Drucksache 18 / 12 546 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 16. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2017) zum Thema: Digitalfunk bei der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr – Status Quo 2017 und Antwort vom 02. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 546 vom 16. Oktober 2017 über Digitalfunk bei der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr – Status Quo 2017 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die Errichtung von Sendemasten für den Digitalfunk bei der Polizei Berlin im Hinblick auf potentielle Konflikt- bzw. Blockadeerscheinungen für andere (zivile Mobilfunk-) Signale? Zu 1.: Ein Ausschluss von gegenseitigen Störungen-, Konflikt- bzw. Blockadeerscheinungen wird durch die frequenztechnische Entkopplung der zivilen Mobilfunknetze vom BOS-Digitalfunknetz (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben), durch die Einhaltung bundesweit einheitlicher Planungsvorgaben bei der Errichtung von BOS-Basisstationen sowie durch die Frequenzzuteilung und Zustimmung zum Betrieb des Standortes in Form einer Standortbescheinigung durch die Bundesnetzagentur gewährleistet. Eine Beeinträchtigung der verschiedenen Dienste ist nicht bekannt. 2. Wie viele Sendemasten für den Digitalfunk bei der Polizei Berlin bestehen im Land Berlin in welchem maximalen geographischen Abstand zueinander? (Aufstellung erbeten.) Zu 2.: Im Netzabschnitt Berlin sind derzeit 55 BOS-Basisstationen im Betrieb. Der aktuelle Abstand zwischen den BOS-Basisstationen innerhalb des Innenstadtbereiches beträgt rund 3,9 km und außerhalb des Innenstadtbereichs rund 11,2 km. Eine Aufstellung, aus der die standortbezogenen geographischen Abstände der BOS-Basisstationen zueinander ersichtlich sind, kann wegen der Sicherheitsanforderungen an das bundesweite BOS-Digitalfunknetz nicht zur Verfügung gestellt werden. Seite 2 von 6 3. Sind diese Sendemasten Bestandteil der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) und wurde diese in Bezug auf den Einrichtung des Digitalfunk bei der Polizei Berlin seit Beginn des Jahres verändert oder entsprechend angepasst? Zu 3.: Für die Errichtung von BOS-Basisstationen und der dazugehörigen Antennenanlage gelten die Regelungen der Bauordnung für Berlin (BauO Bln, zuletzt geändert am 17.06.2016). Eine Änderung der BauO Bln hat es in Bezug auf den BOS-Digitalfunk bisher nicht gegeben. 4. Sind Sendemasten für den Digitalfunk als Teil von Gebäude-Neubauten geplant? (Wenn ja, in welchem Umfang?) Zu 4.: Für die auf landeseigenen Liegenschaften geplanten Neubaumaßnahmen werden, sofern die Notwendigkeit zur Errichtung einer BOS-Basisstation und des dazugehörigen Antennenmastes in diesem Bereich besteht und der Standort die funktechnischen Anforderungen erfüllt, auch die Bedarfe für den BOS-Digitalfunk berücksichtigt. Daher wurde auch in 2016 im Zuge des Neubaus eines Dienstgebäudes auf einer landeseigenen Liegenschaft der für den Digitalfunk erforderliche Antennenmast errichtet. 5. Wie erfolgt die Ausbildung der Beamtinnen und Beamten bei Polizei und Feuerwehr in Bezug auf den Umgang mit dem Digitalfunk? Zu 5.: Im Rahmen Ihrer Ausbildung absolvieren alle Beamtinnen und Beamten der Berliner Polizei eine dreitägige Präsenzveranstaltung, in der sie in den Grundlagen der digitalen Kommunikation und der Endgeräteanwendung geschult werden. Der Theorie- und Praxisanteil hierbei entspricht jeweils 50 Prozent. Auch die Berliner Feuerwehr führt im Rahmen ihrer Grundausbildung fernmeldespezifische Lehrgänge durch, in denen ebenfalls die Grundlagen des BOS- Digitalfunks sowie das Anwenden und die Handhabung von digitalen Endgeräten geschult werden. Der Umfang der Schulung umfasst knapp 5 Schulungstage. Darüber hinaus stehen im Rahmen der Fortbildung weitere Schulungsmaßnahmen bei Polizei und Feuerwehr zur Verfügung. 