Drucksache 18 / 12 545 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Tom Schreiber und Robert Schaddach (SPD) vom 23. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2017) zum Thema: Theorie und Praxis: Befristung von Steganlagen in Berliner Bezirken und Antwort vom 02. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tom Schreiber und Herrn Abgeordneten Robert Schaddach (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12545 vom 23.10.2017 über Theorie und Praxis: Befristung von Steganlagen in Berliner Bezirken Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2010 bis heute nach §62 des Berliner Wassergesetzes Kündigungen von Steganlagen seitens der zuständigen Verwaltung ausgesprochen? (Aufstellung nach Bezirken, Art der Steganlage und Jahren erbeten.) Antwort zu 1: Die Zuständigkeit für Genehmigungen von Steganlagen nach § 62 ff BWG ist gemäß § 85 BWG wie folgt geregelt: Die Genehmigung und Überwachung von Sportbootstegen obliegt den jeweiligen Bezirksämtern, die übrigen Steganlagen liegen in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Referat II D, Wasserbehörde. Daraus ergibt sich für die Beantwortung folgende Aufstellung: SenUVK: In keinem Fall Bezugnehmend auf die Fragestellung liegen zum Zeitpunkt der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage folgende Informationen zu Steganlagen in bezirklicher Zuständigkeit vor: Steglitz- Zehlendorf: In keinem Fall Charlottenburg- Wilmersdorf: In keinem Fall 2 Treptow- Köpenick: In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war keine Beantwortung möglich. Spandau: In keinem Fall Reinickendorf: In keinem Fall Frage 2: Warum wird eine befristete Genehmigung von Steganlagen durch die zuständigen Verwaltungen als erforderlich angesehen, bzw. welche Erfordernisse sprechen gegen eine Entfristung der Nutzung? Antwort zu 2: Gemäß § 62 Abs. 5 BWG kann die Genehmigung für Steganlagen befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, zur Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die der Errichtung und dem Betrieb einer Steganlage entgegen stehen könnten, erforderlich ist. Insbesondere ist auch dann eine Befristung möglich, wenn diese zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele (normiert in § 27 WHG und § 2f BWG) erforderlich ist. Der Regelungsgehalt der §§ 62 und 62 a BWG stellt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Die Erteilung einer Genehmigung sowie die Befristung derselben liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, die für Ihre Entscheidung sämtliche bestehende Belange und Interessen unter Berücksichtigung der für sie geltenden Bewirtschaftungsgrundsätze für Oberflächengewässer gegeneinander abwägt. Aufgrund der vielfältigen Einflüsse, denen ein Gewässer ausgesetzt ist, ist die zukünftige qualitative Entwicklung des betroffenen Wasserkörpers zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht für unbestimmte Zeit vorhersehbar. Ebenso sind Änderungen der bestehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften bzw. neue Gesetzesvorschriften jederzeit möglich. Damit die zuständige Behörde den ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben des Gewässerschutzes gerecht werden kann und gleichzeitig aber auch das private Interesse Einzelner an der Nutzung des Gewässers zu Sport- und Freizeitvergnügungen in angemessener Weise ermöglicht wird, ist vom Gesetzgeber u. a. das Instrument der Befristung von Genehmigungen für wasserrechtliche Anlagen geschaffen worden. Die Behörde kann nach Ablauf einer angemessenen Zeit prüfen, ob für die Betrachtung der Genehmigungsfähigkeit einer Steganlage