Drucksache 18 / 12 592 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 01. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. November 2017) zum Thema: „Urbane Gebiete“ – Lösung für eine wachsende Hauptstadt? und Antwort vom 17. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12 592 vom 01.11.2017 über „Urbane Gebiete“ – Lösung für eine wachsende Hauptstadt? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Wert misst der Senat der neuen Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“ in der Baunutzungsverordnung zur Bewältigung der angespannten Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt bei und a) auf welche Erfahrungen stützt der Senat dabei seine Bewertung? Antwort zu Frage 1: Der Senat begrüßt die Schaffung dieser neuen Baugebietsausweisung, da sie die Möglichkeit einräumt, zusätzliche Gebiete für Wohnnutzung zu erschließen, ohne gewerbliche Nutzung zu verdrängen. Die Einführung des „Urbanen Gebiets“ in die Baunutzungsverordnung (BauNVO) ist durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt erfolgt, welches am 13. Mai 2017 in Kraft getreten ist. Das „Urbane Gebiet“ dient dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, soweit diese die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. In Abgrenzung zum Mischgebiet muss die Nutzungsmischung nicht gleichgewichtig sein, so dass der Charakteristik folgend durch das „Urbane Gebiet“ die Planung eines nutzungsgemischten innerstädtischen Quartiers gegenüber den bisherigen Baugebietskategorien erleichtert wird. Die Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung (GRZ von 0,8 und GFZ von 3,0) entsprechen in etwa denen gründerzeitlicher Quartiere, die von breiten Teilen der Bevölkerung als Wohnstandorte nachgefragt sind. Es gibt jedoch noch keine gesicherten und durch Rechtsprechung erhärteten Erkenntnisse zur Anwendung des neugeschaffenen Baugebiets mit urbaner Mischung und hoher Dichte. Herrschende rechtliche Auffassung ist, dass eine mit anderen Baugebieten nicht 2 vergleichbare „urbane“ Nutzungsmischung in gewissem Umfang mit variablen Komponenten prägend sein muss. Diese Kategorie scheint wirtschaftlich nur in entsprechenden Stadtlagen anwendbar, wo die Nachfrage sowohl nach gewerblichen Nutzungen und Wohnnutzungen als auch ggf. nach Sondernutzungen besteht und die jeweiligen Ansprüche an das ungestörte Wohnen oder rücksichtnehmendes Gewerbe akzeptiert werden. Die Dichtewerte entsprechen den innerstädtischen Bestandsgebieten um GFZ 3,0. Frage 2: Den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wurden bisher 143 Bauareale unentgeltlich zur Verfügung gestellt. a) Wie viele Wohnungen können auf diesen Bauarealen jeweils errichtet werden? b) Für welche dieser Bauareale besteht Baurecht in Form eines rechtskräftigen Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB und wie viele Wohnungen können damit errichtet werden? c) Auf welchen dieser Bauareale muss durch ein Bebauungsplanverfahren noch Baurecht geschaffen werden? d) Auf wie vielen dieser Bauareale soll durch ein Bebauungsplanverfahren die Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" gemäß Baunutzungsverordnung geschaffen werden? Antwort zu Frage 2a) bis 2d): Eine unentgeltliche Zurverfügungstellung von Bauarealen findet in Berlin nicht statt. Da der Fragesteller vermutlich die Sachwerteinbringung im Rahmen der parlamentarischen Befassung meint, wird dieser Sachverhalt nicht weiter vertieft. Der Unterausschuss Vermögensverwaltung (UAVermV) erhält kontinuierlich Sachstandsberichte zu den an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften in Übereinstimmung mit dem Konzept zur Transparenten Liegenschaftspolitik übertragenen Grundstücken. Zuletzt wurde in der 4. Sitzung des UA VermV (03/2017) dem Abgeordnetenhaus eine ausführliche Darstellung zur Verfügung gestellt. Ergänzend dazu wird auf die Schriftliche Anfrage Drs. 18/12115 sowie -18/12445 verwiesen. Für eine große Anzahl von Grundstücken besteht noch kein konkretes Planungsrecht. Durch Bebauungsplanverfahren muss Baurecht geschaffen werden, so dass Aussagen zum Bauvolumen erst nach einer Planung getroffen werden können. Dem Senat liegen keine Informationen vor, ob Bebauungsplanverfahren der Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" gemäß Baunutzungsverordnung derzeit in Vorbereitung sind. Frage 2e): Wie viele Wohnungen sind bis heute auf welchen Bauarealen entstanden und bereits in Nutzung? Antwort zu Frage 2e): Auf zwei Grundstücken wurden bisher 147 Wohnungen fertiggestellt. Im Bau sind aktuell 714 Wohnungen auf 13 Flächen. 