Drucksache 18 / 12 556 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) vom 20. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2017) zum Thema: Sea Watch e.V in der Trelleborger Str. 4 in Pankow und Antwort vom 07. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12556 vom 20. Oktober 2017 über Sea Watch e.V in der Trelleborger Str. 4 in Pankow ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Der Senat hat einige Fragen aus der Anfrage vom 27.07.2017, Drucksache 18/11961 unter Berufung auf § 30 AO nicht beantwortet. Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO, ist die Offenlegung der dem Steuergeheimnis unterliegenden Erkenntnisse bei zwingend gebotenem öffentlichen Interesse möglich, dies ist insbesondere der Fall bei Verbrechen gegen Leib und Leben oder den Staat, oder zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern. Die Aktivitäten der NGOs, die vorgeben, Schiffbrüchige zu retten, waren über Monate das beherrschende Thema in den deutschen und internationalen Medien sowie in der politischen Diskussion. Zusätzlich hat Sea Watch e.V. mit eigenen Aktionen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg das öffentliche Interesse in einem Ausmaß angeheizt, dass auch in der internationalen Presse darüber berichtet wurde. (Siehe: http://www.dailymail.co.uk/wires/ap/article-4646456/Activists-protest-legal-migration-policiesahead -G20.html) Ein zwingend gebotenes öffentliches Interesse ist somit gegeben. Vorbemerkung: Die Nichtbeantwortung von einzelnen Fragen aus der Anfrage vom 27. Juli 2017, Drucksache 18/11961, unter Bezugnahme auf das Steuergeheimnis schloss auch die Prüfung von Offenbarungsbefugnissen ein. Für die Beantwortung der betreffenden Fragen lagen und liegen keine Offenbarungsbefugnisse des § 30 Abs. 4 oder 5 Abgabenordnung (AO) vor, die es erlauben, zu diesen Fragen konkrete Angaben zu machen. Insbesondere bestand und besteht kein zwingendes öffentliches Interesse i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an der Auskunftserteilung. Die vom Gesetzgeber in § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a-c AO gebildeten Regelbeispiele für das Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses machen die Wertigkeit derjenigen Rechtsgüter deutlich, die eine Offenbarung gestatten. Für Auskünfte an das Parlament lässt sich aus den Regelbeispielen eine Offenbarungsbefugnis nicht ableiten. Das Regelbeispiel in § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO begründet ein Abwehrrecht der Verwaltung und nicht etwa ein Aufklärungsrecht der Öffentlichkeit. Nach Seite 2 von 4 dem Willen des Gesetzgebers vermögen weder das Informationsinteresse einzelner noch die allgemeinen Kontrollrechte des Parlaments ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne des § 30 AO zu begründen. Die Beantwortung der Fragen 1. bis 3.,5. und 6 erfolgt unter Beachtung dieser Grundsätze. 1. Der Verein „Sea-Watch e.V.“ ist Anfang November 2015 durch das Finanzamt für Körperschaft I Berlin als gemeinnützig anerkannt worden. Diese Anerkennung ist rückwirkend ab dem Gründungsdatum des Vereins gültig (19.05.2015). Auf welcher Ebene ist über die Gemeinnützigkeit dieses Vereins entschieden worden? Zu 1.: Der Senat ist durch die Wahrung des Steuergeheimnisses an der Beantwortung der Frage gehindert. 2. Welche Amtsträger waren an der Entscheidung über die Gemeinnützigkeit von "Sea-Watch e.V." beteiligt? Zu 2.: In Verwaltungsverfahren in Steuersachen werden nur berechtigte Amtsträger der zuständigen Finanzbehörden an der Entscheidung beteiligt. 3. Hat es seitdem eine erneute Überprüfung gegeben, um festzustellen, ob die Gemeinnützigkeit von "Sea-Watch e.V." noch gegeben ist? Zu 3.: Der Senat ist durch die Wahrung des Steuergeheimnisses an der Beantwortung der Frage gehindert. 4. Hat jemals eine Überprüfung stattgefunden, ob Situationen in denen eine Rettung aus Lebensgefahr (die nach § 52 Abs 2 Nr. 10,11 ) notwendig wird, durch "Sea Watch e.V. " selbst herbeigeführt wird, z.B. durch eine Positionsangabe des Schiffes gegenüber Kontaktpersonen auf dem libyschen Festland? Zu 4.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Hat eine Herbeiführung von Seenot-Situationen durch den Verein "Sea Watch e.V." selbst, in denen dann eine Rettung Schiffbrüchiger aus Seenot erfolgt, Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit des Vereins? Zu 5.: Der Senat ist durch die Wahrung des Steuergeheimnisses an der Beantwortung der Frage gehindert. 6. Ist eine vorsätzliche Herbeiführung von Situationen, in denen eine Rettung aus Seenot oder Lebensgefahr notwendig wird, noch im Einklang mit der Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs (2) Nr. 10 und 11 AO? Zu 6.: Das Handeln der jeweiligen Körperschaft im Einklang mit der allgemeinen Rechtsordnung ist u.a. Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. 