Drucksache 18 / 12 479 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (LINKE) vom 16. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Oktober 2017) zum Thema: Mit der Drehleiter gegen indymedia? und Antwort vom 26. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12479 vom 16. Oktober 2017 über Mit der Drehleiter gegen indymedia ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wer hat auf welcher Rechtsgrundlage aus welchem Grund den Polizei- und Feuerwehreinsatz in den Morgenstunden des 5. Oktober 2017 an der Rigaer Straße 94 zur Entfernung eines Transparents angeordnet (dokumentiert hier: https://rigaer94.squat.net/2017/10/05/soli-bannerfuer -linksunten-geklaut/; abgerufen am 13.10.2017, 9:10 Uhr), über den am 13.10.2017 in der tageszeitung berichtet wurde? Zu 1.: Die Polizei wurde auf der Grundlage des § 94 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 20 Abs. 1 Nr. 5 des Vereinsgesetzes (VereinsG) tätig. § 94 Abs. 1 StPO erlaubt die Sicherstellung von Gegenständen, die als Beweismittel für eine Straftat oder die Umstände ihrer Begehung von Bedeutung sein können. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG wird bestraft, wer Kennzeichen eines in § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG genannten Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots verbreitet oder öffentlich verwendet, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches (StGB) mit Strafe bedroht ist. Eine Strafbarkeit nach § 86a StGB kommt vorliegend nicht in Betracht, da das Vereinsverbot des Bundesministeriums des Innern gegen „linksunten.indymedia“ vom 14. August 2017 noch nicht unanfechtbar geworden ist. 2. Welche Abbildung und Aussagen befanden sich auf dem in Rede stehenden Transparent? Zu 2.: Das Transparent von 1,20m x 1,60m Größe wies einen weißen Aufdruck auf schwarzem Hintergrund auf. Der weiße Aufdruck bestand aus dem sog. „indymedia“ Zeichen „i“ in mehreren Klammern gesetzt. Unten rechts neben dem Symbol befand sich der rote Schriftzug „linksunten“. 3. War das in Rede stehende Transparent in einer Art und Weise angebracht, dass es zu einer Substanzverletzung des Gebäudes, des Mauerwerks oder der Fassade gekommen ist oder eine solche zu befürchten war? Seite 2 von 3 Zu 3.: Nein. 4. Zu welchem Zeitpunkt wurde die Polizei durch den Eigentümer oder eine vertretungsberechtigte Person darum gebeten, das in Rede stehende Transparent zu entfernen und wurde der Polizei gegenüber belegt, dass ein ggf. existierender Mietvertrag eine Klausel enthält, die das Anbringen von Schildern, Transparenten, Aufschriften o.ä. betrifft und möglicherweise einen Beseitigungsanspruch begründen könnte? Zu 4.: Es bestand kein Kontakt zwischen der Polizei und dem Eigentümer oder einer vertretungsberechtigten Person. 5. Zu welchem Zeitpunkt wurde bei welchem Gericht ein Beseitigungsanspruch des Eigentümers der in Rede stehenden Liegenschaft geltend gemacht und wie wurde ggf. im einstweiligen Rechtsschutz- bzw. im Hauptsacheverfahren darüber mit welchem Ergebnis entschieden? Zu 5.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zu einem zivilrechtlichen Verfahren in der Sache vor. 6. Hat zum Zeitpunkt der o.g. polizeilichen Maßnahme ein wirksamer und vollstreckbarer Beseitigungsanspruch bestanden? War bei der Maßnahme ein Gerichtsvollzieher mit diesem Titel anwesend und hat die Polizei um Amtshilfe gebeten? Zu 6.: Nein. 7. Sollte zum Zeitpunkt der o.g. Maßnahme kein durchsetzungsfähiger zivilrechtlicher Beseitigungsanspruch bestanden haben: Wie bewertet der Senat die Rechtmäßigkeit der Maßnahme insbesondere vor dem Hintergrund der sachlichen Zuständigkeit der Amtsgerichtsbarkeit für miet- und eigentumsrechtliche Beseitigungsansprüche? Zu 7.: Die Polizei ist im Bereich der Strafverfolgung tätig geworden, für den eine unbedingte Verfolgungspflicht gilt (Legalitätsprinzip). 