Entwicklungen zu berücksichtigen sind, die dem Regelungsgehalt des § 62 BWG entgegenstehen könnten (z.B. Änderungen der Gewässerqualität; Zustand, Nutzung oder Auswirkungen der Anlage auf das Gewässer oder andere Rechtsgüter; geänderte Rechtsvorschriften). Sind nach Betrachtung der aktuellen Sach- und Rechtslage keine negativen Auswirkungen der betreffenden Steganlage zu befürchten oder können diese durch Anpassung der Genehmigungsinhalte (Auflagen) ausgeglichen werden, wird die Genehmigung entsprechend verlängert. Die Erteilung unbefristeter Anlagengenehmigungen würde dem Gesetzeszweck des § 62 BWG entgegenstehen. Dieser soll unter Abwägung aller Interessen der Einhaltung der Bewirtschaftungsziele dienen und sowohl den Schutz der Oberflächengewässer gewährleisten, als auch dem berechtigten Interesse Einzelner an der Nutzung des Gewässer entsprechen. 3 Frage 3: Worin begründet sich die Vergabe befristeter Genehmigungen für Steganlagen, wenn es doch ebenfalls eine Klausel zur grundsätzlichen Kündigung gibt? Antwort zu 3: Siehe dazu die Ausführungen zu Frage 2. Der Widerruf einer unbefristeten Anlagengenehmigung nach § 62 BWG ist verwaltungsrechtlich aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für den Genehmigungsinhaber mit hohen Eingriffskriterien versehen und soll einen Ausnahmefall darstellen. Die Befristung liegt auch im Rechtssicherheitsinteresse des Genehmigungsinhabers, da er ab dem Zeitpunkt der Genehmigungserteilung über deren möglichen Ablauf informiert ist. Frage 4: Gibt es Fälle, in denen eine Kündigung nach dem Berliner Wasserrecht innerhalb der Befristung erfolgt ist? Wie oft und warum war dies der Fall? (Aufstellung für den Zeitraum 2010 bis 2017 erbeten.) Antwort zu 4: SenUVK: nein Steglitz- Zehlendorf: nein Charlottenburg- Wilmersdorf: nein Treptow- Köpenick: siehe oben Spandau: nein Reinickendorf nein Frage 5: Wie viele Sportstege und Sammelanlagen gibt es in den Bezirken Treptow-Köpenick, Spandau, Steglitz- Zehlendorf und Reinickendorf, welche befristet auf ein Jahr, befristet auf zehn Jahre sowie unbefristet genehmigt sind. (Aufstellung nach Bezirken und Befristung erbeten.) Antwort zu 5: SenUVK: Die SenUVK führt darüber keine Statistik. Nach der aktuellen Genehmigungspraxis werden Genehmigungen für Steganlagen auf eine Dauer von 10 Jahren befristet. Steglitz- Zehlendorf: befristet auf ein Jahr: keine; Sammelanlagen 10 Jahre: 66; Sammelanlagen unbefristet: 1; Einzelstege 10 Jahre: 136; Einzelstege unbefristet: 13 Charlottenburg- Wilmersdorf: Die genaue Anzahl kann nicht ermittelt werden. Es wird von ungefähr 300 Anlagen ausgegangen. Die Genehmigung wird in der Regel für 10 Jahre erteilt. Treptow- Köpenick: siehe oben 4 Spandau: Steganlagen werden prinzipiell auf 10 Jahre befristet genehmigt. Es gibt keine Anlagen, die unbefristet oder nur auf ein Jahr befristet sind. Reinickendorf Im Bezirk Reinickendorf gibt es 578 aktenkundige Sportbootsstege. Davon sind 11 unbefristet genehmigt. Befristungen auf ein Jahr gibt es im Bezirk Reinickendorf nicht, so dass für 567 Anlagen auf 10 Jahre befristet Genehmigungen erteilt wurden. Frage 6: Aus welchen Gründen muss nach Ablauf einer wasserrechtlichen Befristung eines Steges, ein vollumfänglicher Neuantrag mit dem Risiko einer Nichtgenehmigung für den Antragsteller gestellt werden und was spricht dagegen, die Genehmigung nach Wasserrecht formlos zu verlängern oder eine regelhafte Verlängerung um jeweils ein Jahr bei Nichtkündigung zu vereinbaren? Antwort zu 6: Eine Verlängerung der bestehenden Genehmigung ist vor Ablauf der Gültigkeitsdauer zu beantragen. Der Antrag muss schriftlich, zunächst ohne