6. Bietet sich aus Sicht des Senates die Schaffung einer gesonderten Arbeitsgruppe für die Angelegenheiten von Digitalfunk an, um u.a. die Signalfehler und Störungen besser einschätzen zu können? Zu 6.: Die Einrichtung einer gesonderten Arbeitsgruppe für Angelegenheiten des BOS- Digitalfunks ist nicht erforderlich, da hierfür die Landesstelle für den BOS-Digitalfunk, angebunden bei der Polizei Berlin, eingerichtet wurde. Sie ist für alle operativen Aufgaben und betrieblichen Angelegenheiten des BOS- Digitalfunks im Land Berlin zuständig. Sie stellt zusammen mit den weiteren für den Betrieb des Digitalfunks zuständigen Behörden und Organisationen (u.a. Bundesanstalt für den Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Seite 3 von 6 Sicherheitsaufgaben (BDBOS) und der Betreiberin des Netzes (Fa. Nokia Solutions and Networks)) den Betrieb des Berliner BOS-Digitalfunknetzes sicher. Sie ist im 24- stündigen Dauerbetrieb (User-Help-Desk) tätig und Ansprechpartnerin für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben auf dem Gebiet des Landes Berlin (z.B. Annahme von Störungsmeldungen). 7. Wie groß ist der Entwicklungszeitraum, wie hoch sind die Kosten/Kaufpreise und welches sind ggf. die Probleme bei der Entwicklung, der Zulassung und dem Betrieb des Digitalfunks für Polizei und Feuerwehr? (Aufgeschlüsselte Aufstellung erbeten.) Zu 7.: Der BOS-Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben basiert auf dem TETRA-Standard (Terrestrial-European Trunked Radio), welcher durch das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) definiert wird. Dieser Standard unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung und Fortschreibung. Für Erweiterungen der digitalfunkspezifischen Kernkomponenten des BOS- Digitalfunknetzes (z.B. Systemtechnik) ist die fachlich zuständige Bundesanstalt (BDBOS) verantwortlich. Hierbei wird sie über Bedarfsanforderungen von Bund und Ländern begleitet. Die Weiterentwicklungen im Bereich der für den BOS-Digitalfunk genutzten Endgeräte und des Zubehörs obliegen hingegen den Ländern über die Formulierung ihrer Anforderungen gegenüber den Endgeräteherstellern. Hierfür entstehende Entwicklungskosten werden in der Preiskalkulation der Kaufpreise für Endgeräte und Zubehör berücksichtigt. Die Preise für Endgeräte im Land Berlin belaufen sich je nach Modell (Handfunkgerät, mobiles Endgerät zur Fahrzeugversorgung und ortsfeste Funkanlagen) zwischen 800 bis 2.500 Euro pro Gerät. Alle im BOS-Digitalfunknetz eingesetzten Endgeräte unterliegen nach ihrer Entwicklung einem Zulassungsverfahren gemäß den Zertifizierungsrichtlinien der BDBOS. 8. Welche Rolle spielen Objekte in Übertragungsweg (z.B. dicke Mauern) bei Signalstörungen- und Ausfällen des Digitalfunks? Zu 8.: Bei den Signalen des BOS-Digitalfunks handelt es sich um elektromagnetische Wellen, die, wenn sie auf ein Hindernis treffen, abgeschwächt werden. Hierdurch ist, abhängig von der Art des Objekts, von einer Dämpfung des Funksignals auszugehen. Der Dämpfungsgrad hängt von der Art und Struktur des Objektes, vom Material und dessen Stärke ab. So dämpfen Objekte wie beispielsweise Türen aus Holz, ebenso wie Fenster ein Funksignal nur schwach. Bei Gebäuden ist eine Wirkung auf die Ausbreitung der Signale des BOS-Digitalfunks stark abhängig von deren Baumaterial. Mauern, abhängig vom verwendeten Material und dessen Stärke, haben ebenso wie metallbedampfte Fenster und im besonderen Maße Stahlbetonbauten, eine hohe Dämpfungswirkung auf die Signale des BOS- Digitalfunks. Seite 4 von 6 9. Plant der Senat die Beamt/innen der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr dauerhaft insgesamt 16.000 Handys auszustatten, welche Anforderungen müssten die Geräte erfüllen und welche Kosten entstünden in diesem Fall? Zu 9.: Nein. 10. Wie oft war das Digitalfunk-System der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr jeweils in den letzten fünf Jahren überlastet, gestört oder fiel aus und was waren die Gründe dafür? