Drucksache 18 / 12 329 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 19. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2017) zum Thema: Stand der Lärmschutz-Maßnahmen am BER und Antwort vom 09. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/5 Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12329 vom 19. September 2017 über Stand der Lärmschutz-Maßnahmen am BER ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ausschließlich aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) um Stellungnahme gebeten. Sie ist in die Antwort einbezogen. 1. Über welche stationären und mobilen Messstellen/Messstationen verfügt die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) derzeit rund um den Flughafen SXF/ BER und welche davon befinden sich in Betrieb bzw. sind außer Betrieb? Zu 1.: In der Umgebung des Flughafens Schönefeld befinden sich 23 Messstellen. Bezogen auf die Nordbahn: Bohnsdorf (Waldstraße), Waßmannsdorf, Selchow, Siedlung Hubertus, Blankenfelde, Mahlow, Bohnsdorf (Fließstraße), Karolinenhof-Nord, Karolinenhof-Süd, Diedersdorf, Müggelheim, Roter Dudel und Birkholz. Bezogen auf die Südbahn: Schulzendorf (Waldstraße), Waltersdorf, Kienitzberg, Dahlewitz, Blankenfelde-Süd, Kiekebusch, Rotberg, Schulzendorf (Ernst-Thälmann- Str.) und Jühnsdorf. Bezogen auf beide Bahnen: Siedlung Waltersdorf. Davon momentan nicht in Betrieb: Roter Dudel und Birkholz (erst bei Nordumfliegung Mahlow). 2. Warum liegen bei den Mobilen Messungen für das Jahr 2016 nur zwei bzw. für 2017 bislang kein Messbericht vor? 2/5 Zu 2.: Im Jahr 2016 und bis Juli 2017 fanden Messungen in Zusammenhang mit der Einführung des kontinuierlichen Sinkflugs im Einflugverfahren (Continuous Descent Operations CDO) am Flughafen Tegel statt. Diese Messungen finden in größeren Entfernungen zum Flughafen statt (Altlandsberg, Etzin und Neuendorf). Die Auswertung erfolgt gesammelt, wenn eine ausreichende Anzahl von Messungen stattgefunden hat. Im Jahr 2016 fanden drei mobile Monatsmessungen statt. Für die Messungen in der Gartenstraße in Schönefeld und Wendenschloss liegen separate Berichte vor, die auf der Homepage der FBB im Bereich Fluglärm veröffentlicht sind. Die Ergebnisse der jährlich stattfindenden stationären Messung in Pankow für den Flughafen Tegel finden sich im Fluglärmbericht Juli (2016 und 2017), der ebenfalls auf den Seiten der FBB online veröffentlicht ist. Im Jahr 2017 wurden stationäre Messungen für den Flughafen Schönefeld während des Südbahnbetriebs in Eichwalde, Ludwigsfelde-Süd, Gosen, Groß Schulzendorf und Grünheide durchgeführt. Die Messergebnisse sind in den Fluglärmberichten Juli und August enthalten und auf der Homepage der FBB verfügbar. 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Land Berlin über Flugbewegungen und Fluglärm-Belastungen auf der Südbahn vor, über die seit dem 16. Juli der Flugbetrieb von SXF ausschließlich abgewickelt wird? Zu 3.: Aktuelle Auswertungen der Messungen zum Südbahnbetrieb 2017 liegen noch nicht vor. Es kann jedoch auf Auswertungen der Messungen und Berechnungen zum Südbahnbetrieb 2015 im Fluglärmbericht 2015 verwiesen werden. Hierzu gibt es auch eine Präsentation auf den Seiten der Fluglärmkommission: http://www.mil.brandenburg.de/media_fast/4055/2015_11_16_Flugl%C3%A4rmbelas tung%20durch%20S%C3%BCdbahnbetrieb%20Messergebnisse%2002.05.%20- %2024-10-2015.pdf 4. Wie viele und welche Beschwerden wurden seit Jahresbeginn 2017 beim Fluglärm-Informationsund Beschwerdesystem durch betroffene Anwohner registriert? A) Welche Vorgaben bestehen, um ein Anliegen effizient und schnell zu beantworten? B) In welchem Zeitraum wurden diese Anliegen effizient beantwortet? Zu 4: Im Jahr 2017 wurden bisher 70 Beschwerden über das Fluglärm-Informationsund Beschwerdesystem (FLIBS) abgegeben. Die Vorgabe ist, die Beschwerden innerhalb von fünf Werktagen (ohne Samstage) zu beantworten. Davon ausgenommen sind Anfragen, bei denen Informationen der Deutschen Flugsicherung hinzugezogen werden müssen. Die durchschnittliche Antwortzeit beträgt 3 Tage. 5. Bei wie vielen der bislang 19144 bearbeiteten Anträge auf Schallschutzmaßnahmen wurden a) Schallschutz bereits komplett umgesetzt, b) Schallschutz bereits teilweise umgesetzt, c) nicht umgesetzt , d) kein Anspruch ermittelt und