Drucksache 18 / 12 576 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 25. Oktober 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. November 2017) zum Thema: Aktuelle Situation der Obdachlosenhilfe in Berlin – was tut der rot-rot-grüne Senat? und Antwort vom 21. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12576 vom 25. Oktober 2017 über Aktuelle Situation der Obdachlosenhilfe in Berlin – was tut der rot-rot-grüne Senat? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Schlussfolgerungen hat der Senat aus der Auswertung der Kältehilfesaison 2016/2017 bezüglich der Obdachlosenhilfe gezogen? 2. Wie viele Übernachtungsplätze standen in den Wintern 2010/2011 bis 2016/2017 jeweils zur Verfügung und von wie vielen Obdachlosen wurde jeweils ausgegangen? Bitte hierbei um Auflistung sämtlicher Einrichtungen unter Angabe der Platzzahlen und Verfügbarkeit an welchen Wochentagen, da einige Einrichtungen grundsätzlich Montag bis Sonntag und andere nur an einigen Wochentagen geöffnet sind. 3. Mit wie vielen zusätzlichen Übernachtungsplätzen für Obdachlose - gegenüber 2016/2017 - startet Berlin in die Kältehilfesaison zum 01.11.2017 und von wie vielen Obdachlosen wird aktuell ausgegangen? Bitte hierbei um Angabe der Einrichtungen und konkrete Anzahl der zusätzlichen Plätze. 4. In welchen Einrichtungen stehen wie viele Plätze weniger zur Verfügung? Warum und was hat der Senat ggf. dagegen unternommen? Zu 1. - 4.: Die „Kältehilfe“ ist ein Sonderprogramm zur Bereitstellung von Notschlafplätzen während der kalten Jahreszeit zwischen November und März für wohnungslose, auf der Straße lebende Menschen, die die Angebote der Regelversorgung nicht oder noch nicht in Anspruch nehmen. Die „Kältehilfe“ ist gemäß dem Gesetz über die Zuständigkeiten in der allgemeinen Berliner Verwaltung (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz - AZG) in Verbindung mit dem Katalog gemäß § 4 Abs.1 Satz1 AZG seit 1995 eine bezirkliche Aufgabe. 2 Der Berliner Senat plant mit den Bezirken nach gesamtstädtischen Aspekten mit einer Schwerpunktsetzung der Kapazitäten in den innerstädtischen Bezirken. Da einzelne Objekte nur für einen Winter zur Verfügung stehen, erfolgt keine standortbezogene Auswertung, da sie nicht zielführend wäre. Das Angebot und die Belegung sowie jeweilige Auslastung ist seit Beginn der systematischen Datenerfassung der nachstehenden Tabelle zu entnehmen; beim Angebot und bei der Belegung sind jeweils die durchschnittlichen Notschlafplätze angegeben. Winter Angebot Belegung Auslastung 2009/2010 368 378 102,7 % 2010/2011 411 413 100,5 % 2011/2012 398 464 116,6 % 2012/2013 422 470 111,4 % 2013/2014 475 483 101,7 % 2014/2015 534 544 101,9 % 2015/2016 761 692 90,9 % 2016/2017 780* 696 90,5 % *Hinzu treten 140 im Rahmen des Integrierten Sozialprogramms (ISP) finanzierte ganzjährige Notübernachtungsplätze, die auch während der Kältehilfesaison genutzt werden. Damit stehen insgesamt 920 Plätze zur Verfügung. Der Berliner Senat hat in den Richtlinien der Regierungspolitik festgelegt, die „Kältehilfe“ in Zusammenarbeit mit den Trägern der Wohnungslosenhilfe und den Berliner Bezirken“ auf mindestens 1.000 Plätze auszubauen. Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat mit den Bezirken laufend Gespräche über die Erhöhung der Platzkapazitäten geführt und wird voraussichtlich freigezogene Notunterkünfte für die Kältehilfe nutzen. Es besteht Konsens auch zwischen dem Berliner Senat und den Bezirken, dass eine dauerhafte Grundkapazität von 1.000 Plätzen erforderlich ist und geschaffen werden muss. Die Konzeptionierung für die Zukunft ist hierzu noch nicht abgeschlossen. Die Platzierung der Notübernachtung wird weiterhin vorrangig in den Innenstadtbezirken erfolgen, damit die wohnungslosen Menschen die Notübernachtungen gut erreichen können. Es sollen in Zukunft ebenso weitere Kapazitäten für Frauen geschaffen werden. Da die Planungsüberlegungen sich noch in einem so frühen Stadium befinden, liegen noch keine Kostenschätzungen bzw. Ressourcenplanungen für die bezirklichen Dienststellen vor. Die Weiterentwicklung der „Kältehilfe“ erfolgt im Rahmen der Entwicklung einer gesamtstädtischen Strategie mit den verschiedenen Akteurinnen bzw. Akteuren der Freien Wohlfahrtspflege in den Verbänden und mit freien Trägern. 5. Wie haben sich die ganzjährigen Notübernachtungsplätze seit 2015 entwickelt und erachtet der Senat die bisher vorhandenen 140 Notübernachtungsplätze als ausreichend? Ggf. in welchem Umfang sollen diese aus Sicht des Senats mit dem neuen Doppelhaushalt 2018/2019 aufgestockt werden? 6. Wie viele Plätze und mit welchen Prioritäten (örtlich/ Träger) beabsichtigt der Senat in dieser Legislaturperiode in welchen Schritten insgesamt neu zu schaffen? 7. Welche Projekte sollen nach dem aktuellen Haushaltsentwurf des Senats einen Mittelaufwuchs erhalten? Bitte hierbei um Auflistung sämtlicher geförderter Projekte, bisherige und künftige finanzielle Ausstattung und entsprechender Zeitraum dafür. 3 8. In welchem Umfang werden vorhandene Plätze für Obdachlose aus öffentlichen Mitteln ausfinanziert und in welchem Umfang müssen sich Träger für die Kosten für diese politische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe anderer Quellen bedienen? Zu 5. - 8.: Die Berliner Senatssozialverwaltung fördert seit über 30 Jahren niedrigschwellige Angebote der Wohnungslosenhilfe und Straffälligenhilfe. Im Rahmen des ISP fördert der Senat niedrigschwellige Angebote der Wohnungslosenhilfe. Ziel dieser Förderung ist es, wohnungslose Menschen wieder in die Regelversorgung zu integrieren und ihnen dabei zu helfen, soziale Schwierigkeiten zu überwinden. Die Angebote richten sich sowohl an Menschen, die auf der Straße leben, als auch an Menschen, die von Wohnraumverlust bedroht sind und können ohne besondere Zugangsvoraussetzungen anonym in Anspruch genommen werden. Die Zuwendungsgewährung erfolgt durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales / LAGeSo als Bewilligungsstelle. Die Zuwendungen erfolgen auf der Grundlage von § 44 Landeshaushaltsordnung. Die Zuwendungsmittel sollen danach nur einen Teil der zu finanzierenden Ausgaben decken. Bei der Teilfinanzierung handelt es sich in der Regel um eine Fehlbedarfsfinanzierung im Rahmen einer Projektförderung. Dabei müssen auch eventuelle Eigenmittel und Drittmittel des Trägers vorrangig eingesetzt und in die Gesamtfinanzierung mit einbezogen werden. Entsprechend der Europäischen Transparenzinitiative der Europäischen Union werden seit dem Jahr 2008 die Berliner Zuwendungsmittel in der Berliner Transparenzdatenbank aufgeführt. Eine Auflistung der Eigenmittel und Drittmittel liegt nicht vor. https://www.berlin.de/buergeraktiv/informieren/transparenz/transparenzdatenbank/index.cfm?dateiname=organisation _suche_transparenz.cfm&anwender_id=5 Im Rahmen des ISP finanziert der Berliner Senat, vertreten durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, sechs Notübernachtungen in den Innenstadtbezirken aus gesamtstädtischer Planungsperspektive. Der Umfang beträgt zurzeit rd. 140 Notschlafplätze. Eine Auflistung des Mittelaufwuchses ab dem Doppelhaushalt 2018/2019 steht noch nicht zur Verfügung, da die Abstimmungen mit den Verbänden im Rahmen des Rahmenfördervertrages bzw. des Kooperationsvertrages zum ISP noch nicht abgeschlossen sind. Unabhängig davon plant der Berliner Senat ab 2018, den Angebotsbereich Notübernachtung um rd. 70 Notschlafplätze auf 100 Notschlafplätze für Familien mit Kindern sowie um eine weitere gemischtgeschlechtliche Notübernachtung mit 40 Plätzen auszubauen. 