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 10.: Einen Ausfall des BOS-Digitalfunks hat es in den letzten fünf Jahren nicht gegeben. Allerdings gab es vereinzelt Störungen und kurzzeitige Einschränkungen bei der BOS-Digitalfunknutzung, ausgelöst z.B. durch Ausfall einzelner defekter Systemkomponenten, durch Überlast von Teilsystemkomponenten oder Wartungsfenster. Informationen über Einschränkungen des BOS-Digitalfunksystems erfolgen über Nutzermeldungen, über Erkenntnisse aus Einsatzlagen oder über Informationen durch die Netzbetreiberin (z.B. über anstehende Wartungsfenster). Eine Statistik der Systemeinschränkungen im Berliner BOS-Digitalfunknetz der vergangenen 5 Jahre wird nicht geführt. 11. Was wurde jeweils unternommen, um dieser Überlastung, den Störungen und dem Ausfall des Digitalfunk-Systems zu begegnen? (Aufstellung erbeten.) Zu 11.: Bei Ausfall oder Defekt einer kritischen Systemkomponente des BOS-Digitalfunks erfolgt unverzüglich ein Austausch bzw. Ersatz der jeweiligen Systemkomponente. Erkannte Ressourcenengpässe werden z.B. durch Erweiterung und Aufrüstung der Systemtechnik an der jeweils betroffenen BOS-Basisstation beseitigt oder das BOS- Digitalfunknetz wird durch weitere BOS-Basisstationen erweitert. 12. Wie kam zu Verzögerungen bei der Übertragung von Statusmeldungen über den Digitalfunk und was ist das Ergebnis der Analyse der Datenprotokolle zu den Störungen durch den Hersteller des verwendeten Computersystems? Zu 12.: Durch das Aufkommen einer erhöhten Anzahl an Statusmeldungen kam es zu Silvester 2016 im Bereich der Schnittstelle der Leitstellensoftware der Polizei Berlin zu einer Überlastung, so dass in der Folge Verzögerungen in der Übertragung der Statusmeldungen in das Einsatzleitsystem der Polizei Berlin auftraten. Die Analyse ergab, dass Veränderungen des Abfrageschemas Leitstellensoftware das Auftreten von Verzögerungen bei der Übertragung von Statusmeldungen vermeiden. Die Änderung des Abfrageschemas wurde entsprechend vorgenommen. 13. Was genau bedeutet die Aussage der Polizei Berlin, dass die „Arbeitsplätze der Einsatzzentrale‚ mit einem vollwertigen Digitalfunkarbeitsplatz ausgestattet werden‘“ mit welchem Kosten ist hierfür zu rechnen? Zu 13.: Die Arbeitsplätze der Einsatzleitzentrale der Polizei Berlin wurden mit vollwertigen, drahtgebundenen BOS-Digitalfunkarbeitsplätzen ausgestattet. Diese haben die zuvor Seite 5 von 6 genutzten, über die Luftschnittstelle angebundenen digitalen Funkarbeitsplätze, abgelöst. Der vollwertige BOS-Digitalfunkarbeitsplatz ist ein IT-Arbeitsplatz, welcher den Zugriff auf den BOS-Digitalfunk als auch zum Einsatzleitsystem der Polizei über ein einheitliches PC-System ermöglicht. Die Kosten pro Arbeitsplatz betragen rund 35.000 Euro. 14. Welche Erklärung hat der Senat dafür, dass die Polizei in der Silvesternacht 2016/2017 immense technische Probleme mit dem Digitalfunk hatte, die Feuerwehr hingegen kaum bzw. deutlich weniger? Zu 14.: Unterschiedliche Leitstellensysteme führten dazu, dass die Polizei Berlin im Leitstellensystem Störungen feststellen musste, während die Berliner Feuerwehr keine gleichgelagerten Probleme hatte. 15. Wie viele Sendestationen wurden im Jahr 2017 bereits errichtet und wie viele sollen bis 2020 folgen? Zu 15.: Im Netzabschnitt Berlin sind aktuell 55 BOS-Basisstationen im Betrieb. Bis Ende 2020 sollen im Berliner BOS-Digitalfunknetz insgesamt circa 107 BOS- Basisstationen errichtet werden. 