Drucksache 18 / 12 522 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jeannette Auricht (AfD) vom 16. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Oktober 2017) zum Thema: Gender Mainstreaming - Nutzen und Kosten und Antwort vom 02. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Jeannette Auricht (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. S18/ 12522 vom 16. Oktober 2017 über Gender Mainstreaming – Nutzen und Kosten ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorab sei unter Bezugnahme auf die Überschrift der Schriftlichen Anfrage und die in den Fragen verwendeten Begriffe zur Abgrenzung die Definition des Europäischen Parlaments zum Gender Budgeting zitiert: „Gender Budgeting ist die Anwendung von Gender Mainstreaming auf den Haushaltsprozess .“ Es geht also um die Nutzung der Haushaltspolitik für die Ziele Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung. 1. Unter Bezugnahme auf den GPR II: Welche signifikanten Ergebnisse hat das seit 2003 – also bereits 14 Jahre betriebene „Gender-Budgeting“ in Bezug auf seine Ziele gebracht? Zu Frage 1: Die Anwendung des Gender Budgeting in Berlin seit der Einführung 2003 hat vor allem einen Bewusstwerdungsprozess ausgelöst. Von Anfang an war es ein selbstlernender Prozess, der insbesondere durch die Bildung der Arbeitsgruppe Gender Budgeting, verwaltungsübergreifend und unter Beteiligung von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, mit ihren regelmäßigen Treffen modelliert und multipliziert wurde . Der Haupteffekt ist die Transparenz des Haushaltsplans von Berlin insbesondere durch Nutzungsanalysen, wie die Ressourcen des Landes den Geschlechtern zu Gute kommen, und die Abbildung dieser Ergebnisse auf der passenden Haushaltsebene (Kapitel/Titel/Produkte). Dabei hat sich jede Senatsverwaltung und jedes Bezirksamt in ihren jeweiligen Fachgebieten in einem mehrstufigen Prozess über die Jahre immer tiefer in das Thema eingearbeitet: Anfangs durch punktuelle, später flächendeckende Nutzungsanalyse , dann Bewertung, Zielbildung, bis hin zu ggf. Umsteuerungsmaßnahmen. Erst durch die in den letzten Jahren forcierte Bewertung der Analyseergebnisse und Ableitung von Zielen wird eine qualitativ höhere Stufe des Gender Budgetings erreicht , die nun in konkrete Umsteuerungsmaßnahmen von Ressourcen münden kann, soweit das im Einzelfall als erforderlich angesehen wird, um darüber eine höhere Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Jeder Bereich ist dezentral für die Analysen, die Formulierung von Zielen und Steuerungsmaßnahmen und die Darstellung im Haushaltsplan verantwortlich. Einheitliche formale Vorgaben werden mit dem Aufstellungsrundschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen geregelt. 2. Wie hoch sind die Kosten, die der Stadt Berlin durch die Maßnahmen des „Gender-Budgeting“ in den letzten zwei Legislaturperioden entstanden sind? Bitte jede Legislaturperiode einzeln aufführen . Zu Frage 2: Es war von Anfang an erklärter Wille des Senats, den Prozess des Gender Budgetings in Berlin nicht mit zusätzlichen Stellen oder Mitteln zu begleiten, sondern innerhalb der bestehenden Strukturen. Eine kostenrechnerische Erfassung für diese Aufgabe ist wie für viele andere originäre Leistungen der Verwaltung wie die Begleitung parlamentarischer Prozesse, die Beantwortung Schriftlicher Anfragen, die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die Durchführung einzelner Personalgespräche et al. nicht vorgesehen. Ausgabeseitig können dem Gender Budgeting-Prozess erstmals seit 2013 die für die Durchführung eines Wettbewerbs veranschlagten Mittel zugeschrieben werden. Damit sollten geeignete Verfahren gefördert und bekannt gemacht werden, „um das haushaltspolitische Instrument des Gender Mainstreaming, das Gender Budgeting, in Richtung einer Steuerung von Ressourcen weiter zu entwickeln“. Um die Multiplikationswirkung berlinweit zu forcieren, wurden 240.000 Euro auch in den Folgejahren durch den Haushaltsgesetzgeber im Haushaltsplan berücksichtigt. 