Drucksache 18 / 12 476 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 12. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Oktober 2017) zum Thema: Sicherheitslage in den Berliner Sommerbädern und Antwort vom 26. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 7 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12476 vom 12. Oktober 2017 über Sicherheitslage in den Berliner Sommerbädern ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Hausverbote 1. Wie viele Hausverbote wurden in den Berliner Bädern seit 2010 ausgesprochen? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln) Zu 1.: Die Anzahl der erteilten Hausverbote seit dem Jahr 2010 kann der folgenden Übersicht entnommen werden: Jahr Anzahl 2010 158 2011 128 2012 116 2013 101 2014 76 2015 129 2016 128 2017 (Stand 23.10.2017) 96 2. Gelten die Hausverbote für einzelne oder für alle Bäder? 4. Für wie lange werden Hausverbote ausgesprochen und wird hinsichtlich der Dauer zwischen den einzelnen Adressaten differenziert? Falls ja, welchen Zeitraum umfasst die minimale bzw. maximale Dauer eines Hausverbotes? Zu 2. und 4.: Ob ein Hausverbot für einzelne oder für alle Bäder ausgesprochen wird, hängt – laut Aussage der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) – vom jeweiligen Delikt ab. Hausverbote werden in Abhängigkeit von der Art und der Schwere des Deliktes und der Kooperationsbereitschaft bzw. Einsicht der oder des Betroffenen von einem Tag bis zu 24 Monaten ausgesprochen. Bei nachgewiesenen wiederholten oder schwerwiegenden Seite 2 von 7 Straftaten (z. B. Gewalttätigkeiten, Sexualdelikte, andere schwere Straftaten) können auch längere oder unbefristete Hausverbote ausgesprochen werden. 3. Wie viele Personen haben derzeit Hausverbot? Zu 3.: Derzeit haben 75 Personen (Stand 23.10.2017) Hausverbot. 5. Wie werden diese Hausverbote durchgesetzt? Zu 5.: Bei Identifizierung einer Person, gegen die ein Hausverbot ausgesprochen wurde, wird ihr der Zutritt zum Bad verwehrt bzw. wird sie des Bades verwiesen. Registrierte Straftaten 6. Wie viele Straftaten durch Badegäste wurden in den Berliner Sommerbädern seit 2010 registriert ? (Bitte nach Jahr und Bad aufschlüsseln) Zu 6.: Seitens der BBB werden keine Straftaten registriert, da dies Aufgabe der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft ist. Daher können die BBB diesbezüglich keine umfassende Auskunft geben. Die BBB registrieren lediglich ihre eigenen Strafanträge und Strafanzeigen , in denen sie selbst Geschädigte waren. Die Summe dieser Strafanträge stellt sich wie folgt dar (bezogen auf Hallen- und Sommerbäder): Jahr Strafanträge der BBB 2010 144 2011 Es liegen keine Angaben vor. 2012 98 2013 122 2014 85 2015 112 2016 150 2017 120 7. Um welche Art von Straftaten handelt es sich? Welchen Anteil haben Körperverletzung, Sachbeschädigung , Hausfriedensbruch, Sexualdelikte und andere Straftaten? (Bitte prozentual aufschlüsseln ). Zu 7.: Die Strafanträge der BBB erfolgten aus folgenden Gründen: (Anmerkung: Die Auswertung bezieht auf das Jahr 2017. Es sind auch Mehrfachnennungen enthalten.) Delikt Anteil in % Graffiti 33,62 Hausfriedensbruch ohne Erschleichen von Leistungen 20,86 Erschleichen von Leistungen 13,62 Sachbeschädigung 11,06 Schrankaufbruch (Umkleide) 9,36 Seite 3 von 7 Einbruch (inklusive Versuch) 3,83 