Drucksache 18 / 12 617 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) vom 06. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. November 2017) zum Thema: Schutz vor Diskriminierung und Förderung von Diversität bei den landeseigenen Betrieben: Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH und Antwort vom 23. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Nov. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12617 vom 6. November 2017 über Schutz vor Diskriminierung und Förderung von Diversität bei den landeseignen Betrieben: Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann. Um die Fragen dennoch beantworten zu können, wurde die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH um Stellungnahme gebeten. Die vorliegende Stellungnahme ist in die Beantwortung eingeflossen. 1.) Welche Initiativen ergreift Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH (Vivantes) zur Förderung von Vielfalt und Chancengleichheit in ihrem Unternehmen? Bitte nach Art und Umfang darstellen. Welche personellen und finanziellen Ressourcen werden dafür bereitgestellt? 2.) Verfügt Vivantes über ein betriebsinternes Diversity-Management? Falls ja, bitte um Erläuterung der Grundsätze und konkreten Maßnahmen. 3.) Wie viele Vorfälle wurden Vivantes im Zeitraum 01.01.2012 bis 30.06.2017 bekannt (sei es durch persönliche Beschwerden, durch Anzeigen, durch interne Erkenntnisse, durch Hinweise in sozialen Medien, durch öffentliche Berichterstattung oder durch Hinweise von Dritten wie z.B. Antidiskriminierungsinitiativen usw.), in denen Patient*innen Benachteiligungen und/oder Diskriminierungen aufgrund eines in § 1 AGG aufgelisteten Merkmals durch Mitarbeiter*innen von Vivantes oder durch Mitarbeiter*innen von Vivantes beauftragter Subunternehmen erfuhren? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Datum des Vorfalls, Art der Diskriminierung und Vorfallsbeschreibung . 4.) Welche Abteilung und/oder welche Mitarbeiter*innen ist/sind bei Vivantes bei Diskriminierungsvorfällen als Ansprechperson/en für Betroffene und wer für die Untersuchung bzw. Aufarbeitung entsprechender Vorfälle zuständig? Gibt es dabei betriebsinterne Richtlinien zum Umgang mit Diskriminierungsvorfällen? Bestehen Kooperationen mit der Landesantidiskriminierungsstelle oder mit Berliner AGG-Beratungsstellen (falls ja, bitte erläutern)? 5.) Bei wie vielen der unter 3.) genannten Vorfälle bestätigte sich der Verdacht auf Benachteiligung/ Diskriminierung aus Sicht von Vivantes? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung. 6.) Welche arbeitsrechtlichen oder sonstigen Maßnahmen ergriff Vivantes im Zeitraum 01.01.2012 bis 30.06.2017 gegenüber Mitarbeiter*innen, die Patient*innen aufgrund eines in § 1 AGG aufgelisteten Merkmals benachteiligt und/oder diskriminiert haben? Bitte nach Art der Maßnahmen unterscheiden und auflisten. - 2 - 2 7.) Wie viele Vorfälle wurden Vivantes im Zeitraum 01.01.2012 bis 30.06.2017 bekannt (sei es durch persönliche Beschwerden, durch Anzeigen, durch interne Erkenntnisse, durch Hinweise in sozialen Medien, durch öffentliche Berichterstattung oder durch Hinweise von Dritten wie z.B. Antidiskriminierungsinitiativen usw.), in denen Mitarbeiter*innen oder Mitarbeiter*innen von Vivantes beauftragter Subunternehmen Benachteiligungen und/oder Diskriminierungen aufgrund eines in § 1 AGG aufgelisteten Merkmals durch Kolleg*innen erfuhren ? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Datum des Vorfalls, Art der Diskriminierung und Vorfallsbeschreibung . 8.) Bei wie vielen der unter 7.) genannten Vorfälle bestätigte sich der Verdacht auf Benachteiligung/ Diskriminierung aus Sicht von Vivantes? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung. 9.) Welche arbeitsrechtlichen oder sonstigen Maßnahmen ergriff Vivantes gegenüber Angestellten, die Kolleg *innen benachteiligten oder diskriminierten? Bitte nach Art der Maßnahmen unterscheiden und auflisten. 10.) Wie garantieren die Beschwerdestrukturen von Vivantes, dass Mitarbeiter*innen, die Diskriminierungsvorfälle intern melden, kein Nachteil daraus erwächst? 11.) Wie viele Vorfälle wurden Vivantes im Zeitraum 01.01.2012 bis 30.06.2017 bekannt, in denen Mitarbeiter *innen oder Mitarbeiter*innen von Vivantes beauftragter Subunternehmen Benachteiligungen und/oder Diskriminierungen aufgrund eines in § 1 AGG aufgelisteten Merkmals durch Patient*innen von Vivantes erfuhren ? