Drucksache 18 / 12 259 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ines Schmidt und Marion Platta (LINKE) vom 11. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2017) zum Thema: Fluglärm auch östlich von Tegel unüberhörbar – aber auch gemessen? und Antwort vom 26. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Frau Abgeordnete Ines Schmidt und Frau Abgeordnete Marion Platta (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12259 vom 11. September 2017 über Fluglärm auch östlich von Tegel unüberhörbar - aber auch gemessen? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Antworten beruhen zum Teil auf Angaben der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Frage 1: Nach welchen Prinzipien erfolgen die Standortwahl und die Technik zur Fluglärmmessung am Standort Tegel in westlicher und östlicher Richtung der Flugbahnen? Antwort zu 1.: Nach § 19a des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) ist der Unternehmer eines Flughafens verpflichtet, auf dem Flugplatz und in dessen Umgebung Anlagen zur fortlaufend registrierenden Messung der durch die an- und abfliegenden Luftfahrzeuge entstehenden Geräusche einzurichten und zu betreiben. Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) betreibt eine solche Anlage für den Flughafen Berlin-Tegel und veröffentlicht die Messund Auswertungsergebnisse monatlich in umfangreichen Fluglärmberichten. Für Anlagen nach § 19a LuftVG gilt eine Richtlinie (Fluglärm-Messanlagen-Richtlinie). Diese enthält u.a. die folgenden Festlegungen: “Die Genehmigungsbehörde bestimmt aufgrund der allgemeinen Fluglärmsituation, für welche An- und Abflugbereiche eines Flughafens ortsfeste Fluglärm-Messstellen vorzusehen sind.(…) Die Standorte der einzelnen Messstellen sollen den besonders beeinträchtigten Wohngebieten zugeordnet sein und einen möglichst geringen sonstigen Umweltgeräuschpegel haben.(…) Die Messdaten der Messstellen müssen ohne Zeitverzug an eine zentrale Stelle übertragen werden können.“ 2 “Neben der ortsfesten Fluglärm-Messanlage sollte ein bewegliches Messgerät (Handgerät, Messwagen o. ä.) für stichprobenhafte Lärmmessungen in der Umgebung eines Flughafens vorhanden sein. (…) Es sind Maßnahmen zu treffen, die eine Zuordnung der Überflug-Schallereignisse zum Verursacher (Flugzeughalter und -muster) ermöglichen.(…) Die bestehenden Messund Registriergeräte der Anlagen sollen den bestehenden Normen auf diesem Gebiet Rechnung tragen.“ Die Technik der Messanlage muss der DIN45643 entsprechen. Frage 2: Wie hoch ist die Zahl der vom Fluglärm Betroffenen um die acht Fluglärmmessstellen am Flugplatz Tegel? Antwort zu 2: Messungen sind punktuell. Daher werden zur Ermittlung der Anzahl der belasteten Einwohnerinnen und Einwohner Fluglärmberechnungen herangezogen. Mit Berechnungen können auch Gebiete bestimmt werden, in denen bestimmte Schallpegel überschritten sind. Dies wird für den Flughafen Tegel im Rahmen der Lärmaktionsplanung alle fünf Jahre vorgenommen. Aktuelle Ergebnisse sind im Umweltatlas online einsehbar: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/ . Frage 3: Wie beurteilt der Senat die Wirksamkeit einer Messstation, die wie die Messstation MP10 (Pankow) regelmäßig nur einen Monat lang pro Jahr betrieben wird, im Vergleich zur Messstelle MP41 (Recklinghauser Weg)? Antwort zu 3.: Messstellen sollen die Höhe der Belastung und die Entwicklung des Fluglärms dokumentieren. Aus diesem Grund existiert ein Netz aus fest installierten Fluglärmmessstellen. Die Messungen mit einer mobilen Messstation in Pankow erfolgen jeweils im Juli eines Jahres am gleichen Standort. Somit wird auch hier eine Entwicklung dokumentiert. Im Übrigen ist in Pankow im kommenden Jahr die Errichtung einer fest installierten Messstelle geplant. Frage 4: Wie hat sich der für die Lärmbelastung durch Flugverkehr charakteristische Wechsel zwischen intensiven, kurzzeitigen Lärmereignissen und den von der Verkehrsdichte abhängigen Lärmpausen in den letzten 5 Jahren durch Starts in Richtung Osten sowie durch Anflüge aus Osten für den Bereich Pankow (um Kirche Breite Str.) und Lichtenberg (um Doberaner Str.), ausgehend von der Nord- sowie der Südbahn des Flughafens Tegel, entwickelt? Antwort zu 4.: An der mobilen Messstelle in Pankow sind die Tages-Dauerschallpegel in den Jahren 2013 bis 2017 von 59,5 auf 61,4 dB(A) angestiegen. Bei den nächtlichen Dauerschallpegeln war eine Steigerung von 49,8 auf 53,8 dB(A) zu verzeichnen. 