Drucksache 18 / 12 244 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 06. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2017) zum Thema: Arbeitsassistenz für Menschen mit Behinderungen und Antwort vom 29. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12244 vom 6. September 2017 über Arbeitsassistenz für Menschen mit Behinderungen ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Arbeitsassistenz nach § 33 Abs. (8) und § 102 Abs. (4) wurden an das Integrationsamt Berlin oder die Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX in den Jahren 2013 bis 2016 gestellt? Zu 1.: In den Jahren 2013 bis 2016 wurden folgende Anträge gestellt: 2013 2014 2015 2016 220 295 279 270 Es wird statistisch nicht erfasst, bei wem (Integrationsamt oder Rehabilitationsträger) der Antrag gestellt wurde. 2. Wie viele Anträge wurden jeweils positiv beschieden? Zu 2.: In den Jahren 2013 bis 2016 wurden folgende Anträge positiv beschieden: 2013 2014 2015 2016 159 171 243 202 2 3. Wie hoch war im Durchschnitt die monatlich genehmigte Summe jeweils? Was waren die jeweiligen Extremwerte der genehmigten Kosten? Zu 3.: 2013 2014 2015 2016 durchschnittliche monatliche Förderhöhe im Bewilligungsjahr bei laufenden Leistungen 1.268,00 € 1.355,00 € 1.366,00 € 2.032,00 € niedrigste monatliche Förderhöhe im Bewilligungsjahr bei laufenden Leistungen 78,00 € 86,00 € 83,00 € 66,00 € höchste monatliche Förderhöhe im Bewilligungsjahr bei laufenden Leistungen 8.737,00 € 9.890,00 € 9.651,00 € 11.876,00 € 4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer dieser Anträge jeweils? Was waren jeweils die Extremwerte der Bearbeitungsdauer? Zu 4.: Dem Senat liegen dazu keine validen Daten vor, da mit dem im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) - Integrationsamt - zur Anwendung kommende IT- Fachverfahren die erbetenen Zahlen nicht ermittelt werden können. 5. Hält der Senat angesichts der angestrebten Inklusion in allen Lebensbereichen die Bearbeitungsdauer für angemessen? Zu 5.: Die Dauer der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitsassistenz wird von einer Reihe von Faktoren bestimmt. Neben der Einreichung und Vervollständigung benötigter Unterlagen durch die antragstellenden Personen und den zum Teil schwierigen Terminvereinbarungen mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ist insbesondere die Beurteilung des im konkreten Einzelfall benötigten Leistungsumfangs erforderlich. Hierzu bedarf es einer qualifizierten gutachterlichen Stellungnahme. Zu diesem Zweck wurde ein eigener Integrationsfachdienst eingerichtet, der sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt als auch die individuellen benötigten Unterstützungsleistungen zu den verschiedenen Einschränkungen in Bezug auf die sehr unterschiedlichen Tätigkeiten beurteilt. Diese Stellungnahmen haben inzwischen einen hohen Qualitätsstandard, um eine passgenaue Unterstützungsleistung sicherstellen zu können. Um hier zu einer Beschleunigung zu kommen und eine auch aus Sicht des Senats wünschenswerte Verkürzung der Bearbeitungsdauer zu erreichen, wird daher erwogen, die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vorgenannten Integrationsfachdienst aufzustocken. 