weitere Formvorschriften eingereicht werden. Die eventuell für die Prüfung der Verlängerung darüber hinaus einzureichenden Unterlagen sind abhängig von dem jeweiligen Einzelfall. Genehmigungen nach § 62 BWG unterliegen den verfahrensrechtlichen (und den Form-) Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Frage 7: Welche Möglichkeiten sehen Senat und Bezirke dabei es zukünftig zu vermeiden, dass beispielsweise ein gemeinnütziger Sportverein nach zehn Jahren befristeter Genehmigung seine funktionstüchtige Steganlage auf eigene Kosten abreißen lassen muss, weil die Frist ausgelaufen ist? Antwort zu 7: Dies ist keine Genehmigungspraxis. Wird einem Antrag auf Verlängerung nicht stattgegeben, erfolgt diese Entscheidung unter Anwendung des pflichtgemäßen Ermessens und unter Anwendung der geltenden verfahrensrechtlichen Grundsätze. Die Ablehnung ist gerichtlich vollumfänglich überprüfbar. Frage 8: Wie beurteilt der Senat die Diskrepanz hinsichtlich der Chancen einer Genehmigungsverlängerung zwischen Vereinen oder Personen, die sich um eine Verlängerung bemühen (und damit scheitern) zu jenen, welche ihre Steganlage auch nach Ablauf der Genehmigung weiter betreiben, jedoch durch die zuständigen Behörden nicht kontrolliert werden? Antwort zu 8: Anders als von den Fragestellern dargestellt, existiert keine Diskrepanz. Eine Chance auf Verlängerung einer Genehmigung hat nur der- oder diejenige, der oder die einen Antrag stellt. 5 Frage 9: Wie schätzt der Senat das Risiko für Investitionsvorhaben bei Stegsanierungen oder Neubau hinsichtlich der Abschreibung sowie der zu leistenden langfristigen Bankkreditsicherheit im Kontext zu Genehmigungen ein, welche auf ein Jahr oder zehn Jahre befristet werden? Antwort zu 9: Aufgrund der breiten Vielzahl an unterschiedlichen Randbedingungen für die jeweiligen Steganlagenstandorte in Berlin kann eine solche Risikoeinschätzung vom Senat nicht abgegeben werden. Insbesondere kann eine Einschätzung zu zukünftigen Änderungen standortbedingter oder rechtlicher Rahmenbedingungen oder auch zum Alterungsverhalten der Steganlagen nicht abgegeben werden. Frage 10: Wie beurteilt der Senat die Unterschiede bei der Genehmigungsvergabe zu anderen Vorhaben wie beispielsweise in der Forst- und Landwirtschaft oder im Erbbaurecht, wo sich automatisch verlängernde Fristen gelten? Antwort zu 10: Eine Beurteilung der Unterschiede zwischen dem wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren und den Zulassungsverfahren in anderen hier aufgeführten Rechtsgebieten kann nicht erfolgen. Frage 11: Wie beurteilt der Senat den unterschiedlichen Umgang der Bezirke mit der Festlegung von Zeiträumen bei wasserrechtlichen Genehmigungen und Verlängerungen und wie soll die Genehmigungspraxis zukünftig harmonisiert werden? Antwort zu 11: Die Senatsverwaltung übt keine Fachaufsicht über die bezirkliche Genehmigungspraxis aus. Hinsichtlich der wasserrechtlichen Genehmigung treten die Bezirksämter im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit als eigenständige Genehmigungsbehörden auf. Frage 12: Kann sich der Senat vorstellen, im Zuge einer Deregulierung und der dadurch verbundenen Reduzierung des Verwaltungsaufwandes von der „Kann-Regelung“ zur Befristung nach §62 Berliner Wassergesetz abzusehen und eine Regelung für die Bezirke zu erlassen, welche diese verpflichtet, statt einer Befristung nur noch von der möglichen Kündigung Gebrauch zu machen? 6 Antwort zu 12: Nein, siehe auch Antwort zu Frage 11 Berlin, den 02.11.2017 In Vertretung J e n s – H o l g e r K i r c h n e r ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-12545 S18-12545