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Datum des Vorfalls, Art der Diskriminierung und Vorfallsbeschreibung . 12.) Bei wie vielen der unter 11.) genannten Vorfälle bestätigte sich der Verdacht auf Benachteiligung/ Diskriminierung aus Sicht von Vivantes? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung. 13.) Welche vorbeugenden Maßnahmen ergreift Vivantes zum Schutz ihrer Patient*innen und Angestellten vor Benachteiligungen und/oder Diskriminierungen aufgrund eines in § 1 AGG aufgelisteten Merkmals? Bitte nach Art und Häufigkeit auflisten. Sind diese Maßnahmen verpflichtend oder fakultativ? Sind die Maßnahmen Bestandteil der betrieblichen Aus- und Weiterbildung? Orientieren sich diese Maßnahmen am jeweiligen Tätigkeitsfeld der Beschäftigten? Zu 1. – 13.: Die Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH (Vivantes) führt nach eigenen Angaben keine Statistik, mittels deren nachgefragte Detailangaben im Hinblick auf die Fragestellungen getätigt werden könnten. Vivantes bekennt sich seit Jahren explizit zur Vielfalt und hat bereits am 20. Januar 2010 gemeinsam mit anderen kommunalen Unternehmen Berlins die „Charta der Vielfalt“ unterschrieben . Die „Charta der Vielfalt“ ist eine Unternehmensinitiative mit dem Ziel, die Anerkennung und Einbeziehung von Vielfalt in der Unternehmenskultur in Deutschland voranzubringen : Es soll ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in welchem alle Mitarbeiter /innen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität. Vivantes beschäftigt Mitarbeiter/innen aus 104 verschiedenen Nationen (Stand Mai 2016), - nimmt seit 2007 mit einem eigenen Wagen an der Parade zum Christopher Street Day teil, - beschäftigt rund 8 Prozent schwerbehinderte Menschen, - setzt seit 2016 einen Plan zur Förderung von Frauen im Unternehmen und seit 2017 einen Leitfaden zur geschlechtergerechten Sprache um, - 3 - 3 - wirbt zunehmend um ältere Menschen als Auszubildende, - spiegelt mit seinen Auszubildenden im Hinblick auf den Migrationshintergrund die Berliner Bevölkerung wider: Rund ein Drittel der Vivantes Auszubildenden hat einen Migrationshintergrund . Da die Anforderungen an die Unternehmensführung steigen, wurden, um diesen gerecht zu werden, die Aufgaben von Compliance, interner Revision sowie Datenschutz in einem Ressort gebündelt. Der ständige Austausch des Ressorts mit dem bestehenden Risikomanagement sowie dem externen Ombudsmann ergeben dabei zusätzliche Synergien. An den Ombudsmann, unabhängiger Rechtsanwalt, kann sich jeder wenden, der Hinweise darauf hat, dass bei Vivantes etwas nicht regulär läuft. Es genügt der Verdacht. Der Ombudsmann kann insbesondere dann kontaktiert werden, wenn andere Möglichkeiten, solche Hinweise weiterzugeben , nicht genutzt werden können. Der Ombudsmann und die Compliance-Beauftragte sind jeweils unabhängig und weisungsfrei und sind aufgrund der berufsethischen Grundsätze sensibilisiert. Der/die Mitarbeiter/innen können sich anonym an diese Stellen wenden , aber auch die Nicht-Weitergabe der Identität nutzen. Entsprechenden Hinweisen wird dann konsequent nachgegangen. Vivantes hat sich zum Ziel gesetzt, durch präventive Aktivitäten und deren Integration in das Managementsystem, allen Mitarbeitern/innen des Unternehmens, aber auch externen Partnern und Patienten/innen eine Orientierung zu geben, um Entscheidungen in eindeutig definierten Handlungsspielräumen zu treffen und gemäß den geltenden Gesetzen, internen Regelungen und selbstverordneten Wertevorstellungen handeln zu können. Dabei orientieren sich vorbeugende Maßnahmen eng an den Tätigkeitsfeldern der Mitarbeiter /innen. So stellen das Leitbild und die Führungsgrundsätze von Vivantes für die Beschäftigten eine Handlungsorientierung dar. Beide basieren im Kern auf Wertschätzung und Respekt. Vivantes hat sich damit Leitlinien zur Bewertung des Handelns geschaffen, die auf einer Willkommensveranstaltung auch allen Neubeschäftigten übermittelt werden. Die Vivantes Akademie – Institut für Fort- und Weiterbildung – bietet seit Jahren Seminare an, um die interkulturellen Kompetenzen, vor allem des medizinischen Personals, zu erhöhen . Darin