Drucksache 18 / 12 377 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) und Stephan Lenz (CDU) vom 28. September 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Oktober 2017) zum Thema: Wahlchaos in Berlin und Antwort vom 12. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) und Herrn Abgeordneten Stephan Lenz (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 377 vom 28. September 2017 über Wahlchaos in Berlin --------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was war der Grund für die Probleme beim Auszählen bei der vergangenen Bundestagswahl und warum hat Berlin als letztes Bundesland seine Ergebnisse veröffentlicht? 2. Waren die Probleme technischer oder organisatorischer Natur (bitte um ausführliche Erläuterung)? Zu 1. und 2.: Die Auszählung der Stimmzettel durch die Wahlvorstände verlief ohne nennenswerte Probleme. Allerdings traten ab 19 Uhr Störungen bei der elektronischen Erfassung der von den Wahlvorstehern gemeldeten Ergebnisse auf. Aufgrund dieser technischen Störungen konnten die Bezirkswahlämter wesentlich weniger Ergebnisse gleichzeitig mit der Wahlsoftware erfassen, als aus den 2.439 Wahlbezirken gemeldet wurden. Zwischen 20.30 Uhr und 21.30 Uhr waren die Performanceprobleme so massiv, dass fast gar keine Ergebnisse mehr erfasst werden konnten. Zu dieser Zeit gehen aber in der Regel etwa 20 Meldungen pro Minute aus den Wahllokalen ein. Die Folge war ein zunehmender Rückstau bei der Entgegennahme der Ergebnisse aus den Wahlbezirken. Als Ursache für die technischen Störungen kommt eine Reihe von Faktoren in Betracht, die derzeit von den Beteiligten untersucht werden (siehe die Antwort zu 7.). Das Berliner Landesergebnis der Bundestagswahl wurde in der Wahlnacht um 3.40 Uhr an den Bundeswahlleiter gemeldet und im Internet veröffentlicht. Die Ergebnisermittlung in Berlin war ohnehin spät erwartet worden, da die Berliner Wahlhelfer durch den zeitgleich stattfindenden Volksentscheid einen weiteren Stimmzettel auszuzählen hatten. Außerdem enthielten die Berliner Stimmzettel bundesweit die meis- Seite 2 von 4 ten Wahlvorschläge. Ursächlich für diesen „letzten Platz“ Berlins im Ländervergleich waren die daraus resultierende zusätzliche Arbeitsbelastung der Wahlvorstände und die erwähnten technischen Probleme. 3. Welche Auswirkungen hatten diese Schwierigkeiten auf die Arbeit und Ergebnisse des Bundeswahlleiters ? Zu 3.: Der Bundeswahlleiter kann mit der Berechnung des Ergebnisses der Bundestagswahl stets erst nach Eingang aller 299 Wahlkreisergebnisse beginnen. Daher musste der Eingang der beiden letzten Ergebnisse aus Berliner Wahlkreisen abgewartet werden. Der Bundeswahlleiter hat mitgeteilt, dass zwischen dem letzten Ergebniseingang aus Berlin und dem vorvorletzten Ergebniseingang aus einem anderen Land 43 Minuten lagen. 4. Ist es zutreffend, dass mehrere Berliner Kandidaten über Stunden als gewählt gemeldet wurden und diese Meldung erst später zurückgezogen wurde und was waren die Gründe dafür? Zu 4.: Nach vollständiger Auszählung der Berliner Wahlkreise 80 (Charlottenburg- Wilmersdorf) und 78 (Spandau-Charlottenburg-Nord) wurden diese Ergebnisse gegen 1.45 Uhr ohne Fehler auf der Internetpräsenz der Landeswahlleiterin veröffentlicht und als Datei an die Medien versandt. Etwa fünf Minuten später erfolgte der Upload der Wahlkreisergebnisse auf den Server des Bundeswahlleiters. Als Folge der in der Antwort zu 1. und 2. dargestellten IT-Probleme enthielten die Upload-Dateien allerdings nur einen Auszählungsstand von knapp 40% der Stimmen. Bei diesem Auszählungstand lag im Wahlkreis 80 der SPD-Bewerber vorn und nicht der CDU- Bewerber, der den Wahlkreis am Ende gewann. Gegen 2.35 Uhr wurden die Fehler korrigiert und berichtigte Wahlkreisergebnisse auf den Server des Bundeswahlleiters hochgeladen. Ein weiterer Fehler trat um kurz nach 4 Uhr dadurch auf, dass auf der Internetpräsenz der Landeswahlleiterin versehentlich eine fehlerhafte Übersicht der über die Berliner Landesliste gewählten Kandidatinnen und Kandidaten veröffentlicht wurde. Dieser Fehler wurde nach einigen Minuten bemerkt und die fehlerhafte Übersicht kurz darauf von der Internetpräsenz entfernt. Die Medien wurden umgehend informiert . Die korrekte Veröffentlichung auf der Internetpräsenz der Landeswahlleiterin erfolgte um kurz nach 6 Uhr, nachdem der Bundeswahlleiter die entsprechenden Daten zur Verfügung gestellt hatte. 