Drucksache 18 / 12 271 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten June Tomiak (GRÜNE) vom 12. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. September 2017) zum Thema: Sprengstofffunde in Berlin 2011 - 2016 und Antwort vom 25. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Sep. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete June Tomiak (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12271 vom 12. September 2017 über Sprengstofffunde in Berlin 2011 - 2016 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Laufende Ermittlungsverfahren bleiben von den nachfolgenden Fragen in einem Rahmen unberührt, der die Ermittlungen nicht gefährden oder behindern würde. Falls die gestellten Fragen in der von der Verfassung von Berlin vorgegebenen Frist zur Beantwortung Schriftlicher Anfragen nicht beantwortet werden können, wird im Vorfeld eine Fristverlängerung gewährt. 1. In welchen Fällen wurden im Land Berlin im Rahmen von Exekutivmaßnahmen in den Jahren 2011 - 2016 Sprengmittel gefunden? Bitte aufschlüsseln nach Datum, Bezirk, Art und Quantität der vorgefundenen Sprengmittel, Straftatbestand. a) Wurden bei dabei Sprengmittel jenseits von Wohnungen sichergestellt? Wenn ja, welche Objekte waren betroffen? Welcher Anlass ging den Durchsuchungen voraus? Bitte aufschlüsseln. b) In wie vielen der Fälle sind Sprengmittel als Nebenprodukt der Produktion oder des Produktionsversuches von Rauschmitteln entstanden? c) In wie vielen der oben genannten Fälle war eine Anklageerhebung möglich, wie viele Ermittlungsverfahren wurden aufgenommen/abgeschlossen und wie viele Fälle führten zu einer Verurteilung? 2. In welchen Fällen waren Tatverdächtige den Klassifizierungen PMK-rechts, PMK-links, PMK- Ausländer oder dem Bereich Organisierte Kriminalität zuzuordnen? In wie vielen Fällen wird von keiner ideologischen, politischen, religiösen oder kriminellen Motivation ausgegangen? Bitte die Zuordnung zu den Funden vornehmen. 3. Gab es in den unter 1 erfragten Vorfällen nach Kenntnis des Senats Hinweise auf Anschlagsvorbereitungen? Falls ja, bitte entsprechend zuordnen und erläutern. 4. Gibt es Erkenntnisse über die Herkunft der unter 1 erfragten gefundenen Sprengmittel? Bitte unter spezifischer Zuordnung aufführen. 5. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2011-2016 Exekutivmaßnahmen aufgrund von Sprengstoffexplosionen eingeleitet? Welche Vorfälle gingen den Explosionen voraus? Bitte aufschlüsseln nach Vorfallsbeschreibung, Datum, Bezirk, Art des verwendeten Sprengmittels. Seite 2 von 4 a) In wie vielen der oben genannten Fälle ist von einer politischen oder religiösen Tatmotivation auszugehen? Zu 1 - 5: Statistiken, die eine Beantwortung der Fragen ermöglichen würden, werden nicht geführt. 6. Wie bewertet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) das Gefahrenpotenzial für die körperliche Unversehrtheit von Personen durch den Einsatz von Sprengmitteln, die durch a) Rechtsextremismus b) Linksextremismus c) Islamistischen Terrorismus ausgeht? Zu 6 a) – c): Grundsätzlich sind Sprengmittel ein Mittel des Terrorismus in allen extremistischen Phänomenen. Allerdings wurde es bislang in Berlin nicht prioritär eingesetzt. In den einzelnen Phänomenbereichen stellt es sich wie folgt dar: Rechtsextremismus: Bei der Ausübung rechtsextremistischer Gewalt gegen Personen wurde zwischen 2011 und 2016 kein Sprengstoff eingesetzt. Allerdings wurden vereinzelt mit möglicherweise nicht zugelassenen Sprengmitteln (z.B. so genannten „Polenböllern“) Sachbeschädigungen auf bewohnte Liegenschaften bzw. Briefkästen verübt. Die Auswahl der Ziele (z.B. Adressen von Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren) legte einen rechtsextremistischen Hintergrund nahe. Aufgrund einer bei Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten anhaltenden Affinität zu Waffen und Sprengmitteln kann von einer diffusen, jedoch nicht konkreten Gefährdung im Sinne der Anfrage ausgegangen werden. Linksextremismus: Sprengstoffe werden von der linksextremistischen Szene Berlins in Form von Pyrotechnik eingesetzt. Pyrotechnische Gegenstände finden beispielsweise als Knallkörper bei Demonstrationen oder Kundgebungen Verwendung. Nicht selten werden Böller