Drucksache 18 / 12 568 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Gindra (LINKE) vom 25. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Oktober 2017) zum Thema: Immobilienwirtschaft und „Geldwäsche“ und Antwort vom 10. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe . . . Herrn Abgeordneten Harald Gindra (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 568 vom 25. Oktober 2017 über Immobilienwirtschaft und „Geldwäsche“ ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat das Risiko von „Geldwäsche“ bei Immobiliengeschäften in Berlin ein? Zu 1.: Dem Landeskriminalamt (LKA) liegen Geldwäscheverdachtsmeldungen vor, die im Zusammenhang mit Investitionen in Grundstücke und Liegenschaften unterschiedlichster Art und Nutzung durch Finanztransaktionen in- und ausländischer Investoren und Gesellschaften stehen. Investitionen im Bereich der Immobilienwirtschaft sind stets mit einem Risiko geldwäscherelevanter Handlungen verbunden. Geldwäscherelevante Handlungen setzen dabei voraus, dass das investierte Geld inkriminierter Herkunft ist und aus einer Katalogtat des § 261 des Strafgesetzbuches –StGB (Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte) stammt. 2. Sind dem Senat dazu Untersuchungen bekannt oder ist er bereits Verdachtsfällen selbst nachgegangen ? Zu 2.: Dem LKA Berlin sind Verdachtsfälle bekannt, bei denen Erlöse aus Straftaten, auch aus dem Bereich der organisierten Kriminalität (OK), durch die Betreffenden selbst oder Dritte in Immobilien investiert wurden. Die Investitionen betreffen sowohl Gewerbe- als auch Wohnobjekte. Verdachtsfälle werden im Rahmen von integrierten Finanzermittlungen bekannt oder durch Verdachtsmeldungen nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG). Die am 26. Juni 2017 in Kraft getretene Novelle des GwG verpflichtet die Aufsichtsbehörden für Geldwäscheprävention und die Verpflichteten nach § 2 GwG (z.B. Kreditinstitute, Notarinnen und Notare, Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler) Verdachtsfälle nunmehr unverzüglich der neuen Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden (§§ 43, 44 GwG). - 2 - Für das Einleiten von Ermittlungen bei Hinweisen auf strafbares Verhalten (Verdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB) sind die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Sie sind gemäß § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung verpflichtet – soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist - wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten , sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (Legalitätsprinzip ). Sofern im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen festgestellt wird, dass die Identifizierungs - und Verdachtsmeldepflichten durch Verpflichtete des GwG nicht eingehalten wurden, erfolgt eine Meldung an die zuständige Aufsichtsbehörde zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren. Für Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zuständige Aufsichtsbehörde . 3. Sind dem Senat Forschungsergebnisse bekannt, die den Immobiliensektor als einen „high-risk“- Bereich für „Geldwäsche“-Geschäfte einschätzen? Zu 3.: Seit vielen Jahren wird durch unterschiedliche in- und ausländische Institutionen , wie der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), sowie in verschiedenen Fachstudien, beispielsweise im Auftrag des Bundeskriminalamts (BKA) oder des Bundesfinanzministeriums (BMF), der Immobiliensektor als Hoch- Risiko Sektor für Geldwäsche eingestuft. Diese Einstufung gilt nach Einschätzung des Senats gleichermaßen für Berlin. 4. Gibt es Erkenntnisse, dass diese dunklen Finanzquellen in besonderem Maße zur „Überhitzung“ des Berliner Immobilienmarkts beitragen? 5. Gibt es für Berliner Immobilien Erhebungen, wie viele Objekte sogenannten Briefkastenfirmen gehören ? Zu 4. und 5.: Dem Senat liegen zu diesen Fragen keine belastbaren, konkreten Erkenntnisse , Zahlen oder Fälle vor. 6. Sind dem Senat weitere Fälle (ähnlich einem Verfahren um die Rigaer Straße 94) bekannt, bei denen Gerichte oder Behörden Schwierigkeiten haben, handlungsberechtigte natürliche Personen hinter eingetragenen juristischen Personen ausfindig zu machen (bitte Fallbeispiele und Urteile anführen)? Zu 6.: Die Novelle zum GwG sieht die Einrichtung eines sog. Transparenzregisters vor (§§ 18ff. GwG). Juristische Personen des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften und weitere Rechtsgestaltungen haben der registerführenden Stelle (Bundesanzeiger Verlags GmbH als Beliehene) seit dem 1. Oktober 2017 Angaben über ihre jeweiligen wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen. Zweck dieses Transparenzregisters ist es gerade, die hinter den genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen stehenden natürlichen Personen sichtbar zu machen. Der Senat hat keine Erkenntnisse darüber, in wie vielen Fällen Gerichte oder Behörden Schwierigkeiten haben, handlungsberechtigte natürliche Personen hinter eingetragenen juristischen Personen ausfindig zu machen. 7. Sind dem Senat Pläne der EU-Kommission bekannt, die „Geldwäsche“-Geschäfte im Immobilienund Baubereich erschweren sollen, und wie beurteilt er sie? Zu 7.: Es liegt derzeit ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine 5. Geldwäscherichtlinie vor. Dieser hat jedoch nicht speziell den Immobilien- und Baubereich zum Gegenstand. - 3 - 8. Welche Änderungen von Bundes- und Landesrecht sind zu erwarten und welcher Zeitrahmen ist dafür absehbar? Zu 8.: Die Novelle des GwG ist erst am 26. Juni 2017 in Kraft getreten. Sie setzt die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates (Vierte EU- Geldwäscherichtlinie) um. Das neue GwG führt zu einer erheblichen Erweiterung der Pflichtaufgaben für die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. So erhöht sich insbesondere die Anzahl der unter ihre Aufsicht fallenden und umfassender zu kontrollierenden Verpflichteten im Nichtfinanzsektor von bisher ca. 11.000 auf ca. 20.000. Auch lässt die deutliche Erweiterung des Bußgeldkatalogs eine weitaus größere Anzahl von zu betreuenden Bußgeldverfahren erwarten. Die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Strafrechts und der Geldwäscheprävention liegt ausschließlich beim Bund. Eine Änderung des GwG ist erst im Zuge der späteren Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie zu erwarten. Berlin, den 10.11.2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ……………………………………… Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe S18-12568 S18-12568