Graffiti mit politischem Hintergrund 2,98 sonstige Diebstähle ohne Einbruch oder Schrankaufbruch 1,28 Missbrauch von Notfallreinrichtungen 1,28 Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 0,85 Brandstiftung 0,42 illegale Abfallentsorgung 0,42 Gemeinschädliche Sachbeschädigung 0,42 Personen, die von Körperverletzung, sexueller Belästigung oder anderen Delikten persönlich betroffen sind, müssen selbst Strafanzeige oder Strafantrag stellen. Deshalb können die BBB hierüber keine qualifizierte Auskunft erteilen. Sicherheitspersonal 8. Wieviel Sicherheitspersonal wird in den Berliner Bädern eingesetzt? 9. Wie verteilt sich das Sicherheitspersonal auf die einzelnen Bäder? Zu 8. und 9.: Die Fragen berühren das Sicherheitskonzept der BBB. Daher können im Rahmen der Schriftlichen Anfrage hierzu keine Auskünfte erteilt werden. 10. Gibt es Bäder ohne Sicherheitspersonal? Zu 10.: In den Hallenbädern wird gegenwärtig kein Sicherheitspersonal eingesetzt. Ausnahmen bilden dabei die drei freizeitorientierten Bäder (Stadtbad Schöneberg „Hans Rosenthal “, Stadtbad Lankwitz, Wellenbad am Spreewaldplatz), in denen auf Grund des besonders hohen Besucheraufkommens an Wochenenden und in den Ferien jeweils Sicherheitspersonal an Wochenenden und in den Ferien eingesetzt wird. Im Bereich der Sommerbäder konnten bislang das Kinderbad Monbijou, das Kinderbad Marzahn (Platsch) sowie das Sommerbad Staaken-West ohne Sicherheitspersonal auskommen. 11. Woran bemisst sich der Bedarf an Sicherheitskräften? Zu 11.: Der Bedarf wird jeweils aus einer Lageeinschätzung abgeleitet, die u.a. zurückliegende Delikte, Anzahl von Straftaten und Hausverboten, Einschätzungen der zuständigen Polizeiabschnitte, Wetterlagen und schulfreien Tagen einschließlich Ferienzeiten berücksichtigt. 12. Wie hoch sind die Kosten für das Sicherheitspersonal pro Jahr? Zu 12.: 2016 und 2017 haben die die BBB rund 564.000 € bzw. 555.000 € für Sicherleistungen aufgewendet. Die Kosten werden deutlich vom Wetter und somit vom Besucheraufkommen in den Sommerbädern beeinflusst. Darüber hinaus spiegeln sich die Einführung des Mindestlohnes sowie die Erhöhung von Stundensätzen in steigenden Kosten wider. Seite 4 von 7 13. Wie hat sich die Zahl des Sicherheitspersonals in Berliner seit 2010 entwickelt? (Bitte nach Bädern aufschlüsseln) Zu 13.: Laut Aussage der BBB können im Rahmen der Schriftlichen Anfrage keine detaillierten Auskünfte erteilt werden, da diese das Sicherheitskonzept der BBB berühren. Tendenziell hat sich die Anzahl des Sicherheitspersonals innerhalb der letzten Jahre leicht nach oben entwickelt. 14. Welche Ausbildung müssen Sicherheitskräfte der Berliner Bäder absolviert haben? Zu 14.: Die von den BBB eingesetzten Sicherheitskräfte müssen im Besitz einer Sachkundeprüfung nach § 34a Gewerbeordnung und eines Erste-Hilfe-Nachweises sein sowie eine Bäderschulung nach einem mit den BBB abgestimmten Schulungskonzept absolviert haben. 15. In welchen Bädern wurden in der Saison 2017 Taschenkontrollen durchgeführt? Zu 15.: Taschenkontrollen wurden stichprobenartig in allen von den BBB betriebenen Sommerbädern mit Ausnahme der Kinderbades Marzahn (Platsch), des Kinderbades Monbijou und des Sommerbades Staaken-West – durchgeführt. Gewaltprävention 16. Wann und wo kam es seit 2010 wegen Gewalt zu Polizeieinsätzen in Berliner Bädern? (Bitte um chronologische Aufstellung mit Erläuterung) Zu 16.: Laut BBB können Aussage hierzu erst ab dem Jahr 2013 getroffen werden. 