in Richtung der Polizeikräfte geworfen. Verletzungen – auch die von Unbeteiligten – werden dabei in Kauf genommen. Gezielte Sprengstoffanschläge hat es in der Vergangenheit in Berlin selten gegeben. Obgleich in einschlägigen Publikationen der Bau einfacher Sprengsätze beschrieben ist, greift die linksextremistische Szene kaum auf den Einsatz dieser zurück. Eine Erhöhung des Gefahrenpotenzials durch die Verwendung von Sprengstoffen über die beschriebenen Szenarien hinaus kann derzeit nicht festgestellt werden. Hierfür können zwei Gründe angeführt werden. Linksextremisten bedienen sich für gezielte Sachbeschädigungen anderer Methoden – wie beispielsweise dem Bau einfacher Brandsätze. Zudem sind sie darauf bedacht, lediglich so viel Aufmerksamkeit zu erzeugen, wie für eine mediale Wahrnehmung ihrer Aktion notwendig ist. Sprengstoffexplosionen hingegen könnten für Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung sorgen. Infolge eines höheren polizeilichen Repressionsdruckes würden sie den Erfolg ihrer Ziele konterkarieren. Islamismus: Die Verwendung von Sprengstoff bei einem islamistisch motivierten Anschlag ist nur einer von mehreren denkbaren Modi Operandi. Mittlerweile hat bei militanten Islamisten die Nutzung von einfach zu beschaffenden, zu lagernden und Seite 3 von 4 einzusetzenden Tatmitteln wie etwa Schusswaffen, Hieb- und Stichwaffen oder Fahrzeugen erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies gilt insbesondere für Täter innerhalb der Europäischen Union, die nicht auf die logistischen Ressourcen von etwa in Syrien, Irak oder Afghanistan operierenden terroristischen Gruppierungen zurückgreifen können. Der Einsatz von Sprengstoff – möglicherweise auch durch Selbstmordattentäter – stellt jedoch aufgrund der Wirkung und Symbolkraft nach wie vor ein bedeutendes Mittel für militante Islamisten dar. Vor diesem Hintergrund kann ein solches Anschlagsszenario auch in Berlin nicht ausgeschlossen werden. 7. Hat der Senat Kenntnisse zum Erwerb von Sprengmitteln durch Personen, die in der Vergangenheit nach §§ 86, 86a, 130 StGB und weiteren einschlägigen Straftatbeständen verurteilt wurden? Zu 7.: Siehe Antwort zu den Fragen 1 – 5. 8. Werden durch das Land Berlin bzw. die Senatsverwaltung für Inneres und Sport Prüfungen der Personen, die nach §§ 7, 20 SprengG befähigt sind, nach dem Erwerb der Erlaubnis durchgeführt? Falls ja, in welchem Turnus finden diese Überprüfungen statt? Zu 8.: Das Sprengstoffgesetz (SprengG) schreibt vor, dass der Erlaubnisinhaber nach § 7 SprengG in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, erneut auf seine Zuverlässigkeit und persönliche Eignung zu überprüfen ist. Befähigungsscheine nach § 20 SprengG werden in Berlin in der Regel, so wie im Gesetz festgelegt, für die Dauer von fünf Jahren erteilt. Zuständige Landesbehörde für die Überprüfungen ist das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi). Das LAGetSi führt die Überprüfungen in den vom Gesetzgeber festgelegten Fristen durch. Erhält das LAGetSi innerhalb der Fristen Hinweise über Sachverhalte, die Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit haben können, zieht das eine zeitnahe Überprüfung nach sich. Für den Polizeipräsidenten in Berlin als örtliche Polizeidienststelle im Sinne des § 8a Abs. 5 Nr. 3 SprenG wird die zuständige Stelle im Landeskriminalamt im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung durch die Erlaubnisbehörden tätig. 9. Sind dem Senat Fälle seit 2011 bekannt, in denen eine unter Frage 8 bezeichnete Überprüfung ergab, dass die Erlaubnis einer Person aufgrund der in § 8 ff. SprengG aufgeführten Kriterien wieder entzogen wurde? Zu 9.: In zwei Fällen wurde die Erlaubnis nach § 27 SprengG widerrufen. In zwei weiteren Fällen wurden nach Anhörung durch die Behörde die Erlaubnisscheine nach § 27 SprengG und in einem Fall der Befähigungsschein nach § 20 SprengG freiwillig zurückgegeben. 10. Welche Erkenntnisse hat der Senat zum illegalen Handel mit Sprengmitteln durch Personen, die d) PMK-rechts e) PMK-links f) PMK-Ausländer g) Islamismus zuzuordnen sind? Seite 4 von 4 Zu 10.: Siehe Antwort zu den Fragen 1 – 5. Berlin, den 25. September 2017 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12271 S18-12271