Drucksache 18 / 12 337 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 21. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2017) zum Thema: Prostitution Minderjähriger und Antwort vom 06. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Danny Freymark (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12 337 vom 21. September 2017 über Prostitution Minderjähriger ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass sich im Tiergarten unter anderem auch Minderjährige prostituieren? Wenn ja, um wie viele Minderjährige handelt es sich? 2. Was ist über die Entwicklung von Prostitution Minderjähriger im Tiergarten bekannt? 3. Welche Gründe sind für die Prostitution Minderjähriger bekannt? Zu 1. bis 3.: Durch Dienstkräfte des für diesen Bereich zuständigen Polizeiabschnitts 34 wurde in der letzten Zeit verstärkt festgestellt, dass sich im Großen Tiergarten männliche Minderjährige aufhalten. Sie gehen dort mutmaßlich der Prostitution nach. In den meisten Fällen stritten die Angetroffenen jeglichen Bezug zur Prostitution ab. Eine genaue Bezifferung der dort im Bereich aufhältlichen und mutmaßlich der Prostitution nachgehenden Minderjährigen ist nicht möglich. Es sind derzeit aktuell zwei Fälle wegen Verdachts der Prostitution von Minderjährigen im Fachkommissariat des Landeskriminalamts (LKA 424) in Bearbeitung. Da von der Polizei erst seit kurzer Zeit die Präsenz Minderjähriger im Bereich Tiergarten wahrgenommen wird, kann durch die Polizei keine detaillierte Aussage über die sich dort vollziehende Entwicklung getroffen werden. Das im Rahmen der Jugendhilfe finanzierte Projekt „subway“ vom Träger „HILFE - FÜR - JUNGS e.V.“ wendet sich an Jungen und junge Männer die sich prostituieren. Diese werden im Rahmen von aufsuchender Arbeit angesprochen. Nach Angaben des Trägers wurden von den Streetworkerinnen und Streetworkern des Projektes „subway“ erstmalig im Mai diesen Jahres, acht minderjährige Jungen im Tiergarten angesprochen. Seitdem wurden von den Mitarbeitern von „subway“ insgesamt 51mal Kontakt-, Präventions- und Beratungsgespräche mit Minderjährigen im Tiergarten geführt. Es handelt nach Auskunft von „subway“ um wenige einzelne Jungen, die sich im Tiergarten prostituieren. Sie stammen bisher alle aus rumänischen Familien. Aufgrund der von der Polizei und dem Projekt „subway“ gewonnenen Erkenntnisse sind materielle Gründe für die Prostitution maßgebend. - - 2 4. Was hat der Senat bisher unternommen, um dieser Situation entgegenzuwirken? 5. Welche Maßnahmen sind zukünftig geplant? 6. Welche Unterstützung erhalten minderjährige Prostituierte von behördlicher Seite? Zu 4. bis 6.: Für den Polizeiabschnitt 34 wurde eine Einsatzanordnung zur Intensivierung von Streifentätigkeiten im Bereich Großer Tiergarten erlassen, die im Ergebnis eine höhere polizeiliche Präsenz und damit einhergehend eine erhöhte Kontrolldichte bringt. Dies führte bisher zu einem Erkenntniszugewinn bezüglich dort aufhältlicher Personen, aber auch zur Einleitung von Ermittlungsverfahren und der Fertigung von Tätigkeitsberichten, die in den Zuständigkeitsbereich des Landeskriminalamts (LKA 424 - Menschenhandel zum Nachteil Minderjähriger ) fallen. Die Ergreifung weiterer Maßnahmen steht in Abhängigkeit der Feststellungen der Dienstkräfte des Polizeiabschnitts 34 zur Lage im Großen Tiergarten und der entsprechenden Ermittlungserkenntnisse aus den beim LKA 424 bearbeiteten Verfahren. Unabhängig davon wird seitens des Fachkommissariats mit den mit der Thematik „männliche Prostitution“ befassten Nichtregierungsorganisationen ein Informationsaustausch gepflegt, um auch auf diesem Wege