7. Sind auf Grund der in der Daily Mail dokumentierten Aufhängung von Sea Watch Transparenten an den Hamburger Elbbrücken, polizeiliche Ermittlungen eingeleitet worden? Zu 7.: Seite 3 von 4 Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Ist der Verein Sea Watch e.V. auf Grund der in der Daily Mail dokumentierten Aufhängung von "Sea Watch"- Transparenten an den Hamburger Elbbrücken Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutz geworden, analog zu anderen Organisationen, die in der Vergangenheit ebenfalls durch den Protest mit Transparenten an öffentlichen Bauwerken aufgefallen und zum Beobachtungsobjekt geworden sind? Zu 8.: Der Senat äußert sich nur zu Angelegenheiten des Landes Berlin. Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet extremistische Bestrebungen gem. § 5 Abs. 2 Verfassungsschutzgesetz Berlin (VSG Bln) und gibt darüber u.a. im jährlichen Verfassungsschutzbericht Auskunft. 9. Sind im Rahmen des G20-Gipfels, also zwischen dem 27.06. und 10.07.2017, in Hamburg Personen durch die Polizei festgenommen oder zur Personalienfeststellung festgehalten worden, die Sea Watch e.V. zugeordnet werden konnten? Zu 9.: Zuständige Behörde für die Bearbeitung von polizeilichen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem G 20-Gipfel in Hamburg ist die Polizei Hamburg. Im Übrigen wird auf die Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Nockemann (AfD), Drucksache 21/10451 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, verwiesen. 10. Wird die Aufnahme von Schiffbrüchigen durch Sea Watch e.V. dokumentiert, in dem Sinne, dass die Anzahl aufgenommener Schiffbrüchiger vor der Libyschen Küste protokolliert und mit der Anzahl der in Italien an Land gebrachten Personen verglichen wird? Zu 10.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 11. Wird festgestellt, wieviele von Sea Watch e.V. gerettete und in Italien an Land gebrachte Personen von Italien a) nach Deutschland und b) nach Berlin weitergereist sind? Zu 11.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Hat die Sea Watch e.V. jemals Verpflichtungserklärungen gemäß §§66,67 und 68 Aufenthaltsgesetz gegenüber der Deutschen Botschaft in Rom oder der Berliner Ausländerbehörde abgegeben? Zu12.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Aus dem Aufenthaltsgesetz ergibt sich keine Rechtsgrundlage, die eine Erfassung von Verpflichtungsgebern vorsieht. 13. Die Verpflichtungserklärung begründet staatlichen Stellen eine Rückgriffsmöglichkeit für den Fall, dass sie wegen des Aufenthalts Kosten tragen müssen, denen keine Beitragszahlungen entgegenstanden . So können ggf. Sozialhilfekosten, Leistungen nach dem AsylbLG, jeweils inkl. anfallender Krankenbehandlungskosten, sowie die Kosten einer etwaig erforderlichen Abschiebung einschließlich Abschiebungshaft anfallen. Hat es im Zusammenhang mit von Sea Watch e.V. geretteten Schiffbrüchigen, die in Berlin als Asylbewerber registriert worden sind Forderungen nach Kostenerstattung von Berliner staatlichen Stellen gegenüber Sea Watch e.V. gegeben? Zu 13.: Die Leistungsbehörden berücksichtigen abgegebene Verpflichtungserklärungen, die sich auf die Sicherung des Lebensunterhaltes beziehen, regelmäßig im Rahmen der Leistungsgewährung, indem Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Seite 4 von 4 (AsylbLG) nicht gewährt werden, wenn Leistungen aufgrund einer Verpflichtungserklärung erbracht werden bzw. indem Forderungen gegenüber dem Verpflichteten geltend gemacht werden, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Im Einzelfall abgegebene Verpflichtungserklärungen werden statistisch jedoch nicht erfasst. Ob entsprechende Forderungen auf Kostenerstattung gegenüber Sea Watch e.V. aufgrund einer möglicherweise abgegebenen Verpflichtungserklärung erhoben wurden , kann daher weder bestätigt noch widerlegt werden. 14. Werden bei der Registrierung der Asylbewerber bzw. Flüchtlinge in Berlin der Reiseweg und die „Retterorganisation" ermittelt? Zu 14.: Im Rahmen der Registrierung vorsprechender Asylbegehrender im Landesamt für Flüchtlinge (LAF) werden Angaben zum Reiseweg schriftlich dokumentiert. Gezielte Nachfragen zum Reiseweg erfolgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). 15. Werden durch sonstige Behörden Ermittlungen des Reiseweges von Asylbewerbern bzw. Flüchtlingen durchgeführt? Zu 15.: Werden bei der Registrierung Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Schleusung bekannt , erfolgt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Die Ermittlungen umfassen auch das Feststellen des Reiseweges und der involvierten Personen und Organisationen . Darüber hinaus erfragen die Sozialämter von Berlin ausreisepflichtige Personen nach dem Reiseweg, um zu ermitteln, ob diese unter die Anspruchseinschränkung des § 1 a Abs. 1 AsylbLG fallen können. Der Reiseweg kann in diesem Zusammenhang Anhaltspunkte zur rechtlichen Einschätzung liefern. 16. Falls die letzten drei Fragen mit "nein" beantwortet worden sind? Warum finden keine Ermittlungen des Reiseweges und Zuordnung zu einer "Retterorganisation" statt und warum wird von Rückgriffsmöglichkeiten zur Begleichung entstandener Kosten, die das Aufenthaltsrecht bietet, nicht Gebrauch gemacht? Zu 16.: Auf die Antworten zu Fragen 13 bis 15 wird verwiesen. Eine Rückgriffsmöglichkeit ohne das Vorliegen einer wirksamen Verpflichtungserklärung ist im Aufenthaltsrecht nicht vorgesehen. Berlin, den 07. November 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12556 S18-12556