9. Wie viele freie Betten/ Plätze gibt es tagesaktuell in Gemeinschaftsunterkünften und anderen Einrichtungen und inwieweit beabsichtigt der Senat, diese für Obdachlose zur Verfügung zu stellen? Welche Voraussetzungen sind hierfür ggf. zu schaffen? Zu 9.: Am Stichtag 01.11.2017 waren in vertragsgebundenen Gemeinschaftsunterkünften des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) 318 Plätze verfügbar. Diese sind vorranging für die Unterbringung der 6.263 Personen vorgesehen, die derzeit noch in Notunterkünften leben. Der Senat plant im Rahmen einer gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung für alle wohnungslosen Personen künftig ausreichend Kapazitäten zu schaffen, um auch Obdachlose in Unterkünften, die den Qualitätsanforderungen des Landes Berlin entsprechen, unterzubringen. 4 10. In welcher Form wird die "LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Berlin" bei der neu gegründeten „Taskforce Tiergarten“ von Innensenator Andreas Geisel einbezogen? Inwiefern hat man nur den Tiergarten im Blick und welche Maßnahmen werden ergriffen, damit es nicht nur zu einer örtlichen Problem-verlagerung kommt? Zu 10.: Der Senat hat in seiner Sitzung am 10. Oktober 2017 beschlossen, dass unter Federführung des Innensenators alle beteiligten und betroffenen Verwaltungen zu einem Gespräch über geeignete Maßnahmen zu obdachlosen Personen im Tiergarten eingeladen werden sollen. Dies ist am 13. Oktober 2017 geschehen. In dieser Gesprächsrunde wurden unter Beteiligung der Polizei, der Bezirksämter, der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales die aktuelle Situation im Tiergarten, am Hansaplatz, am Bahnhof Zoo etc. erörtert. Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Nutzung des geregelten öffentlichen Raumes standen dabei im Mittelpunkt. Unter anderem wurden gemeinsame Aktionen der Ordnungsämter und der Polizei zur Identitätsfeststellung und Kontaktaufnahme mit den entsprechenden Herkunftsländern geplant. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird diese Maßnahmen nach Durchführung auswerten und für Mitte November zu einem Folgetreffen einladen. Die Beteiligung der Liga, der Träger und von Interessengruppen erfolgt im Rahmen der Erarbeitung einer Gesamtstrategie, auf Grundlage der Leitlinien für Wohnungslose. 11. Um wie viele Stellen in den Bezirksämtern werden die Grünflächen- und Ordnungsämter mit Unterstützung des Senats verstärkt? Zu 11.: In 2018 können die Bezirke rd. 41 Mio. € – dies entspricht rd. 818 Vollzeitäquivalente (VZÄ) – in eigener Verantwortung unter Beachtung der Richtlinien der Regierungspolitik belegen. Die Verteilung dieser Mittel erfolgte auf Basis der Einwohnerzahlen der Bezirke (Melderegister, Stand 31.12.2016). Davon setzen die Bezirke insgesamt 37,4 VZÄ zur Verstärkung der Straßen- und Grünflächenämter und 62,5 VZÄ zur Verstärkung der Ordnungsämter ein. Wie viele davon jeweils für die Bekämpfung der Obdachlosigkeit eingesetzt werden sollen, kann nicht beantwortet werden. Die zusätzlichen Stellen verteilen sich auf die Bezirke wie folgt: Straßen- und Grünflächenamt Ordnungsamt 31 Mitte 8,0 12,0 32 Friedrichshain-Kreuzberg 0,0 4,0 33 Pankow 2,0 8,5 34 Charlottenburg-Wilmersdorf 0,0 11,0 35 Spandau 7,0 6,0 36 Steglitz-Zehlendorf 2,0 0,0 37 Tempelhof-Schöneberg 8,4 5,0 38 Neukölln 1,0 2,0 39 Treptow-Köpenick 5,0 2,0 40 Marzahn-Hellersdorf 0,0 4,0 41 Lichtenberg 0,0 6,0 42 Reinickendorf 4,0 2,0 Summe 37,4 62,5 5 12. Welche konkreten und nennenswerten Erfolge gibt es bei der Sozial- und Wohnungsbaupolitik des Senats gerade im Hinblick darauf, Obdachlosigkeit zu vermeiden? Zu 12.: Sozialpolitisch