3. Wie konnte durch „Gender-Budgeting“ mehr soziale und geschlechterspezifische Gerechtigkeit geschaffen werden? Hier bitten wir um konkrete Ergebnisse. Zu Frage 3: Ein wichtiger Faktor ist die gendersensible Schulung des Verwaltungspersonals, was sich auch in einigen Beiträgen des Gender-Wettbewerbs gezeigt hat. In immer mehr Bereichen kann das Personal mit der geschlechtsspezifischen Ansprache Besonderheiten bei der Wahrnehmung (oder Nichtwahrnehmung) von Angeboten begegnen, beispielsweise bei der Suchtberatung oder Gesundheitsvorsorge. Auch bei der Schaffung und Bereitstellung von Angeboten rückt die geschlechterspezifische Perspektive immer mehr in den Fokus. Gerade die Wettbewerbsbeiträge haben eine Palette von Maßnahmen präsentiert, mit denen z. B. Kurse von Musikschulen , Volkshochschulen, Jugendfreizeitstätten, Gesundheitswochen, eine Auseinandersetzung mit den geschlechtsspezifischen Besonderheiten, Rollenbildern und Vorurteilen bewirkt haben. Ein weiterer Schritt ist die Analyse des Verwaltungspersonals hinsichtlich Fortbildungsverhalten , Führungskräfteförderung, eine Angleichung der Durchschnittsgehälter von weiblichen und männlichen Beschäftigten. Im Bereich der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen sowie für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gibt es umfangreiche Untersuchungen zu Themen wie Wohnraumgestaltung/ Quartiersmanagement oder Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die mittel- oder langfristig in die weitere Gestaltung der Angebote einfließen. Die zuwendungsgebenden Stellen des Landes Berlin verpflichten mittlerweile die Empfänger von Leistungen, insbesondere freie Träger, auf Geschlechtergerechtigkeit zu achten, und verpflichten diese auch zur Datenanalyse, die dann Eingang in die Erläuterungen des Haushaltsplans findet. 4. Wie beabsichtigt der Senat im Rahmen der Geschlechtergerechtigkeit eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich der unterschiedlichen Lebenserwartung und Lebensarbeitszeit herzustellen? Zu Frage 4: Das Ziel des Senats ist es, gesundheitsfördernde Lebensverhältnisse zu schaffen, die Gesundheitsversorgung gerechter zu gestalten, die Ursachen gesundheitlicher Ungleichheit zu bekämpfen und den solidarischen Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Soziokulturelle, geschlechtsspezifische und weltanschauliche Unterschiede beim Zugang zur gesundheitlichen Versorgung sowie zu gesundheitsfördernden , präventiven, rehabilitativen, pflegerischen und palliativen Angeboten sind zu berücksichtigen. 5. Welche konkreten Funktionen haben die Gleichstellungsbeauftragten im Gegensatz zu den Diversity -Koordinatoren? Zu Frage 5: Die Aufgaben der Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten sind in § 21 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) – Verwirklichung des Gleichstellungsgebots in den Bezirken – geregelt. Sie sind ausschließlich dazu bestellt, den Verfassungsauftrag der Gleichstellung und der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern bei der Wahrnehmung von Aufgaben und der Planung von Vorhaben in der Verwaltung zu beachten. Dazu gehören die Anregung von Vorhaben und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen im Bezirk, die Abfassung von Empfehlungen zur Verwirklichung des Gebots zur Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die Information der Öffentlichkeit über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs . Berlin, den 02. November 2017 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen S18-12522 S18-12522