Drucksache 18 / 12 459 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg (LINKE) vom 11. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Oktober 2017) zum Thema: Vorkaufsrechtsgebiete für BIMA-Grundstücke erlassen und Antwort vom 26. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 12 459 vom 11.10.2017 über Vorkaufrechtsgebiete für BIMA-Grundstücke erlassen Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Entspricht es den Tatsachen, dass die Bundeseigene Anstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) auf der Expo Real, der Immobilienmesse in München, mehrere große Grundstücke in Berlin zum Kauf angeboten hat? Wenn ja, welche sind das (bitte einzeln und nach Bezirken aufschlüsseln)? Antwort zu 1: Die Frage betrifft die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Frage 2: Konnte eine Übereinkunft mit der BIMA erwirkt werden, wonach Verkaufsabsichten des Bundes in Einklang mit der von der Berliner Regierungskoalition aus SPD, Linken und Bündnis 90/Die Grünen verabredeten sozialen Stadtentwicklungs- und Wohnraumversorgungspolitik gebracht werden? Wenn ja, welche? Antwort zu 2: Das Land Berlin steht hinsichtlich gegenseitiger Grundstücksbedarfe in engem Kontakt mit den Vertretern der Bundesseite. Unter anderem wird in regelmäßig stattfindenden Abstimmungsterminen zwischen der BImA, der Senatsverwaltung für Finanzen und der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) über die Möglichkeiten eines Erwerbs von Bundesflächen gesprochen, die für das Land Berlin von Interesse sind. Frage 3: Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, alle von der BIMA zum Verkauf vorgelegten Berliner Grundstücke als Vorkaufsrechtsgebiete auszuweisen und damit sowohl die Preise entsprechend dem Verkehrswert zu regulieren als auch diese wichtigen Grundstücke für die strategische Stadtentwicklungspolitik zu sichern? 2 Antwort zu 3: Diese Möglichkeit besteht praktisch nicht. Der Erlass einer Vorkaufsrechtsverordnung benötigt einen zeitlichen Vorlauf nicht allein wegen der zumeist notwendigen Voruntersuchungen. Während dieses Zeitraums kann es bereits zu Verkäufen kommen, die keinen Prüfvorbehalten des BauGB unterliegen. Die Ausweisung von Vorkaufsrechtsgebieten richtet sich nach § 25 BauGB, der zwei Tatbestände enthält. Mit der ersten Alternative gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ein Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken durch Satzung (in Berlin durch Rechtsverordnung) begründet werden. Die zweite Alternative in § 25 Abs. Satz 1 Nr. 2 lässt eine Vorkaufsrechtsverordnung für solche Flächen zu, in denen städtebauliche Maßnahmen zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in Betracht gezogen werden. Voraussetzungen für die Festsetzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB: Vor Inkrafttreten einer Vorkaufsrechtsverordnung des Senats muss ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan vorliegen, wobei das Verfahren zum Erlass der Rechtsverordnung mit dem des Bebauungsplans verbunden werden kann. Ein Bebauungsplan kann in aller Regel nicht nur für ein einzelnes Grundstück oder vereinzelt gelegene Grundstücke aufgestellt werden und wird nur aufgestellt, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Sowohl der Erlass der Verordnung, als auch die Ausübung des Vorkaufs im Einzelfall müssen durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Eine allgemeine Grundstücksbevorratung der Gemeinde oder fiskalische Gründe für die Vorkaufsrechtsverordnung sind nicht zulässig. Zu beachten ist, dass die erfolgreiche Durchsetzung des Vorkaufsrechts u.a. vor folgenden Hürden steht: Der Käufer kann das Vorkaufsrecht durch Abgabe einer Verpflichtungserklärung gem. § 27 BauGB abwenden. Die Rechtsverordnung kann durch eine Normenkontrollklage angegriffen werden. Sowohl Käufer, als auch Verkäufer können sich gegen die