16. Wie hoch sind die durchschnittlichen jährlichen Kosten einer Basisstation ausgehend von der Planung bis einschließlich Errichtung und Inbetriebnahme sowie die durchschnittlichen Wartungskosten? Zu 16.: Die Kosten für die Planung und Errichtung einer BOS-Basisstation betragen zwischen 170.000 und 450.000 Euro. Hierbei sind Planung, Errichtung (bauliche Herrichtung und Systemtechnik) sowie Inbetriebnahme berücksichtigt. Die jährlichen Betriebskosten einer BOS-Basisstation belaufen sich durchschnittlich auf rund 24.200 Euro. 17. Gibt es einen Zeitplan für die geplanten 100 Funkmasten, welche nach Angaben der Polizei Berlin zur Nachrüstung notwendig sind? (Chronologische Aufstellung erbeten.) Zu 17.: Die Umsetzung der 2. Ausbaustufe im Land Berlin mit 47 neuen BOS-Basisstationen erfolgt sukzessive bis 2021, beginnend mit der Akquirierung der Standorte im Rahmen definierter Suchkreise und Prüfung der funktechnischen Geeignetheit der Standorte (Funkfeinplanung). Erst mit den Ergebnissen der Funkfeinplanung kann ein konkreter Maßnahmen- und Zeitplan aufgestellt werden. Dieser wird im Rahmen des weiteren Netzausbaus sukzessive fortgeschrieben. Daher kann zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage zum konkreten Umfang der jährlich zu errichtenden Standorte getätigt werden. 18. Welche Konsequenzen hatte der Einsatz vom 26.07.2016 auf dem Campus Benjamin Franklin und der damit verbundene Amoklauf, in Bezug auf die massiven Störungen beim Digitalfunk? Seite 6 von 6 Zu 18.: In der Folge des Einsatzgeschehens am 26.07.2016 wurden die Schulungskonzepte für Einsatzlagen in nicht ausreichend mit BOS-Digitalfunk versorgten Objekten ergänzt und die Schulungsmaßnahmen im Hinblick auf die Nutzung und den Einsatz von Zusatzfunktionen des BOS-Digitalfunks (z.B. Gatewayfunktion, Direkt-Mode- Nutzung) erweitert. Darüber hinaus wurde zur Verbesserung der Funkversorgung in Objekten durch Verdichtung und Erweiterung des BOS-Digitalfunknetzes die 2. Ausbaustufe für den BOS-Digitalfunk initiiert. Zudem wird das Konzept zur Versorgung von Objekten im Land Berlin (sogenanntes Metropolenkonzept) evaluiert und die Schaffung einer landesgesetzlichen Regelung zur Ausstattung bzw. Umrüstung von nicht ausreichend mit BOS-Digitalfunk versorgten Bestandsbauten weiter vorangetrieben. 19. Welche konkreten Probleme sind für die Funkwagen vor Ort eingetreten und wie gefährlich war die Situation für die eingesetzten Polizeibeamten, welche keinen Funkkontakt zur Einsatzleitzentrale hatten? Zu 19.: Der Ausfall bzw. die Nichtverfügbarkeit von technischen Einsatzmitteln stellt grundsätzlich immer eine potentielle Gefährdung für im Einsatz befindliche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte dar. Bei fehlendem Funkkontakt zur Einsatzleitzentrale oder zu anderen am Einsatz beteiligten Kräften ist immer die Gefahr von Unkenntnis über weitere Lageentwicklungen und sich ggf. daraus entwickelnden Gefahrenmomenten vorhanden. Problematisch war im konkreten Fall die Abstimmung mit nachfolgenden polizeilichen Einsatzkräften sowie mit den Einsatzkräften der Feuerwehr. Auch die Übermittlung der Lageentwicklung an nachfolgende bzw. unterstützende Kräfte gestaltete sich schwierig. Über konkrete Gefahrensituationen, die sich aus der mangelnden Funkverbindung begründet haben, liegen keine Erkenntnisse vor. 20. Wird beim Neubau von Wehren bei der Berliner Feuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr darauf geachtet, dass gleichzeitig, neue Sendemasten für den Digitalfunk in den Außenbezirken installiert werden? Zu 20.: Siehe Antwort zu Frage 4. Berlin, den 02. November 2017 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12546 S18-12546