6. Inwieweit teilt der Senat die Kritik von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, dass das Antragsverfahren zu vereinfachen ist? Zu 6.: Das Verfahren der Antragstellung wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich optimiert. So müssen z. B. nur noch bei Neuanträgen oder Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen Unterlagen beigefügt werden. Schwerbehinderte Menschen können den Antrag im Internet ausfüllen und per E-Mail übersenden. Die benötigten Unterlagen können eingescannt und mit übersandt oder per Post nachgereicht werden. Konkrete Kritikpunkte sind dem Senat aktuell nicht bekannt. Anregungen und Hinweise sind jedoch jederzeit willkommen und werden vom LAGeSo gerne aufgenommen, um den Service weiter zu verbessern. 3 7. Wie haben sich die Kosten für bewilligte Arbeitsassistenzen im Verhältnis zu den Ausgaben der Ausgleichsabgabe insgesamt nach § 77 SGB IX entwickelt? Bitte nach Jahren und Ausgabearten aufschlüsseln. Zu 7.: Die Kosten für Arbeitsassistenz haben sich im Darstellungszeitraum 2013 zu 2016 um 63 % erhöht. Im gleichen Zeitraum sanken die Ausgaben für die Leistungen an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie schwerbehinderte Menschen um 31 % (bei den Ausgaben sind nicht die Kosten der Abführung an den Ausgleichsfonds und der Zahlbetrag für den Ausgleich der Bundesländer untereinander enthalten). Die einzelnen Veränderungen der Zahlbeträge untereinander und zu den jeweiligen Vorjahren können der nachstehenden Tabelle entnommen werden. 8. Entspricht die Berliner Praxis der Arbeitsassistenzgewährung den „Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen“? Wenn nein, in welchen Punkten weicht das Land Berlin davon ab? Zu 8.: Im Grundsatz werden die Empfehlungen angewandt. Es erfolgt aber dahingehend eine großzügigere Auslegung, als dass die regelhafte Beschränkung auf eine stundenmäßige Begrenzung auf 4 Stunden Unterstützung bei einem 8-Stunden- Arbeitstag und die Kappungsgrenze von 50 % des gezahlten Arbeitgeberbruttos grundsätzlich nicht angewandt werden. Mit Urteil OVG 6 B 1.09 vom 18.05.2011 wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg festgehalten, dass Assistenzleistungen bedarfsdeckend zu erbringen sind. 9. Wie werden das Integrationsamt und die Rehabilitationsträger darin unterstützt, proaktive Öffentlichkeitsarbeit zu organisieren, um noch mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über ihre Angebote zu informieren? Zu 9.: Durch die Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, dem Unternehmerverband Berlin Brandenburg e. V. und anderen, insbesondere auch bezirklich organisierten Netzwerken, werden die Bestrebungen des Integrationsamtes unterstützt, sowohl Verantwortliche in Unternehmen als auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Möglichkeiten der Unterstützung zu informieren. Darüber hinaus werden durch eine Reihe von Aufklärungsmaßnahmen IST 2013 Ausgangswert IST 2014 Veränderung zum Vorjahr in Prozent IST 2015 Veränderung zum Vorjahr in Prozent IST 2016 Veränderung zum Vorjahr in Prozent Veränderung von 2013 zu 2016 Investitionshilfen (§ 15 SchwbAV) 1.242.447 € 100 % 878.674 € -29 484.157 € -45 339.533 € -30 -73 behinderungsger. Gestaltung (§ 26 SchwbAV ) 2.706.559 € 100 % 1.785.592 € -34 1.540.243 € -14 871.061 € -43 -68 Gebühren Berufsausbildung (§ 26 a SchwbAV) 389 € 100 % 0 € -100 0 € 0 0 € 0 -100 Prämien/Zuschüsse bei Berufsausbildung (§ 26 b SchwbAV) 0 € 100 % 0 € 0 0 € 0 0 € 0 0 Betriebl. Eingliederungsmanagement (§ 26 c SchwbAV) 