sind bei der Vermeidung von Obdachlosigkeit mehrere Aspekte zu beachten: 1. Präventiv wirken und den Verlust des angestammten Wohnraumes vermeiden, 2. bei unvermeidbarem Wohnraumverlust und eingetretener Wohnungslosigkeit Obdachlosigkeit durch Unterbringung vermeiden, 3. bei eingetretener Wohnungs- oder Obdachlosigkeit die frühzeitige Wohnraumneuversorgung sicherstellen, 4. weitere Ursachen von Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit prüfen und Unterstützungsbedarf im Rahmen der Hilfen nach § 67 SGB XII fest- und sicherstellen. Berlin hält bereits ein seit Jahren stetig weiter entwickeltes differenziertes Wohnungslosenhilfesystem bereit, das niedrigschwellig erreichbare Aufenthalts- und Beratungsmöglichkeiten, Übernachtungsstätten, ambulante Hilfen, kommunale Fachstellen für Wohnungslosenhilfe, Wohnprojekte besonderer Art, stationäre Einrichtungen etc. umfasst. Trotz aller Bemühungen, dieses System in allen Angebotsstrukturen stetig auszubauen, steht die Berliner Wohnungslosenhilfe angesichts der steigenden Zahl von betroffenen Menschen und angesichts des knappen Wohnungsmarktes vor neuen Herausforderungen. Es bedarf daher einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit und damit auch zur sozialen Wohnraumversorgung, die in dieser Form erstmalig in der neuen Legislatur erörtert und gemeinsam mit den jeweils relevanten Akteuren erarbeitet wird. Der Dringlichkeit der Aufgabe angemessen werden Teilschritte bereits sukzessive parallel umgesetzt. Da nur der Zugang zum Wohnungsmarkt nachhaltig zu einer Verringerung des Risikos der Wohnungslosigkeit beitragen kann, seien an dieser Stelle exemplarisch die Eckpfeiler einer Strategie zur sozialen Wohnraumversorgung genannt: Der Prävention vor Wohnraumverlust kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Weiterentwicklung der AV-Wohnen, die zum 01. Januar 2018 in Kraft tritt, wird eine zentrale Rolle bei der Erweiterung des für Transferleistungsempfangende erreichbaren Wohnungsmarktes spielen hinsichtlich der Höhe der angemessenen Mieten, des Erhalts des bereits bewohnten Wohnraumes auch hinsichtlich möglicher Mietschuldenübernahmen, der Neuversorgung/Neuanmietung von Wohnraum. Als essentielle Säule zur Wohnraumversorgung von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit Bedrohten ist es Ziel des Berliner Senats - entsprechend der Richtlinien der Regierungspolitik -, die Anzahl der Wohnungen im „Geschützten Marktsegment“ (GMS) auf 2500 zu erhöhen. Gespräche hierzu sind aufgenommen, um neben der gemeinsamen Absprache mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften auch große Genossenschaften und private Vermieterinnen und Vermieter in das GMS miteinzubeziehen und für eine gemeinsame Zusammenarbeit zu gewinnen. Als weiterer wichtiger Bestandteil der Berliner Versorgungsstruktur werden die sogenannten Trägerwohnungen angesehen, um Menschen mit Unterstützungsbedarf sowohl Wohnung als auch Hilfeleistung im Rahmen der § 67 ff. SGB XII zur Verfügung zu stellen. Die Einrichtung von Trägerwohnungen wird den Trägern der Wohlfahrtspflege durch die in Kürze erfolgende Novellierung des 6 Zweckentfremdungsverbotsgesetzes erleichtert werden, da es bei Trägerwohnungen keiner Genehmigung zur Zweckentfremdung mehr bedarf. Ziel des Senats ist es vor diesem Hintergrund - anders als bisher - die dauerhafte Überlassung von Trägerwohnungen an die betroffenen Menschen nach Abschluss der in der Trägerwohnung erfolgten Hilfe- und Unterstützungsmaßnahme zu fördern. Am 07. November 2017 hat der Senat die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und §§ 35 und 36 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AV Wohnen) zustimmend zur Kenntnis genommen. Darin wird neu auch die Übernahme einer Verwaltungskostenpauschale für Trägerwohnungen geregelt, die insbesondere dem Wohnraumakquiseaufwand der Träger Rechnung tragen soll. Der Senat wird im Rahmen der Gesamtstrategie zudem innovative Konzepte wie z. B. Housing First und andere Modellprojekte zur Wohnraumversorgung hinsichtlich der Notwendigkeiten neben den bisherigen Versorgungsstrukturen und Umsetzungsmöglichkeiten im Land Berlin prüfen, um insbesondere Menschen, die das vorhandene System nicht nutzen (möchten), mit Wohnraum zu versorgen. 