e) der Antrag zurückgezogen? Zu 5.a): Bei 1.816 Anträgen wurden Schallschutzmaßnahmen baulich komplett umgesetzt . Hinzu kommen 5.600 Anträge, für die nach den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses (PFB) vom 15. Mai 2000 Entschädigungen ausgezahlt wurden und deren Bearbeitung damit abgeschlossen ist. Bei weiteren 84 Anträgen ist die Bearbeitung aufgrund vorgenommener Sonderlösungen komplett abgeschlossen. Die Umsetzung der baulichen Schallschutzmaßnahmen erfolgt jedoch nicht durch die FBB, sondern liegt in der Hand der Eigentümerinnen und Eigentümer. Diese ent- 3/5 scheiden selbst, ob, wann und durch wen sie die Schallschutzmaßnahmen umsetzen lassen. Zu 5.b): Bei 1.126 Anträgen wurden Schallschutzmaßnahmen bereits teilweise umgesetzt . Zu 5.c): Bei 9.232 Anträgen wurden bislang keinerlei bauliche Schallschutzmaßnahmen umgesetzt, obwohl die FBB die dafür erforderliche Anspruchsermittlung Bauliche Umsetzung (ASE-B) an die Anwohnerinnen und Anwohner versendet hat. Für 491 Anträge wurden bislang keine Entschädigungszahlungen in Anspruch genommen , obwohl die FBB die dafür erforderliche Anspruchsermittlung Entschädigung (ASE-E) an die Anwohnerinnen und Anwohner versendet hat. Zu 5.d): Für alle der abgearbeiteten 19.144 Anträge wurden die Ansprüche ermittelt. Zu 5.e): Die Anzahl der zurückgezogenen Anträge liegt im niedrigen zweistelligen Bereich. 6. Nach welchem System (Akten und Digital) erfasst die FBB bzw. die zuständige Aufsichtsbehörde die a) Anträge auf Schallschutzmaßnahmen, b) Anträge auf Schallschutzmaßnahmen in Bearbeitung, c) bewillige Anträge auf Schallschutzmaßnahmen, d) abgelehnte Anträge auf Schallschutzmaßnahmen ? Zu 6.: Die Anträge auf Schallschutzmaßnahmen werden während des gesamten Bearbeitungsprozesses durch die FBB in einer eigens entwickelten Schallschutz- Datenbank erfasst. Die Datenbank wird regelmäßig weiterentwickelt, um den Ansprüchen des sehr komplexen Schallschutzprogramms des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) zu genügen. Parallel dazu liegen die Unterlagen in Papierform vor. 7. Wie erhalten betroffene Anwohner des BER Auskunft über Begründung und Prüfhistorie ihrer bearbeiteten Anträge auf Schallschutzmaßnahmen bzw. abgelehnte Anträge? Zu 7.: Sobald die Ansprüche durch die FBB ermittelt sind, erhalten die Anwohnerinnen und Anwohner die Ergebnisse in Form einer sog. Anspruchsermittlung (ASE) zugesendet. Es gibt dabei aufgrund der Vorgaben des PFB verschiedene Möglichkeiten . So erhalten die Anwohnerinnen und Anwohner eine ASE-B, wenn die Kosten der Schallschutzmaßnahmen 30 Prozent des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäude mit zu schützenden Räumen (schallschutzbezogener Verkehrswert) nicht überschreiten. Inhalte der ASE-B sind u.a. eine schalltechnische Objektbeurteilung (STOB) des Gebäudes sowie ein Leistungsverzeichnis (LV) der erforderlichen baulichen Schallschutzmaßnahmen. Auf dieser Grundlage können die Anwohnerinnen und Anwohner eine Baufirma ihrer Wahl mit der Umsetzung der Schallschutzmaßnahmen beauftragen. Sollten die Kosten der Schallschutzmaßnahmen 30 Prozent des schallschutzbezogenen Verkehrswertes überschreiten, erhalten die Anwohnerinnen und Anwohner gemäß Vorgabe des PFB eine ASE-E. Nach Unterzeichnung der Zweitschrift und Übermittlung der Kontodaten an die FBB wird die Entschädigung durch die FBB ausgezahlt . Eine Zweckbindung der Mittel ist im PFB nicht vorgesehen, die Anwohnerinnen und Anwohner sind frei in der Verwendung der Mittel. Die FBB wirbt jedoch intensiv dafür, die Entschädigungen für die Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen zu verwenden und bietet zu diesem Zwecke allen Anwohnerinnen und Anwohnern eine kostenfreie Beratung durch ein unabhängiges Ingenieurbüro an. Anwohnerinnen und Anwohner können sich dabei über mögliche Schallschutzmaßnahmen an ihren Gebäuden beraten lassen. Bislang wurde dieses Angebot jedoch nur von gut drei Prozent der Anwohnerinnen und Anwohner, die eine ASE-E erhalten haben, genutzt. 4/5 Sollte im Zuge der Bearbeitung festgestellt werden, dass für ein Gebäude kein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen besteht, werden die Anwohnerinnen und Anwohner darüber schriftlich informiert. 