8. Sollte die in Rede stehende Maßnahme auf Grundlage des ASOG (z.B. § 17 Abs. 1 ASOG) ergangen sein: Worin genau bestand im vorliegenden Fall welche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und zwar insbesondere vor dem Hintergrund und in Abwägung der von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungsfreiheit? Zu 8.: Die Maßnahme ist nicht auf der Grundlage des ASOG, sondern auf der Grundlage des § 94 Abs. 1 StPO erfolgt, siehe Antwort zu 1. 9. Sollte ein Erwägungsgrund seitens der Polizei darin bestanden haben, das Logo von „indymedia linksunten“ als ein verbotenes Kennzeichen gemäß § 86a StPO einzustufen: Handelt es sich bei dem in Rede stehenden Logo um ein zum Zeitpunkt der Maßnahme gem. § 86a StPO verbotenes Kennzeichen? Zu 9.: Der Senat geht davon aus, dass sich diese Frage auf § 86a des Strafgesetzbuches bezieht. Diese Strafvorschrift ist hier nicht einschlägig, da das Vereinsverbot des Bundesministeriums des Innern gegen „linksunten.indymedia“ vom 14. August 2017 noch nicht unanfechtbar geworden ist. Seite 3 von 3 10. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben die von der polizeilichen Maßnahmen Betroffenen grundsätzlich und welche Rechtsmittel wurden ggf. seit wann bei welcher Stelle eingelegt? Zu 10.: Nach Kenntnis der Polizei sind bisher gegen die Entfernung des Transparents keine Rechtsmittel eingelegt worden. Im Übrigen gehört eine individuelle Rechtsberatung nicht zu den Aufgaben des Senats. 11. Inwieweit ist der Senat der Auffassung, dass ein im Kern zivilrechtlicher Sachverhalt über Maßnahmen des Polizei- und Ordnungsrechts gelöst werden soll und inwieweit hält er dies im Hinblick auf die Gewaltenteilung für zielführend? Zu 11.: Siehe Antwort zu 8. 12. Wie viele Polizist*innen, Feuerwehrleute und ggf. weitere Angestellte und Beamte des Landes Berlin oder des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg mit jeweils welcher Gehalts- bzw. Besoldungsstufe waren an dem Einsatz jeweils wie lange beteiligt? Zu 12.: Bei der Berliner Feuerwehr waren zwei Dienstkräfte der Besoldungsgruppe A 8 für jeweils 36 Minuten eingesetzt. Bei der Polizei Berlin waren vier Dienstkräfte für jeweils 90 Minuten eingesetzt, davon zwei Dienstkräfte der Besoldungsgruppe A 7, eine Dienstkraft mit der Besoldungsgruppe A 9 und eine Dienstkraft mit der Besoldungsgruppe A 10. 13. Welche Einsatzmittel (z.B. Fahrzeuge, Waffen, Werkzeuge, Eigensicherungsmittel etc.) der Berliner Polizei und Feuerwehr kamen jeweils wie lange zum Einsatz? Zu 13.: Bei der Berliner Feuerwehr war eine Drehleiter für 36 Minuten eingesetzt. Die Dienstkräfte der Polizei waren mit der bei der Polizei Berlin verwendeten Faustfeuerwaffe und dem Reizstoffsprühgerät ausgestattet. Beschulte Dienstkräfte waren zusätzlich mit dem Mehrzweckstock ausgestattet. Diese Ausrüstungsgegenstände wurden im gesamten Einsatzzeitraum mitgeführt. 14. Welche Gesamtkosten sind bisher durch den Einsatz entstanden? Zu 14.: Ausgaben für Polizei- und Feuerwehreinsätze sind durch die im Haushaltsplan von Berlin für die Polizei bzw. Feuerwehr eingestellten Haushaltsmittel gedeckt und werden deshalb nicht gesondert erhoben. Berlin, den 26. Oktober 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12479 S18-12479