13. Werden im neuen Doppelhaushalt mehr finanzielle Mittel für den Sozialpsychiatrischen Dienst zur Verfügung gestellt? Bitte um Aufstellung der Ausgaben- und Personalentwicklung seit 2015. Zu 13.: Aus den Produktvergleichsberichten lässt sich die Kostenentwicklung für den Sozialpsychiatrischen Dienst nicht vollständig ableiten, da es neben Produkten, die ausschließlich von Mitarbeitenden des Sozialpsychiatrischen Dienstes bebucht werden, auch solche gibt, die auch von Mitarbeitenden der Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen bebucht werden. Die Veränderung der Personalzahlen im Sozialpsychiatrischen Dienst lässt sich aus nachfolgender Tabelle ablesen, die aufgrund jährlicher Abfragen in den Bezirken generiert wird: Summe alle Bezirke Ist 30.06. 2014 SOLL 30.06. 2014 gem. Stellenplan des Gesundheitsamtes Ist 31.12. 2015 SOLL 31.12. 2015 gem. Stellenplan des Gesundheitsamtes Ist 31.12. 2016 SOLL 31.12. 2016 gem. Stellenplan des Gesundheitsamtes Team Sozialpsychiatrischer Dienst Fachärzteinnen und Fachärzte 53,51 61,50 54,88 62,27 61,82 69,77 Diplompsychiaterinnen und Diplompsychiater 16,80 19,12 13,07 16,00 13,17 15,00 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen 116,41 132,00 119,98 129,05 129,11 138,30 Verwaltung/Arzthelferinnen und Arzthelfer 50,75 54,23 50,07 53,25 41,97 47,81 Summe Sozialpsychiatrischer Dienst 237,47 266,85 238,00 260,57 246,07 270,88 7 Die nächste Abfrage zur Personalentwicklung wird standardmäßig erst wieder zum Stichtag 31.12.2017 erfolgen. 14. Befürwortet und unterstützt der Senat - ggf. in welcher Form - Abschiebungen bzw. die Hilfe bei der Heimreise innerhalb der EU von Obdachlosen, wie es der Bezirk Neukölln mit Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey (SPD) bereits durchführt und von dem Bezirk Mitte vom Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) gefordert wird? Welche Erkenntnisse hat der Senat zu Kosten und Erfolg dieser Maßnahmen? Zu 14.: Der Senat befürwortet alle Maßnahmen, die der Beendigung von Obdachlosigkeit dienen, dazu gehören neben Unterstützung und Beratung auch der Hinweis auf existierende Rückkehrprogramme zur freiwilligen Ausreise. Im Einzelfall kommen bei Vorliegen der Voraussetzungen auch Abschiebungen in Betracht. Soweit es sich bei den Obdachlosen um EU-Bürger handelt, sind Abschiebungen in der Regel wenig effizient und nachhaltig, da sie kein Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge haben und die Betroffenen umgehend wieder einreisen können. Der Erfolg einer Abschiebung stünde außer Verhältnis zu den damit verbundenen Kosten und dem Verwaltungsaufwand. 15. Welche Perspektiven kann und möchte der Senat Obdachlosen aus osteuropäischen Ländern eröffnen? Zu 15.: Durch Obdachlosigkeit sind hochrangige, grundgesetzlich geschützte Güter wie das Recht auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit in Gefahr. Diese Grundrechte gelten für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft. Die Ordnungsbehörden sind verpflichtet, Obdachlosigkeit zu beseitigen. Dies ist Aufgabe der Bezirke. Der Senat geht davon aus, dass allen Personen, die obdachlos sind und bei den Bezirken um öffentlich-rechtliche Unterbringung nachsuchen, einen Platz zum Schutz vor den Unbilden des Wetters nachgewiesen wird und eine nähere Prüfung hinsichtlich der Unterbringungsdauer und der Selbsthilfemöglichkeit sowie eine Beratung der bestehenden Hilfe- und Handlungsmöglichkeiten angeboten wird. Darüber hinaus besteht auch für diesen Personenkreis die Möglichkeit als niedrigschwelliges Angebot im Winter die Übernachtungsmöglichkeiten der Kältehilfe aufzusuchen. 