Drucksache 18 / 12 465 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 11. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Oktober 2017) zum Thema: Zukunft des "Parlaments der Bäume gegen Krieg und Gewalt" und Antwort vom 26. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Okt. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Oberste Denkmalschutzbehörde Frau Abgeordnete Sabine Bangert (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12465 vom 11.10.2017 über Zukunft des "Parlaments der Bäume gegen Krieg und Gewalt" Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Teilt der Senat die Auffassung von Expert*innen, dass es sich bei der „Parlament der Bäume gegen Krieg und Gewalt“ genannten Installation um das bedeutendste öffentlich zugängliche Kunstwerk im Stadtraum des Regierungsviertels handelt, das den Opfern der Berliner Mauer gewidmet ist? 2. Teilt der Senat die Auffassung, dass das „Parlament der Bäume“ von höchster symbolischer Bedeutung ist für das Ost und West über die Spree hinweg verbindende städtebauliche Konzept eines „Band des Bundes“? Zu 1. und 2.: Im Regierungsviertel ist die Kunstinstallation „Parlament der Bäume gegen Gewalt und Krieg“ der einzige materiell verbliebene Rest der einstigen Berliner Grenzanlagen . Für die Installation wurden insgesamt 58 authentische Mauerteile verwendet und künstlerisch bearbeitet. Auf Granitplatten stehen Namen von Maueropfern, die an der innerdeutschen Grenze starben. Den Jahreszahlen zwischen Mauerbau und Mauerfall wird jeweils die Anzahl der Maueropfer zugeschrieben. Herzstück des Gedenkortes ist ein Karree aus 16 Bäumen, die 1990 die 16 gesamtdeutschen Ministerpräsidenten pflanzten, das eigentliche Parlament der Bäume. Gedenksteine, Zeugnisse der Berliner Grenzanlagen, Blumenbeete, Bilder und Texte ergänzen die Installation , die nicht nur an die Mauertoten erinnert. Auch das Verhältnis zwischen Mensch und Natur soll thematisiert werden. Davon zeugen zum Beispiel gemalte Aussagen wie „Das Fundament eines gemeinsamen europäischen Hauses muss eine intakte Umwelt sein“. Der städtebauliche Entwurf des „Band des Bundes“ verfolgt ein eigenes symbolisches Konzept. Seite 2 von 5 3. Welche Rolle spielt das Oeuvre des Berliner Aktionskünstlers Ben Wagin (Bernhard Wargin) für die Zeitgeschichte der Berliner Kunst im Stadtraum? Welche Bedeutung kommt dem „Parlament der Bäume“ im Werk dieses zeitgenössischen Berliner Künstlers zu? Zu 3.: Ben Wagin ist seit den 1960er Jahren in Berlin als Aktionskünstler aktiv. Er ist Mitglied des Deutschen Künstlerbunds und Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Berliner Verdienstordens. 1975 initiierte er eines der ersten großen Wandbilder Berlins, der "Weltbaum I", am Siegmunds Hof. Im Oktober 1976 gründete Wagin in Berlin den Baumpatenverein e. V., um auf die Ökologie in der Stadt aufmerksam zu machen. 1985 gestaltete er mit zahlreichen Künstlern den „Weltbaum II“ an der Brandmauer am Berliner S- Bahnhof Savignyplatz. Wagin hat seit den 1960er Jahren im gesamten Stadtraum Berlins zahlreiche Bäume gepflanzt, oft gemeinsam mit Politikerinnen und Politikern und Kulturschaffenden. Seine Aktivitäten sind in Berlin teilweise noch bekannt und sichtbar, die Mauergestaltung am S-Bahnhof Savignyplatz ist nach wie vor vorhanden . Das Wandbild „Weltbaum I“ ist im Lauf der Zeit durch die Umwelteinflüsse beschädigt und stark verblasst. Die Bedeutung Ben