3 Da die Messung im Jahr 2013 in den verkehrsärmeren Wintermonaten erfolgte, sind die Ergebnisse allerdings nur bedingt vergleichbar. Die Jahres-Dauerschallpegel an der nächstgelegenen fest installierten Messstelle (MP48) stiegen im Zeitraum 2011 bis 2016 tagsüber leicht an (von 62,1 auf 62,6dB(A)). Die Nacht-Dauerschallpegel nahmen von 52,5 auf 54,2 dB(A) zu. Die Anzahl der Flugbewegungen stieg im Zeitraum von 2011 bis 2016 von 169.384 auf 185.500 um 9,5 %. Frage 5: Welche Konsequenzen haben die Messdaten für die Lärmschutzmaßnahmen und deren Bewilligung für die umliegende Bevölkerung? Antwort zu 5.: Die Messdaten haben keinen unmittelbaren Einfluss. Ansprüche auf Erstattung von Lärmschutzmaßnahmen ergeben sich in der Regel durch Festlegung von Schutzzonen oder Lärmschutzbereichen. Für den Flughafen Berlin-Tegel hat der Lärmschutzbereich entsprechend der Berechnung / Festlegung von 1976 derzeit Gültigkeit. Seit dem Zeitpunkt seiner Festsetzung hat sich die Anzahl der Flugbewegungen zwar deutlich erhöht, von maßgeblicher Bedeutung ist aber, dass das heute eingesetzte Fluggerät insgesamt wesentlich geringere Geräuschpegel verursacht. In jedem Fall lässt die regelmäßige Auswertung der Ergebnisse der Fluglärmmessanlage für den Flughafen Berlin-Tegel durch die Luftfahrtbehörde keine Anhaltspunkte für eine zu Lasten der Flughafenanwohnerinnen und Flughafenanwohner gehende Veränderung der Situation der Fluglärmbelastung (äquivalenter Dauerschallpegel) im Hinblick auf die im 1976 festgelegten Lärmschutzbereich ausgewiesenen Schutzzonen erkennen. Die Datenaufbereitung für eine Neuberechnung nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm in der seit dem 07.06.2007 geltenden Fassung wird derzeit durchgeführt. Frage 6: Welche Beschwerden über Fluglärm sind dem Senat aus den Bezirken Pankow und Lichtenberg (Hohenschönhausen) bekannt (bitte getrennt nach Bezirk sowie Tages- und Nachtlärmereignissen auflisten)? Antwort zu 6.: Aktuell wird der überwiegende Anteil der Fluglärmbeschwerden mit Hilfe von Smartphone- Apps generiert. Sie sind teilweise anonym (d.h. nur E-Mail-Adresse bekannt) und können wegen ihrer großen Anzahl weder im Einzelfall bearbeitet noch statistisch ausgewertet werden. Daher ist auch eine Auflistung der Lärmereignisse nach Bezirken bzw. Tag und Nacht nicht möglich. Frage 7: Wie bewertet der Senat Wirksamkeit und Höhe der lärmbezogenen Start- und Landeentgelte insbesondere für die Lärmklassen 77 bis 79,9 dB(A), 80 bis 84,9 dB(A) und 85 bis 89,9 dB(A) als Steuerungsinstrument zur Lärmreduzierung an der Ursache? 4 Antwort zu 7.: Durch die deutliche Spreizung der Entgelte von 125 € bis 7500 € ist von einer hohen Steuerungswirkung auszugehen. Frage 8: Welchen Einfluss hat der Senat auf die Festlegung und Verwendung der Lärmentgelte an den Flughäfen? Antwort zu 8.: Nach § 19b Abs. 1 LuftVG hat der Unternehmer eines Verkehrsflughafens oder Verkehrslandeplatzes eine Regelung über die zu entrichtenden Entgelte für die Nutzung der Einrichtungen und Dienstleistungen, die mit der Beleuchtung, dem Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen (Entgeltordnung) zu treffen. Die Entgeltordnung ist der Genehmigungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Entgelte in der Entgeltordnung nach geeigneten, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien geregelt sind. Die Entgelte müssen kostenbezogen sein. Es ist möglich, einen Anteil der Entgelte unter Lärmgesichtspunkten zu staffeln. Die Erhebung der Entgelte muss allerdings aufkommensneutral sein und darf nicht zum Anstieg der Entgelte führen. Die Frage der Einflussnahme der Genehmigungsbehörde auf die Verwendung der Entgelte stellt sich insofern nicht. Der Anteil der lärmabhängigen Entgelte auf den Berliner Flughäfen hat sich von 2005 bis 2016 mehr als verdoppelt. Berlin, den 26.09.2017 In Vertretung Jens-Holger Kirchner ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-12259 S18-12259