3 Frage 3: Welche weiteren Bauareale sollen den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im Jahr 2017 sowie 2018 unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden? a) Wie viele Wohnungen können auf diesen Bauarealen errichtet werden? b) Für welche dieser Bauareale besteht Baurecht in Form eines rechtskräftigen Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB und wie viele Wohnungen können damit errichtet werden? c) Auf welchen dieser Bauareale muss durch ein Bebauungsplanverfahren noch Baurecht geschaffen werden? d) Auf wie vielen dieser Bauareale soll durch ein Bebauungsplanverfahren die Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" gemäß Baunutzungsverordnung geschaffen werden? Antwort zu Frage 3: In 2017 sind weitere fünf abzuschließende Einbringungsverträge vorgesehen. Eine 6. Tranche der möglichen Sachwerteinlage ist mit rd. 14 Grundstücken gegenwärtig in der finalen Abstimmung. Die konkrete bauliche Ausnutzung kann derzeit noch nicht angegeben werden. Frage 4: Wieviel Bauareale und Grundstücke sind im Besitz des Landes Berlin, die aktuell als Wohnbauflächen ausgewiesen sind? a) Um welche Grundstücksflächen handelt es sich dabei? b) Für welche dieser Bauareale besteht Baurecht in Form eines rechtskräftigen Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB und wie viele Wohnungen können damit errichtet werden? c) Auf welchen dieser Bauareale muss durch ein Bebauungsplanverfahren noch Baurecht geschaffen werden und welche jeweilige Grundstücksfläche handelt es sich insgesamt? Antwort zu Frage 4: Mit dem Wohnbauflächeninformationssystem verfügt der Senat von Berlin über ein Instrument der strategischen und operativen Steuerung des Wohnungsbaus. Angesichts der Vielzahl der Flächen können die Zahlen nicht bereitgestellt werden. Frage 5: Welche zusätzlichen Bauareale/Grundstücke, die sich im Besitz des Landes Berlin befinden, können durch die Ausweisung der Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" für Wohnungsbau genutzt werden? a) Um welche jeweilige Grundstücksfläche handelt es sich dabei? b) Wie viele Wohnungen könnten darauf jeweils zusätzlich errichtet werden? Antwort zu Frage 5: Da sich die Möglichkeiten zu Festsetzungen von „Urbanen Gebieten“ nicht auf die Entwicklung neuer Stadtquartiere beschränkt, können an der Schnittstelle zwischen Städtebaurecht und Immissionsschutzrecht sowohl bei der Überplanung von stark verdichteten städtischen Gebieten als auch bei der Entwicklung von neuen Quartieren mit ähnlichen städtebaulichen Qualitäten neue Spielräume für den Wohnungsbau erschlossen werden. Unter Berücksichtigung der erst kürzlich erfolgten Einführung ist festzuhalten, dass derzeit im Land Berlin noch kein „Urbanes Gebiet“ in Bebauungsplänen festgesetzt ist. Die Ausweisung „Urbaner Gebiete“ wird allerdings in mehreren Bezirken (bspw. Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf) im Rahmen aktueller 4 Bebauungsplanverfahren diskutiert. Die Anwendung dieser neuen Baugebietskategorie unterliegt dabei einer Einzelfallentscheidung, die davon abhängig ist, ob ein städtebauliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) besteht oder nicht. Erfahrungen oder empirische Erhebungen zur praktischen Anwendung des „Urbanen Gebiets“ und seiner Bedeutung für den Wohnungsmarkt liegen noch nicht vor. Berlin, den 17.11.2017 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12592 S18-12592 S18-12592 Sammelmappe1 S18-12592 S18-12592 S18-12592 S18-12592X