Drucksache 18 / 12 182 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 28. August 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2017) zum Thema: Sieht der Senat Probleme ? und Antwort vom 13. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12182 vom 28. August 2017 über „Sieht der Senat Probleme?“ ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft zum Teil Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Blindenhilfswerk Berlin e.V. um eine Stellungnahme gebeten, die bei der Beantwortung berücksichtigt worden ist. 1. Inwieweit ist dem Senat die Arbeit des Blindenhilfswerks Berlin und insbesondere deren Werkstatt bekannt? Zu 1.: Das Blindenhilfswerk Berlin e.V. ist mit seiner Blindenwerkstatt Steglitz-Zehlendorf bei der Handwerkskammer Berlin in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke Korb- und Flechtwerkgestalter sowie in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe Bürsten- und Pinselmacher eingetragen. 2. Wie beurteilt der Senat die Arbeit der Werkstatt und deren Bedeutung für die Integration von Menschen mit Sinneseinschränkungen in den Arbeitsmarkt? Zu 2.: Das Blindenhilfswerk e.V. Berlin als Träger der Werkstatt ist ein 1886 gegründeter Fürsorgeverein, der neben der Werkstatt unter anderem etwa 60 Wohnungen für blinde und sehbehinderte Menschen unterhält, sich allgemein für die Belange dieses Personenkreises einsetzt und deren wirtschaftliche Selbständigkeit fördert. Es finanziert seine Arbeit aus Zinserträgen, Spenden und sonstigen Zuwendungen. Der Senat erkennt das langjährige Engagement des Blindenhilfswerks Berlin e.V. zur Beschäftigung von blinden und sehbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. Dies gilt in besonderer Weise auch für die Anstrengungen zu ihrer Vermittlung nach der unabwendbar gewordenen Schließung der Blindenwerkstatt Steglitz- Zehlendorf. 2 3. Ist dem Senat bekannt, dass die Arbeit der Werkstatt zum Jahresende nach 130 Jahren schließen soll und damit 13 Arbeitsplätze wegfallen? Zu 3.: Ja, dem Senat ist bekannt, dass am 7. Juli 2017 mit fast 90-prozentiger Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder der Schließungsbeschluss gefasst worden ist. Dem Senat ist auch bekannt, dass in der Blindenwerkstatt Steglitz-Zehlendorf 18 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind, davon 5 Sehende (Tischler, Möbeltischler , Korbmachermeister, Verwaltungskraft und Fahrer) sowie 13 Blinde und Sehbehinderte. Es handelt sich um zwei blinde Korbmacher, sieben sehbehinderte Stuhlflechter und vier Bürsteneinzieher, von diesen ist eine Person blind. 4. Wie beurteilt der Senat diese Tatsachen und schätzt er das Bemühen des Trägers ein, eine Schließung zu verhindern? Zu 4.: Die seit Jahrzehnten bestehenden Verluste der Blindenwerkstatt Steglitz-Zehlendorf sind aus sozialer Verantwortung bislang vom Blindenhilfswerk Berlin e.V. getragen worden. Seit mehreren Jahren wurde angesichts von mangelndem Nachwuchs, stagnierenden Umsätzen und der Einführung eines Mindestlohnes intensiv um eine Veränderung der Werkstatt gerungen, u.a. auch im Hinblick auf Neupositionierung, Modernisierung und Außendarstellung des Berliner Blindenhilfswerks e.V. Seit März 2015 wurden unterschiedliche Denkmodelle zur Weiterführung der Blindenwerkstatt durchgerechnet und intensiv auch mit Externen diskutiert. Eine wirtschaftlich tragbare Lösung konnte nicht gefunden werden. 5. Teilt der Senat die Ansicht des Trägers, dass sehbehinderte Menschen künftig nur in Verwaltung und anderen administrativen Tätigkeiten eingesetzt werden können? Zu 5.: Eine solche Auffassung des Trägers ist dem Senat nicht bekannt. Die Chance, in Berlin im klassischen Blindenhandwerk zu arbeiten, ist eher gering. Wegen der Ortsgebundenheit der Betroffenen scheiden bestehende Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb von Berlin aus. Das Blindenhilfswerk Berlin e.V. prüft die Umschulung und Beschäftigung in Integrationsfirmen. Dazu wird auch das „Berliner Jobcoaching in Unternehmen“ genutzt. Für fünf Bürsteneinzieher (ein Stuhlflechter ist auch Bürsteneinzieher) bestehen bereits Zusagen für eine Beschäftigung bei der Blindenwerkstatt Neukölln, dem Blindenhilfswerk in Potsdam sowie der Blindenwerkstatt Neu-Ulm als Heimarbeitsplätze, wenn ortsgebunden. Eine Person hat bereits gewechselt, zwei haben sich noch nicht entschieden, welches Angebot sie annehmen wollen, eine Person wird in Rente gehen , eine möchte nicht mehr in diesem Beruf arbeiten. Zur Unterstützung der anderen Beschäftigten steht das Blindenhilfswerk Berlin e.V. in engem Kontakt mit der Union Sozialer Einrichtungen, die im Jahr 2004 die Städtische Blindenanstalt vom Bezirk Kreuzberg übernommen hat. Neben der Werkstatt für behinderte Menschen besteht dort die Möglichkeit der Beschäftigung, auch auf Schwerbehindertenarbeitsplätzen am Ersten Arbeitsmarkt. Derzeit wird in individuellen Gesprächen ausgelotet, inwieweit eine Übernahme oder eine Umschulung in an- 3 dere Bereiche, wie Metall- oder Holzverarbeitung, Hauswirtschaft u.ä., möglich und auch erwünscht ist. 6. Was hat der Senat in dieser Frage bisher unternommen, um dieses Integrationsprojekt mit Historie und die Arbeitsplätze zu erhalten? 7. Was wird der Senat in dieser Frage künftig unternehmen? Zu 6. und 7.: Zur Unterstützung von Menschen mit einer körperlichen Einschränkung ermöglicht das Neunte Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) Werkstätten für behinderte Menschen. Diese bedürfen der Anerkennung durch die Bundesagentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Die Blindenwerkstatt Steglitz-Zehlendorf ist jedoch keine Einrichtung im Sinne des SGB IX, sondern zählt zum Ersten Arbeitsmarkt; eine Möglichkeit zur Unterstützung durch den Senat besteht nicht. Berlin, den 13.09.2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe S18-12182 S18-12182a