0 € 100 % 0 € 0 0 € 0 0 € 0 0 Leistungen bei außergew. Belastungen (§ 27 SchwbAV) an Arbeitsgeber 10.509.983 € 100 % 9.007.339 € -14 7.752.086 € -14 6.909.591 € -11 -34 Leistungen an AG insg. 14.459.378 € 100 % 11.671.605 € -19 9.776.486 € -16 8.120.185 € -17 -44 technische Arbeitshilfen (§ 19 SchwbAV) 229.296 € 100 % 248.593 € 8 180.037 € -28 221.314 € 23 -3 Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes (§ 20 SchwbAV) 302.939 € 100 % 273.132 € -10 350.005 € 28 402.612 € 15 33 Hilfen zur wirtschaftl. Selbstständigkeit (§ 21 SchwbAV) 107.443 € 100 % 66.839 € -38 34.503 € -48 20.892 € -39 -81 Wohnungshilfen (§ 22 SchwbAV) 0 € 100 % 14.274 € 14.648 € 3 64.219 € 338 Fortbildung (§ 24 SchwbAV) 90.267 € 100 % 42.382 € -53 48.612 € 15 65.177 € 34 -28 Hilfen in besonderen Lebenslagen (§ 25 SchwbAV) 47.339 € 100 % 94.772 € 100 34.170 € -64 39.299 € 15 -17 notwendige Arbeitsassistenz (§ 17 Abs. 1a SchwbAV) 2.717.023 € 100 % 3.191.700 € 17 4.059.523 € 27 4.434.562 € 9 63 unterstützende Beschäftigung (§38a SchwbAV) 22.430 € 100 % 32.839 € 46 31.294 € -5 113.168 € 262 405 Leistungen an sbM insg. 3.516.736 € 100 % 3.964.529 € 13 4.752.794 € 20 5.361.243 € 13 52 Integrationsprojekte (§ 28a SchwbAV) ohne Leistungen für außergewöhnliche Belastungen 2.697.747 € 100 % 1.880.677 € -30 1.784.967 € -5 1.709.063 € -4 -37 Inklusionsprojekte (§ 28a SchwbAV) Sonderprogramm "AlleImBetrieb" neu ab 01.07.2016 13.605 € Integrationsfachdienste (§§ 27a / 28 SchwbAV) 6.160.491 € 100 % 6.249.391 € 1 5.432.041 € -13 4.776.801 € -12 -22 Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen (§ 29 SchwbAV) 322.184 € 100 % 155.842 € -52 190.746 € 22 174.633 € -8 -46 WfbM, Wohnstätten (§ 30 SchwbAV) 4.131.355 € 100 % 2.324.021 € -44 189.273 € -92 1.475.903 € 680 -64 Modellvorhaben (§ 14 SchwbAV) 26.140 € 100 % 636.513 € 2335 448.168 € -30 67.006 € -85 156 begl. Hilfe im Arbeitsleben unter besonderen Umständen § 17 Abs.1 Satz 2 SchwbAV (Projekt-Nueva) ab 09/2010 166.319 € 100 % 0 € -100 0 € 0 0 € Gesamtsumme Leistungen: 31.480.349 € 100 % 26.882.577 € -15 22.574.475 € -16 21.698.438 € -4 -31 4 Informationen über das Leistungsspektrum des Integrationsamtes gegeben. Hierbei sind insbesondere zu nennen: derzeit 11 Broschüren (z. B. Broschüre ABC Behinderung und Beruf, Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), Die Leistungen des Integrationsamtes etc. ); die vierteljährliche Zeitschrift (ZB – behinderte Menschen im Beruf), die interessierten Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Interessenvertretungen nach Erscheinen kostenfrei zugesandt wird; Schulungsveranstaltungen im Integrationsamt (Es werden für 2017 insgesamt 14 Themengebiete kostenfrei angeboten, entsprechende Schulungen werden auch in den Folgejahren angeboten werden.); die Verleihung des Inklusionspreises in drei Kategorien – kleine, mittlere und große Unternehmen (Bekanntmachung von beispielhaften Beschäftigungen schwerbehinderter Menschen); die Umsetzung der zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) geschlossenen Kooperationsvereinbarung zur intensiveren Zusammenarbeit bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Darüber hinaus kommt selbstverständlich auch der Arbeit der Integrationsfachdienste eine besondere Bedeutung zu. Berlin, den 29. September 2017 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-12244 S18-12244