5. Wie funktioniert das mathematische Modell, auf dessen Basis die Berechnungen für die Mandatsverteilungen in den betroffenen Bezirken beruht? Wie sind diese Berechnungen an den konkreten Beispielen erfolgt? Zu 5.: In den in der Antwort zu 4. genannten Fällen lag den fehlerhaften Veröffentlichungen keine fehlerhafte Mandatsberechnung zugrunde. Allgemein gilt, dass das Wahlgebiet in insgesamt 299 Wahlkreise eingeteilt ist, in denen jeweils eine Direktkandidatin oder ein Direktkandidat einer Partei oder auch parteiunabhängige Bewerberinnen und Bewerber antreten können. In Berlin können zwölf Direktmandate errungen werden. Gewählt ist, wer die relative Mehrheit der ab- Seite 3 von 4 gegebenen gültigen Erststimmen im jeweiligen Wahlkreis erhält (§ 5 des Bundeswahlgesetzes ). Die Zahl der letztendlich an die Parteien zu verteilenden Sitze wird dagegen in einem mehrstufigen Verfahren bestimmt. Die Feststellungen, wieviel Sitze gemäß § 6 des Bundeswahlgesetzes auf die einzelnen Landeslisten entfallen und welche Kandidatinnen und Kandidaten auf diesem Wege gewählt sind, trifft der Bundeswahlausschuss auf der Grundlage der Ergebniszusammenstellung und Berechnungen des Bundeswahlleiters. Voraussetzung für die Berechnung der Mandatsverteilung ist das Vorliegen der endgültigen Zweitstimmenergebnisse aus allen 299 Wahlkreisen. 6. Ist es zutreffend, dass über 100.000 Stimmzettel für den parallel ausgezählten Volksentscheid nicht ausgezählt wurden und was waren dafür die Gründe? Wie soll in Zukunft verhindert werden, dass eine so große Anzahl von Stimmzetteln bei der Auszählung nicht berücksichtigt werden? Zu 6.: Bei der Briefwahl und Briefabstimmung wurden ungefähr 631.000 Stimmzettel für die Bundestagswahl gezählt, aber nur etwa 515.000 Stimmzettel für den Volksentscheid. Die Differenz kann mehrere Ursachen haben. So sind beim Volksentscheid rund 21.000 Personen weniger stimmberechtigt als bei der Bundestagswahl. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die Stimmberechtigten den Stimmzettel nicht beigelegt haben. Eine wesentlich Ursache für die zahlenmäßige Differenz dürfte allerdings in dem Umstand zu sehen sein, dass Briefabstimmende ihren Stimmzettel für den Volksentscheid nicht zusammen mit dem Stimmzettel für die Bundestagswahl in dem dafür vorgesehenen blauen Stimmzettelumschlag einlegten, sondern offen in den äußeren (roten) Wahlbrief legten. In diesen Fällen war aufgrund des ebenfalls beiliegenden Wahlscheins das Abstimmungsgeheimnis nicht gewahrt. Die Stimmzettel mussten von den Wahlvorständen nach § 35a Absatz 1 Satz 1 des Abstimmungsgesetzes in Verbindung mit § 39 Absatz 4 Satz 1 Nummer 7 und Satz 2 des Bundeswahlgesetzes zurückgewiesen werden und gelten als nicht abgegeben. Die Landesabstimmungsleiterin hat inzwischen entschieden, dass die zurückgewiesenen Stimmzettel für den Volksentscheid zentral gesammelt und statistisch ausgewertet werden sollen. Dies werde nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die Feststellung des Gesamtergebnisses geschehen, also Mitte November 2017. Voraussichtlich im Dezember 2017 werde das Ergebnis dieser Auswertung vorliegen und von der Landesabstimmungsleiterin veröffentlicht. Zudem sollen die Hinweise für die Briefwahl und Briefabstimmung für den Fall der zeitgleichen Durchführung einer Wahl und eines Volksentscheids überarbeitet werden , um künftig deutlicher zu machen, dass auch der Stimmzettel für einen Volksentscheid bei einem verbundenen Volksentscheid stets in den blauen Stimmzettelumschlag eingelegt werden muss. 7. Wie plant der Senat diese Probleme bei (möglicherweise schon bald) kommenden Abstimmungen in den Griff zu bekommen? Hat der Senat dafür Haushaltsvorsorge getroffen? Zu 7.: Der Senat hat umgehend eine umfassende Untersuchung der in der Antwort zu 1. und 2. dargestellten Vorgänge eingeleitet. Diese wird von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport koordiniert und von externem Sachverstand begleitet. Ziel ist es, zeitnah eine Fehleranalyse sowie daraus abgeleitet einen Zeit- und Maßnahmenplan Seite 4 von 4 für die optimierte Durchführung zukünftiger Wahlen zu erarbeiten und über die Umsetzung zu entscheiden. Haushaltsmittel werden erforderlichenfalls zur Verfügung gestellt. Berlin, den 12. Oktober 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12377 S18-12377