Drucksache 18 / 12 454 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Schillhaneck (GRÜNE) vom 10. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Oktober 2017) zum Thema: Zur nationalsozialistischen Vergangenheit des Zoologischen Gartens und Antwort vom 26. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Anja Schillhaneck (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12454 vom 10. Oktober 2017 über „Zur nationalsozialistischen Vergangenheit des Zoologischen Gartens“ ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Zoologischer Garten Berlin AG (Zoo AG) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Die Stellungnahme wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Der Berliner Zoo kündigte in der Pressemitteilung „Zoo Berlin stellt sich aktiv seiner NS- Vergangenheit“ vom 07. Dezember 2015 an, eine Ausstellung zur Geschichte des Zoos im Antilopenhaus zu konzipieren sowie ein Fellowshipprogramm zur Stärkung des wissenschaftlichen Austausches zwischen Deutschland und Israel zu finanzieren. Der Drucksache 17 / 17 717 ist zu entnehmen, dass der die Zoologischer Garten Berlin AG (Zoo AG) in einer Kostenkalkulation vom Januar 2016 von 200.000 € für das Fellowship Programm und 120.000 € für die Ausstellung angesetzt wurden. Wie viel wurde in den Jahren 2016 und 2017 bislang für die Ausstellung und wie viel für das Fellowshipprogramm abgerufen? 2. Für welche Posten wurde wie viel Geld bei der Ausstellung ausgegeben? Zu 1. und 2.: Die Ausstellung „Berliner ZooGeschichte/n: In Zeiten von Monarchie, Diktatur und Demokratie“ wurde am 1. Dezember 2016 eröffnet (https://www.zooberlin .de/de/aktuelles/news/artikel/blick-in-die-vergangenheit-des-zoo-berlin). Die Zoo AG gibt die Gesamtkosten der Ausstellung nach Abrechnung mit 115.000 € an, davon 28.000 € für Konzeption, Text, Design und Projektleitung sowie 77.000 € für die Umsetzung (ohne Eigenleistungen der Zoo AG). Zur Ausstellung gibt es Ausführungen des Kurators Herrn Dr. Clemens Maier- Wolthausen, die unter https://www.berlin.de/aktuell/ausgaben/2017/juni/berlinerereignisse /berliner-zoo-geschichten-594929.php veröffentlicht sind. Seite 2 von 4 Die Zoo AG unterstützt das von der Freien Universität Berlin und der Hebräischen Universität Jerusalem gegründete „Ludwig Armbruster Fellowship Programm“ mit einem Gesamtbudget in Höhe von 200.000 € für Stipendien und Reisekostenpauschalen . 3. Die Ausstellung soll die gesamte Geschichte des Zoos beleuchten. Wie groß ist der Anteil der spezifisch nationalsozialistischen Geschichte in der Ausstellung? Zu 3.: Die Zoo AG hat mitgeteilt, dass 33 von etwa 100 Objekten zur 173-jährigen Geschichte des Zoologischen Gartens im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Regime und im Mittelpunkt der Ausstellung stünden. 4. Ein Anwalt des Zoos teilte einem Erben eines enteigneten jüdischen Aktionärs im Jahr 2000 mit: „Dem Zoo ist es im Übrigen völlig gleichgültig, welchen Glaubens seine Aktionäre sind, da ihm jeder willkommen ist, der sich für den Berliner Zoo interessiert. Aus diesem Grunde hat irgendeine Sonderbehandlung von jüdischen Aktionären auch in der Nazizeit niemals stattgefunden“. Bis zum Januar 2001 hat der Zoo die Aufarbeitung seiner nationalsozialistischen Vergangenheit nicht bearbeitet, was in dieser Leugnung 2000 gipfelte. Ist der Umgang des Zoos mit seiner nationalsozialistischen Geschichte in seiner post-nationalsozialistischen Geschichte Teil der Ausstellung, wie der Zoo laut Drucksache 17 / 17 717 plante? Zu 4.: Die Zoo AG führt aus, dass in der Ausstellung an mehreren Objekten dokumentiert sei, dass die nationalsozialistische Karriere von Lutz Heck und die Frage des Umgangs mit den jüdischen Aktionären im Zoo erst späte Beachtung fand. 5. Gibt es mittlerweile Überlegungen dazu, den oben erwähnten Brief auszustellen? Zu 5.: Eine Ausstellung sei nach Auskunft der Zoo AG nicht vorgesehen. 