinsparungen von rund 11.000 Mg CO2-Äquvanten pro Jahr ermittelt. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ist mit den BSR mit dem Ziel der Realisierung der flächendeckenden Bioabfallsammlung in intensiven Gesprächen. Frage 9: In welchen Zeitraum ist nach Kenntnis des Senats die flächendeckende Bioabfallsammlung in Berlin zu realisieren und bis wann kann nach seiner Kenntnis die Errichtung einer weiteren emissionsarmen Behandlungsanlage erfolgen? 3 Antwort zu 9: Nach Einschätzung des Senats kann die flächendeckende Bioabfallsammlung in einem Zeitraum von rund 1,5 Jahren realisiert werden. Die Errichtung einer weiteren emissionsarmen Behandlungsanlage würde einen Zeitraum von rund 4 Jahren erfordern. Frage 10: Ist eine Drittbeauftragung zur Bioabfallsammlung in den gartenreichen Gebieten nach Auffassung des Senats eine gangbare Option, sofern die BSR auch zukünftig der gesetzlichen Verpflichtung zur flächendeckenden Bioabfallsammlung nicht nachkommt? Wenn ja, welche Schritte leitet der Senat bis wann dazu ein? Antwort zu 10: Entfällt – siehe Antwort zu 6, 7 und 8. Frage 11: Welche Schritte unternimmt der Senat um die zügige Errichtung einer zweiten Vergärungsanlage zu erwirken und welchen Zeitplan verfolgt er dabei? Antwort zu 11: Für die Errichtung einer weiteren Behandlungsanlage ist erfahrungsgemäß zunächst der Bedarf auf der Grundlage eines schlüssigen Gesamtkonzeptes nachzuweisen (s. Antwort zu Frage 1). Erst bei absehbarem Anfall einer stabilen Sammelmenge ist über eine Investition zu entscheiden. Frage 12: Welche Ersparnis könnte für einzelne Bürger*innen erreicht werden, wenn sie konsequent Gebrauch von der Bioabfalltonne machen, anstatt den Restmüll zu nutzen? Antwort zu 12: Die Tarife der Bioabfalltonne liegen in Berlin je nach Behältergröße um bis zu knapp 70% unter dem Tarif der vergleichbaren Hausmülltonne für Restabfall. Eine stärkere Nutzung der Biotonne kann also zu Einsparungen für den einzelnen Haushalt führen. Dem entgegen läuft, dass eine stärkere Nutzung der Biotonne zu einer Kostenunterdeckung führt, die ausgeglichen werden müsste. Zu beachten ist ferner, dass ein großer Teil der Bewohner in Siedlungsgebieten bereits heute lediglich das vorgeschriebene Mindestrestabfallvolumen von 30 Liter pro Haushalt und Woche nutzt, so dass durch eine zusätzliche Biotonne keine weitere Einsparung für diese Haushalte mehr erzielt werden könnte. Berlin, den 18.09.17 In Vertretung Tidow ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-12178 S18-12178