Wagins für die Berliner Kunst im Stadtraum bezieht sich somit vorwiegend auf die 1970er und 1980er Jahre. Das „Parlament der Bäume“ ist auf http://www.berlin.de/mauer/orte/gedenkorte/ beschrieben und abgebildet. Auch finden sich in Reiseführern und auf entsprechenden Internetseiten Hinweise auf die Installation. Das Werk ist typisch für die Aktivitäten Ben Wagins, dem es immer wieder gelungen ist, mithilfe von befreundeten Künstlerinnen und Künstler, Bürgerinnen und Bürgern Gemeinschaftswerke zu initiieren und zu realisieren. 4. Welchen Stellenwert räumt der Senat dem Parlament der Bäume im Gedenkkonzept Berliner Mauer bzw. für eine Fortschreibung des Mauer-Konzepts ein? Zu 4.: Das „Parlament der Bäume“ ist integrativer Bestandteil des dezentralen Gedenkstättenkonzeptes des Senates aus dem Jahre 2006 (siehe Seiten 44-45). Im am 20. Juni 2006 beschlossenen Gesamtkonzept Berliner Mauer stehen das „Parlament der Bäume“ und die „East-Side-Gallery“ gleichberechtigt für die künstlerische Auseinandersetzung mit der Berliner Mauer nach deren Fall. Die Stiftung Berliner Mauer hat einen Denkmalpflegeplan für das Parlament der Bäume erarbeiten lassen. Darin werden neben der dokumentarischen Erfassung des Bestandes auch Strategien zur zukünftigen Vermittlung des geschichtsträchtigen Ortes vorgeschlagen. Ein heute in der Bibliothek des Deutschen Bundestages im Marie-Elisabeth-Lüders Haus befindlicher Teil der Installation des Parlaments der Bäume ist beschränkt öffentlich zugänglich. Sie wurde inzwischen mit einem an die Toten der Berliner Mauer erinnernden Gedenkbuch bereichert. 5. Welchen Denkmalwert misst der Senat den im „Parlament der Bäume“ erhaltenen Mauerrelikten als Teil des bezirksübergreifenden Denkmalbereichs Berliner Mauer bzw. für eine Aktualisierung der Berliner Denkmalliste bei? Seite 3 von 5 Zu 5.: Der Senat hat das Landesdenkmalamt gebeten, den Denkmalwert der Mauerrelikte kurzfristig zu prüfen. Das Landesdenkmalamt geht davon aus, dass die Mauerrelikte Denkmalwert besitzen und bereitet eine Eintragung als Teil des Denkmalbereichs Berliner Mauer in die Denkmalliste Berlin vor. 6. Liegen dem Senat Informationen vor, wonach die Bundestagsverwaltung beabsichtigt, das Geländes des Parlaments der Bäume in der neuen Legislaturperiode zu überplanen und zu überbauen? Wie ist die planungsrechtliche Situation des Areals, in dem das „Parlament der Bäume“ liegt? Zu 6.: Dem Senat liegen keine Informationen vor, dass die Bundestagsverwaltung eine aktuelle Planung für das infrage stehende Gelände hat. Der Bebauungsplan I-210 setzt ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Bundestag “ und einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 4,0 sowie einer Grundflächenzahl (GRZ) von 1,0 in geschlossener Bauweise bei einer Traufhöhe von 22,0 m über Gehweg fest. 7. Ist eine Erhaltung des „Parlaments der Bäume“ unter dem derzeit geltenden Planungsrecht des Areals möglich? Falls nicht, welche planungsrechtlichen Voraussetzungen müssen geschaffen werden , um die dauerhafte Erhaltung zu gewährleisten? Zu 7.: Die Ziele der Entwicklungsmaßnahme „Hauptstadt Berlin – Parlaments- und Regierungsviertel “ und der Bebauungsplan müssten einvernehmlich mit dem deutschen Bundestag geändert werden. Für die denkmalrechtliche Unterschutzstellung eines Objekts sind keine planungsrechtlichen Voraussetzungen notwendig. Ungeachtet des derzeitigen Planungsrechts ist eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung grundsätzlich geeignet, um eine dauerhafte Erhaltung zu gewähren. 