6. Für welche Posten wurde wie viel Geld im Rahmen des Fellowshipprogramms ausgegeben? Zu 6.: Die Zoo AG gibt an, dass in 2016/2017 sechs Stipendien und Reisekostenpauschalen in Höhe von insgesamt 46.500 € vergeben worden seien. 7. Das Fellowshipprogramm ist auf 5 Jahre befristet. Plant der Zoo eine Verlängerung des Programms ? Wenn ja, wie sehen die aktuellen Planungen dazu aus? Wer trägt die Kosten hierfür? Zu 7.: Dies sei zu gegebener Zeit einer Entscheidung des Aufsichtsrates der Zoo AG vorbehalten. 8. Wie können sich Zoo-Besucher abseits der Ausstellung im Antilopenhaus über die nationalsozialistische Geschichte des Zoos informieren? Zu 8.: Die Zoo AG informiert über ihre Geschichte auf der Website des Unternehmens (https://www.zoo-berlin.de/de/ueber-uns/geschichte-zoo-berlin). Seite 3 von 4 9. Gibt es im Zoo-Shop Publikationen zur Geschichte des Zoos und wenn ja, sind darunter auch solche , die explizit die nationalsozialistische Geschichte thematisieren? Zu 9.: Die Zoo AG informiert darüber, dass in den beiden Zoo-Shops die durch die Zoo AG mitfinanzierte Publikation von Frau Dr. Monika Schmidt „Die jüdischen Aktionäre des Zoologischen Gartens zu Berlin – ihre Namen und ihr Schicksal, ihr Engagement und ihre Bedeutung für den Zoo der Stadt Berlin“ erhältlich sei. 10. Gibt es Bestrebungen innerhalb des Zoos, Werner Cohn, den Erben eines jüdischen Aktionärs des Zoos, für seinen jahrzehntelangen Kampf um die Anerkennung des nationalsozialistischen Unrechts, welches den jüdischen Aktionären widerfahren ist, im Zoo zu würdigen? Zu 10.: Derartige Bestrebungen habe die Zoo AG derzeit nicht. 11. Welche Forschungsvorhaben zur Aufarbeitung der Geschichte der nationalsozialistischen Vergangenheit hat der Zoo bislang (teil-)finanziert und/oder in Auftrag gegeben? Zu 11.: Die Zoo AG habe die Publikation von Frau Dr. Monika Schmidt „Die jüdischen Aktionäre des Zoologischen Gartens zu Berlin – ihre Namen und ihr Schicksal, ihr Engagement und ihre Bedeutung für den Zoo der Stadt Berlin“ mitfinanziert. Des Weiteren sei im Rahmen der Ausstellung zur Geschichte der Zoo AG eine Forschungsarbeit zum Thema ‚Zwangsarbeiter im Zoo Berlin‘ finanziert worden. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse seien in die Ausstellung eingeflossen. Derzeit sei eine durch die Zoo AG finanzierte Publikation zum 175. Jubiläum der Zoo AG in Vorbereitung , die sich unter anderem auch mit der NS Vergangenheit beschäftigen werde. 12. Ist die in Drucksache 17 / 17 717 angekündigte Forschungsarbeit über Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Zoo Berlin abgeschlossen? Wenn ja, wie lauten die Zentralen Erkenntnisse? In welchem Ausmaß wurden Zwangsarbeiter*innen und Zwangsarbeiter im Zoo eingesetzt? Zu 12.: Die Zoo AG hat dazu mitgeteilt, dass die Arbeiten zu diesem Thema noch nicht abgeschlossen seien. Bisherige Ergebnisse seien jedoch in der Ausstellung veröffentlicht. Sollten weitere Erkenntnisse hinzukommen, würden diese sowohl in der Ausstellung ergänzt als auch in der geplanten Publikation zum Jubiläum der Zoo AG in 2019 ausführlich dokumentiert. 13. Gibt es Zahlen dazu, wie viele jüdische Aktionäre der Zoo 1933 hatte und eine Aufschlüsselung darüber, wie sie ihre Aktien jeweils verloren haben? Zu 13.: Die Zoo AG gibt an, dass eine Zählung aufgrund der lückenhaften Quellenlage nicht möglich und zudem die Religionszugehörigkeit nirgends vermerkt sei. Die Schätzungen in der Literatur und der Presse lägen zwischen einem Viertel und einem Drittel der 4.000 Aktionäre der Zoo AG und würden plausibel erscheinen. Seite 4 von 4 14. Wurden gegenüber dem Zoo mittlerweile konkrete materielle Entschädigungsansprüche von Erben von jüdischen Zooaktionären gemäß Vermögensgesetz oder anderer Gesetze vorgebracht? Zu 14.: Entschädigungsansprüche seien bisher nicht geltend gemacht worden. Berlin, den 26. Oktober 2017 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen S18-12454 S18-12454a