8. Aus welchen Gründen können derzeit 1350 Anträge nicht beantwortet werden und wie wird dieser Vorgang systematisch erfasst? A) Wie viele Anwohner haben wann um eine spätere Bearbeitung ihres Antrags gebeten? Zu 8.: Vorliegende Hinderungen werden durch die FBB systematisch erfasst. Die Gründe für vorliegende Hinderungen sind vielschichtig und können im Rahmen der Beantwortung nicht abschließend dargestellt werden. So liegt z.B. bei zahlreichen Anträgen eine fehlende Mitwirkung der Anwohnerinnen und Anwohner vor. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn Anwohnerinnen und Anwohner für die FBB nicht erreichbar sind und weder auf Briefe noch auf Anrufe antworten. In anderen Fällen haben sich Anwohnerinnen und Anwohner entschieden, bei der schallschutzbezogenen Verkehrswertermittlung (SVWE) nicht auf den von der FBB beauftragten Gutachter zurückzugreifen , sondern einen eigenen Gutachter zu beauftragen. Die FBB ist dann aber so lange an der Bearbeitung des Antrags gehindert, bis das Ergebnis der SVWE vorliegt. Ein weiterer Grund für eine vorliegende Hinderung sind Eigentümerwechsel , die während der Antragsbearbeitung stattfinden. Die FBB kann die Bearbeitung in diesen Fällen erst dann wieder aufnehmen, wenn Informationen und Nachweise über den neuen Eigentümerinnen und Eigentümer vorliegen. Die Anzahl der Anträge, für die um eine spätere Bearbeitung gebeten wurde, liegt im mittleren zweistelligen Bereich. 9. Wie viele der 750 Millionen Euro für Lärmschutz bereitgestellten Mittel wurden für die 25.000 betroffenen Haushalte für welche konkreten Maßnahmen (Lärmschutzmaßnahmen, Gutachter etc.) für a) Berliner und b) Brandenburger bereits abgerufen? Zu 9.: Die Gesamtkostenprognose für das Schallschutzprogramm BER liegt bei 730 Millionen Euro. Die FBB geht von 26.000 Haushalten innerhalb der Schutz- und Entschädigungsgebiete des Schallschutzprogramms BER aus, davon liegen etwa 7.500 in Berlin und etwa 18.500 in Brandenburg. Bislang wurden Mittel im mittleren dreistelligen Millionenbereich abgerufen. Da die Verwendung der Mittel in der Verantwortung der Eigentümerinnen und Eigentümer liegt, erfolgt von Seiten der FBB kein Monitoring der konkret vorgenommenen Maßnahmen. 10. Wie bewertet der Senat die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts aus heutiger Sicht und unter besonderer Berücksichtigung des kürzlich vorgestellten Masterplans 2040 und der derzeitigen Entwicklungen des Luftverkehrs am Standort Berlin, dass bei Lärmbetroffenen am BER „das abverlangte Opfer merklich größer ist“, als am Standort Tegel? Zu 10.: Der Senat von Berlin nimmt zu Gerichtsentscheidungen, insbesondere solchen der obersten Bundesgerichte, nur unter Berücksichtigung der vollständigen Entscheidung, d.h. von Tenor, Tatbestand und Begründung Stellung. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) führte in den Urteilen vom 16.03.2006 – 4 A 1001.04, 4 A 1073.04, 4 A 1075.04, 4 A 1078.04 – unter anderem aus, dass es – aus damaliger Sicht – für den künftigen Flughafen BER ergänzender Regelungen zum nächtlichen Flugbetrieb bedurfte. Diese wurden – wie es das BVerwG forderte – im Wege der Planergänzung nachgeholt. Das Lärmschutzniveau des Flughafens BER in Schönefeld übertrifft dadurch die Vorgaben des Fluglärmschutzgesetzes 2007 und ist bundesweit führend. Demgegenüber sind die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens Tegel bis heute auf die rechtlichen Festlegungen aus den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschränkt. 5/5 In einer beachtlichen Zahl von Entscheidungen stellt das BVerwG fest (so in den Urteilen vom 31.10.2011 – 4 A 4000.09, 4 A 4000.10, 4 A 4001.10 –, im Beschluss vom 16.02.2012 – 4 A 4001.12 –, in den Urteilen vom 31.07. 2012 – 4 A 5000.10, 4 A 6001.11, 4 A 7001.11), dass es zu den Planungszielen des Single-Airports BER gehört , die Zahl der schwer Lärmbetroffenen wesentlich zu senken und zwar durch Schließung der bestehenden innerstädtischen Flughäfen bei Ausbau des Flughafens Schönefeld zum einzigen Verkehrsflughafen der Metropolregion Berlin Brandenburg. 11. Wie definiert der Senat „das abverlangte Opfer“ der Anwohner zu einer möglichen Eröffnung des BER 2019/2020? Zu 11.: Siehe Antwort zu Frage 10. Berlin, den 09.10.2017 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen S18-12329 S18-12329