Erkenntnisse zur Szene und deren Entwicklung zu erhalten. Bei minderjährigen Prostituierten wird - wie bei allen sonstigen Minderjährigen - versucht, einen Erziehungsberechtigten zu ermitteln und diesem das Kind oder den Jugendlichen zu übergeben. In Fällen, in denen das nicht möglich ist, wird die Person dem Jugendamt bzw. dem Kinder- oder Jugendnotdienst übergeben. Darüber hinaus wird seitens der Fachdienststelle LKA 424 ermittelt, ob überhaupt eine Prostitution erfolgte und inwieweit möglicherweise eine strafbare Handlung Dritter vorliegt. Den Minderjährigen sowie allen anderen Opfern von sexuellem Missbrauch /Menschenhandel werden Angebote zur psychosozialen Begleitung unterbreitet und Kontakte zu Fachberatungsstellen und/oder Hilfeeinrichtungen vermittelt. Diese sind neben dem genannten Projekt „subway“ weitere spezialisierte Hilfeeinrichtungen wie z.B. das Projekt „Kind im Zentrum“ – Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk gemeinnützige AG (EJF gAG), die mehrsprachige „Hotline-Kinderschutz“, die rund um die Uhr besetzt ist, sowie das Projekt „Kinderschutz online – Jugendnotmail“, ein internetgestütztes Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche, das noch in diesem Jahr startet. Die vom Projekt „subway“ im Tiergarten angesprochenen Personen verfügen kaum über Deutschkenntnisse, so dass Hilfen und Beratungsangebote meist nur von rumänisch sprechenden Sozialarbeitern angenommen werden. Das Projekt berät und klärt über muttersprachliche Sozialarbeiter die betroffene jungen Menschen u.a. zu Schutzmöglichkeiten von sexualisierter Gewalt, HIV (Human Immunodeficiency Virus), sexuell übertragbare Krankheiten (STI) und Hepatiden auf. Die angesprochenen jungen Menschen werden in die Anlaufstelle im Bezirk Schöneberg eingeladen. Dieses Hilfeangebot wird regelmäßig angenommen. - - 3 7. Wie werden Personen, die sich Geschlechtsverkehr mit minderjährigen Prostituierten erkaufen, geahndet? Zu 7.: Bei der Ahndung eines Beischlafs mit minderjährigen Personen gegen Entgelt ohne weitere Zwangshandlungen ist altersmäßig zu differenzieren: Ist die minderjährige Person unter 14 Jahren, handelt es sich um einen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176 a Absatz 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB), der mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren geahndet wird, in minderschweren Fällen mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren (§ 176 Absatz 4 StGB). Ist Opfer der Tat eine minderjährige Person über 14 Jahren, so ist das Verhalten als sexueller Missbrauch von Jugendlichen in § 182 Absatz 2 StGB unter Strafe gestellt und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Das Gericht kann in Ausnahmefällen nach Maßgabe des § 182 Absatz 6 StGB von Strafe absehen, wenn es bei Berücksichtigung des Verhaltens der minderjährigen Person das Unrecht der Tat als gering ansieht. In beiden Fällen setzt die Strafbarkeit vorsätzliches Handeln voraus, das heißt der Täter muss das Alter der minderjährigen Person kennen oder zumindest billigend in Kauf nehmen . 8. Kontrolliert das Gesundheitsamt die Verwendung von Kondomen durch Prostituierte? Wie kontrolliert es das? Zu 8.: Nein. Die Gesundheitsämter arbeiten auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Dem Leitgedanken des § 3 „Prävention durch Aufklärung“ folgend, sehen die Gesundheitsämter ihre Aufgabe in der Information und Beratung zu sexuell übertragbaren Erkrankungen, damit sich möglichst viele Menschen im Rahmen ihres individuellen Handelns schützen. Berlin, den 06. Oktober 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-12337 S18-12337a