Drucksache 18 / 12 407 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 05. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Oktober 2017) zum Thema: Abschiebungen aus der Strafhaft nach § 456 a StPO und Antwort vom 20. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12407 vom 5. Oktober 2017 über Abschiebungen aus der Strafhaft nach § 456 a StPO -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Abschiebung nach § 456 a StPO sind von Strafgefangenen in Berlin in den Jahren 2006 bis 2016 gestellt worden? Wie viele dieser Anträge sind erfolgreich gewesen? Wohin wurden diese Personen abgeschoben bzw. ausgewiesen? (bitte gegliedert nach Jahren und Justizvollzugsanstalten) Zu 1.: Maßnahmen des Absehens von der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 456 a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) werden seitens der Vollstreckungsbehörde unabhängig von einem Antrag der oder des Verurteilten von Amts wegen geprüft. Eine statistische Erfassung von Maßnahmen nach § 456 a Abs. 1 Satz 1 StPO im staatsanwaltschaftlichen System MESTA (Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation) ist erst seit dem 1. März 2016 vorgeschrieben. Die Erfassung erstreckt sich jedoch nur auf die Fälle, in denen ein Absehen von der weiteren Vollstreckung nach § 456 a Abs. 1 Satz 1 StPO erfolgte. Fälle, in denen sich die Staatsanwaltschaft gegen eine derartige Maßnahme entschied, werden ebenso wenig erfasst wie der Umstand, ob die Prüfung von Amts wegen oder auf Antrag erfolgte. Lediglich für das Jahr 2006 ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Berlin in 169 Fällen über das vorläufige Absehen von der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 456 a Abs. 1 StPO zu befinden hatte. Dies geschah in 42 Fällen auf Antrag des Verurteilten. Mitteilungen der Berliner Justizvollzugsanstalten, zu wie vielen Entlassungen aus der Strafhaft es aufgrund vorgesehener Abschiebungen in ihren Häusern jährlich kam, liegen für die Jahre 2007 bis 2016 vor. Dies stellt sich wie folgt dar: 2 Abschiebungen aus der Strafhaft nach § 456 a StPO 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 JVA Düppel 1 3 1 0 - - - - - - - JVA Hakenfelde 2 0 0 - - - - - - - - JVA Heiligensee 3 1 0 0 - - - - - - - JVA Charlottenburg 4 5 8 10 12 11 - - - - - JVA Moabit 20 6 12 17 8 7 7 4 3 0 Jugendstrafanstalt Berlin 13 10 9 7 10 5 6 6 6 11 JVA Tegel 68 51 61 62 66 59 43 15 16 27 JVA Plötzensee 18 11 6 4 2 10 12 9 13 12 JVA für Frauen Berlin 0 0 3 0 0 1 2 0 1 7 JVA OVB - - - 1 2 1 2 0 1 2 JVA Heidering 5 - - - - - - 6 25 6 8 Gesamt 128 87 101 103 99 83 78 59 46 67 1) u. 3) ab 1.7.2010: Justizvollzugsanstalt Offener Vollzug Berlin (JVA OVB) 2) 2008 mit JVA Heiligensee zusammengelegt 4) ab 1.1.2013 in JVA Plötzensee integriert 5) Eröffnung Juni 2013 Eine statistische Erfassung, in welche Länder Gefangene nach vorzeitiger Beendigung ihrer Strafhaft abgeschoben werden, erfolgt weder bei der Strafvollstreckungsbehörde noch bei der Berliner Ausländerbehörde. 2. Welche Kosten sind dem Land Berlin im Jahr 2016 täglich durchschnittlich durch einen Strafgefangenen in Berlin entstanden? (bitte gegliedert nach den Justizvollzugsanstalten oder zumindest nach den Vollzugsarten ) Zu 2.: Seit dem Haushaltsjahr 1994 werden die durchschnittlichen Tageshaftkosten einer /eines Gefangenen bundeseinheitlich berechnet. Ausgewiesen werden seit 2014 die Tageshaftkosten bei Vollbelegung aller Haftplätze entsprechend der Belegungsfähigkeit und die Kosten aufgrund der tatsächlichen Belegung im abgelaufenen Kalenderjahr, wobei eine Differenzierung nach den Justizvollzugsanstalten bzw. Vollzugsarten nicht stattfindet . Danach ergeben sich für das Land Berlin im Haushaltsjahr 2016 folgende Tagessätze : 2016 nach Belegungsfähigkeit nach tatsächliche Belegung Tageshaftkosten 120,44 € 142,13 € Bau-Investitionskostensatz 1,48 € 1,74 € Sach-Investitionskostensatz 1,82 € 2,15 € Gesamt-Tageshaftkosten 123,74 € 146,02 € 3 3. Wirkt der Senat, etwa über die Leitung der Justizvollzugsanstalten darauf hin, diese Antragstellung zu fördern? Falls ja, wie konkret? Falls nein, weshalb nicht? Zu 3.: In geeigneten Einzelfällen empfiehlt der Sozialdienst der Justizvollzugsanstalt Gefangenen , einen entsprechenden Antrag an die Strafvollstreckungsbehörden zu stellen und hilft gelegentlich - falls keine oder wenige Deutschkenntnisse vorhanden sind - bei der Formulierung. Eine Veranlassung, darüber hinausgehende Maßnahmen zur Förderung von Antragstellungen gemäß § 456a Abs. 1 StPO durch Gefangene zu ergreifen, sieht der Senat nicht. Berlin, den 20. Oktober 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-12407 S18-12407