2013 gab es einen Einsatz im Sommerbad Pankow infolge der Erstürmung des Sprungturms und der daraus resultierenden gefährlichen Situation für alle Badegäste . Verletzt wurde niemand. 2014 gab es drei Einsätze an aufeinanderfolgenden Tagen im Sommerbad Neukölln. Vorwiegend Jugendliche waren wiederholt aneinandergeraten. Verletzt wurde niemand . An allen drei Tagen wurde der Badebetrieb durch die Polizei vorzeitig beendet. 2015 gab es wiederum zwei Einsätze im Sommerbad Neukölln, weil Jugendliche aneinandergeraten waren. Verletzt wurde niemand. Einen weiteren Einsatz gab es im Sommerbad Wilmersdorf, weil Jugendliche kurz vor Feierabend versuchten, den Sprungturm zu erstürmen. Einen Einsatz gab es im Sommerbad des Kombibades Mariendorf, weil ca. 20 streitende Jugendliche aneinandergeraten waren. 2016 gab es keine Einsätze. 2017 gab es einen Einsatz im Sommerbad Neukölln, bei dem Jugendliche versuchten den Sprungturm zu erstürmen. Verletzt wurde niemand. Die Polizei beendete den Badebetrieb vorzeitig. Einen weiteren Einsatz gab es im Sommerbad des Kombibads Gropiusstadt, weil Jugendliche wiederholt versuchten, gegen die Haus- und Bade- Seite 5 von 7 ordnung zu verstoßen und das Aufsichtspersonal zu provozieren. Verletzt wurde niemand. Auch hier beendete die Polizei den Badebetrieb vorzeitig. 17. Welches sind die Hauptursachen für Gewaltvorfälle in den Berliner Bädern? Welche Rolle spielen dabei insbesondere Alkoholkonsum sowie soziokulturelle Ursachen? Sind Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund bei den Vorfällen überproportional vertreten? Zu 17.: Die BBB erfassen weder die Personalien noch die Herkunft der Störerinnen bzw. Störer, da dies Sache der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft ist. Daher können die BBB diesbezüglich keine qualifizierte Aussage treffen. Die BBB registrieren jedoch, dass bei den nächtlichen Sachbeschädigungen durch Graffiti häufig Alkohol im Spiel ist. 18. Welche Konzepte haben der Senat und die BBB seit 2010 entwickelt, um den Problem der Gewalt , des Marodierens und der Belästigung anderer Badegäste in den Berliner Sommerbäder Herr zu werden? Wie ist der Stand der Umsetzung und wie beurteilt der Senat den (Miss-)Erfolg dieser Konzepte? Zu 18.: In den Berliner Bädern gibt es kein flächendeckendes Phänomen des Marodierens. Auch eine Belästigung anderer Badegäste ist extrem selten. In allen Verdachtsfällen greifen jedoch die Schwimmmeisterinnen und Schwimmmeister der BBB sofort ein und zögern nicht, die Polizei zu rufen. Ergänzend dazu engagieren sich die BBB gewaltpräventiv , indem sie das gemeinsame Projekt „Bleib cool am Pool“ unterstützen. Dieses Projekt ist eine Gemeinschaftsaktion der Gesellschaft für Sport- und Jugendsozialarbeit (GSJ), der Polizei Berlin und den BBB. In diesem Jahr kam es erstmals auch im Sommerbad des Kombibades Spandau Süd zum Einsatz. Die Bilanz ist hier – wie auch in den anderen Bädern – durchweg positiv. 19. Welche Kooperation zwecks Gewaltprävention gab und gibt es mit der Şehitlik-Moschee? Zu 19.: Laut BBB gab es keine Kooperation, sondern lediglich eine Kontaktaufnahme zur Şehitlik-Moschee. Diese liegt ca. zwei Jahre zurück und bezog sich auf das Sommerbad Neukölln. 