16. Welche Gesamtstrategie verfolgt der Senat bei der Obdachlosenpolitik, welche Maßnahmen für ganzjährige Unterstützungsangebote und eine gesamtstädtische Steuerung sind in der bisherigen Regierungszeit konkret ergriffen worden? Welche Erfolge sind nach knapp einem Jahr in diesem Zusammenhang zu verzeichnen? 17. Inwieweit steht Berlin im Austausch mit anderen Bundesländern und Großstädten, wie Hamburg oder München, zu dortigen Lösungsansätzen und Entwicklungen? Zu 16. und 17.: Der Berliner Senat hat sich zum Ziel gesetzt, die bedarfsgerechte Unterbringung von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen gesamtstädtisch zu steuern. Hierzu wurde bereits im vergangenen Jahr eine AG unter Beteiligung der Bezirke sowie des LAF eingerichtet. Im Ergebnis liegt nun eine zwischen der für Soziales und für Finanzen zuständigen Senatsverwaltungen abgestimmte Prognose und Bedarfsplanung vor. Zudem hat die AG einen Entwurf für eine Vereinbarung zwischen dem LAF und den Bezirken erarbeitet, die den Rahmen für eine gesamtstädtische Belegungssteuerung bilden soll. Darüber hinaus werden die Leitlinien der Wohnungslosenpolitik weiterentwickelt. Auf ihrer Grundlage soll die gesamtstädtischen Strategie gemeinsam mit den Bezirken, der 8 LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und anderen Akteuren weiterentwickelt werden. Es ist das Ziel, im Jahr 2018 einen Senatsbeschluss zu den neuen übergeordneten Leitlinien der Wohnungslosenhilfe mit Zustimmung des Rats der Bürgermeister herbeizuführen. Im weiteren Verfahren sollen daraus Maßnahmen abgeleitet und fortlaufend angepasst werden. Bereits in 2017 wurden erste Maßnahmen eingeleitet oder bereits konkret umgesetzt. Dies umfasst unter anderem die Eröffnung einer ganzjährigen Notunterkunft für Familien mit Kindern in Kooperation der beiden für Soziales und Jugend/Familie zuständigen Senatsverwaltungen, die Initiierung des Projektes zur gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringungskapazitäten sowie die Schaffung der Voraussetzungen zur Stärkung niedrigschwelliger Angebote in den kommenden Jahren. 18. Wie viele Polizeieinsätze und erstattete Anzeigen gab es in 2016 und bisher in 2017 im Zusammenhang mit Streitereien unter Obdachlosen bzw. wie viele Straftaten resultierten daraus und welche Schlussfolgerungen zieht der Senat hieraus hinsichtlich einer besonderen Betreuung dieses Personenkreises? Zu 18.: Bei der Einsatzleitzentrale der Polizei werden Einsätze mit der Einsatzbezeichnung „Streitigkeiten“ nicht weiter differenziert. Eine Aussage über die Anzahl der Polizeieinsätze im Zusammenhang mit Streitigkeiten unter obdachlosen Personen ist daher nicht möglich. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird das Merkmal „Obdachlose(r)“ für Geschädigte einer Straftat statistisch erfasst. Für Tatverdächtige erfolgt keine Erfassung. Anzahl der in der PKS als Opfer registrierten Personen: 2016 Straftaten (insgesamt) 256 darunter: Körperverletzung (PKS-Schlüssel) 220000) 194 Diese Angaben lassen keinen Rückschluss zu, ob es sich hierbei um Straftaten handelt, bei denen auch die Tatverdächtige oder der Tatverdächtige aus dem Kreis obdachloser Personen stammt. Der Bericht zur PKS 2017 liegt noch nicht vor. Berlin, den 21. November 2017 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-12576 S18-12576