konkrete Ausübung des Vorkaufsrechts durch Widerspruch und Klage bzw. durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung wehren. Letztere Möglichkeit ist für den Verkäufer dann gegeben, wenn das Vorkaufsrecht preislimitiert, also zum im Verhältnis zum Kaufpreis deutlich niedrigeren Verkehrswert ausgeübt wird. In diesem Fall steht dem Verkäufer zudem ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag zu (§ 28 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Zu der Frage der Ermittlung des Verkehrswerts ist darauf zu verweisen, dass dieser maßgeblich durch das allgemeine Marktgeschehen mitbestimmt wird. Daher liegt er in Phasen stark steigender Kaufpreise zumeist nicht deutlich unter dem jeweils vereinbarten Kaufpreis. Dies ist aber gemäß § 28 Abs. 3 BauGB Voraussetzung für die Herabsetzung des Kaufpreises. Das Vorkaufsrecht unter Anwendung der Preislimitierung scheidet somit in solchen Phasen häufig aus. Voraussetzungen für die Festsetzung einer Rechtsverordnung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB: Für diese Variante der Vorkaufsrechtsverordnung gilt, dass die Durchsetzung konkreter und nachweisbarer städtebaulich begründeter Absichten der Gemeinde für ein bestimmtes Gebiet erleichtert werden soll. Die Gebietsgrenzen werden in der Regel im Rahmen einer Voruntersuchung oder aufgrund bereits vorliegender städtebaulicher Untersuchungen festgelegt. Voraussetzung ist somit die städtebaulich begründete Identifizierung eines 3 abgegrenzten Gebiets, wobei nur solche Flächen einbezogen werden dürfen, deren Erwerb der Verwirklichung der beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen dienlich ist. Es kann sich um bebaute und/oder unbebaute Flächen handeln. Einzelne Grundstücke fallen in der Regel ebenso wenig darunter, wie etwa die Ausdehnung auf das gesamte Gemeindegebiet. Bereits an dem Gebietsmerkmal dürfte daher die Idee scheitern, vereinzelte Grundstücke aufgrund der derzeitigen Eigentumsverhältnisse mit einer Vorkaufsrechtsverordnung zu überziehen. Frage 4: Teilt der Senat die Auffassung, dass die BIMA mit ihrer renditeorientierten Verkaufspolitik zum Höchstpreis die Bodenpreisentwicklung massiv anheizt und auch deshalb nach allen Regeln des Planungsrechts (z.B. durch Ausweisung von Sanierungs- und Vorkaufsrechtsgebieten) in ordnungsrechtliche Schranken gewiesen werden muss? Antwort zu 4: Um eine gesetzliche Regelung zu schaffen, durch die eine dauerhafte und rechtssichere Abkehr vom Höchstpreisverfahren erfolgt, hat das Land Berlin eine Bundesratsinitiative initiiert, welche die bundesrechtlichen Vorschriften in diesem Sinne ändern soll. Öffentlicher Grund- und Immobilienbesitz sollte grundsätzlich nicht unter fiskalischen Zielsetzungen veräußert werden, sondern ist zu halten und gemeinwohlorientiert, das heißt nach sozialen und strukturpolitischen Kriterien zu verwenden. Die Ausweisung von Vorkaufsrechtsgebieten unterliegt den Restriktionen, die in der Antwort auf Frage Nr. 3 genannt sind. Auch die Ausweisung von Sanierungsgebieten unterliegt städtebaulich begründeten Vorschriften. Es muss im Rahmen von Voruntersuchungen geklärt werden, ob in einem bestimmten Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen, die durch die Sanierungsmaßnahmen wesentlich verbessert werden sollen. Es wird auch hier auf den zeitlichen Aspekt (vgl. Antwort zu Frage Nr. 3) verwiesen. Zudem müssten die Grundstücke, die die BIMA zum Verkauf anbietet, Teil eines solchen Gebietes sein, das erhebliche Missstände aufweist. Die Instrumente des Städtebaus orientieren sich nicht vorrangig an den Eigentumsverhältnissen und den Absichten, die der jeweilige Eigentümer mit dem Grundstück verfolgt. Vielmehr sind jeweils spezifische städtebauliche Begründungen für den Einsatz der Instrumente notwendig. Berlin, den 26.10.17 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12459 S18-12459