20. Warum hat am 1. August 2017 im Columbiabad das Konfliktlosen-Konzept „Bleib cool am Pool“ nicht gegriffen? Zu 20.: Das Projekt „Bleib cool am Pool“ wirkt präventiv. Ist eine Situation jedoch eskaliert, ziehen sich die Konfliktlotsen des Projektes zurück und lassen den Sicherheitskräften den Vortritt. 21. In welchen Bädern gibt es Familientage und warum wurden diese eingeführt? Zu 21.: In der Folge der Ereignisse im Jahr 2013 im Sommerbad Pankow gab es auf Anregung der Polizei am Folgetag des Einsatzes einen sogenannten Familientag. An diesem Tag wurden ausnahmsweise Jugendgruppen, insbesondere wenn sie nur aus Jungen bzw. jungen Männern bestanden, nicht ins Sommerbad Pankow hinein gelassen . Sie wurden auf andere Bäder verwiesen. Seither gab es keinen weiteren „Familientag“. Seite 6 von 7 Sprungtürme 22. Welche Sommerbäder verfügen über Sprungtürme? Zu 22.: Die folgenden Sommerbäder verfügen über einen Sprungturm: Sommerbad Humboldthain, Sommerbad Olympiastadion, Sommerbad Wilmersdorf, Sommerbad Pankow, Sommerbad Neukölln, Sommerbad am Insulaner, Sommerbad Mariendorf, Kombibad Mariendorf – Sommerbad, Kombibad Gropiusstadt – Sommerbad. 23. Welche Rolle spielt die Nutzung der Sprungtürme bei den Eskalationen? Zu 23.: Laut BBB wird den Sprungtürmen grundsätzlich kein außergewöhnlich großes Eskalationspotenzial beigemessen. Sprungtürme oder auch Rutschen sind sehr beliebt bei vielen Badegästen. Wenn es beispielsweise bei hohen Temperaturen mitunter zu langen Wartezeiten an den Sprunganlagen oder Rutschen kommt, steigt das Eskalationspotenzial . Ein ordnungsgemäßer Ablauf ist dann von vielen Faktoren abhängig wie beispielsweise von routiniertem Badpersonal, aktiver Unterstützung durch das Sicherheitspersonal (Kontrolle an der Warteschlage, Vordrängler etc.) und von wenigstens einem Sanitäter vor Ort. Eine positive Erfahrung aus dem Sommerbad Neukölln verdeutlicht beispielsweise, dass eine gleichzeitige Öffnung des Sprungturms und der großen Rutsche auch deeskalierend wirken kann. In den letzten drei Jahren wurde die Sprunganlage meistens täglich ab Mittag geöffnet, seitdem kann man einen Rückgang von Raufereien und Übergriffen von Badegästen untereinander verzeichnen. 24. In welchen Sommerbädern wurden die Sprungtürme abgebaut oder dauerhaft unzugänglich gemacht ? Zu 24.: Im Kombibad Seestraße – Sommerbad wurde im Zuge der Außenbeckensanierung im Jahr 2012 der 3-Meter-Sprungturm demontiert. Der Sprungturm im Sommerbad Pankow wurde aus baulichen Gründen von 10 Meter auf 7,5 Meter rückgebaut. Im Sommerbad Kreuzberg ist die Sprunganlage bereits in den 1990er Jahren abgebaut worden. 25. Welcher Effekt hatte die Beseitigung der Sprungtürme für die Sicherheit? Zu 25.: Im Sommerbad Pankow wurde durch den teilweisen Rückbau der Sprunganlage die Situation am Sprungbecken entschärft, so dass das Badpersonal die Sprunganlage mehrmals am Tag öffnen kann. Dies war vereinzelt durch die hohe Aggressivität von Gästen zuvor nicht möglich. Seite 7 von 7 Im Sommerbad des Kombibades Seestraße konnte die Demontage der Sprunganlage zur Beruhigung des Badbetriebes beitragen, so dass sich das Sommerbad immer mehr zu einem Familienbad entwickelt. Berlin, den 26. Oktober 2017 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12476 S18-12476