werden z. B. der unterschiedliche Umgang mit Scham, Ehre oder Geschlechterrollen in unterschiedlichen Kulturen thematisiert. Vivantes verfügt über eine Beschwerdestelle nach §13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), an die sich Beschäftigte wenden können, die sich benachteiligt fühlen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit für alle Mitarbeiter/innen, sich bei Benachteiligungen an Vorgesetzte, an das Ressort Personalwesen, an den Betriebsrat oder an die Frauenvertretung oder Schwerbehindertenvertretung zu wenden. Sensibilität ebenso wie Entschlossenheit sind nötig, wenn es um den Verdacht auf sexuellen Missbrauch innerhalb des Unternehmens geht. Die Kampagne „Respekt und Achtsamkeit “ von 2013 diente dazu, verständliche Scheu zu überwinden und den Mitarbeiter/innen mehr Sicherheit im Umgang mit Verdachtsfällen zu vermitteln, um problematische Verhaltensweisen rasch zu beenden und aufzuklären. - 4 - 4 Patienten/innen besitzen im Falle der Diskriminierung die Möglichkeit, sich über den Bereich Qualitätsmanagement und den externen Ombudsmann zu beschweren. Alle Beschwerden , die bei Vivantes eingehen, werden entsprechend der festgelegten Verfahrensanweisung „Beschwerdemanagement“ bearbeitet. Vivantes geht allen Hinweisen/Beschwerden jeweils nach und untersucht durch die zuständigen Stellen (Qualitätsmanagement, Compliance-Beauftragte, AGG-Beauftragte, etc.) die Vorwürfe soweit wie möglich. Aus den Ergebnissen werden dann Maßnahmen in Abhängigkeit der vorliegenden Situation abgeleitet und umgesetzt, ggf. auch präventiv. Betriebsintern wird sich an den Verhaltenskodex, bestimmte Richtlinien und Handlungsempfehlungen gehalten. „Vielfalt“ und „Diversity“ bedeuten für Vivantes aber nicht nur, ein buntes und tolerantes Miteinander innerhalb des Unternehmens zu organisieren. Das Ziel dahinter lautet auch, den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Pflege für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Die Schaffung eines kultursensiblen Bewusstseins in der Gesellschaft ist dafür eine der Voraussetzungen. Vivantes sieht sich hier mit in der Verantwortung und hat sich daher maßgeblich an der Gestaltung des „Symposiums für eine kultursensible Gesundheitsversorgung“ (16. März 2016) beteiligt. Die Veranstaltung wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern organisiert und diente dem Austausch über bereits erfolgreich bestehende Projekte aus dem Bereich „Diversity“. Auch Integrationsprojekte sind für Vivantes kein Neuland, sondern werden bereits seit vielen Jahren erfolgreich gepflegt und weiterentwickelt. Die Kooperation mit dem Zentrum für Flüchtlingshilfen und Migrationsdienste (zfm) im Zentrum ÜBERLEBEN besteht seit 2006. Ziel des Projekts ist es, jungen Migrantinnen, Migranten und Geflüchteten eine realistische Chance für einen Start ins Berufsleben zu geben. Seit 2010 kooperiert Vivantes zu Ausbildungszwecken mit dem Interkulturellen Beratungs- und Begegnungszentrum IBBC e.V. Im Rahmen der Kampagne „Berlin braucht dich!“ beteiligt sich das Vivantes Institut für berufliche Bildung im Gesundheitswesen an dem Berufsorientierungsangebot für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Darüber hinaus besteht seit 2009 eine Kooperation mit der Türkischen Gemeinde in Deutschland, die sich auf Projekte für Lehrkräfte, Schüler/innen zu Themen wie Diversity, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder Förderung der Berufsorientierung bezieht. Bereits in der Ausbildung wird im Lernblock „Schwierige soziale Situationen“ bei der Bearbeitung des Themengebietes „Gewalt in der Pflege“ das Thema Diskriminierung expliziert behandelt. In diesem Kontext wird auch mit der Vivantes „Gesamtbetriebsvereinbarung für einen partnerschaftlichen und respektvollen Umgang am Arbeitsplatz“ gearbeitet, die im Kapitel 3 das Thema Diskriminierung zum Inhalt hat. Weiterhin kommt das Thema Diskriminierung auch im Ethikunterricht zur Sprache, ebenso im Unterricht zu interkultureller Pflege. - 5 - 5 Als Präventionsmaßnahme ist seit längerem ein eintägiges Diversity-Training fester Bestandteil der Ausbildung. Hier ist die Diskriminierungsproblematik zentrales Thema. Berlin, den 23. November 2017 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung S18-12617 S18-12617