8. Welche Instrumente stehen a) dem Land Berlin, b) dem Bund c) dem Bezirk Berlin-Mitte zur Verfügung, um die dauerhafte Erhaltung der Kunstinstallation „Parlament der Bäume“ sicherzustellen ? Zu 8.: Um die dauerhafte Erhaltung der Kunstinstallation „Parlament der Bäume“ sicherzustellen , stehen dem Land folgende Instrumente zur Verfügung: Seite 4 von 5 a) Dem Land Berlin stehen eine Abstimmung mit dem Deutschen Bundestag über geänderte Ziele der Entwicklungsmaßnahme des Bebauungsplans und die Instrumente des Denkmalschutzes zur Verfügung, um die Erhaltung sicherzustellen . Eine Berücksichtigung der im Rahmen des Hauptstadtvertrages mit dem Bund geschlossenen Vereinbarungen zu den Liegenschaften im Bezirk Mitte ist unerlässlich. Um die dauerhafte Erhaltung der Kunstinstallation „Parlament der Bäume“ sicherzustellen , stehen dem Bund folgende Instrumente zur Verfügung: b) Der Bund kann auf eine planungsrechtlich aktuell zulässige Bebauung verzichten und einer Änderung der bestehenden Bauleitplanung zustimmen. Der Bund kann sich verpflichten, die Mauerrelikte auf den bundeseigenen Grundstücken zu erhalten. Eine mögliche finanzielle Unterstützung seitens der Bundesregierung zur Erhaltung der Kunstinstallation wäre anhand der Voraussetzungen der §§ 23, 44 Bundeshaushaltsordnung zu prüfen, sofern die Planungen des Deutschen Bundestages (siehe Antwort zu Frage 6) dahin gehen, den Bestandsschutz für das „Parlament der Bäume“ auf seiner Vorhaltefläche über das Jahresende 2018 hinaus zu verlängern. c) Der Bezirk könnte durch Festsetzung einer Erhaltungssatzung aus städtebaulichen Gründen die Anlage bewahren. 9. Wer ist Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigter des „Parlaments der Bäume“ und für die Erhaltung der Anlage verantwortlich? Zu 9.: Eigentümer des Grundstücks ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Verfügungsberechtigter ist der Deutsche Bundestag, da das „Parlament der Bäume“ als Reservefläche / Vorhaltefläche für Erweiterungsbauten für diesen vorgesehen ist. Der Bundestag garantiert eine gärtnerische Mindestpflege des Areals, die allerdings an ein Memorandum des damaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert gebunden ist. 10. Setzt eine Eintragung des „Parlaments der Bäume“ in die Denkmalliste a) das Einverständnis des Eigentümers bzw. Verfügungsberechtigten voraus? b) einen Schadenersatzanspruch des Eigentümers bzw. Verfügungsberechtigten aus? Zu 10.: Die Eintragung eines Denkmals beziehungsweise dessen Unterschutzstellung erfolgt aus fachlichen Erwägungen. Bei Vorliegen der Denkmaleigenschaft gemäß Denkmalschutzgesetz Berlin hat eine Eintragung in die Denkmalliste ermessensfrei zu erfolgen. Das Einverständnis von Eigentümern beziehungsweise Verfügungsberechtigten ist zur Eintragung nicht erforderlich. Ein Schadensersatzanspruch entsteht bei einer Unterschutzstellung grundsätzlich nicht. Seite 5 von 5 11. Wäre das Land Berlin bereit, das „Parlament der Bäume“ unter Denkmalschutz zu stellen? Falls nicht, mit welcher Begründung? Zu 11.: Das Parlament der Bäume ist ein Gedenkort, der in enger Verbindung mit den Mauerrelikten steht und deshalb als Teil des Denkmalbereichs Berliner Mauer zu betrachten ist. Berlin, den 26.10.2017 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa S18-12465 S18-12465a